Ansichten eines Informatikers

Macht Glauben glücklich?

Hadmut
2.10.2011 14:50

Kürzlich gab es hier im Blog ja eine Kommentardiskussion zu der Frage, ob die Religion für den Gläubigen von Vorteil ist oder nicht. Die ZEIT beschreibt (allerdings sehr kurz und knapp) eine wissenschaftliche Studie, wonach der Vorteil der Religiosität in der sozialen Anerkennung und gesellschaftlichen Einbindung liegt, was in säkulären Gesellschaften wie Deutschland aber nicht mehr zum Tragen käme, also keine Vorteile mehr bringt. (Anmerkung von mir: Die Nachteile bleiben aber…)

42 Kommentare (RSS-Feed)

0x00000074
2.10.2011 16:13
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So knapp wie der Artikel, fallen meistens auch Religionsdiskussionen aus (also echte Diskussionen – kein Dreck an den Kopf geschmeiße).

“Kommt darauf an” ist auch bei mir immer eine Antwort. Mir selbst bringt Religion Vorteile, außer ich bin unter überzeugten Atheisten, die einen meistens für einen Trottel halten. Das konnt leider daher, dass sich kaum mit verschiedenen Religionen richtig beschäftigt wird, sondern nur Dinge wie Terrorismus oder Missbrauchsfälle stellvertretend für den ganzen Islam oder das ganze Christentum gesehen werden. Ich möchte damit niemanden angreifen, das ist nur leider einfach meine Erfahrung.

Wie der Artikel so schön sagt, geht es bei Religion (zumindest für mich) darum auch an andere zu denken, was unter anderem darauf hinausläuft überhaupt nachzudenken, ob bestimmte Dinge in meinem Umfeld so sein dürfen, können oder sollten. Damit hat Religion mein Blickfeld eher erweitert als beschränkt und in diesem Sinne studiere ich auch Physik 😉

Gesellschaftliche Anerkennung sollte nicht durch die Zugehörigkeit zu einer Religion “bestimmt” werden. Ich denke sie ergibt sich vielmehr durch gemeinsame Ziele und Methoden.


Hadmut
2.10.2011 16:37
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@0×00000074: Altruismus ist gut. Daß man dafür Religiosität bräuchte, ein Irrtum und gezielte Propaganda. Atheismus hält einen in keiner Weise davon ab, mindestens genauso gut an andere zu denken. Im Gegenteil, ein Atheist gesteht anderen erheblich mehr zu ein ein religiöser Fundamentalist.

Kannst Du irgendwie beschreiben, welche Vorteile Dir die Religion bringt? Ich meine, die Religion selbst und nicht nur deren soziales Umfeld, wie es im Artikel angesprochen wurde und wie man es ähnlich auch in anderen Vereinen finden würde.


Hanz Moser
2.10.2011 16:55
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Etwas das mir über die Jahre bei der Frage nach der persönlichen Glückssteigerung und Nutzen der Religion für den konkreten Gläubigen immer wieder aufgefallen ist, ist die enorme Hilfe die sie im Umgang mit allen möglichen Arten von Pech, Rückschlägen und generellem Unbill bietet.
Die Geschichte von Hiob ist da das Paradebeispiel, da sie das Gegenargument schlechthin darstellt, wenn man mal vom Glauben abfällt und sich fragt “mein Gott, warum hast du mich verlassen?”. Auf dem Wege kann man alles was einem widerfährt, entgegenschlägt und eher demotivierend wirkt als eine Art Prüfung des Glaubens verklären. Wenn man es ein wenig anders will, kann man sich auch auf die unerfindlichen Wege des Herrn berufen und Mobbing im Betrieb als göttlichen Wink mit dem Zaunpfahl sehen, der einen in ein gelobteres Land führt.

Auch wenn Freud vieles gesagt hat, was ich für an den Haaren herbei gezogen halte, gefällt mir der Ansatz seiner Gotteskritik, in die Umwelt einen Willen zu stopfen, weil man darauf quasi soziale Muster anwenden kann, die intuitiv gut zugänglich sind.

Ich glaube der Aspekt, dass Religion sehr gut geeignet ist ihren Anhängern Hoffnung und Zuversicht durch etwas intuitiv Erfassbares zu vermitteln ist einer ihrer Erfolgsfaktoren.
Aufbauend darauf kritisiere ich auch den Schluss des Artikels. In den Staaten mit stärker Gläubigen Religionsanhängern werden religiöse “Argumente” oder sagen wir vielleicht besser Gedankengänge ernster genommen und haben für die Gläubigen stärkeren und direkteren Bezug zu ihrem Alltag. Hier ist der Anteil der Leute, die ernsthaft und tiefgründig religiös sind doch eher klein. Der Einfluss einer religiösen Durchhalteparole á la “lass dich nicht unterkriegen, der Herr steht dir bei” dürfte bei den meisten deutschen Kirchgängern nicht so drastisch sein, wenn man vor einem weltlichen Verwaltungsgericht dabei ist “vom Glauben abzufallen”…

Außerdem hat die Auswahl der Stichprobe für mich “a Gschmäckle”. Ich glaube nicht, dass die “Glaubensstärke” der Kundschaft einer Kontaktbörse gleich verteilt ist mit der der jeweiligen Grundgesamtheit der Religionszugehörigen. Wenn ich einfach mal die Westentasche aufmache und meinen dort beheimateten Psychologen befrage, wie es denn die mir persönlich bekannten Anhänger der christlichen Religionen mit Partnerbörsen halten glaube ich, dass mit der Intensität des Glaubens die Bereitschaft zur Nutzung rapide sinkt.

Wenn man davon ausgeht, dass die strenger Gläubigen sowas eher weniger nutzen und die Befragten nur auf dem Papier religionszugehörig sind erklärt sich das Ergebnis ohne Einfluss der Religion selbst. Das macht meine Meinung nicht plausibler, ich nenne sie aber auch nicht Studie 😉

Ich würde wirklich gerne mal die Fragebögen zu dieser Studie sehen…


Hadmut
2.10.2011 17:03
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Freud interessiert mich normalerweise – gerade wegen des an den Haaren herbeiziehens – eigentlich gar nicht. Deshalb bin ich mit seinen Aussagen auch nicht vertraut. Die Sichtweise mit dem in die Umwelt einen Willen zu stopfen, um darauf quasi soziale Muster anwenden zu können, kannte ich so (von ihm) noch gar nicht, trifft aber sehr gut meine Einschätzung in Religion und ist famos.

Das kann man sogar mit der Funktion des Gehirns erklären. Evolutionär haben wir ein Sozial-Modul im Hirn, aber kein Mathe- und Physik-Modul (das muß man erst mühsam erlernen und trainieren). Religion ist dann die angewöhnte (Fehl-)Technik, die Umwelt mit dem Sozial-Modul erklären zu wollen. Hey, das gefällt mir, das ist gut! (Paßt auch zu meinem Eindruck, daß Irrationalität bei Gläubigen stärker verbreitet ist als bei Atheisten und Säkulären.) 😀

Daß Religion das Denken vereinfacht, weil es für alles und jedes eine denk-billige Kurzschlußbegründung gibt, ist mir schon oft aufgefallen. Es dürfte sicherlich manchmal eine Erleichterung sein. Ob es aber ein Vorteil ist, wage ich zu bezweifeln.


Johannes P.
2.10.2011 18:15
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Ich würde auch sagen, die Nachteile überwiegen in einer areligiösen Gesellschaft. Hätte mich ein distanzierter Gott mit einer Kosten-Nutzen-Rechnung konfrontiert, hätte ich mich wahrscheinlich auch gegen ihn entschieden. Aber so ist Er nicht. Er ist wie eifersüchtiger Liebhaber, der einem nachstellt, einen umwirbt und bedrängt, bis man ihm endlich nachgibt. Und in einer Liebesgeschichte fragt keiner nach Vor- und Nachteilen.

@Hanz Moser: “Wenn man es ein wenig anders will, kann man sich auch auf die unerfindlichen Wege des Herrn berufen und Mobbing im Betrieb als göttlichen Wink mit dem Zaunpfahl sehen, der einen in ein gelobteres Land führt.”

Das wäre ja eine der Deutungen von Hiobs Schicksalsschlägen, die in der Geschichte von Hiobs Freunden eingebracht werden. Aber die Stimme aus dem Sturm, die das letzte Wort behält, relativiert all diese Deutungsmuster.


euchrid eucrow
2.10.2011 20:50
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der glaube ist die fähigkeit von uns menschen, wahrheit zu empfinden. dort gibt es freie geister, die gott oder was auch immer, überall sehen können. wenn sie es nicht wollen, dann eben auch nicht. (in einem schönen baum, im herrlichen herbstwetter, in einem schönen sommergewitter, in guter musik, …)
dann gibt es noch die kleinen geister, die beispielsweise 10 knappe regeln aus einem dicken märchenbuch brauchen, an die sie sonntäglich erinnert werden müßen, damit sie sich besinnen und nicht vergessen ein guter mensch zu sein.
der breite oder der schmale weg?
ich bevorzuge den breiten und umarme das chaos, was das leben für mich bereit hält. =)
organisierte religion ist mist!


Hadmut
2.10.2011 20:52
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…ich war immer der Ansicht, der Glaube sei der Verzicht darauf, Wahrheit zu empfinden, Ausdruck des völligen Desinteresses an Wahrheit…


Maik Rodenbeck
2.10.2011 20:56
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Ich muss an dieser Stelle 0x00000074 recht geben, zumal die ganze sache bei mir ähnlich gelagert ist, ich studiere ebenfalls physik, und bin trotzdem gläubig. Der versuch die welt mit dem evolutionär verankerten sozialmodul zu erklären kam bei mir zumindest bisher nicht wirklich auf. Dennoch muss ich auch sagen das ich bisher keine Nachteile durch meinen Glauben erfahren habe. Menschen die mich wegen meines glaubens beleidigen oder für doof erklären wollen gibt es sicherlich, dennoch muss ich sagen, das ich diesen menschenschlag wohl auch als nichtreligiöser erfahren dürfte. Mir stellt sich daher die frage welchen nachteil der glaube an einen gott haben soll. Einzig und das muss ich als naturwissenschaftlich veranlagter Mensch zugeben die tatsache der beweisbarkeit ist nicht gegeben, wobei auch ein vernünftig und überzeugend geführter gegenbeweis mir bisher noch nicht untergekommen ist weswegen ich mich sicher auch nicht davon abbringen lassen werde an Gott zu glauben.


Hadmut
2.10.2011 21:01
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Nachteile sehe ich viele.

Abhängigkeit des Denkens, beeinträchtigte Urteilsfähigkeit.

Zeit und Geldaufwand (um nicht zu sagen Verschwendung) für Kirche, Gottesdienste usw.

Entgangene Freuden (und wenn’s bloß etwas so einfaches wie Sex vor der Ehe oder ne gepflegte Orgie ist)

Blindheit gegenüber der Realität, etwa Erdgeschichte.

Ich würde so ein Zwangskorsett für den Geist nicht ertragen…

Wenn Du Physik studierst: Für wie alt hältst Du die Erde?


Hanz Moser
2.10.2011 21:53
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@ Johannes P
Die theologische Deutung ist durchaus nicht zwingend das, was auch der einfache Gläubige beherzigt oder berücksichtigt. Oftmals finden die Leute ihre Erklärungen nicht im Diskurs, sondern reimen es sich aus ihren eigenen Versatzstücken herbei, die man theologisch angreifen könnte. Das meine ich nicht wertend. Mir gings auch weniger um die Richtigkeit meines Beispiels, als mehr um den Mechanismus, nehme aber den Hinweis gerne zur Kenntnis.

@ Hadmut
Ich würde euchrid eucow zustimmen, wenn man es vom Verb her angeht. Empfinden. Der Naturwissenschaftler sucht die (relative) Wahrheit über den Beweis und die absolute über Plausibilität, wobei empfinden aber für die Beurteilung in den Naturwissenschaften egal ist.
Der Wahrheitsbegriff ist natürlich auch ein anderer, auch wenn das Wort gleich ist.


Daniel S.
2.10.2011 22:04
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Hm, die Studie beschäftigt sich ja damit, ob Menschen glücklich sind, nicht ob es ein Vor- oder Nachteil für sie ist. Religion schafft Gemeinschaft, Gemeinschaft macht idR glücklich, weil man Gleichdenkende um sich rum hat. Dazu gibt es die Vorstellung von Religion, die einem Hoffnung, Beistand und das Gefühl, dass da ein Gott auf einen aufpasst geben kann. Von daher kann ich religiösen Menschen ihren Glauben nicht verübeln, auch wenn ich es für ein längst überholtes Denkmodell halt. Das einzige, was ich ihnen verübeln kann, ist sich einer Kirche zu verschreiben 😉
Das ist auch so ein Grund, warum ich nicht sehr viel auf den Artikel geb. Keine Unterscheidung von Religion und Kirche, ein völlig deplazierter Kommentar zum Thema Altruismus, und vor allem kein Link zur Studie, oder hab ich was übersehen?


Hadmut
2.10.2011 22:06
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Wenn Religion Gemeinschaft schafft, dann heißt das ja noch lange nicht, daß nur Religion Gemeinschaft schafft bzw. Gemeinschaft Religion voraussetzt.


Maik Rodenbeck
2.10.2011 22:25
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Die Erde? ca. 4,6 Milliarden Jahre. Dies geht nicht zwingend mit der Aussage der Bibel Konträr wenn du darauf hinauswillst, dies ist wie bei so vielen Religiösen und Philosophischen Texten Auslegungssache. Vor dem Hintergrund der Auslegung lässt sich zuemlich viel in die einzelnen texte hineininterpretieren. Zudem möchte ich das jetzt in den Kommentaren hier keinen längeren versuch des Gottesbeweises oder nichtbeweises durchführen sei es über die schiene des Intelligent Design oder nicht oder irgendeine andere Schiene. Selbst wenn ich glaubte das ID der richtige ansatz und Evulution nur quatsch wäre, so ist es mir auch durch den Glauben ganz sicher nicht verboten das ganze in frage zu stellen. Mir wäre zumindest kein passus bekannt in dem stünde das die Menschen aufhören sollen nachzudenken oder auch zu zweifeln. Jedoch zu den anderen Punkten:
Abhängigkeit des Denkens : Sicherlich prägt der Glaube ein bestimmtes denkmuster, jedoch tut dies auch jede art von unglauben etc. Wirklich unabhängiges Denken ist so wie ich das sehe nicht möglich da wir immer durch unsere vorkenntnisse und erfahrungen geprägt sind.
Beeinträchtigte Urteilsfähigkeit: An dieser Stelle sehe ich nicht inwiefern und auf welche bereiche des Lebens bezogen meine Urteilsfähigkeit durch meinen Glauben beeinträchtigt würde. Ich lasse mich aber gern eines Besseren belehren.
Zeitaufwand: An dieser stelle muss ich sagen, ja ich wende dafür zeit auf, ich bin auch aktiv dabei was den Glauben angeht, mache Jugendarbeit etc. Allerdings muss ich auch sagen, das mir das was ich da mache wirklich spaß macht, weswegen ich die zeit ganz nebenbei als sinnvoll investiert ansehe. Sicherlich wird der zeitaufwand zur last wenn man das ganze als zwang betrachten muss : Ich glaube also muss ich heute zur Kirche gehen. Das sehe ich allerdings nicht als glauben an, sondern als eigeschliffene traditionshandlung die an sich nix mehr mit dem zu tun hat was im grunde auch in der Bibel über das glauben steht.
Geldaufwand: Natürlich investiere ich Geld in meinen glauben, sei es durch Materiellen oder Immateriellen gegenwert (zurück beim zeitaufwand) dennoch sehe ich auch an vielen stellen grade durch die Jugendarbeit wo dises geld und wozu es eingesetzt wird. Und ob ich nun für den WWF spende um die Tieger in Asien zu Retten oder aber mein geld Meiner Jugendgruppe wo ich direkt sehe, dass das geld auch in sinnvolle dinge für jugendliche gesteckt wird, investiere ist meinem Geld letzten endes Egal, und ich selbst merke ja was mit meinem geld passiert.
Entgangene Freuden: Nun Religiös zu sein bedeutet nicht erzwungen das ich keinen Spaß haben kann zumal der umkehrschluss wäre das alle arten von moral entgangene freuden bedeuten. Nun sind definitv nicht alle “Freuden” gut für den der die Freuden erlebt. Nehmen wir einmal ein zünftiges trinkgelage als beispiel. Ich persönlich habe nichts gegen den Konsum von Alkoholika und auch in der Bibel ist der Alkohol nicht verboten. Ich habe aber etwas dagegen mich abzuschießen, zum einen weil es nicht gut für meinen Gesundheitszustand ist, zum anderen weil erzwungene unzurechungsfähigkeit durch den Verlust des klaren Denkens meines erachtens schlimmer ist als vieles (nicht alles) was man Religion und Kirche vorwerfen kann. Zumal ich hier sagen muss das ich weder an eine unfehlbare Kirche noch an einen unfehlbaren Religionsführer Menschlicherseits jeder art glaube.
Blindheit gegenüber der Realität: Ist mir bisjetzt noch nicht untergekommen.
Zudem bin ich der Ansicht das es sich nicht um ein Zwangskorsett für meinen Geist handelt, da ich in meinem Denken wie gesagt nicht eingeschränkt werde.


Stefan W.
2.10.2011 22:55
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@Maik Rodenbeck: Glaubst Du denn an alle Religionen, die Du nicht widerlegen kannst, oder nur an die eine, die Du als Kind gelernt hast?

Im letzteren Falle sollte es dann nicht heißen “… weswegen ich mich sicher auch nicht davon abbringen lassen werde …”.

Die Motive weiter an Gott zu glauben sind doch ganz andere; die Nichtwiderlegbarkeit nur eine nach außen getragene Legitimation.

Die Religionen haben ihre Götter doch gezielt daraufhin entworfen, dass sie prinzipiell nicht belegbar oder widerlegbar sind. Typische Muster:

* Gott ist unsichtbar
* Gott ist allmächtig
* Was Gott tut und nicht tut geht über unseren Vorstellungshorizont
* Du sollst Gott nicht versuchen

Gott hat keine beweisbaren Eigenschaften, und damit letztlich eben gar keine Eigenschaften. Der religiöse Mensch tut damit letztlich nichts, was ein Atheist nicht auch täte – er glaubt an gar nichts. 🙂


Maik Rodenbeck
2.10.2011 23:27
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An dieser Stelle nein ich glaube nicht an alle religionen, ich glaube, auch nachdem ich mich eingehend damit beschäftigt habe an die Religion die wie ich glaube ich für mich persönlich die richtige ist. Das ich nicht an die anderen Religionen glaube bedeutet allerdings nicht das ich ihnen oder auch dem atheismus oder anderen religionsersatzdingen keine existenzberechtigung einräume, ich werde auch niemanden dazu zwingen meine meinung zu teilen. Was die motivation und überzeugung an gott zu glauben angeht möchte ich hier Andrzej Sapkowski zitiren welcher in bezug auf unglauben in einem seiner Bücher schrieb “dies wäre der erste mir bekannte fall das Unglaube überhaupt etwas bewirken kann”


0x00000074
3.10.2011 0:46
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Religion ist für mich kein Regelkatalog.

Z.B. “kein Sex vor der Ehe” ist doch im Sinne der Erfinder ein Schutz für Kinder, da Ehe bedeutet, dass man Mann und Frau bis zum Tod zusammenleben. Ist dieses Versprechen vollzogen hat ein gemeinsames Kind eine Mutter und einen Vater sicher.

Der glaube an Gott (nach meiner Auffassung in etwa definiert als “das Gute im Unendlichen”) ist der Glaube an ein Ideal. Den perfekten Zustand zu erreichen ist unmöglich – dann wäre man ja “god-like”. Deshalb heißt es auch “kommt darauf an”, da man Grundsätzlich “das Beste für alle” anstrebt und dieses Beste immer von den Umständen abhängt. Es gibt einem einfach Motivation zu Liebe, einem Gerechtigkeitssinn, (wie Hadmut schon sagte) Altruismus, etc., etc.

Ich kann deshalb genau so wenig verstehen, wieso Religion und Fortschritt sich ausschließen sollten. Solange Gott kein Befehle gebender Mann oder der Gleichen ist und Religion sich nicht durch das stumpfe Befolgen von Regeln definiert, kann ich mir doch Gott als Vorbild nehmen und im Versuch gutes zu tun auch dem Fortschritt und der Wissenschaft dienen.


0x00000074
3.10.2011 0:51
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PS. Wie gesagt das sind meine Erfahrungen mit Atheisten (dass man einfach lachend abgetan wird) ich möchte keine Propaganda verbreiten – es steht jedem frei an etwas zu glauben.


Hadmut
3.10.2011 1:02
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@0×00000074: Es steht jedem frei, an etwas zu glauben. Das ist richtig.

Steht es aber auch jedem frei, über etwas zu lachen?


Carsten Habicht
3.10.2011 0:55
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Anscheinend gibt es nachweisbar positive Effekte bei Religiösität. Letztens habe ich in dem (übrigens sehr empfehlenswerten) Buch Willpower von Roy F. Baumeister und John Tierney geschmökert. Darin wird die These geäußert, dass Religion durch verschiedene Mechanismen Leute dazu bringt, z.B. gesünder und weniger ausschweifend zu leben, was dann zu besserer Gesundheit und einer längeren Lebensspanne führt.
(Die zitierte Studie ist http://www.psy.miami.edu/faculty/mmccullough/Papers/rel_mort_meta.pdf)

Ob diese Leute jedoch glücklich sind, wird leider nicht näher beleuchtet… ;o)


_Josh @ _[°|°]_
3.10.2011 7:28
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Sa-gen-haft

Viel mehr zu schreiben bin ich kaum in der Lage: Der gemeine, im Wortsinne abergläubische Schwachmat, hier getarnt als “Physiker”, verzapft grenzdebile Referenzen zu anderen, vermeintlich kompetenten, vergangenen Vollmondanheuler, plappert weltmännisch von offener “Toleranz” gegenüber “Atheisten”/ “Ungläubigen”, speipt Dummfug a la “der glaube ist die fähigkeit von uns menschen, wahrheit zu empfinden.”, schwadroniert per ekelhafter Beliebigkeit von “Religion ist für mich kein Regelkatalog.” im Sinne von Wiedewiedewitt-ich-mach-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt, und findet ein schwachsinniges Fazit in “Religiosität bringt Leute dazu, gesünder und weniger ausschweifend zu leben.”

Lieber Hadmut, wann genau ist passiert, dass Du die mental Gehandicapten dieser Scheibe an Dich saugtest? Einfach un-glaub-lich, was hier gelgentlich passiert…
😉


Hadmut
3.10.2011 12:26
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@Josh: Hüte Deine Zunge! Deine Ausdrucksweise liegt jenseits dessen, was ich hier im Blog zu akzeptieren bereit bin.


Stefan
3.10.2011 11:43
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Der ZEIT-Artikel ist gar nicht so flasch – aus Sicht der Gläubigen gesehen. Man muß aber verstehen, wohin er zielt.

Es gibt derzeit eine sich ausbreitende Forschungsschiene, in der es darum geht, die Vorteile eines Glaubens evolutionär zu begründen. Basissatz dafür wäre zB, daß sich nach evolutionären Spielregeln stets diejenigen Arten bzw Individuen durchsetzen, die am meisten Nachkommen haben. Logisch.

Und da hat man nun festgestellt, daß stark religiöse Menschen, seien es nun christliche, muslimische oder jüdische, stets und immer wesentlich mehr Nachkommen haben als die ungläubigen Mitmenschen. Logisch, da ja alle diese Religionen dauerhafte Familien mit vielen Kindern als Ideal propagieren.

Insofern ist religiöses Denken und Glaube nicht ausrottbar, sondern reproduziert sich sehr erfolgreich selbst.

Diese Forschungsrichtung findet dann eben auch andere “evolutionäre” Vorteile des Glaubens, wie erhöhte Resistenz gegen Schicksalsschläge (weil man gute Begründungen dafür hat, weil man in Familien- und Gemeindenetzwerken gesichert ist etc), bessere Gesundheit, höhere Lebenserwartung (dank nützlicher Gebote, die ganz allgemein das “Über-die-Stränge-Schlagen” verhindern, dank des Vertrauens auf Gebet in Krankheiten etc) – und so weiter.

Der ZEIT-Artikel weist lediglich darauf hin, daß diese Ansätze Pustekuchen sind, weil es den Religionen ganz u8nd gar nicht um diese evolutionären Vorteile geht. Nehemen wir einfach nur das Christentum her, dann hat der Religionsstifter gesagt: “ihr werdet leiden und verfolgt werden um meines Namens willen” oder “in dieser Welt habt ihr Angst” oder “ihr werdet in mancherlei Versuchungen fallen” oder “nehmt euer Kreuz auf euch und folgt mir nach” oder “der Menschensohn hat nichts, wo er sein Haupt hinlege”. Ergo, das Christsein, sobald es denn ernstgenommen wird, ist definitiv eine höchst unbequeme Sache.

Das Wohlfühlchristentum mit den evolutionären Vorteilen hat schlicht und einfach mit dem echten Christentum der Bibel NICHTS zu tun, ist aber heutzutage das allgemein übliche und verbreitete Modell.

Im Übrigen halten auch viele Christen evolutionäre Prinzipien an sich für Quatsch und für widerlegt. Aber das nur am Rande.


Stefan K.
3.10.2011 11:48
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Weitere Beobachtung: in diesem Blog scheinen überraschend viele Christen mitzulesen. Man darf sich fragen, was dieses über die Inhalte bzw. über den Autor, der ja von Religionen sehr wenig hält, aussagt.

Meine Erklärung: die meisten Artikel von Hadmut beruhen auf einer sehr neutralen, sehr sachlichen und sehr ideologiefreien Suche nach Wahrheit. Alles, was nach Ideologie riecht, ist Hadmut suspekt, das greift er an. Das wirklich Zutreffende, das Rationale, das faktisch Beweisbare, wie auch das dem gesunden Menschenverstand am ehesten Entsprechende versucht er herauszuarbeiten.

Und dieser Ansatz liegt genau auf einer Wellenlänge mit dem Ansatz der Christen. Da man allüberall ja nur noch auf Ideologie und Indoktrination stößt, sammeln sich offene und kritische Geister bei denen, die selber offen und kritisch und unbeeinflußt nachdenken – als Beispiele eben H. Danisch oder “Zettels Raum”.


Hadmut
3.10.2011 12:26
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@Stefan K.: Ich danke für das Lob.


Anna Freud
3.10.2011 19:37
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Nietzsche: “Glauben, das heißt nicht-wissen-wollen.”

Meiner Sicht nach (als im Sozialen arbeitender Mensch sehe ich da recht viel von) ist die Gemeinschaftlichkeit des Christentums keine Ursache, sondern eine Wirkung. Und zwar eine Wirkung der Ursache, dass öffentlicher Zusammenhalt für die Schwächsten etwas ist, das schlecht belohnt wird (in allen Bedeutungen des Begriffs “Lohn”) und außerhalb der Kriche nirgends so massiv unternommen wird wie eben da. Nähme man ihnen dieses Brot aus der Hand, sähe es sicher anders aus mit dem Christentum.
Was insbesondere die Christen durch ihre Glauben verbindet ist aber nicht der innere Zusammenhalt durch Gott oder ähnliches, sondern der durchs von außen kommende Feind namens Elend.
Es ist nicht nur ein Witz, dass das Christentum ohne das Elend der Welt schlecht da stünde.

Glauben macht insofern glücklich, als man diesen von aussen kommenden Feind (bei den Christen das Elend) zusammen bekämpft und weiß, dass andere das auch machen unter dem selben vereinfachenden Banner und annimmt (ohne es wissen-zu-wollen), dass damit das Elend auch wirklich bekämpft würde.
Die Kehrseite dieses gemeinsamen Kampfes gegens Elend ist nach meiner Erfahrung allerdings auch eine Art Reduktion der Sensibilität fürs Elende im und durchs eigene Handeln, sowie eine Tendenz zur Behandlung von Symptomen und die Zurückweisung jeder kritischen Frage nach Ursachen (vielleicht, weil die letzte Ursache ohnehin Gott ist und daher also völlig wünschenswert und legitim, weil es könnte ja eine Prüfung des Glaubens sein). das ist wie ein ideologiischer Sparen im Kopf. Das plastische Beispiel wäre in etwa die völlig verklärte Einstellung zu Schwerkranken, die nahezu heilig gesprochen werden, weil sie Leid ertragen ohne vom “Glauben zu fallen”, also die Umdichtung noch des krassesten Leids in wünschenswerte Ereignisse. Die daraus erwachsende Verklärung kann fatalste Züge annehmen. Es kann dann wirklich etwas Wahnhaftes werden.
Zumindest was die Altenpflege angeht kann ich sagen, dass die Indolenz gegens selbst miterzeugte Siechtum teilweise sehr schockierend ist, ja das manchmal nicht mehr klar ist (bzw. mir nicht mehr klar war), ob da gerade noch geholfen wird oder nicht schon gefoltert. Dass man als Gottgeleiteter aber selbst solche folterartige Hilfe leisten kann, ist schlicht nicht denkbar, weil Gott nicht foltert, sondern prüft.

Wenn Glauben glücklich macht, dann bestenfalls so, wie jeder Wahn ein Glücksgefühl auslösen kann, nämlich das, jetzt wirklich ausschließlich richtig und fehlerfrei zu handeln (meiner Ansicht nach, weil man die Verantwortung fürs eigene Handeln externalisiert hat bzw. projiziert auf ein allmächtiges Unsichtbares und jederzeit überall Anwesendes. “Leite meine Hand!” das heißt: “Ich gebe meine Verantwortung dafür ab.”)

Vielleicht ist die Frage, wie man “glücklich” definiert. Also wie man zwischen echtem und falschem bzw. auf Täuschung beruhendem Glück unterscheidet.
Das Beispiel bitte nicht falsch verstehen: auch im Dritten Reich waren viele Menschen sehr glücklich, als sie in Massen dem Führer zujubelten in Massen. Wahres Glück war das aber sicher nicht.


Stefan K.
3.10.2011 21:54
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@Anna Freud

Sicher hat sich das Christentum immer auf Basis von Armut und Elend etabliert, ganz besonders in den ersten Jahrhunderten. Wenn man es als Zusammenschluß der Schwachen und Schwächsten gegen den äußeren Feind des Elends betrachtet, dann ist das doch nichts Schädliches? Der Erfolg des Christentums kann ja durchaus als Produkt des Grundsatzes “Nächstenliebe” gesehen werden – wem von anderen Mitgliedern einer Gemeinschaft aus der Not (oder in der Not) geholfen wird, der läßt sich ja relativ gut von der Sache an sich überzeugen.

Deine Erlebnisse mit Schwerkranken, die nahezu heiliggesprochen werden, müßtest du näher ausführen, sonst weiß man nicht, worum es da konkret geht.

Die Erklärung für und das Verhältnis zu Leid und Leiden im Christentum ist ganz sicher etwas Spezielles, etwas Zentrales und etwas komplett Glaubensabhängiges – soll heißen: wer den Glauben an Gott nicht teilt, der wird der ganzen Leid-Thematik des Christentums völlig verständnislos gegenüberstehen. Er wird es möglicherweise als absurd und wahnhaft betrachten. Das ist nachvollziehbar.

Im Grunde genommen gilt das für die Glaubensdogmen generell – wer NICHT dran glaubt, dem erscheint das Ganze als Hokuspokus und gar als Betrug, Selbstbetrug etc.

Der Gedanke, die (irregeleiteten) Gläubigen von ihrem Wahn abzubringen, führt aber auch nicht weiter, weil das einfach nicht möglich ist. Es haben schon mehrere Gesellschaftsordnungen dagegen angekämpft, daß es Religionen gibt, es glenag aber keiner, diese abzuschaffen. Stecken halt doch einige starke evolutionäre Vorteile drin! *gg*


Hadmut
3.10.2011 22:02
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Also wenn ich das mal anmerken darf:

Ich habe das (insbesondere katholische) Christentum bisher nie als der Nächstenliebe verbunden, sondern immer als deren Gegenteil, als von Feindseligkeit geprägt empfunden. Und zwar sowohl geschichtlich, als auch in mehrfacher persönlicher Erfahrung (Pfadfinder, katholischer Kindergarten in der Nachbarschaft, katholische Kirche in der Nachbarschaft, Kirche als Arbeitgeber einer entfernten Verwandten, extrem fieser Religionslehrer in der Schule,…)

Nach meinem Erfahrungs- und Wissensstand sind Christentum und Nächstenliebe disjunkt.


Maik Rodenbeck
3.10.2011 22:39
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@ Hadmut
Die Tatsache das das Christentum von der Nächstenliebe als disjunkt wahrgenommen wird ist mir in einigen Fällen auch bereits aufgefallen. Dies wiederum führt, meiner ansicht nach leider, dazu das das Christentum auch nicht als glaubwürdig wahrgenommen wird. Das allerdings ist von meiner Position, als Jemand der an Gott glaubt (allerdings evangelisch, nicht katholisch, die position trifft trotzdem zu weil das von vielen auch in einen topf geworfen wird), einer der Punkte gegen die am schwierigsten zu argumentieren ist. Tatsache ist leider das die Kirche, welche immer mit dem Christlichen glauben verbunden wird, an vielen stellen weder glaubwürdig erscheint, noch, durch eine dogmatisch konservative einstellung, etwas dazu beiträgt glaubwürdiger zu erscheinen. Von dieser position her habe ich verständniss dafür wenn jemand sagt das das was dort geschieht nicht mitgetragen werden kann. Dennoch muss ich auch sagen das die wahrnehmung von Christentum und Nächstenliebe als disjunkt auf jeden fall nicht immer zu trifft. Ich für meinen teil versuche mich hier an meinen taten messen zu lassen.


Hadmut
3.10.2011 22:45
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Und wozu braucht jemand, der an Gott glaubt und sich auch selbst als Gläubiger versteht, überhaupt so eine Organisation wie die Kirche?

Das ganze Konzept eines omnipräsenten, gütigen, jedem zugänglichen Gott steht doch in einem groben Widerspruch dazu, zum Glauben und zur Kommunikation mit diesem auf einen so garstigen Verein wie die Kirche angewiesen zu sein.

Jemand, der an Gott glaubt, kann doch konsequenterweise gar nicht annehmen, daß zwischen dem Menschen und einem solchen Gott eine so dubiose Instanz zwischengeschaltet wäre und ein solcher Gott so etwas dulden würde.

Oder ketzerisch gefragt: Wie allmächtig und gütig kann ein Gott schon sein, der sich sehenden Auges von solchen Leuten vertreten läßt? Ist dieser Gott nicht direkt erreichbar?


Maik Rodenbeck
3.10.2011 22:58
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Antwort an dieser stelle:
Die selbe frage stellte sich Luther auch, weswegen es letztlich zur spaltung zwischen katholischer und evangelischer Kirche kam.
Zum einen Ja ws wird an einen allmächtigen gott geglaubt, aber es wird auch an einen gott Geglaubt, welcher den menschen den freien willen gegeben hat und welcher sich nicht in die entscheidung der menschen einmischen wird. Daher zur kommunikation mit gott braucht man keine kirche, allerdings soll die kirche im eigendlichen sinne ja auch nciht dafür da sein (ein grund weswegen ich weder das Papsttum noch die Heiligenverehrung verstehe und wahrscheinlich auch nie vernünftig verstehen werde, schließlich war und ist die aussage in der bibel immer noch das Gott/Jesus für alle menschen gleichermaßen da ist und keinen mittelsmann braucht). Aber wie gesagt das ist auch wenn das vielleicht so klingt als würde ich es mir sehr einfach machen, eine entscheidung der menschen woran sie glauben und wie sie ihren glauben leben.


Hadmut
3.10.2011 23:03
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…und weil Luther an der Notwendigkeit der Kirche zweifelte, gründete er eine zweite…

…und weil Gott den Menschen mit Verstand ausgestattet und ihm einen eigenen Willen überantwortet hat, kommt seine Kirche daher, um dem Menschen gerade das gleich wieder abzunehmen…


Maik Rodenbeck
3.10.2011 23:14
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Historisch betrachtet war es nicht Luthers ziel eine zweite Kirche zu gründen, vielmehr wollte er die bestehende kirche in die richtung wenden in der eigendlich kirche gedacht war. Nämlich als gemeinschaft der Gläubigen die alle einen gemeinsamen nenner haben, nämlich den glauben an Gott.
Leider ist das so wie mit vielen ideologien sie kranken an der stelle das es dem Menschen unangenehm ist einen Freien willen zu haben, und er sich lieber leiten lässt. Und da Macht nunmal korrumpiert gibt es auch immer machtmissbrauch.
Das wiederum führt schließlich dazu das man wieder den eindruck erhält das die Kirche/der glaube den zweck hat das Denken der Menschen einzuschränken.
Dieser eindruck lässt sich allerdings auch auf viele andere Dinge im leben übertragen.


Stefan W.
4.10.2011 0:42
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Und da hat man nun festgestellt, daß stark religiöse Menschen, seien es nun christliche, muslimische oder jüdische, stets und immer wesentlich mehr Nachkommen haben als die ungläubigen Mitmenschen. Logisch, da ja alle diese Religionen dauerhafte Familien mit vielen Kindern als Ideal propagieren.
Etwas schnell geschossen – da fehlt ja noch die Erklärung, dass die Propaganda auch noch verfängt. Und wieso sollten Atheisten nicht ebensolch eine Gegenpropaganda aufziehen?
Insofern ist religiöses Denken und Glaube nicht ausrottbar, sondern reproduziert sich sehr erfolgreich selbst.
Der Mensch reproduziert sich in frühestens 15 Jahren, heute eher in 30 Jahren. Eine Steintafel, in die man seine Erkenntnisse einritzt kann man an einem Tag reproduzieren. Auf Papyrus wohl die 100-fache Menge an Information, mit der Druckerpresse wieder mal hundert, mit USB-Stick und Rechner – Millionenfach.

Die Nazis haben in 10 Jahren mit ihrer Ideologie ein Volk von 80 Millionen zu dominieren verstanden – mit sexueller Zuchtwahl hat das äußerst wenig zu tun – nur inhaltlich auf einer ganz anderen Ebene.

Zudem wollen wir mal festhalten, dass die genetischen Prozesse nicht so rasch arbeiten, dass das Gesellschaftssystem sich ändert, und schwupps – tauchen Millionen Atheisten auf. Wo kommen die denn so schnell her? Entweder der atheistische Bodensatz überdauert schon Jahrhunderte im Genpool, oder die Gene sind in dieser Hinsicht ganz unspezifisch. Es gibt ein Umsichgreifen des Vulgärdarwinismus, demnach müßte der Mensch auch Gene haben, die ihn besonders empfänglich für Lindenstraße und heute-journal machen; es müßte genetisch sinnvoll sein Lotto zu spielen, und überhaupt wäre alles, was empirisch vorliegt, durch genetische Auswahl geadelt.

Weiß man eigentlich wieviele Atheisten es in unseren Breiten im Jahre 1800 gab? 1600? 800? 400? Ob es bei den Germanenkulten Abtrünnige gab und Heretiker? Wieviele Römer Jupiter für ein Spaghettimonster hielten, und Griechen Zeus ablehnten?

Insbesondere auch Heuchler, die nur vorgaben an die Götter, die en vogue waren, zu glauben? Wenn der Kaiser konvertiert, dann fallen gleich ganze Völker vom Glauben ab – so dolle kann der Glaube ja dann kaum sein, oder?

Oder was heutzutage an neuen Spinnereien überall aus dem Boden schießt – Jahr-2012-Maya-Kalender-Untergang, im Frühjahr sollte die Erde auch untergehen, Granderwasser, Händiestrahlen, Heiledelsteine, Heilfasten, … – es muss aber alles nicht auslesewirksam werden – es darf der Fortpflanzung nur nicht zu sehr im Wege stehen, um fortzubestehen. Wie dt. Volksmusik.


Stefan K.
4.10.2011 1:06
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Das Hinterfragen der Kirche als Alleinvertreterin und -verwalterin des Heils und des Glaubens ist völlig berechtigt. Es gibt allerdings auf diese Anfragen auch stichhaltige Antworten, die man als Atheist nun aber auch nicht zwingend kennen muß.

Die Kirche, sei sie nun ev. oder kath., ist aus Sicht der Bibel, oder meinetwegen Gottes, ganz sicher kein maßgebliches Konstrukt. Die Kriche(n) sind nur Manifestationen des Macht- und Herrschaftswillens von Menschen, unter welcher Flagge auch immer. Sie sind und sie funktionieren ergo kaum anders als zB eine politische Partei oder ein Verein.

Entgegen der katholischen Lehre ist die Kirche definitv NICHT für das Heil des einzelnen Gläubigen notwendig, ist die Kirche NICHT als Vermittler des Zugangs zu Gott oder Jesus notwendig oder auch nur gedacht, hat die Kirche NICHT das Verfügungsrecht über Gewissen bzw. eigenverantwortliche Entscheidungen der Gläubigen. Weder die katholische noch die evangelische.

Das sogenannte “Reich Gottes” – bestehend aus “echten” Gläubigen (deren Echtheit nur Gott bekannt ist) existiert nicht und kann nicht existieren in weltlichen Formen und Hierarchien. Kein einziger Satz des Neuen Testaments schildert oder fordert den Aufbau kirchlicher Strukturen.

Es ist daher falsch, die Kirche(n) mit dem Christentum gleichzusetzen.

Soviel sollte man erstmal zum Thema verinnerlichen. Beileibe nicht alle Christen finden sich innerhalb der Großkirchen, beileibe nicht alle Christen innerhalb der Großkirchen sind mit deren Handeln einverstanden. Beileibe nicht alle Kirchensteuerzahler sind Christen – usw. usf.


Hadmut
4.10.2011 11:33
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@Stefan K.: Ich halte die Kirche für etwas anderes als das Christentum und habe sie nie gleichgesetzt.

Ich halte das Christentum für einen Fehler.

Und die Kirche für eine Organisation, die diesen Fehler zu ihren Gunsten ausnutzt.


yasar
4.10.2011 10:54
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@Maik Rodenbeck

Nur des Interesses halber: Du hattest ewähnt, daß Du Den Dir persönlich am besten erscheinenden Glauben ausgewählt hast, nachdem Du Dich mit mehreren beschäftigt hast. Was mich interessieren würde: Ist das der Glaube in dem Du erzogen wurdest, oder hast Du den Glauben gewechselt.


E-Lore
4.10.2011 11:54
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@Anna Freud

Ein extrem guter Beitrag, den ich nahezu verschlungen habe. Menschen, die in einem sozialen Feld tätig sind, bekommen häufig ziemlich große Portionen an Fakten auf den Schreibtisch gelegt und die meisten sind nicht schön, weshalb ich Ihrer Meinung einen sehr hohen Wert beimesse!

Was mir an der Diskussion hier grundsätzlich nicht gefällt ist aber die Vermischung von verschiedenen Begriffen bei der gleichzeitigen Annahme, dass diese auch noch eine feste Definition haben. Religion z.B. ist meines Wissens nach nicht fest definiert. Glaube an sich muß überhaupt nichts mit Religion zu tun haben, denn ich “glaube” ja auch, dass ich etwas gutes tue, wenn ich einer alten Dame über die Straße helfe. Wenn wir uns also schon in Spitzfindigkeiten verlieren, dann aber bitte richtig 😉

Ich habe einiges zu tun mit religiösen Menschen. In diesem Fall Christen. Ob das nun valide Fallzahlen sind oder nicht, mag ein jeder für sich beurteilen ich kann nur sagen, dass es keine dummen Menschen sind und mehrere. Je religiöser diese Menschen sind, desto eher hatte ich den Eindruck der Flucht. Da waren z.B. Aussagen wie “Ich brauhe midnestens einmal in der Woche die Ruhe, die ich nur in einer Kirche finden kann”. Solche Aussagen finde ich irgendwie gruselig, denn Ruhe fidnet man dort bestimmt nicht, nicht im Sinne des Wortes. Eher vergessen und im erweiterten Sinne wieder “nicht wissen wollen”. Ich kenne bei den meisten nicht die dahinter stehende Lebensgeschichte, hatte aber nie den Eindruck, dass die religiösität und der Glaube und die Kirche als Gemeinschaft jemals eine “Heilung” vollbringen konnten. Mein Eindruck ging da eher in Richtung Verdrängung und mit der geistigen Verdrängung ist es ganz ähnlich wie mit der Verdränung, die man erhält, wenn man einen Wasserball under Wasser drückt. Man kann ihn mit einiger Anstrenung unten halten, aber irgendwann rutscht er weg und klatscht einem volles Balett ins Gesicht.

Ein weiteres Merkmal ist für mich der Slalomlauf, der um Bibeltexte, die Aussagen der jeweiligen Kirche und der Wissenschaft gemacht wird. Es wird gedeutet, umgedeutet, relativiert, nicht aktzeptiert und einfach keine gerade Linie gefahren. Wenn ich an die Bibel glaube, dann kann ich zwar viele Texte und Geschichten als “Gleichnisse” nehmen und sie als Lehre nutzen, aber einiges steht dann doch als direkte Aussage formuliert da. Wenn ich jetzt also nur an einen Teil davon glaube, warum soll dann der Rest stimmen? Ist das Wahrheitsfindung?

Auf einen weiteren Aspekt bin ich in der FAZ vom letzten Samstag gestoßen und zwar bei den Leserbriefen. Ein blasierter Herr Dr. Dumm (der hieß tatsächlich so!) regte sich über die Aussage einer scheinbar jüngeren Dame der Piraten auf. Er empfand es als “jugendlichen Hochmut” etwas zu behaupten wie “Gut und Böse gibt es nicht”. Er hat sich in seinem Beitrag derart kompliziert ausgedrückt, dass seine Begründung maximal Geisteswissenschaftlern zugänglich sein sollte und im Prinzip am Ende ihre Aussage bestätigt. Denn er spricht nur dem Menschen die Eigenschaft zu zwischen Gut und Böse zu unterscheiden und diese zu definieren. Ups…Definitionssache, richtig? Sein pathetisches Schlußwort war, wie fast sein gesamter Beitrag, ein Zitat: “Wer sie (die Selbstwahrnehmung) durch die domatische Objektivierung aus den Augen verliert, wird Gutes erfahren und Böses tun, ohne es zu begreifen”.
Aber egal wie ich mir jetzt Gut und Böse zusammenreime, ist es nicht die bessere variante dies eher logisch zu begründen und nicht mit einem Slalomlauf? Ist es nicht besser sowas zu sagen wie “Das wäre zwar jetzt Gut für mich, aber Böse für meinen Nachbarn”, als einfach in seinen Vorgarten zu pinkeln?

Die Welt ist leider nicht so einfach und eine Einteilung in Gut und Böse führt in meinen Augen viel eher zu dem von Herrn Dr. Dumm gezogenen Resümee. Auch wenn wir es uns noch so wünschen mögen, wird sich dadurch die Welt nicht anders drehen und ob ich wirklich glücklich werden kann, wenn meine innere Wahrnehmung in größerem Maße von der Realität abweicht, zweifel ich jetzt mal ohne größere Wissenschaftliche Grundlage an.


Jürgen
5.10.2011 11:39
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Uiuiui, diese Diskussion zwischen “Glaubenden” und “Nicht-Glaubenden” nimmt in Ihrer Absolutheit ja fast Züge an, wie die Diskussion zwischen Rauchern und Nichtrauchern.
Zum Zeit-Artikel bzw. der “wissenschaftlichen Studie”: Für so etwas triviales braucht’s doch nun wirklich keine groß angelegte Studie. Natürlich erfahren diejenigen, die einer Religionsgemeinschaft angehören, eine soziale Wertschätzung – nämlich innerhalb dieser Gemeinschaft, wenn sie sich am Gemeinschaftsleben beteiligen. Wer einem beliebigen Verein angehört, erfährt ebenso -innerhalb des Vereins – eine soziale Wertschätzung wenn er sich am Vereinsleben beteiligt. Dieses Ergebnis der Studie ist also vollkommen unabhängig von Religion. Anscheinend haben die Leute von der Humboldt-Universität zu viel Zeit.


Hadmut
5.10.2011 11:46
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@Jürgen: Stimmt, die Argumentation von Gläubigen, Alkoholikern und Rauchern ist ziemlich ähnlich: Es verstößt gegen die Vernunft, aber ich genieße es, es macht mir Spaß, es bringt Geselligkeit. (Und keiner der drei ist von außen noch zu erreichen.)

Würde mich nicht wundern, wenn irgendwann die Hirnforscher nachweisen, daß das ähliche Belohnungsreaktionen im Hirn auslöst.


Alex
5.10.2011 13:14
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@ Hadmut
Ich denke das Problem sind weniger die Belohnungsreaktionen als Trägheit gepaart mit Mangel an Mut zu Änderungen.

Die meisten Raucher sind sich ja mehr oder weniger bewusst, dass Rauchen “dumm” ist, aber aufhören (bzw. korrekter: nicht wieder anfangen) tut ja kaum einer.

Und da Religion wesentlich positivere gesellschaftlich angenommen wird – Propaganda sei dank – gibt es nunmal noch weniger Gründe auszutreten.
Und tatsächlich gibt es ja dank der Abartigkeit der deutschen Nazi-Politik sehr gewalitge Nachteile, wenn man wirklich austreten würde, zB Kindergartenplätze für den Nachwuchs etc..


Hadmut
5.10.2011 13:17
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@Alex: Nöh, da gibt es eine ziemliche Menge Raucher, die das nicht dumm, sondern ganz toll und erstrebenswert finden, Freiheit, Individualität, Entfaltung der Persönlichkeit, Schmeckt gut, macht schlank, hält frisch, hilft beim Arbeiten und sowas.


Anna Freud
5.10.2011 18:51
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@Hadmut: Ich finds zar traurig, das sagen zu müssen, aber die Kirche ist schon “nächstenlieb”. Keine andere Organisation kümmert sich weltweit so intensiv um Verarmte und Verlendete und zwar egal, wer diese Menschen sind.

Ablehnenswert ist vielleicht die Art dieser Liebe. Aber wenn man ein Brot sich kaufen kann und von der Kirche täglich eine warme Suppe bekommt, dann stellt sich diese Frage auf jedenfall anders. In gewisser Weise kann man sowas natürlich auch als “orruption durch den Magen” beschreiben, aber wem will man vorwerfen, nicht zu verhungern?

Die Kirche wäre vielleicht überflüssig, wenn die Gesellschaft sich um ihr Elend kümmerte anstatt das dubiosen Organisationen zu überlassen. Allerdings gibt es da recht schnell Ängste vor Sozialismus, Kommunismus etc.

Und Raucher und Alkoholiker wissen nicht selten um die Schädlichkeit des Zeugs, dass sie nehmen. Jedenfalls ist das mein Eindruck insbesondere bei Alkoholikern: sie hassen das Zeug, aber sie kommen nicht von los. Im Gegensatz habe ich noch keinen echten Christen sagen hören “natürlich lebe ich dadurch in einem Verblendungszusammenhang, aber ich komme nicht von los”.

@E-lore: für die Sache mit der “Heilung” mal von Tillman Moser “Gottesvergiftung” lesen. Da beschreibt er das etwas ähnlich wie Sie (wenn ichs richtig verstehe), dass man sich nämlich in der Kirche quasi seine tägliche Dosis Gift abholt und das “runterkommen” das Unerträgliche ist, dass einen immer wieder in die Kirche treibt. Katharsis reloaded.

@Stefan K.: Die Verklärung der Krankheit und des Leids im Christentum kann man gegenwärtig sehr gut an ihrer Sterbeethik erkennen. Sie sträuben sich strampelnd mit Händen und Füßen dagegen, dass ein Mensch freiwillig sein Leben beenden können dürfte bzw. beenden lassen. Das gängige Argument ist, dass ein Mensch, der auch in schwerster, tödlich verlaufender Krankheit gut gepflegt und umsorgt wird, gar nicht den Wunsch zu sterben haben kann, dass man also in jedem Falle so viel und so gut sorgen und pflegen könne, dass das Leid des Menschen praktisch nachrangig wird. Auf diese Art und Weise (das ist jedenfalls mein bisheriger Eindruck) wird versucht, jede mögliche argumentative Schwere vom Begriff “Siechtum” zu nehmen, dass es bei guter, richtiger Pflege quasi nicht gäbe. Dahinter steckt mindestens eine Allmachtsphantasie, nämlich die, der Heiler aller möglichen Krankeheiten zu sein und die völlige Zurückweisung des Wunsches, eine Krankheit nicht länger ertragen zu wollen. Ein “ihr könnt mir nicht helfen” ist da überhaupt keine legitime Aussage mehr, weil man auch krank noch in Gott ist, solange man nicht vor ihm sündigt, d.h. sich den Tod und das Ende der Krankeit wünscht oder herbeiführt. Die Krankheit als Schlüssel zu Gott kann gar nicht unerträglich werden, weil es Gottes Wille ist und das heißt, die Krankheiten können gar nicht unerträglich genug sein (als Reiz für die Christenheit). Das kann man in weit besserer Form aber auch in der Genealogie der Moral nachlesen 🙂

Dass es Krankheiten gibt, bei denen selbst Linderung kaum mehr möglich ist (außer durch heftigste Betäubung, die in die Nähe zum Koma bringt; Lebensgenuß ist da kaum noch möglich) und dass es für einen selbst nicht wünschenswerte Lebenszustände geben könnte, nach deren Eintreten man keine Hilfe mehr will (weil man bspw hinterher dauerhaft schwerstbehindert wäre), das ist für die Christenheit zum Großteil völliger Denksparren, weil an den Freitod als Sünde gebunden. Auch bei der schwerten Behinderung kann man sich noch glücklich pflegen lassen. Es gibt einfach ein Nein! dazu. Du wirst jetzt glücklich gepflegt!

Und da das lange ertragen von Krankheit so hoch im Kurs ist, weil “glaubensfest”, haben Christen (mein Eindruck) eine Tendenz dazu, Leid in der Tat zu verlängern und zwar dadurch, dass sie eben so eine Indolenz gegen vorhandenes Elend entwicklen, das sie dann nicht wissen, wann sie mit _ihrer_ Hilfe mal aufhören müssen bzw. wann man anders weiter helfen muss oder jemand anders, weil sie nur noch Schaden anrichten bzw. mehr Schaden als Nutzen. Dass ist die andere Seite der Medaille der christlichen Nächstenliebe, die sich jedem annimmt und darin keine Konkurrenz hat: sie meint auch vor niemandem Halt machen zu müssen.

Wenn man wirklich einen plastischen Eindruck von der folterartigen Tendenz des Ganzen haben will, dann kann man mal eine Woche “Praktikum” in einem Altenheim/Pflegeheim/”Seniorenzentrum” machen, das am besten in katholischer Trägerschaft ist.