Ansichten eines Informatikers

Seinen eigenen Kopf zu gebrauchen…

Hadmut
6.10.2011 12:22

Weil mir Juristen, Professoren usw. erst gerade wieder und auch früher schon entgegenhielten, daß ich als „Außenseiter” (Nicht-Jurist…) etwas nicht beurteilen könne und das alles kritiklos und unterwürfig den Fachleuten des Gebietes zu überlassen hätte – da ist gerade auf Telepolis ein schöner Artikel erschienen: Was ist (heute) Aufklärung? Zitat:

…und niemand, der die unkritische Akzeptanz dieser Methode durch Nicht-Wissenschaftler verlangt, hat ein Recht, sich auf die Aufklärung zu berufen.

11 Kommentare (RSS-Feed)

Alex
6.10.2011 16:12
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Und dennoch schießt meiner Meinung nach der verlinkte Artikel an dem Problem vorbei.

In Artikel “Was ist (heute) Aufklärung?” wird Artikel “Der aufgeklärte Patient und das Recht auf wissenschaftliche Medizin” daringehend kritisiert, dass der “Aufklärer” nicht die grundlegende Struktur der klinischen Studien hinterfragt.

Aber wieso sollte er es tun?
Das Konzept von klinischen Studien, und Doppelblindversuchen ist zwar relativ neu, aber sowohl eingängig als auch vernünftig, und hat sich im Laufe der Zeit eben herausgestellt um systematische Fehler (von keinen Studien über nicht haltbare Studien (2/3 Mäuse überleben => 66% wirkung) über gute Studien, die als systematischen Fehler das fehlenede Doppelblind haben ergeben.

Vermutlich kann man daran noch fachliche Details verbessern – aber wieso sollte es Aufgabe sein bei einem einfachen Artikel bei “Adam und Eva” anzufangen?
Empfinde ich als falsch, und daher empfinde ich auch die Hauptkritik in dem obigen Artikel (Was ist heute Aufklärung) als unangebracht;
meines Erachtens wird dort nie Notwendigkeit von der Potenz der kritischen Hinterfragung und der Notwendigkeit der Realität der kritischen Hinterfragung verdreht.

Tatsächlich ist mir schon oft aufgefallen, dass Geisteswissenschaftler dazu neigen, sich über die Potzenz von kritischer Hinterfragung zu echauffieren, anstelle die Arbeit einfach zu erledigen.

Hinkender Vergleich:
Man muss sich nicht wissenschaftlich mit Intelligent Design auseinandersetzen, sondern sich damit auseinander zu setzen ist Aufgabe der Narren – weil es in sich einfach Lächerlich ist.
Auch wenn man noch so laut schreit, dass man Grundkonzepte der Evolutionslehre hinterfragen muss (auch hier wird “hinterfragen können muss” und “hinterfragen muss” bewusst verdreht)


Hadmut
6.10.2011 16:21
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Ich vergleiche es immer damit:

Man muß nicht selbst Trompete spielen können um zu hören, wenn einer falsch spielt.

Und wenn ich gerade etwas derber drauf bin:

Um eine Wildsau zu jagen muß man in den Wald, aber man muß nicht selbst eine werden.


Alex
6.10.2011 17:00
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Nein – aber man braucht einen Konsens über richtig um falsch.
Bzw. man muss wissen, was eine Wildsau ist, sonst kann man die nicht effektiv jagen


Hadmut
6.10.2011 17:04
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Treffen muß man. Treffen.


Hanz Moser
6.10.2011 22:05
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Wenn einer der Wildsau “Esoterik” und ihren Ferkeln einen Blattschuss setzt komme ich zum Gratulieren.

Unabhängig von den Ausführungen des Artikels kann ich nur jeden warnen, der sich mit Anhängern der “alternativen” oder “sanften” “Medizin” auseinandersetzt den gesunden Menschenverstand nicht zu verlieren. Ich hatte mit allerhand Leuten aus dem Millieu zu tun und in den seltensten Fällen sagt der gesunde Menschenverstand, dass da nichts faul ist. Wenn man mit denen in eine Diskussion gerät, findet man auch ganz schnell die Muster wieder, mit denen in Adele und die Fledermaus die Professoren vor Gericht und anderswo auftreten.
Ist gerade noch der Grundsatz der Homöopathie und ihre Überlegenheit beim Heilpraktiker vor allem die individuelle, ganzheitliche Betrachtung des Patienten, kann man sich zehn Minuten später anhören, dass es ganz klare Regeln für Repertorisation gibt und es immer eindeutig sei, wann was zu verabreichen ist.

Viel schlimmer ist aber oftmals die fast fanatische Verblendung und der Glaube daran, mit der eigenen Methode den Königsweg und Stein der Weisen gefunden zu haben. Den Gegenpol stellen dann Scharlatane, die wissen, dass sie niemandem helfen können aber gut Geld nehmen.


Eldoran
6.10.2011 23:17
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Es stimmt schon, als aufgeklärter Mensch sollte man zumindest mal überlegen ob das wissenschaftliche Ergebnis unter Berücksichtigung der eigenen Beobachtungen plausibel erscheint.
Dummerweise ist in allen komplexen Systemen wie der Medizin oder dem Klima der derzeitige Stand der Wissenschaft bestenfalls eine gute Näherung der Realität (und die Zusammenhänge auch nicht intuitiv logisch), was aber nicht ausschließt dass irgendwelche Teilbereiche nicht verhältnismäßig einfach und / oder gut erforscht sind und somit sehr voraussagbar reagieren.

Es fängt ja schon oft damit an, dass bei den Wissenschaftlichen Tests eigentlich wichtige Faktoren herausfallen, weil sie entweder fast nicht messbar oder aus anderen Gründen nicht getestet werden.
In der Medizin werden prinzipiell Medikamente an Personen getestet, die mit dem typischen Patienten teilweise wenig gemeinsam haben. Konkret meine ich damit dass in den frühen Phasen an Gesunden getestet wird und auch in den späteren Phasen nur an Patienten die nur diese eine “Krankheit” haben. Teilweise kann ja auch schon die Definition der Krankheit selbst eine gewaltige Abstraktion (oder falsch) sein. Selbst eigentlich eindeutige Kandidaten wie Krebs sind zB. auf genetischer Ebene selbst beim selben Gewebetyp sehr unterschiedlich. Noch schwieriger ist es bei Problemen die eigentlich (auch) psychische Ursachen haben. Oder durch “falsches” Verhalten verursacht sind. Mit Tablette XY oder Operation Z allein ist da wenig erreicht.
Dass auch noch auf allen Ebenen teilweise absichtlich falsch gemessen/gerechnet wird macht das ganze noch viel weniger eindeutig.

Da bleibt schlussendlich von der viel gerühmten Wissenschaftlichkeit herzlich wenig übrig. Und das Ergebnis der Behandlung eher ein Glücksspiel. Leider gilt: nur bei alten Verfahren egal ob schulmedizinisch oder alternativ sind Nebenwirkungen und Erfolgschancen einigermaßen bekannt und somit einschätzbar. Allerdings ist bei alternativmedizinischen Behandlungen teilweise zu beachten dass auch nicht offensichtliche Randbedingungen für den Heilerfolg essenziell sein können. So kann beispielsweise nur eine bestimmte Zubereitungsweise eines objektiv wirksamen Tees die gewünschte Wirkung zeigen. Auch “nur der Placeboeffekt” ist in vielen Fällen nicht nur eine kleine Randerscheinung, sondern die Hauptwirkung oder gar die einzige messbare Heilwirkung auch klassischer (schulmedizinischer) Verfahren. So kann eine Plazebo-Operation durchaus zu einem deutlichen Heilerfolg führen (das tritt in der Praxis eher versehentlich auf, zum Beispiel: ein Tumor stellt sich während der Operation als doch nicht operabel heraus, nur bei einer der Nachuntersuchungen stellt sich dann heraus, dass der Tumor danach kleiner und somit operabel wurde). Gerade in der Chirurgie sind viele Eingriffe nicht wissenschaftlich belegt, wegen fehlender Placebo Vergleiche oder anderer systematischer Fehler (Unfallchirurgie ist eine andere Sache).

Etwas vereinfacht ist es so dass nur dort wo die Ergebnisse offensichtlich überprüfbar und die Wirkungsweise der Behandlung sehr direkt und die URSACHE bekannt ist, der absolute Anspruch der Schulmedizin einigermaßen gerechtfertigt ist. Sonst ist alles nur Stand der Lehrmeinung und nur möglicherweise korrekt.


Stefan W.
7.10.2011 5:55
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Schön finde ich den Artikel nun nicht gerade.

Er behauptet sich stark zu machen für die Aufklärung, also die Fähigkeit, sich des eigenen Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Das aber schafft der Autor gerade nicht.

Sein Eierkochbeispiel wäre bestens geeignet aufzuzeigen, wie man die Fähigkeiten der Eierkocher mit einer randomisierten Doppelblindstudie testen könnte – stattdessen behauptet er, dass der Koch Hanno ein Kochverfahren hätte, das nicht testbar wäre, als ob die Eier selbst einem Placeboeffekt zum Opfer fallen könnten.

Der Autor stellt Aufklärung dar, als ginge es darum, sich der eigenen Vorurteile und der eigenen Illusionen zu bedienen, die eigene Ignoranz zum Maßstab des Urteils zu machen, was aber im Gegensatz zu Deinem Verhalten steht.

Ich schleime ja ungern, aber es wird Dich vielleicht nicht wundern, dass ich den Blog lese, weil ich Gründe dafür habe, also etwas gut finde. Gut finde ich, wie Du für Deine feste Überzeugung eintrittst, aber Du hast nicht schlicht mit dem Fuß aufgestampft, dass Du recht hättest, sondern Dich in die juristische Materie eingearbeitet.

Ich weiß nicht, wie oft Du auch falsch gelegen hast, und derartige Stories nicht in epischer Breite ausgebreitet hast, aber dass Du Dich nicht auch hier und da geirrt hast würde ich vermuten – man kann ja nicht immer Recht haben.

Ein Homöopath müsste eben mal nachweisen, dass die Medizin irgendwo irrt, aber das tut er nicht. Oder dass er tatsächlich Heilerfolge erzielt – auch das tun sie nicht. Wenn sie das täten, dann ja, würde mich ein fehlender Doktortitel nicht stören.

Der Untertitel “Zur Aufklärung gehört auch, kritische Fragen an die Wissenschaft zu richten” ist ein Kniff, eine Aussage, die jeder unterschreiben kann als Prämisse zu benutzen, um mittels Täuschung zu einem Schluss zu gelangen, den eigentlich viele nicht ziehen wollen, nämlich dass es Wirkungen gibt, die nicht nachweisbar sind.

Die Überschrift mit dem eingeklammerten ‘heute’, die die Aufklärung also zu einer Mode erklärt, die sich im Laufe der Zeit wandelt, ließ bei mir schon alle Alarmglocken schrillen.

Die Aufklärung ‘damals’ war das Verlangen nach Evidenz – weg vom Wunderglauben, weg vom Gehorsam gegenüber der Autorität, aber genau da will der Artikel wieder hin. Er will weg von der Evidenz, und glauben, was der Wunderheiler erzählt, wenn dieser nur behauptet, dass sein Verfahren prinzipiell nicht überprüfbar sei. Er will an Wunder glauben, weil Wunder so wundervoll wären.

Multi-Okkulti.

Das tarnt sich als antiautoritär und pluralistisch, und meint Individualismus wäre, wenn jeder seinen eigenen Vorurteilen glaubt, die aber doch, wenn man denn hinschaut, immer wieder die gleichen sind. Das ist keine Aufklärung, sondern Gegenaufklärung. Der Mensch hat das Denken nur soweit gelernt, um es zu einer verkaufbaren Meinung zu bringen, um eine Argumentation auszubreiten aber nicht, um sich kritisch zu hinterfragen.


Stefan
7.10.2011 16:15
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Beispiel im tp Artikel schlecht gewählt. Die Kriterien für das “weiche Ei” stehen fest : Eiweiss ist fest, Eigelb noch flüssig. Das ist
objektiv messbar/beobachtbar. (Und wenn Hanno mehr “weiche Eier” erzeugen kann als Stephano, dann höre ich mir seine Erklärung gerne an.)

Mann kann aber nicht objektiv feststellen, ob ein Patient sich gesund fühlt.

Für die kleinen Wehwehchen ist die Homöopathie ganz nett. Ihre Beschränkung liegen aber in ernsthaften organischen Erkrankungen, z.B. Beinbruch, Krebs, usw. Hier versagt die alternative Medizin, weil der Glaube daran gesund zu werden nur äusserst selten zur Heilung führt.


Stefan
7.10.2011 16:21
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Ich hab noch einen :
ich wäre gern Mitglied in einer Krankenkasse, die alle möglichen alternativen Heilmethoden anbietet. Warum ? Weil der KK-Beitrag niedriger liegt (Methoden preiswerter) als bei den KKs mit nur anerkannten Heilmethoden.
Der Kundenstamm wäre auch gesünder! Die Falsch-behandelten erzeugen keine Kosten mehr -> Exitus.
(Das Paradoxon der erfolgreichen Schulmedizin).


Werner
8.10.2011 0:07
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@Stefan: Homöopathie nur beschränkt auf kleine Wehwehchen? Nee, die setzt sich sogar in der Notaufnahme durch. Guckst Du hier:
http://www.youtube.com/watch?v=HMGIbOGu8q0
That’s strong stuff!


Hadmut
8.10.2011 0:11
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😀