Ansichten eines Informatikers

Stuttgart 21

Hadmut
27.11.2011 21:47

Habe ich das jetzt richtig verstanden? Da veranstaltet eine aufgeputschte Menge monstermäßigen Aufstand gegen Stuttgart 21, hält das Projekt auf, schreit großartig von Demokratie, und dann stellt sich heraus, daß die Mehrheit doch für Stuttgart 21 ist?

War das jetzt ein Beispiel, daß die kreischende Minderheit vortäuschen kann, eine Mehrheit zu sein? Wieder mal die Regierung derer, die auf den Straßen marschieren und Krach machen? War das gar politisch inszeniert um einen Regierungswechsel zu erreichen?

39 Kommentare (RSS-Feed)

Hendrik
27.11.2011 22:17
Kommentarlink

In erster Linie hat es gezeigt das ~57% die ganze Bahnhofgeschichte egal ist.
In zweiter Linie ist es wohl ein ganz gutes Beispiel für eine laute Minderheit (die, meinem Eindruck nach, sich oft einbildet für die schweigende Mehrheit zu sprechen).


Hadmut
27.11.2011 22:31
Kommentarlink

@Hendrik: einbildet oder anmaßt ?


fant
27.11.2011 22:28
Kommentarlink

1. Stuttgart 21 war nicht der einzige Punkt, weswegen ein Regierungswechsel stattgefunden hat. Es gab noch den EnBW-Rückkauf, Atomkraft und den generellen Regierungsstil à la Mappus

2. Das Ergebnis für / wider Stuttgart 21 ist knapp 60 / 40. In einem Wahlvolk von ca. 7 Millionen sind 40% als Menge nicht zu unterschätzen. Um richtig Krach zu machen, reichen viel weniger.

Ich denke, Fukushima und der EnBW-Deal sind wesentlich wichtiger gewesen beim Ausgang der Landtagswahl als Stuttgart 21. Beim letzteren hat sicherlich das harte Vorgehen der Polizei eine Rolle gespielt, nicht das Projekt selber. Das ist auch eine Lektion, die die Bundesregierung im Hinblick auf Gorleben noch lernen wird — meiner Meinung nach.


do not occupy
27.11.2011 22:57
Kommentarlink

@hendrik: we are the 1%!


Claus-Peter
27.11.2011 23:11
Kommentarlink

Na, nu mal langsam Hadmut,

was hätten die Gegner von S21 denn Deiner Meinung nach tun sollen? Zu Hause bleiben und schön brav mitmachen was “die da Oben” sagen?

In Stuttgart selbst (und das sind ja die die vor allem auf die Straße gegangen sind) steht es 47,1%/52,9% (siehe hier: http://extra.stuttgarter-zeitung.de/volksabstimmung/stz/ergebnis.php?kreis=111). Also mit ein wenig guten Willen könnte man sagen die Hälfte der Leute ist dagegen zu bauen. Ich finde da ist es schon gerechtfertigt, das man da noch mal abstimmt, oder?

Und aufgeputscht war die Menge erst, nachdem da jemand Wasserwerfer und Tränengas hingeschickt und eine Horde wild gewordener Polizisten losgelassen hat….


Hadmut
27.11.2011 23:25
Kommentarlink

@Claus-Peter: 47% derer, die überhaupt hingegangen sind.

Und das erlaubt es, durch Blockaden und Gewalt ein Bauprojekt aufzuhalten, also gewaltsam den anderen den eigenen Willen aufzuzwingen? Sind wir jetzt da angekommen, wo jeder seine persönlichen Neigungen durch Gewalt und Randale durchsetzt?

Und Du meinst, daß so ein Bahnhof allein Sache derer ist, die zufällig gerade in der Stadt wohnen und nicht auch derer aus dem Umland? Wieso sollte jemand, der gerade in die Stadt zieht, mehr Stimmgewicht haben als die, die in der Umgebung wohnen?


Hanz Moser
27.11.2011 23:37
Kommentarlink

Minderheit ist zwar faktisch richtig, klingt hier aber mehr nach Randgruppe.

Erstaunt hat mich das Ergebnis nach all dem Aufruhr aber auch. Ich hätte auf 60\40 statt 40\60 getippt. Ich bin mir auch nicht schlüssig ob ich glauben soll, dass die Wahlbeteiligung bei den Gegner relativ größer war oder nicht.

Vermutlich ist der Eindruck einer deutlichen Mehrheit der Gegner aber vor allem der Berichterstattung geschuldet. Von den durchaus starken Bemühungen der Befürworter hat man ja im Vergleich fast nichts mitbekommen. So ähnlich wie bei Obamas Wahlkampf, als mir hier kaum einer glauben wollte, dass er dort von den Republikanern dauernd “B. Hussein Obama” genannt wurde.

Das Wahlergebnis lässt auf jeden Fall den Schluss zu, dass die Gruppe der Gegner zahlenmäßig eine ernst zu nehmende Minderheit ist, nicht nur ein kleiner Haufen militanter Spinner.


Hadmut
27.11.2011 23:41
Kommentarlink

Das täuscht halt sehr stark, weil die Gegner demonstrieren, Krach machen, im Fernsehen gezeigt werden, während es ja nun keine Demonstrationen für den Bau gab oder Leute, die den Bauarbeitern geholfen hätten. Deshalb entsteht durch die unterschiedliche Sichtbarkeit der subjektive Fehleindruck, daß Volkes Meinung gegen Stuttgart 21 war.


Svenska
27.11.2011 23:47
Kommentarlink

Über 40% von denen, die es genug interessiert, um zur Abstimmung zu gehen, waren gegen den Bahnhof. Das rechtfertigt in meinen Augen eine Abstimmung, die es sonst nicht gegeben hätte und klärt die Mehrheitsverhältnisse ordentlich. (Sollte es bei strittigen Projekten öfter geben.)

Wäre die Abstimmung nicht für die Ablehnung, sondern für die Zustimmung gewesen, wäre der Bahnhof abgelehnt worden. Seltsame Demokratievorstellung, aber so sind die Gesetze nunmal.

Die Polizeigeschichten um S21 zeigen, was der Staat so von seinen Bürgern hält, wenn die mal nicht brav nicken und ist für mich als Nichtbetroffenen wichtiger als das Ergebnis der Abstimmung.

Ich behaupte mal, dass das ganze Projekt noch eine große Geldsenke wird (wenn es überhaupt nach den jetzigen Plänen fertiggestellt werden wird) und noch einige unvorhergesehene Probleme auftauchen werden. Wie es bei Großprojekten halt so üblich ist.


Alex
27.11.2011 23:47
Kommentarlink

Öhm.
40% (der Abstimmenden) ist schon eine große Anzahl an Menschen.
Dies alleine rechtfertigt – im Sinne von legitimiert – das bisher systematisch protestiert wurde.
Also kannst Du wirklich hier nicht mehr von einer Minderheit reden, die der Mehrheit ihre Meinung aufdrückt.

Ob das ganze Ländle oder nur der Umkreis oder nur die Einwohner von Stuttgart über Veränderunen am Bahnhof Stuttgarts abstimmen dürfen, das ist nun eigentlich keine Frage, die besonders leicht zu beantworten ist; insbesondere gibt es kein Argument, dass direkt klarstellt, dass die Forderung dass nur die Stuttgarter hätten abstimmen dürfen undemokratisch ist.

Ist halt ähnlich wie andere unliebsame Dinge, etwa Atomkraftwerke: Eine Mehrheit (zumindest wurde das behauptet) wollte dass diese gebaut werden, aber niemand wollte, dass sie in seiner Nähe gebaut wurden — nun muss man genau überlegen, welche Entscheidungen auf welcher Ebene (also wer Abstimmungswürdig ist) getroffen werden muss.

(Die Argumente von mir setzen eigentlich Demokratie voraus, und nicht die verkappte Diktatur die wir in Dtl haben)

In jedem Fall allerdings wurde erst _heute_ klar durch einen demokratischen Prozess ein Mehrheitswillen verdeutlicht, und an diesen muss sich nun gehalten werden.


dg
28.11.2011 1:24
Kommentarlink

Kleine Anmerkung zu den 60%/40%:

„Mit „Ja“ stimmen Sie für die Verpflichtung der Landesregierung, Kündigungsrechte zur Auflösung der vertraglichen Vereinbarungen mit Finanzierungspflichten des Landes bezüglich des Bahnprojekts Stuttgart 21 auszuüben.“

Ja, kann man schon richtig verstehen, wenn man darüber nachdenkt. Und die Leute sind auch nicht blöd. Aber ob auch jeder, der sich am Referendum beteiligt hat, die Zeit und die Lust gehabt hat, diesen Satz in seine Einzelteile zu zerlegen und nachzuzählen wie oft da verneint wurde?


yasar
28.11.2011 1:34
Kommentarlink

Immerhin wurde mit dem “Krach” erreicht, daß zumindest unter den interessierten geklärt ist, wieviel dafür und wieviel dagegen sind. Und bei 60/40 ist das durchaus ein ersntzunehmendes verhältnis.

Ich hätte, sofern es diese Abstimmung nicht gegeben hätte, nicht meine Ansicht dazu durch eine Stimme kundtun können. Ansonsten wäre es einfach so wie Öttinger, Schäuble, Mappus & Co. wollten einfach von oben herab gemacht worden, ohn eirgendwelche Einflußmöglichkeiten der Bürger. Zumindest auf meine Anfragen hat da überhaupt keiner reagiert.

Ich interpretiere es daher so, daß man offensichtlich manchmal einfach “Krach” machen muß, damit demokratische verfahren eingehalten werden.

PS. Im übrigen bin ich der Meinung, daß die 10 Milliarden die da vermutlich mindestens versenkt werden, in der Bildung, insbesondere Schulen, besser aufgehoben gewesen wären.


Alex
28.11.2011 2:35
Kommentarlink

@Hadmut
“War das jetzt ein Beispiel, daß die kreischende Minderheit vortäuschen kann, eine Mehrheit zu sein? ”
In erster Linie war das ein Beispiel, dass man Abstimmen muss, um zu wissen, was die Mehrheit will.
“Wieder mal die Regierung derer, die auf den Straßen marschieren und Krach machen?”
Ein Fall für Rabulistik?
“War das gar politisch inszeniert um einen Regierungswechsel zu erreichen? ”
Ja, Wasserwerfer auf die Schülerdemo von Mappus insziniert, weil der einen anderen Job wollte.


yasar
28.11.2011 7:29
Kommentarlink

Nachtrag:

PS. Ich weiß von einigen Leuten hier, die nur deswegen für den Weiterbau gestimmt haben, weil sie der Meinung waren, daß da schon so viel Geld ausgegeben wurde und es daher eine Verschwendung dieses Geldes wäre, wenn da jetzt nicht mehr weitergebaut würde. Außerdem wäre der alte Bahnhof ja eh schon (fast) abgerissen und die Bäume ja eh schon gefällt. Da wäre es angeblich sinnvoller weiterzubauen als aufzuhören.

Nach deren Argumentation ist es also ok, vorher Tatsachen zu schaffen und dann erst das Volk zu fragen.

Nunja, ich wünsche mir in Zukunft jedenfalls, daß solche Projekte vorher diskutiert werden und gemeinsam mit dem volk entschieden werden, als daß die Leute sich hinterher die Köpfe einhauen. Das wird zwar nicht davor schützen, daß die verantwortlichen trotzdem villeicht falsche zahlen liefern, um das Projekt durchzubekommen, aber man weiß dann immerhin, ob die “Krachmacher” wirklich die Mehrheit sind oder nicht.


Niko
28.11.2011 8:29
Kommentarlink

Ich bin ja nur mal gespannt, ob jetzt die Demonstrationen auch wieder aufhören. Meiner Einschätzung nach werden sich die S21-Gegner nämlich (wie schon beim Stresstest) nicht so einfach mit diesem Ergebnis zufrieden geben. Diese Meinung mag ich mir zugegebenermaßen durch die (eventuell nicht objektive) Berichterstattung zu S21 gebildet haben, aber ich glaube langsam, dass viele S21-Gegner getreu dem Motto leben: “Ob Sonne oder Regen – Wir sind dagegen!”

Allerdings hat diese Abstimmung und das von den Gegnern benötigte Quorum deutlich gezeigt, was man hier im Ländle unter Demokratie versteht. Wäre ein Drittel(!) der Wahlberechtigten tatsächlich gegen das Projekt und würden dies auch alle auf der Straße zeigen, hätte man durch die Demos eh schon bürgerkriegsähnliche Zustände (so rein mengenmäßig), dass eine Abstimmung hinfällig wäre. Vielleicht sollten die Grünen hier mal ansetzen, anstatt sich in kleineren Projekten wie S21 (mit 15 Jahren Verspätung) zu verbeißen? Wie wäre es mal mit einer Verfassungsreform im Ländle für mehr Volksentscheide mit geringeren Hürden? Jetzt könnten sie, wenn sie denn wollten…

Die Formulierung der Abstimmung war außerdem mal wieder feinstes Politikerkauderwelsch, wenn auch dankeswerterweise sowohl Befürworter als auch Gegner es geschafft haben, ihren Schäfchen auf den Plakaten zu vermitteln, welches die für die jeweilige Strömung “richtige” Antwort bei der Abstimmung ist, Nein für Ja und Ja für Nein.


Carsten
28.11.2011 8:31
Kommentarlink

Was hier in der Runde mal wieder vergessen wird, ist die Tatsache das der Bau des Projektes vor über 10 Jahren bereits vom legitim gewählten Stadtrat (ja den haben die Bürger gewählt …) abgenickt , öffentlich bekannt gegeben wurde und dann noch eine Weile ausgelegen hat … die Frist für Wiedersprüche verstrich – ohne Einwände. Und dann so ein Theater als “Demokratie” zu bezeichnen halte ich ehrlich gesagt für ganz großen Blödsinn.


Claus-Peter
28.11.2011 10:14
Kommentarlink

@Hadmut: Ich würde mal tippen, das es dem Rest (also die 53% die nicht hingegangen sind) egal ist ob der Bahnhof gebaut wird oder nicht (sie sich also der Stimme enthalten haben).
Das Verhältnis von Gegnern/Befürwortern ändert sich damit also meiner Meinung nach nicht.

Und was die “Randale” angeht: Das ist wie immer. Es gibt eine kleine Gruppe die das Ansehen aller, die friedlich ihre Meinung kundtun, hintergehen. Willst Du deshalb das Demonstrationsrecht abschaffen?

Nein, ich meine nicht das es ALLEIN die Sache von denen ist die in der Stadt wohnen. Schließlich finanziert das Land ja den Bahnhof. Aber demonstriert wurde in Stuttgart und vermutlich auch hauptsächlich von Stuttgartern. Und dort ist es nun mal fast halbe/halbe. Also ist es meiner Meinung nach auch durchaus richtig wie der Protest wahrgenommen wurde.
By the way: Auch die Befürworter haben demonstriert und darüber wurde auch berichtet. Allerdings nahmen an diesen Demos nie so viele Menschen teil wie an den Gegendemos.


Hadmut
28.11.2011 11:02
Kommentarlink

@Claus-Peter: Du meinst also, wenn in einem Land mit 80 Millionen einer dafür und zwei dagegen sind und es dem Rest egal ist, dann haben die zwei eine demokratische Mehrheit, die es ihnen erlaubt, diese gewaltsam durchzusetzen?


ziv
28.11.2011 10:15
Kommentarlink

@Carsten
Wirklich fair ist der Vergleich aber nicht. Denn mehrfach wurden die Baukosten nach oben korrigiert. Und auch die Veröffentlichung der genauen geplanten Bebauung wurde immer nur bröckchenhaft vorran getragen.

Auf so einer Grundlage kann man sich keine echte Meinung zum Thema bilden.

Ich als Bürger wäre auch zu spät auf den Trichter gekommen, wenn einem vorher deutlich geringere Baukosten, bei deutlich besserer Bahnanbindung und geringerer Beeinträchtigung der Natur versprochen wird und man dann aber exorbitant nachkorrigierte Baukosten, mit geschönten Stresstest und massiver Abholzung präsentiert werden.

Ich würde sowas bescheißen nennen.


yasar
28.11.2011 10:19
Kommentarlink

Allerdings ein Stadrat, in dem gemauschelt und geklüngelt wurde und der gezielt mit Falschinformationen versorgt wurde, damit das Projekt abgesegnet wird.

Solche Sachen werden erst dann wieder vernünftig entscheiden, wenn gesetzlich vorgeschrieben wird, daß die Kosten gedeckelt werden und Projekte, die nur 3 Milliarden kosten sollen nicht plötzlich 6 Milliarden und mehr werden dürfen.

Es ist nämlich auch Methode, erstmal mit “kitzekleinen” Kosten ein Projekt zu initiieren und hinterher die Hand aufzuhalten, weil man ansonsten das Projekt gar nicht durchbekommen hätte.

Was mich hat an dem Projekt gestört hat, ist nicht so sehr die Tatsache, daß der alte Bahnhof abgerissen und Bäume abgeholzt wurden, sondern die vorgehensweise, die Leute für dumm zu verkaufen.

Ihr habt ja sicher schon den Suspruch von Öttinger gehört, daß Paris ja auch nur deswegen den einen Kopfbahnhof “Gare de L’Est” hättem, weil es westlich von Paris nur noch Kühe und Atlantik gäbe. Er hat dabei leicht übersehen, daß Paris derer 6 hat (alles Kopfbahnhöfe) und westlich von Paris sich noch einiges tut. Das zeigt schon, mit welchem Verständnis die “schwarzen” hier in BW geherrscht haben. Leider erwarte ich von den Grünen nur kurze Zeit eine Linderung, weil ich mir keine Illusionen mache, daß die hier in dem Filz nicht durchkommen, ohne sich selbst drin zu verstricken.


Thomas
28.11.2011 10:20
Kommentarlink

Dieses Ergebnis beweist nur eins: Direkte Demokratie garantiert noch keine vernünftigen Entscheidungen.
Jetzt wird halt dieses unnötige Prestigeprojekt gebaut. Hauptsächlich profitiert der Filz, wir alle dürfen dafür zahlen, einfach toll 🙂 Zum Glück schwimmen wir ja alle im Geld.


Heavy
28.11.2011 11:30
Kommentarlink

Was hier ebenfalls bisher übersehen wurde: von den 45 Land- und Stadtkreisen in Baden-Württemberg gab es in acht eine relative Mehrheit für den Ausstieg. Sieben der acht Wahlkreise liegen in Baden entlang des Oberrheingrabens.

In der Region hält sich hartnäckig das Gerücht, dass bei einem Ende von Stuttgart 21 das von der Bahn gesparte Geld unmittelbar dem Ausbau der Oberrhein-Trasse zwischen Basel und Mannheim zugute käme. Mit diesen Argumenten ließen sich viele sonst eher unpolitische Leute für ein JA zum Ausstieg mobilisieren. Der alte Neid zwischen Badenern und Württembergern…

Daher denke ich, dass die -durchaus respektablen- 40% der Ausstiegsbefürworter nicht alleine auf das Konto der Gegner von Durchgangsbahnhof, Großprojekten im Allgemeinen oder Politikern der CDU/SPD/FDP gehen. Sondern dass ein beachtlicher Teil davon prinzipiell für den Ausbau der Bahn-Infrastruktur ist, nur eben mit anderen regionalen Prioritäten.

(Umgekehrt ist es natürlich auch möglich, dass einige Württemberger nur deshalb gegen den Ausstieg gestimmt haben, damit das Geld nicht nach Baden geht….)


Mario P.
28.11.2011 11:56
Kommentarlink

@Claus-Peter: “Was hätten die Gegner von S21 denn Deiner Meinung nach tun sollen?”

Ganz einfach: Sich zivilisiert verhalten und in einem angemessenen Rahmen demonstrieren. Aber nicht auf diese pöbelnde, anmaßende und rechthaberisch-belehrende Art und Weise, in der jedes Gegenargument vehement und lautstark aber ansonsten ohne jeglichen Inhalt niedergeplärrt wird. Nicht auf eine Weise in der ein Schlichterspruch dann und nur dann akzeptiert wird, wenn er die eigene Position bestärkt. Ein großer Teil der Proteste rund um Stuttgart 21 ist jedweden demokratischen Gepflogenheiten zuwider gelaufen.

Im übrigen gibt es in Deutschland keine “Demonstrationsfreiheit”, sondern lediglich “Versammlungsfreiheit”. Diese gilt – ein Blick in Artikel 8 des Grundgesetzes hilft ungemein – nur, solange Menschen sich “friedlich und ohne Waffen” versammeln und unterliegt “unter freiem Himmel” gesetzlichen Einschränkungen. Bauzäune und -maschinen zu beschädigen, Polizisten mit Steinen und Flaschen zu bewerfen, ist nicht vom Recht der Versammlungsfreiheit gedeckt – und hier hat es sich bei “Stuttgart 21” nicht um eine, wie Sie sagen, “kleine” Menge von “Randalierern” gehandelt.

Ich persönlich halte diese Entwicklung in Teilen für brandgefährlich und bin daher sehr froh über das eindeutige Ergebnis der Volksabstimmung.


Carsten
28.11.2011 12:50
Kommentarlink

@ziv: ganz ehrlich – ich glaube das Geld interessiert da doch niemanden. Es geht denjenigen die da demonstrieren entweder tatsächlich um den Bahnhof (den alten), evtl. sogar tatsächlich um die Bäume, einigen wenigen wohl ums Prinzip und dem Rest einfach nur darum da es grad so in ist dagegen zu sein. Ob irgendein Projekt nun 1 Milliarde oder 15 Milliarden kostet dürfte jedem Bürger wohl “schnurz piep egal” sein. Denn diese Projekte werden eh alle auf Pump finanziert (selbst im Süden) und das fällt dann bei den eh existierenden Haushaltslöchern auch nicht mehr auf … die werden eh nie abgezahlt werden können.

Das viel größere Problem an der Sache ist doch die Frage warum sich ein Land und der Bund überhaupt finanziell an dem Ausbau von Bahnstrecken beteiligt. Von einer Privatisierung der Bahn kann ja dann wohl keine Rede sein, warum hat man sie dann überhaupt privatisiert?? Hier sollte man mal gegen demonstrieren …


Hadmut
28.11.2011 13:06
Kommentarlink

Warum man sie privatisiert? Damit nur noch die Kosten und nicht mehr die Gewinne am Bürger hängen bleiben.


Oppi
28.11.2011 13:42
Kommentarlink

Wenn man ein ganzes Bundesland über die Belange einer einzelnen Stadt abstimmen lässt, ist das jetzt nicht weiter verwunderlich.


Hadmut
28.11.2011 13:50
Kommentarlink

Ist ein Großbahnhof die Angelegenheit nur der Stadt oder des ganzen Bundeslandes? Wieso sollten Leute, die zufällig gerade in der Stadt wohnen, denen die eben weiter weg wohnen, vorschreiben können, ob und wie sie Bahn fahren? Nur weil man in die Stadt zieht erwirbt man ja nicht das Eigentum an der Stadt.


ziv
28.11.2011 14:20
Kommentarlink

@Carsten
Ich denke das es den Bürger sehr wohl interessiert was es kostet und yasar hat auch schon die schöne Mauschelpolitik erklärt die einem da so aufstoßen kann.

Außerdem sprachst du davon das ja alles vorher klar war und man sich nur ordneltich hätte informieren müssen, dann wäre ja alles kein Problem gewesen. Das ist aber genau wegen dem Gebaren nicht möglich gewesen.


yasar
28.11.2011 14:43
Kommentarlink

Wenn das Land 8und der Bund) da Gelder zuschießt, sind das sehr wohl auch meine Belange, auch wenn ich höchstens alle 2 Jahre mal nach Stuttgart komme (und dann nicht per Bahn, sondern per Auto).

Ich persönlich hätte ja die Lösung gewählt, daß die Schnelltrasse einfach Stuttgart umfährt, so ähnlich wie es die Bahn mit dem ICE auch in Mannheim gemacht hat. Dann hätte man auch nicht den Zeitverlust mit dem Kopfbahnhof in Stuttgart, wenn man von hier (oder Karlsruhe) nach München will.


John
28.11.2011 16:20
Kommentarlink

Wurde der Tunnel jetzt eigentlich auf Normalgröße gebracht? (Rettungswege, Signalisierung, …)


Kunterbunter
28.11.2011 16:22
Kommentarlink

@Hadmut
ich denke, jemand der “zufällig in einer Stadt wohnt”, ist ein Gemeindemitglied und die Gemeindemitglieder sollten entscheiden was wo wie gebaut wird.


Hadmut
28.11.2011 16:29
Kommentarlink

@Kunterbunter: Und ich denke, daß es so einfach nicht ist, weil sich in einer Angelegenheit, die alle angeht, nicht eine Bevölkerungsgruppe das Sagen herausnehmen kann. Solche Allüren mag ich nicht.


Kunterbunter
28.11.2011 16:39
Kommentarlink

Nur eine knappe Mehrheit hat sich nun ausdrücklich für den Bau entschieden.
Wenn man nun noch bedenkt, dass Geld und publizistische Macht hinter den Befürwortern steht…
… hätte es auch anders ausgehen können.


Kunterbunter
28.11.2011 16:45
Kommentarlink

@hadmut
Schade, denn ich würde auch nicht wollen, dass Berliner (oder Portugiesen) entscheiden, dass vor meiner Haustür eine Schweinemastanlage (ich wollte jetzt nicht mit Atomendlager anfangen ;-)) bauen, obwohl ich weiß, dass auch Hunger haben.


ziv
28.11.2011 16:47
Kommentarlink

Ich sehe das sehr ähnlich wie Hadmut. Derartige Anlagen sind auch ein Infrastrukturfaktor der die gesamte Region was angeht. Angesichts der Finanzierung halt das Ganze Bundesland.


Stefan W.
28.11.2011 16:48
Kommentarlink

“War das jetzt ein Beispiel, daß die kreischende Minderheit vortäuschen kann, eine Mehrheit zu sein? ”

Wenn sich die Mehrheit von ein paar Kreischern blenden läßt, dann ist sie selbst schuld.

Wer gegen so ein Projekt ist darf kreischen, auch ohne in der Mehrheit zu sein, auch ohne zu wissen, ob er in der Mehrheit ist, und auch im Bestreben durch das Kreischen in die Mehrheit erst zu kommen.

Schöner wär’s, er würde nicht kreischen sondern singen. Die Politik täte von selbst, was die Mehrheit will, und die Mehrheit würde immer das richtige wollen, aber im Wunderland leben wir nicht. Es wird wohl weiter gekreischt werden.

Die Legitimation der Protestler ist nun erstmal futsch. Die Waffengleichheit beim Führen von Kampagnen wird wohl weiter für Zündstoff sorgen, ebenso die Finanzierung des Projekts.


Knut Grunwald
29.11.2011 10:49
Kommentarlink

Die Bahnhofsbefürworter hatten einfach das bessere Marketing.

Es gehen beim Ausstieg 1,5 Milliarden verloren verfängt halt.

Die Ausstiegsbefürworter hatten da eine viel zu komplizierte Argumentation. Die Vernunft verliert halt gegen Marktschreierei.

Die Risken des Tunnelbaus unter einer Großstadt wollte man nicht thematisieren, weil das ohne geologisches Gutachten nur vermutet, aber nicht belegt werden kann. Falls jetzt doch was passiert, also Erdfälle, wie im Ruhrgebiet oder Thüringen, oder Anhydritaufquellungen wie in Staufen, hat es wieder keiner gewußt. Natürlich nicht, es hat ja auch keiner nachgesehen.

Stuttgart 21 hat viel gemein mit der Atomkraftdiskussion, in der die Risiken auch systematisch unterschätzt wurden. Erst wenn sich das finanzielle Risiko nicht mehr unter der Decke halten läßt, wird die Bahn damit rausrücken. Dann will natürlich keiner mehr die 5 Milliarden abschreiben. Und wenn ein paar Häuser einstürzen a la Kölner Stadtarchiv, kratzt das einen Subunternehmer im Konkurs auch nicht wirklich. Im Auftrag des Staates ist fahrlässige Tötung nur ein Kavaliersdelikt.


Mnementh
29.11.2011 21:26
Kommentarlink

@Hadmut: So sehr der Blogeintrag stimmt, folgender Kommentar ist ziemlich daneben:
“Und das erlaubt es, durch Blockaden und Gewalt ein Bauprojekt aufzuhalten, also gewaltsam den anderen den eigenen Willen aufzuzwingen?”

Seit wann sind Sitzblockaden Gewalt? Und heißt dass nun, dass Asylantenheime anzünden nicht so schlimm ist, da es ja nur wie rumsitzen in die Kategorie Gewalt gehört? War Ghandi ein Terrorist? Der hat ja lauter solche Methoden verwendet, um die Briten gewaltsam aus Indien zu vertreiben.


Florian
1.12.2011 16:37
Kommentarlink

@ Carsten:
“Was hier in der Runde mal wieder vergessen wird, ist die Tatsache das der Bau des Projektes vor über 10 Jahren bereits vom legitim gewählten Stadtrat (ja den haben die Bürger gewählt …) abgenickt , öffentlich bekannt gegeben wurde und dann noch eine Weile ausgelegen hat … die Frist für Wiedersprüche verstrich – ohne Einwände.”

Du moechtest dich offenbar mit
http://www.sueddeutsche.de/politik/umstrittenes-bahnprojekt-stuttgart-und-der-unheilbare-mangel-1.1013415
beschaeftigen.