Bürgerkrieg in Bangkok?
So schnell kann sich die Lage ändern.
Der SPIEGEL aktualisiert mehrmals täglich seine Berichterstattung aus Bangkok. Übrigens mit erstklassigen Fotos.
Nun will ich mich nicht gerade als Thailand- oder Bangkok-Liebhaber hinstellen, ich war erst einmal dort und das auch nur für 3 Tage, Anfang Februar. Also kurz, bevor diese Unruhen losgingen.
Zwar ist Bangkok nicht gerade meine Traumstadt, und für einen Urlaubsort halte ich sie auch nicht gerade, aber insgesamt war ich doch positiv überrascht, da eine relativ moderne und eher neutrale Stadt vorzufinden. Und dabei war mir sehr positiv aufgefallen, daß die Leute dort insgesamt sehr friedlich und freundlich waren, vor allem auch mir als Fremden gegenüber. (Von seltsamen Erfahrungen mit Tuc-Tucs und Schneidern mal abgesehen.) Auf der Fahrt vom Flughafen hatte ich mich – wie ich das immer so mache – beim Taxi-Fahrer erkundigt, ob die Stadt gefährlich wäre und worauf man zu achten habe. Nein, sagte er, außer gelegentlicher Touristenabzocke keinerlei Gefahr, keine Gewalt, es sei völlig problemlos, auch nachts und alleine herumzulaufen. Und genau so hatte ich das da auch erlebt. Alles friedlich, alles freundlich, alles ungefährlich. S-Bahn-Fahren in Deutschland ist viel gefährlicher.
Am letzten Tag in Bangkok hatte ich dann doch etwas ungewöhnliches beobachtet, habe mir aber nichts dabei gedacht. (Verdammt, ich hätte davon Fotos machen sollen – hinterher ist man immer schlauer.) Wie ich so durch das moderne Viertel mit den Shopping-Malls schlendere (da, wo jetzt die Unruhen sind) und – wie ich das in Bangkok so gerne gemacht habe – mir an den Straßenständen für ein paar Cent gegrillte Fleischspieße und andere Leckereien kaufe, komme ich durch eine Menschenmenge. Wieder völlig ruhig, friedlich, freundlich, aber sehr dicht. Und viele davon haben rote Polo-Shirts an, auf denen irgendetwas steht, was ich nicht lesen kann. Etwas abseits plärrt einer von denen etwas mit einem Megaphon, was ich freilich auch nicht verstehe, und auch keinen zu interessieren scheint.
Zwei Frauen haben am Straßenrand einen Stand aufgebaut, auf dem sie diese roten Polo-Shirts verkaufen. Ich war drauf und dran, mir eines zu kaufen, weil die billig waren (wenn ich mich recht erinnere, so um die 3-4 Euro) und von auffallend guter Qualität. Richtig dick, bestens vernäht, sowas was ewig hält. Wollte ich mir für die weitere Reise kaufen. Da stand aber irgendwas drauf, was mich zögern ließ. Ich laufe nicht gerne mit Hemden herum ohne zu wissen, was drauf steht. Geschlagene 20 Minuten habe ich niemanden gefunden, der erstens englisch konnte und zweitens in der Lage gewesen wäre, mir zu erklären worum es da geht. Entweder konnten die Leute nur Thai, was sie nicht davon abhielt, ebenso unentwegt wie erfolglos auf mich einzureden, oder sie konnten Englisch, aber wußten auch nicht, worum es da geht. Schließlich kam eine vorbei, die nach Studentin aussah, und erklärte, daß das eine politische Partei sei, die bei irgendetwas anderer Meinung als die Regierung sei. Sie wüßte auch nicht genau, was. Damit war das Thema für mich erledigt. Ich tue mir schon mit unserer eigenen Politik schwer, und wollte nicht in fremden Ländern herumrennen und mich auf eine politische Seite schlagen, solange ich nicht einmal die Sprache spreche und verstehe, was da Sache ist. Also kein rotes Polohemd gekauft – obwohl es mir ohne Beschriftung sehr gut gefallen hätte. Die Dinger waren wirklich sehr gut verarbeitet.
Ein paar Wochen später bekomme ich in Neuseeland so am Rande mit, daß „Rothemden” in Bangkok für oder gegen irgendwas demonstrieren. Aha. Wieder was verpaßt.
Jetzt aber zu sehen, daß da bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen und auf den Straßen die Armee scharf herumschießt, wo ich kurz zuvor noch in aller Ruhe und in größtem Friedend Fleischspießchen essend herumgeschlendert bin, ist schon irgendwie seltsam und beklemmend. Die Bundesregierung hat eine dringende Reisewarnung ausgesprochen. Dabei hatte ich mir eigentlich vorgenommen, dort noch einmal richtig und nicht nur zur kurzen Durchreise hinzufahren.
Ich hätte den Haufen Rothemden fotografieren sollen, sowohl die Leute, als auch den Verkaufsstand. Und den Typ mit dem Megafon. Manchmal steht man mit der Kamera in der Hand vor der Zeitgeschichte und wichtigen Ereignissen und merkt’s nicht. Oder passiert sowas besonders mir?