TRON: Legacy 3D
Meine Filmkritik.
Der erste TRON kam 1982 heraus, und als computerbegeisterter Mensch bin ich damals natürlich gleich mit Freunden ins Kino. Auf der einen Seite fand ich die vielen Anspielungen auf Computer und Software toll, vor allem wenn sie nur für Insider verständlich waren. Und ein paar Gags fand ich damals ziemlich gut, vor allem das Bit („Nein” – „Ja”) und auf diverse Computerspiele. Von der Optik war ich damals nicht so begeistert. Die Technik war zwar für damalige Verhältnisse schon an der Spitze, aber die unscharf wackelnden Kanten haben mich schon damals gestört. Auch für die Motorradfahrten und die albernen Kostüme konnte ich mich nur sehr begrenzt erwärmen.
Grund genug aber für mich als Informatiker, fast 30 Jahre später in den zweiten Teil zu gehen (um ehrlich zu sein: Weil ich eingeladen wurde, für umme geht’s schon). Und gleich mal in die 3D-Version, obwohl ich das 3D-Zeugs nicht so mag.
Meine Kritik fällt teils positiv, teils negativ aus. Und komischerweise genau umgehrt wie damals beim ersten Teil.
Das Positive:
Der Film ist optisch, halt so vom visuellen Eindruck, sehr gut. Allein diese extra-geilen Mädels in diesen extra-geilen Kostümen (die vier Gems am Anfang, leider sieht man sie nur in einer Szene, eine davon spielt aber später noch eine Rolle) sind schon ein echter Hingucker. Die Hauptdarstellerin ist jetzt zwar nicht so unbedingt mein Primärtyp, aber auch sehr lecker verpackt.
Was Computer-generiert ist, ist natürlich mit der damaligen Steinzeit-Technik nicht zu vergleichen und heute quasi perfekt. Die Phantasie ist unbegrenzt, man kann heute im Prinzip darstellen, was immer man will. In HD und 3D. Da wackelt nichts, da ist nichts unscharf, da ist kein Rauschen und kein Analogfilm-Dreck, das stimmt einfach.
Am beeindruckendsten fand ich im Nachhinein aber etwas, was ich im Film gerade nicht gesehen (oder als Trick erkannt) habe: Der damalige Hauptdarsteller Jeff Bridges spielt wieder die Hauptrolle – sogar mehrfach. Er spielt sich selbst als junger Mann so Anfang/Mitte 30, damals am Abend bevor der erste Teil stattfand, er spielt sich selbst als Clu, also als Kopie seiner selbst und damals wieder als jungen Mann, und er spielt sich selbst als den alten Mann, der seit damals im virtuellen Raum lebt (worin ein logischer Fehler liegt, denn er ist als Schauspieler ja nicht nur tatsächlich 30 Jahre älter, sondern sieht auch 30 Jahre älter aus und die Computer-Technik und die Außenwelt sind auch 30 Jahre später. Sein Film-Sohn war am Abend vor dem ersten Teil aber ein ungefähr 10-jähriges Kind, während er jetzt als etwa 25-jähriger Mann
rumläuft, als da eher so 15 Jahre vergangen sind. Geschenkt!)
Nun hatte ich den Fehler gemacht und es verpennt, mir vorher nochmal den ersten Teil anzusehen, den ich zwar als DVD, aber länger nicht mehr gesehen habe. Hätte ich tun sollen, allein schon um das Gedächtnis bezüglich der Story, den Einzelheiten, den Figuren aufzufrischen. Sie haben nämlich schon ziemliche viele Elemente wieder aufgegriffen, wie mir erst jetzt im Nachhinein auffiel, als ich mal schnell durch den erste Teil gespult habe. Als ich aber gestern abend im Kino saß, hatte ich nicht mehr so genau in Erinnerung, wie der Hauptdarsteller Bridges im ersten Teil ausgesehen hatte. Deshalb dachte ich die ganze Zeit über, daß der junge Darsteller im zweiten Teil einfach ein anderer Schauspieler ist, daß sie halt einfach irgendeinen gefunden haben, der dem jungen Bridges einfach ziemlich ähnlich sieht. Fand ihn jetzt nicht so den Brüller, weil er schon irgendwie etwas eingeschränktes Mienenspiel hatte (so ein Botox-Gesicht eben), aber sonst viel mir da nichts besonderes auf. Stark geschminkt waren die da alle. Erst so im Abspann und jetzt nochmal in einem SPIEGEL-Artikel habe ich gelesen, daß der alte Bridges wohl auch den jungen gespielt habe und man da wohl mit Computertechnik irgendwie den Kopf ausgetauscht haben muß (ich bin mir nicht sicher, ob das jetzt so war, ich hätte das vorher wissen und drauf achten müssen). Wenn das so ist, dann finde ich das sehr beeindruckend. Denn dann hätte da über einen längeren Zeitraum eine Person in einem Film realistisch mitgespielt, die es so nicht gibt (wobei er in den sportlichen Szenen einen Helm aufhatte und sicherlich gedoubelt war, aber letztlich kann der Computer dann den Kopf jedem aufschrauben). Was für mich dann endgültig hieße, daß man einem Film überhaupt nicht mehr trauen kann (wenn der als politischer Beweis für irgendetwas gezeigt wird, zumal man auch Publikum usw. inzwischen gut synthetisieren kann).
Nicht so ganz vom Hocker gerissen haben mich die 3D-Effekte. Vor allem, daß in den ersten Minuten das ganze Kino-Publikum mit 3D-Brille dasaß und begeistert geguckt hat, obwohl in Wirklichkeit nur ein normaler 2D-Film lief. Das Hirn rechnet nämlich die dritte Dimension nach und wenn man den Leuten nur sagt, daß sie jetzt einen 3D-Film sehen und man ihnen dazu eine alberne Brille aufsetzt, dann glauben die wirklich, sie sehen 3D. Tatsächlich setzt der 3D-Film erst ein, wenn der Hauptdarsteller wieder in den virtuellen Raum gezogen wird. (Was mich sehr an den Film Wizard of Oz erinnert, der ja damals auch als Schwarz-Weiß-Film anfing und erst im Traum zum Farbfilm wird.) Naja gut, waren dann aber ganz nett. Vor allem kommen sie im großen Kino viel besser als vor den kleinen 3D-Fernsehern (bei denen ich Kopfschmerzen bekomme). Ein 3D-Film-Fan werde ich so aber sicher nicht, zumal es ja genaugenommen eben kein 3D- sondern ein Stereoskopischer Film ist, was etwas grundsätzlich anderes ist und einige Probleme mit sich bringt.
Hab ich eigentlich schon erwähnt, daß ich diese Mädels in den extra-geilen Kostümen extra-geil fand?
Zum Negativen:
Tron als Film funktioniert nicht mehr, und eine Story haben sie auch nicht.
Daß Hollywood-Filme heute keine Story mehr haben und nur noch mit Optik und Computertricks agieren, ist traurig, aber wahr. Denken, Raten, Spannung gibt es nicht mehr. Der Sohn wird unter Vorwand in die virtuelle Welt gelockt, muß wie im ersten Teil gladiatorenartig mit Disks kämpfen und Motorrad fahren, findet seinen Vater (und eine extra-geile Tussi im extra-geilen Kostüm), der da einfach so irgendwo rumsitzt, dann wollen sie wieder raus, werden noch von einer anderen extra-geilen Tussi in einem extra-geilen Kostüm reingelegt, fliegen noch was in 3D rum und sind dann am Ende wieder draußen. Das war’s. Mehr passiert nicht. Ganz banal die Guten und die Bösen, und damit es auch der Dümmste kapiert, (wieder) in zwei Farben. Die Guten haben weißes Licht, und die Bösen orangenes (weil sonst alles schwarz ist und man sie sonst nicht sehen würde). Das ist so dämlich, daß die Bösen da viele Raumschiffe/Flugzeuge rumstehen haben, alle Orange, aber das seine Farbe wechselt, als die Guten einsteigen, damit man dann weiß, wer auf wen ballert.
Ansonsten ist der Film eigentlich nur wie eine Story-Vorlage für ein Computerspiel gebaut, viele Rasererien, Rennereien, Fliegereien.
Paradoxerweise gelingt es dem Film dann aber überhaupt nicht, den inhaltlichen Bezug zu Computer und Spielen (der im ersten Teil wesentlich war) herzustellen. Der erste Teil war eine ständige Anspielung, ein ständiges Zitat von Computer-Spielen, von Software, von bekannten Computerspielen. Der neue kommt zwar dann irgendwie auch wie eine Spielekonsole daher, aber irgendwie besteht keine Verbindung mehr. Die von draußen werden zwar „User” und die von drinnen „Programme” gennant, das war’s aber. Ansonsten ein x-beliebiges Phantasiespektakel. Sieht zwar aus wie Tron, ist aber nicht Tron. Weil Tron heute nicht mehr funktioniert. Vor dreißig Jahren waren Computer und Computerspiele noch was exotisches, besonderes, charakteristisches. Ping Pong und PacMan und sowas. Ganz grobe Computergraphiken ohne Shading aus einfarbigen, ganz grob und groß triangularisierten Flächen, weil nicht mehr Rechenleistung da war. Die grobe Unvollkommenheit der Darstellung war damals computertypisch und brachte den Wiedererkennungswert als etwas erkennbar unwirkliches.
Heute ist das ganz anders. Computer sind so allgemein und realistisch, daß sie keinen so individuellen Look mehr haben. Und weil es nicht mehr die Spielhöllen mit Space Invaders gibt, gibt es auch diese typische Computerspielästhetik nicht mehr. Spiele gleichen sich immer mehr Realität und Film an, und sind so umfangreich und variabel geworden, daß es kein typisches Erkennungsbild mehr gibt. Space Invaders oder Pac Man hatten ein festes Bild mit Klötzchen- oder Vektorgraphik, die man sofort wiedererkannt hat. Und mit abstrakten Spielregeln, bei denen man sich sofort als Spielfigur wiedererkannt hat. Geht heute nicht mehr.
Auch die Anspielungen an die Computer-Interna funktionieren nicht mehr. Zwar kann heute jeder mit dem Computer umgehen, aber viel weiß er darüber auch nicht. Und die alten Betriebssyteme kennt auch keiner mehr. Heute müßte man so einen Film vielleicht mit Apps spielen, die heruntergeladen werden (so vielleicht als eine Gruppe von Kämpfern, die sich bei Bedarf um entsprechende Leute erweitert). Man kann aber nicht (mehr) das innere eines Computers darstellen, indem man sich bunte Kostüme anzieht und sich mit „User” und „Programm” anredet.
Letztlich greift der Film in seiner Erscheinung, seinem Aussehen, seinen Figuren den alten Tron auf – aber überhaupt nicht mehr dessen Story. Ist nicht mehr Computer-Anspielung oder Science-Fiction. Ist nur noch Phantasie und Futuro-Look. (Wenn auch mit extra-geilen Mädels in extra-geilen Kostümen, die durchaus lobens- und erwähnenswert sind.)
Ob’s das jetzt aber lohnt? Weiß nicht. Zum Schluß hin wurde es mir eher langweilig, man sieht sich an der 3D-Fliegerei und Ballerei schnell satt. Es gibt auch nichts überraschendes. Daß der Sohn und das Mädel in dem extra-geilen Kostüm es wieder raus in die normale Welt schaffen, war von Anfang an klar. Und sonst passiert nichts.
Das Auge wird gekitzelt. Das Hirn langweilt sich sehr, jedenfalls der verstandesmäßige Teil. Und für den männlichen Teil des Hirns kommen die Mädels dann doch wieder zu selten vor.
6 Kommentare (RSS-Feed)
“Sein Film-Sohn war am Abend vor dem ersten Teil aber ein ungefähr 10-jähriges Kind,…”
Ich kann es zwar nicht beschwören, aber ich bin mir eigentlich sicher dass besagte Szene ca. 8-9 Jahre NACH dem ersten Teil gespielt hat.
So zumindest hab ich den Nachrichtensprecher in der Szene drauf verstanden als er erzählt hat wie Flynn(Bridges) vor 10 Jahren ENCOM übernommen hat und 5 Jahre später seine Frau gestorben ist usw. Wurde nich auch im Untertitel drauf hingewiesen dass es 1989 gewesen sein soll?
Das vorausgesetzt stimmen die Zeiträume alles in allem schon in etwa.
Das kann natürlich sein, daß ich den Ansatz zum ersten Film nicht verstanden habe. Hätte mir doch vorher den ersten Teil nochmal anschauen sollen. Ich wußte nicht mehr, ob der im ersten Teil da wieder rausgekommen war und warum der nun wieder da drin hockte. Er hatte wohl im ersten Teil auch kein Kind, das in der Story auftauchte, und er war wohl auch nochmal jünger als jetzt CLU. Insofern kann es schon sein, daß die gesamte Handlung in Legacy ca. 10 Jahre nach dem ersten Film spielt. Dann würde es auch passen. Hab ich vermutlich falsch verstanden.
Moin!
Also mit den Zeiträumen haben die das recht gut durchdacht. Sein Sohn ist 27, und Kevin Flynn ist genau 20 Jahre verschwunden (wurde genannt, steht auch im Screensaver-Timer auf dem Touchpad bei „dem“ Computer). Zusammen mit Havys Anmerkungen würd ich schon sagen, dass Tron Legacy 2010 spielt, über 28 Jahre nach dem ersten Teil.
Das mit den Köpfen ist mir jetzt nicht so aufgefallen. Jeff Bridges ist halt mit Vollbart als älterer Mann sowie ohne Vollbart und etwas flotterer Gestik als „früherer“ Kevin Flynn zu sehen. Das passt schon, sogar ohne Computer kann Make-Up dort wahre Wunder bewirken.
Was den Farbwechsel der Fahrzeuge betrifft: das ist zwar für die „dümmeren“ Zuschauer gemacht, aber außer in TRON kann ich mich gerade an keinen Film erinnern, der das so macht. Ich fand das damals schon ein cooles Feature. Übrigens wurde das nicht überall gemacht: im ersten Teil fliegt Flynn mit einem dieser Space Destroyer(?) herum, der ist rot. Ebenso die geklaute Uniform. Erst als Tron ihn berührt, wird er blau. In Tron Legacy kommt das nur an einer Stelle vor, und das sehe ich eher als Erinnerung an den ersten Teil. So wie viele andere Dinge, z.B. das versteinerte Bit.
Stolpere gerade hier drüber, einen negativen Kritikpunkt hast Du vergessen:
Zuse (oder die Anspielung darauf) war das Böse!
Ansonsten war der Film standard Poppcorn-Kino, und ohne den Soundtrack noch grottiger. Die 3D-Effekte empfand ich als Durchschnitt, teilweise unscharf, was scharf war hast Du schon erwähnt. 😛
Avatar ist für mich immer noch die technische(!) Referenz, die anderen Produzenten könnten sich da schon mehr Mühe geben. Aber hey, wenn der Film Müll ist, einfach 3D machen…
Es wird Zeit das die TV-Hersteller die Shutter-Technik einmotten und die Kino-Variante ins Wohnzimmer bringen, so wie LG das vor hat: http://tinyurl.com/3v6hhss
Dann kann man wieder warten bis ein Film in der Videothek erscheint und muss nicht die 3D-Wucherpreise (+ Anfahrt, Verpflegung) im Kino in Kauf nehmen.
Ich habe immer noch die Hoffnung das dann wieder Inhalt geboten wird, 3D wird sich hoffentlich genau so sinnvoll und gut jedem Genre einsetzen lassen, ohne Renderaufwand.
Ich hab den neuen Film (noch?) nicht gesehen und kurz überlegt, ob ich deine Kritik überhaupt lese wegen potentieller Spoiler – ich tat es. Zumindest der Hollywood-Teil war vorhersehbar.
Falls ich mir den Film wirklich anschauen, müsste ich mir erstmal den Vorgänger besorgen, worauf ich wenig Lust habe. Siehe auch:
Zu Tron und Tron Legacy hatte ich bei der Kette des hiesigen Kinos angefragt, ob man plant, eine Filmnacht mit beiden Filmen zu machen. Die erste Antwort war großartig:
> […] uns ist nicht bekannt, dass es mehrere Teile vom Film ‘Tron Lagacy’
> geben soll. Wir spielen diesen Film ab dem 27.01.11 regulär im Programm.
Die ursprüngliche Anfrage war natürlich nicht angehängt. Auf mein Nachhaken und die Erklärung, dass TRON Legacy die Fortsetzung des vor 28 Jahren erschienenen Filmes TRON sei antwortete man:
> […] nein es ist keine “Filmnacht” mit beiden Teilen geplant.
Das finde ich ziemlich schade. Man hätte beide Filme im direkten Vergleich auf großer Leinwand sehen können. Aber wenn nichtmal die Leute vom Kino wissen, dass es einen Vorgänger gab…
(Obwohl die Antworten in Form und Formulierung den Schluss nahe legen, dass irgendwelche armen Praktikanten die Tickets im Akkord lösen müssen)