Catering for the 40+ age group
Ich hab doch kürzlich eine Kritik über meine Namibia-Reise geschrieben.
Und dabei auch kritisiert, daß mir die Reisegruppe insgesamt viel zu alt war. Nicht weil ich was gegen Rentner in der Reisegruppe hätte (einige waren fitter als ich und haben mich beim Marschieren in der Sandwüste abgehängt), sondern weil ich was dagegen habe, wenn die Gruppe fast nur aus Rentnern besteht, weil das einfach monothematisch wird und ich mit Themen wie altersgerechten Einbauküchen, Rollatorwitzen und sowas einfach noch nichts anfangen kann. Das hat mir keinen Spaß gemacht.
Auf der Namibia-Reise war ich der mit Abstand Jüngste und mußte mir noch Sprüche anhören wie „Ich könnte Dein Vater sein”, während ich bei Australienreisen schon vor Jahren (!) der Älteste in der Reisegruppe war (und Sprüche wie „Ich könnte Dein Vater sein” ablassen konnte).
Aber woran liegt das?
Von der Landschaft, von der Umgebung, von der Art des Reisens sind Australien und Südafrika sogar relativ ähnlich. Preislich liegen sie auch nicht wesentlich auseinander. Selbst das Freizeitangebot hat – jedenfalls von einem globalen Blickwinkel aus – gewisse Ähnlichkeit. Selbst die Breitengrade und die Sternbilder bei Nacht gleichen sich. Auch die Hautfarbe der Ureinwohner und die Geschichte, von brutal agierenden Europäern eingenommen worden zu sein. Linksverkehr haben sie auch beide.
Und das war ja auch kein Einzelfall. Ich habe ja in Australien (und Neuseeland) viele Reisegruppen gesehen, und auch in Namibia Kontakt zu anderen Gruppen gehabt und mich erkundigt. Die Altersstrukturen sind immer so.
Warum also ist Australien so eine typische Reise für Leute zwischen 20 und 40, und Namibia eher für 40 bis 60, oder nach eigener Beobachtung eher 55 bis 75?
Ich hab gerade beim Aufräumen meiner Dateihalden, auch der Reisenotizen, noch einen Katalog eines anderen Veranstalters gefunden, „Adventure tours in Africa 2011” von „kiboko adventures”. Die kamen mir nach ihrem Erscheinungsbild und zweifachem „Adventure” im Namen etwas frischer vor, zumal sie ein afrikanischer und kein deutscher Veranstalter sind. Die Deutschen neigen da immer zu ganz verstaubten Reisegruppen und dem Reservieren von Liegen am Pool mit Handtüchern. Doch was müssen meine leidgeprüften alten Augen da auf Seite 2 des Katalogs als beworbene Leistung sehen?
Catering for the 40+ age group including the older “young at heart” adventure traveller
Gibt es etwas, was einem die Lust am Abenteuerurlaub in einem einzigen Satz schon vorher mehr nehmen kann? Außer vielleicht „Iß, das ist gesund” und „Rollator-geeignete Wanderwege”?
(Verdammt, ich bin auch schon über 40. Was würden die mir da vorsetzen? Zeugs zum Lutschen? Kartoffelbrei? Für Leute ohne Zähne? Krieg ich da kein Steak mehr? Schonkost für’s Herz? Noch habe ich übrigens alle 32 Zähne, aber mein Zahnarzt ist schon ganz scharf darauf, mir einen problematischen Weisheitszahn rauszuholen, aber noch habe ich sie alle… Zugeben muß ich allerdings, daß ich nicht mehr so weit wandere und nicht mehr überall hinsteige, wo ich vor 10 Jahren noch rauf- und runtergerannt wäre.)
Aber was genau ist denn jetzt der Grund, warum Südafrika/Namibia/usw. zur Rentnerreise geworden ist? Und warum hat mir das vorher keiner gesagt?
12 Kommentare (RSS-Feed)
Ich könnte ja gehässig sein und sagen, die halten Dich schon für einen Rentner, der da hinpaßt. Tu ich aber nicht. 🙂
Knifflig. Mir fallen auf die Schnelle einige Dinge ein, die aber auch nicht so ganz überzeugend sind:
– Waren die älteren Mitglieder der Reisegruppen Deutsche? Namibia war mal deutsche Kolonie. Könnte sein, daß speziell das deutsche ältere Publikum das noch vom Geographieunterricht der 50er her als “heimatlich” im Unterbewusstsein empfindet. So in Richtung “Wenn es schon exotisch sein soll, dann wenigstens dort wo mal deutsche Ordnung herrschte”.
Ich erinnere mich auch, daß bei meiner Mutter im Regal viele Romane mit Handlungsort Afrika standen (“Out of Africa”). Afrika war in den 50ern noch ein romantisiertes Traumziel. Die schlimmen Diktaturen und Katastrophen Afrikas gingen dann ab den 60ern los.
Jüngere Deutsche könnten sich wegen Globalisierung, Internet o.ä. dann wieder mehr zu Australien hingezogen fühlen, was ein Land aus dem angelsächsischen Bereich ist. In Richtung, daß mehr Australien, Kanada o.ä. als der Inbegriff der “großen weiten Welt” empfunden wird. Die jüngere Generation könnte wegen diverser Ereignisse der letzten Jahrzehnte Afrika gegenüber eher Vorurteile pflegen in Richtung “Da geht doch sowieso alles vor die Hunde”, und wo man sich die Frage stellt “Was will man da?”
– Vielleicht auch schlicht die Entfernung. Ich war mal in Neuseeland, und der Flug dorthin ist mörderisch. Ich weiss nicht, ob ich den Flug nochmal machen möchte, wenn ich auf die 60 zugehe. Namibia könnte dann noch grade so an der Grenze dessen sein, was man dann als europäischer Reisender noch aushält.
Weil ältere Menschen jenseits der 60/70 eventuell noch aus ihrem Elternhaus bzw. von den Großeltern diverse Erzählungen von “Deutsch-Südwest” in Erinnerung haben und dort, wenn sie es sich als Rentner leisten können und Zeit haben, eher hinwollen, als nach Australien.
In den Generationen darunter ist Namibia nicht das ehemalige Deutsch-Südwestafrika, sondern einfach nur “Namibia”.
In einem Punkt stimme ich aber nicht zu: Namibia ist in meinen Augen weitaus reizvoller als Australien.
Nöh, Namibia ist definitiv nicht reizvoller als Australien. Australien hat schon sehr viel mehr zu bieten, aber das ist ja nicht altersspezifisch.
Es sei denn natürlich, Du legst besonderen Wert auf die barbusig rumlaufenden Frauen.
“barbusig rumlaufenden Frauen.”
Gibt’s die hierzulande nicht auch? Muß man dazu nach Afrika?
Kommt drauf an. Wenn Du sie mitten in der Stadt rumlaufen haben willst, wird’s schwierig. Beim Münchner Oktoberfest gibt jedenfalls jede Menge der „oberen Hälften” zu sehen.
In Australien ist es aber weniger üblich. Und um den Vergleich mit Australien ging’s ja.
In Namibia gibt es Gegenden, wo sie alle mit komplett freiem Oberkörper in der Stadt rumlaufen. Ob’s das Auge erfreut, steht freilich auf einem anderen Blatt…
Bei den Weisheitszähnen würde ich mir noch eine zweite Meinung holen. Mir wurde auch gesagt, dass mein waagerecht eingelagerter Weisheitszahn unbedingt entfernt werden muss.
Das ist jetzt knapp 20 Jahre her …
Zum Reisethema: Wenn ich so in meiner Erinnerung forsche, vermarktet sich Australien auch weit besser als Namibia. Ich habe schon öfter Australienwerbung wahrgenommen, an Namibia kann ich mich nur wenig erinnern. Australien hat in der Werbung auch einen deutlich höheren Aktivitätsanteil, wie Tauchen, Wassersport und Shoppen. Namibia eher Landschaft, Natur und Kultur.
Das man in Namibia zudem mit deutsch ganz gut durchkommen soll, hilft bei deutschen Rentnern natürlich auch beim Reiseverkauf.
Das mit dem Catering für die 40+ Gruppe ist schon interessant. Da würde mich die Auflösung auch interessieren. Ob das nun heisst, das nicht ausschliesslich landespezifisches angeboten wird, sondern auch Schnitzel und Wurst ? Oder die Portionen kleiner sind ? Oder das Abendessen schon um 18:00 Uhr kommt ? Oder es nicht jeden Tag Pommes und Burger gibt, sondern auch Salat ?
Ich bin gespannt.
Deine Frage nach dem “Warum” kann ich leider nicht beantworten. Aber kennst Du “Hummeldumm” von “Tommy Jaud”? Das Hörbuch habe ich vor kurzem angehört, und musste spontan an Deine Namibia-Geschichte denken. Falls nein: Es ist eine eher seichte Unterhaltung, aber durchaus sehr lustig und anhörenswert.
Nee, kenn ich noch nicht.
Wenn man nach Australien fährt und sich dabei Abenteuer vorstellt, dann gehört dort auch ein geiler Sunnyboy mit außerordentlich guten sexuellen Qualitäten dazu. Oder eben die geile australische, euroexotische Schnitte, die der deutsche Jüngling in Haufen am traumhaften Strand vorfindet.
In Namibia hast du Aids-Schwarze, was den Europäer im Fickabenteuertraum nicht sonderlich anspricht.
Alle Vorurteile sind absichtlich eingebaut.
Australien hat einfach die deutlich bessere erotische Komponente in deutschen Köpfen. Ich würde sogar sagen, dass Australien diesbezüglich bei 100% liegt und Namibia/Afrika bei fast 0%. Für viele ist das aber wichtig, zumindest wenn es um einen Abenteuerurlaub geht.
Mir fallen zwei wichtige Unterschiede ein:
(1) die Tierwelt.
(2) die unterschiedlichen Zeitzonen.
Das erste was mir einfällt (und total oberflächlich):
Weil Australien “hip” ist und Afrika vor allem in Rosamunde Pilcher Verfilmungen (Liebe in der Wüste oder so) Verfilmungen präsent ist ?
bb Chris