Schlamperei beim neuen ePersonalausweis – oder bewußt zurückgehalten?
Warum passiert sowas eigentlich immer mir?
Damals als es die neuen Reisepässe mit Chip gab, mußte ich natürlich gleich einen haben. Weil mein alter Reisepass sowieso gerade ablief, hab ich mir gleich am allerersten Tag einen bestellt – und hatte kuriose Probleme. Ein seltsames Zusammentreffen aus der Tatsache, daß meine Nase naturgegeben schief ist, und sie paradoxerweise ausgerechnet unter dem Schlagwort der Biometrie nicht damit klarkommen, daß man keine Normnase hat (und ich dachte, darum ginge es bei der Biometrie) und ich ausgerechnet einen Passbildautomaten erwischte, bei dem was falsch eingestellt war und der die Passbilder dadurch spiegelverkehrt druckte und ich also zuerst ein Passfoto mit einer schiefen Nase spiegelverkehrt abgab, was also biometrisch überhaupt nicht auf mich gepaßt hätte, und was weder mir noch den Damen bei der Behörde aufgefallen war. (Mir war es erst abends anhand der restlichen Fotos aufgefallen, weil ich zufällig gerade einen Pickel auf der Stirn hatte, der auf dem Foto auf der falschen Seite war.) Die Kuriosität hat jedenfalls gereicht, daß meine Nase es in den Heise Newsticker geschafft hatte.
Gebracht hat mir der Aufwand eigentlich nichts, denn trotz gewisser Reiseaktivitäten durch mehrere Kontinente wäre mir bisher jedenfalls nicht positiv aufgefallen, daß irgendwer den Chip tatsächlich mal ausgelesen oder mich biometrisch identifiziert hat. Auschließen kann ich es nicht, weil man in manchen Ländern bei der Einreise mit so einer popeligen USB-Kamera fotografiert wird, und man ja auch nicht so genau weiß und sieht, was sie da bei der Einreise mit dem Paß hinter ihrer Theke machen. Also könnte man schon den Chip ausgelesen und die biometrischen Daten mit dem Foto verglichen haben. Aber zumindest hätte ich noch nie irgendwie bemerkt, daß es jemand genutzt hätte. Also eher was für die Katz.
Eigentlich hatte ich mir deshalb vorgenommen, mich nicht mehr auf so einen Blödsinn einzulassen. Mein alter Personalausweis ist noch ein paar Jahre gültig.
Aber irgendwie wollte ich es dann halt doch ausprobieren, und mal die Authentifikationsmethoden testen. Berufskrankheit und Spieltrieb. Außerdem geht mir der alte Perso wegen seiner Größe auf den Wecker. (Wenn sie es jetzt noch irgendwann mal endlich schaffen, auch noch den KFZ-Schein auf Kartengröße zu kriegen, wäre ich happy.)
Also habe ich es mir anders überlegt und mir so ein Ding bestellt. Zu Forschungszwecken. Am 3.11. bestellt (der erste war hier Feiertag, und am zweiten hatte ich keine Zeit). Sie meinten, das würde jetzt 2-3 Wochen dauern, dann bekäme ich den PIN-Brief zugeschickt. Dann sollte ich noch ca. 1 Woche warten, und könnte den Ausweis dann bei der Gemeineverwaltung abholen.
Nu sind fast zwei Monate rum und ich hab noch gar nichts bekommen.
Also habe ich heute morgen bei der Gemeinde angerufen und gefragt, wie es denn mal so wäre.
Sie waren verblüfft.
Sie bestätigten, daß es Probleme gab. Ich hätte nunmal als einer der ersten hier (hier im Kaff wohl sogar der erste) den ePerso bestellt, und sie wüßten, daß es bei der ersten Charge Probleme mit dem Chip gab, die wären für den Müll gewesen und hätten nochmal produziert werden müssen, weshalb die ursprüngliche angegebene Herstellungsdauer nicht eingehalten werden konnte.
Trotzdem sei das nicht nachvollziehbar, denn trotz der Produktionsprobleme müßten immer noch die, die früher bestellt haben, den Ausweis auch früher erhalten. Und er wisse eben, daß sie schon eine ganze Reihe von Ausweisen an Leute ausgegeben haben, die definitiv deutlich später bestellt hatten als ich. Da wär was nicht in Ordnung. Sie würden mal nachhaken.
Nun sagte mir vorhin jemand aus einem anderen Ort, der am 2.11. bestellt hatte und seinen Ausweis auch nicht bekommen hat – und der sich auch mit solchen Themen befasst.
Nun grüble ich, wie es kommt, daß Leute, die ihren Ausweis später bestellt haben, ihn schon erhalten haben. Das mit den mangelhaften Chips kann ja passieren, shit happens. Das dürfte aber trotzdem nichts am first come, first serve ändern. Oder?
Haben die da etwa die Anmeldedaten verschlampt? Wenn ich das richtig mitbekommen habe, schickt die Einwohnermeldestelle bei der Gemeindeverwaltung keinen körperlichen Brief zur Druckerei, sondern scannt alles selbst vor Ort ein und übermittelt das elektronisch – jedenfalls hatte ich diesen Eindruck. Könnten die da möglicherweise die Daten verloren haben und deshalb notgedrungen darauf warten müssen, daß irgendwer sich beschwert und die Daten dann neu übertragen werden?
Oder steckt Absicht dahinter? Könnten die nach der Panne mit der Software, wo welche von der Piratenpartei schon am ersten Tag eine dicke Macke gefunden haben, Muffensausen bekommen haben?
Man könnte ja annehmen, daß die, die in den ersten Tagen bestellen, vor allem die sind, die das Ding testen wollen. Man könnte auch mal gegoogelt haben, wer sich von den Antragstellern der ersten Tage im Journalismus- oder IT-Sicherheitsbereich rumtreibt und es darauf anlegen könnte, da was zu testen. Und daß man deren Ausweise ganz bewußt zurückhält, damit es nicht wieder nach Panne am ersten Tag aussieht, wenn jemand doch was findet (oder bis man vielleicht noch ein paar erkannte Macken aus den Chips rausgemacht hat?).
7 Kommentare (RSS-Feed)
Kann meinem Vorredner nur zustimmen. So kenne ich auch unsere Verwaltung.
Warum Dir das immer passiert? Du bist doch Techniker, also dürfte Murphy kein Unbekannter sein. 😉
Wer einen Reisepass mit Chip hat und eine biometrische Erkennung erleben möchte, kann das jetzt anscheinend in Zürich – an der Schengen-Außengrenze wird eine automatisierte Grenzkontrolle getestet (manuelle Nachkontrolle nur bei Bedarf):
http://www.flughafen-zuerich.ch/desktopdefault.aspx/tabid-493/967_read-3675/
Hi,
auch ich war einer der ersten, die sich den Perso geholt haben. Am 02.11. früh morgens stand ich im Bürgerbüro auf der Matte und habe mir die tolle RFID Karte beantragt. Die Beantragung selbst hat eine Ewigkeit gedauert. Anscheinend war das Progg (ich glaub ein Java Applet o.ä.) total ausgelastet.
Etwa 6 Wochen nach dem Beantragung habe ich mal bei der Stadt angerufen, und gefragt, ob mein Perso fertig sei. Er war fertig. (Ich wollte eigentlich eine Benachrichtigung per E-Mail oder SMS, aber nichts davon erfolgte). Dann bin ich ins K8 gefahren. Tja, die hatten Probleme mit der IT und konnten den Perso nicht aktivieren. Ich sollte dann am nächsten Tag wiederkommen. Am Abend habe ich nochmal dort direkt im K8 angerufen und die meinten, dass es nun angeblich geht, wenn in meiner Hausnummer kein Buchstabe enthalten ist. (Wieso das eine Rolle spielt, habe ich keine Ahnung, die haben das Hausnummer Feld doch nicht etwa als Integer ausgelegt, oder??). Okay, ich bin hingefahren und habe den Perso abgeholt. Die Online Features konnte man aber nicht aktivieren, da der PIN / TAN Brief noch nicht gekommen ist. Der kam rund 3 Tage später.
Und die ersten negativen Erfahrungen habe ich mit dem Perso auch schon sammeln können. Letzte Woche musste ich in Paris in ein Regierungsgebäude rein. An der Pforte muss man dort seinen Perso abgeben und bekommt dafür einen Einmal-Ausweis. Habt Ihr schonmal versucht einem französischen Polizisten (der weder Deutsch noch Englisch versteht) versucht zu erklären, dass es in Deutschland neue Persos gibt?? Der hält die Alte Pappe hoch und sagt Ok, nimmt meinen Perso und sagt “nicht Ok”.
Pruuust.
Für Fortgeschrittene: Versuche mal diesem Polizisten noch klarzumachen, wonach es seit dem neuen ePerso auch ein neues Gesetz gibt, wonach man das gar nicht verlangen darf, daß jemand den Personalausweis irgendwo hinterlegt.
Das wirklich Dumme an der Sache ist aber: Ich hab auch nen Buchstaben in der Hausnummer.
@Hadmut
Leider habe ich nichts vernünftiges studiert. Aus mir ist leider nur ein Informatiker geworden. Ich wette, Luis de Funes hätte kein Französisch gebraucht, um dem Herren das klarzumachen. Aber ich unterhalte mich ehrlich gesagt nur ungerne mit einem Typen mit nem Maschinengewehr, nicht dass ihm auf einmal ein Finger ausrutscht….
Entsinne mich dunkel an die Zeit, als ich noch Software fürs StVA, Kfz-Zulassung programmierte. Da gab es ein Feld Hausnummernzusatz für die Buchstaben etc., die Hausnummer war tatsächlich Integer (short).
Hallo Hadmut,
Fröhliche Weihnachten nachträglich erstmal.
Ich persönlich glaube nicht das Absicht dahinter steckt, dass das FIFO Prinzip nicht eingehalten wird. Wenn ich mir unsere öffentliche Verwaltung so anschaue, würde ich zu 50/50 zwischen Inkompetenz und Schlamperei tippen. Und zwar nicht auf Seiten der Bundesdruckerei. Meine Erfahrung sagt mir eher das öffentlich Bedienstete nicht zur Gruppe der Technik-affinen Menschen zählen (die ITler ausgenommen). Also würde ich denken, die Übertragung deiner Daten von der Gemeinde hat gar nicht stattgefunden (Timeout – hä was isn das?*) und das holen die jetzt nach WEIL du gemahnt hast.
*Das Timeout-Problem bei der ePerso Antragssoftware ist ja bekannt.