Frauen und Kinder zuerst
Die ganze Zeit schreien sie alle nach Gleichberechtigung, Gleichbehandlung, Frauenquoten. Jedenfalls so lange es um gutbezahlte Jobs geht. Wenn aber das Schiff sinkt und die Plätze in den Rettungsboten knapp sind, heißt es wieder mal „Frauen und Kinder zuerst”.
Warum werden Männer eigentlich als Feiglinge hingestellt, wenn sie sich selbst retten und nicht Frauen den Vortritt lassen?
27 Kommentare (RSS-Feed)
Das heißt, daß „mann” Frauen von 14 bis 50 vorlassen muß?
Na, weil Frauen nur da Gleichbehandlung wollen, wo sie sich im Nachteil sehen. Dort wo sie für sie vorteilhaft ungleich behandelt werden natürlich nicht.
Die Regel sollte wohl eher heissen “Körperlich Schwächere zuerst”. Das sind in der Regel Kinder, Frauen, Alte, Kranke. Männer haben i.d.R. mehr körperliche Kraft und haben möglicherweise eher eine Chance direkt im Wasser zu überleben. So habe ich mir jedenfalls immer diese Regel erklärt, gilt bei anderen Notfällen ja auch.
Historisch betrachtet hatte vielleicht auch die Bekleidung der Frauen damit zu tun (über “Kinder zuerst” muss man wohl nicht streiten). Voluminöse Kleider ziehen besser unter Wasser und man kann sie nicht so gut ablegen wie ein Jackett oder Hose.
Der Käpt’n hat jedenfalls als letzter zu gehen, egal ob Mann oder Frau. Das ist verbindlich festgelegt.
Wo “Gleichbehandlung” gefordert wird, ist doch nie wirklich “Gleichbehandlung” gemeint, sondern Bevorzugung als Kompensation für die Minderwertigkeitskomplexe vermeintlicher Minderheiten.
Evolutionsbiologisch ist es natürlich sinnvoll, die eigenen Nachkommen zu retten, und da sich Frauen klassischerweise um diese Nachkommen kümmern, hängen die da quasi mit dran. Im Zeitalter von “Gleichbehandlung” und Vätern im Erziehungsurlaub müsste das eben mal neu überdacht werden, aber “erdiente” Privilegien abzugeben ist natürlich immer schwerer als neue einzufordern.
Eigentlich macht – von der Effektivität – “körperlich schwache zuerst” überhaupt keinen Sinn!
Grundsatzregel in der Rettungstheorie: Als erstes Energie auf Leute Konzentrieren, die anderen helfen können, und dann auf die mit den höchsten Überlebenschancen.
Daher denke ich auch, dass Kinder zuerst ein Relikt von früher ist, als Kinder (und eben auch Frauen) für die Gesellschaft wichtig waren.
@ Käptn:
Treffer, versenkt.
@Oppi
Au ja, Evolutionsbiologie! Gebärfreudige und zeugungsfähige Spermaprotzer zuerst! Frigide und die mit einer erketilen Dysfunktion machen das Licht aus. 🙂
Noch ein kleiner Hinweis, falls ihr mal bei einem Schiffbruch ins Wasser müsst: so viele und so warme Sachen anziehen wie möglich. Das Zeug hindert zwar beim Schwimmen und beim rausklettern aus dem Wasser aber es zieht nicht runter und es hält warm, was im Wasser sehr wichtig ist.
Etwas Hintergrund dazu: Das abstrakte Problem heißt Triage. ( https://de.wikipedia.org/wiki/Triage ) in dem Artikel wird auch die Historie des “Frauen und Kinder zuerst” erwähnt (hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Birkenhead_%28Schiff%29 ). In der Situation des Schiffs Birkenhead (mit der dortigen Verteilung der Leute an Bord und dem Ort des Unfalls) war es auch die beste Entscheidung um maximal viele Leute zu retten.
Angelo
@ Käptn : Der Mensch ist mit seinen Instinkten auf Vorurteile programmiert. Wir schliessen von oberflächlichen äusseren Eindrücken auf Absichten, Intentionen und Fähigkeiten unseres Gegenübers oder unserer Umgebung, weil das in der Natur ohne unseren ganzen zivilisierten Schnickschnack am meisten Sinn macht.
Wenn sich ein Grasbüschel anders bewegt als es sollte, macht es wesentlich mehr Sinn auf Verdacht wegzulaufen, als zu denken “hey, Moment, das könnte zwar ein Tiger sein, aber eigentlich ist das noch nicht bewiesen, und bevor ich vor den anderen wie ein Trottel dastehe schaue ich lieber mal nach”. Die erste Person lebt im Durchschnitt einfach länger.
Wenn ich einmal von einem Typ mit dunkler Haut verhauen wurde, halte ich danach Sicherheitsabstand von anderen Typen mit dunkler Haut, weil man besser kein Risiko eingeht.
Und weil man von aussen nicht ohne weiteres sieht wer gebärfreudig ist und wer nicht, rettet man einfach grundsätzlich alle Frauen zuerst. Arterhaltung. Man braucht nur einen Mann, um ziemlich viele Frauen mit Kindern zu beglücken.
Genauso rettet man halt zuerst die eigenen Jungen, weil die Verbreitung und Fortpflanzung des eigenen Erbmaterials der Urtrieb ist, der alles was wir tun motiviert. Und weil die eigenen Jungen eben allein genau das sind – Schutzlose Junge allein in einer großen feindlichen Welt – sorgen wir dafür, dass sie die Person bei sich behalten, die für ihre Erziehung verantwortlich ist, klassischerweise die Mutter.
Wer glaubt er sei frei von seinen Urinstinken, macht sich was vor. Die Natur ist stärker als wir alle.
Frauen haben deutlich mehr Auftrieb als Männer, da mehr Fett.
Kann man ganz einfach ausprobieren: die meisten Frauen können sich im Wasser problemlos auf dem Rücken treiben lassen und nehmen dabei eine horizontale Lage ein.
Ein Mann kann das nicht, die Beine tauchen unter.
Die Fettschicht unter der Haut führt auch (neben einen helleren Hautfarbe und Problemen bei Injektionen) zu einer deutlich besseren Isolation. Die Haut kühlt ab, aber die Kerntemperatur bleibt höher.
Aus diesem Grund haben Männer auch höhere Hauttemperaturen, als Frauen.
Das Problem wurde sehr ausführlich untersucht, habe gerade keine Lust, die Artikel rauszusuchen, aber eine Suche nach “women fat hypothermia” bringt genug treffer.
Die Reihenfolge müsste also Kinder, Männer und dann erst Frauen sein, wenn man schon mit Überlebenswahrscheinlichkeiten argumentieren möchte.
@Angelo
“In der Situation des Schiffs Birkenhead (mit der dortigen Verteilung der Leute an Bord und dem Ort des Unfalls) war es auch die beste Entscheidung um maximal viele Leute zu retten.”
Wieso?
Kann ich in dem Wiki Artikel nicht finden,
in der zweiten verlinken Quelle von wiki wird immerhin angemerkt, dass “only 193 of 638 were saved”
@Turtle: Diese Regel hat aber wie alle Regeln eine Ausnahme. Bei einer Kesselexplosion verlassen alle gleichzeitig das Schiff. 🙂
Warp-Kern-Bruch…
Die Devise macht schon Sinn, wenn man bei einer Havarie mit zuwenig Rettungsboten die Anzahl überlebender Personen maximieren will:
Frauen (und Kinder sowieso) haben durchschnittlich weniger Masse und Volumen als Männer, weswegen einfach mehr auf die Rettungsbote passen. Dazu kommt, dass bei Männern eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Rettungsboot anzunehmen ist.
@xyz: Nein. Rettungsboote sind nicht auf Mensch-Masse oder Mensch-Volumen ausgelegt, sondern auf Anzahl = Sitzplätze. Unter anderem, weil man sich in manchen Rettungsbooten anschnallen muß. Schwimmwesten werden ja auch pro Kopf und nicht pro Kilo vergeben.
Rettungsboote und -inseln werden auch nicht vollgestopft bis nichts mehr paßt, sondern da steht eine exakte Zahl von Personen drauf.
Es ist also Humbug, daß in ein Rettungsboot mehr Frauen als Männer passen würden.
Gibt es die Redewendung nicht auch etwas abgewandelt? x Leute starben, darunter auch Frauen und Kinder.
@Alex:
Die Überlegung ist: Frauen und Kinder haben nicht die Ausdauer vom Wrack zum Ufer zu schwimmen. Soldaten und Matrosen schon (oder zumindest sehr viel wahrscheinlicher).
Insofern war die Entscheidung die Leute in die Boote zu schicken die es sicher nicht anders schaffen eine Entscheidung die versucht so viele Leute wie möglich zu retten.
Das trotzdem die allermeisten Leute an Bord gestorben sind schwächt die Argumentation nicht ab. Denn ‘so viele wie möglich’ kann auch heißen: besser 6% als 5%.
Stichwort: Altruismus, der genetische Vorteile bringt.
Das Retten von Kindern unter Aufopferung des eigenen Lebens ist jedem instinktiv klar, der selber Kinder hat.
Genetische Verwandschaft (!) oder enge Bekanntnschaft fördern diesen finalen Altruismus ebenfalls. Es gab einen genetiker, der das mal ausgerechnet hat, ab wann Menschen/Säugetiere bereit sind, sich für andere (Verwandte/Bekannte/Rudel) zu opfern. Irgendwie waren das 4 Cousins oder ein Kind 😉
Ferner sind (junge) Männchen bei allen Säugetieren von der Wertigkeit her die unterste Kategorie: Ratten lassen diese Jungen wilden schön alle neuen Nahrungsquellen ausprobieren, bis Gifte ausgeschlossen werden können, Menschen schicken die jungen Männchen in den Krieg, Löwen beissen den männlichen Nachwuchs anderer Väter tot, in Srebreniza wurden alle “Männer” ab 14 erschossen, etc. Kinder und Frauen waren “Beute”.
@Hadmut:
Wen soll in einer Havariesituation eine zuvor ausgerechnete theoretische Personenanzahl interessieren? Die Entscheidung treffen dann doch die Verantwortlichen vor Ort. In so einer Situation werden die Boote beladen, bis voll. Und “voll” bemisst sich dann gewiss nicht an einer offiziell verordneten Personenzahl, sondern an Augenschein. Und da kommt man doch wieder zur Frage von Volumen/Masse.
Hier auch mal ein Foto eines Titanic-Rettungsboots – Sitzschalen hat das jedenfalls nicht:
http://en.wikipedia.org/wiki/File:Titanic_lifeboat.jpg
@xyz: Hoffentlich sinke ich nie auf einem Schiff auf dem Leute wie Du für die Boote verantwortlich sind. Leute, die sich von vornherein – wie du oder dieser Kapitän – nicht an Regeln halten und nicht erst dann, wenn ein in den Regeln nicht vorgesehener Sonderfall eintritt, halte ich für genau die Sorte Chaot, die für die meisten Unglücke verantwortlich sind. Es sind nämlich auch schon Rettungsboote wegen Überladung gekentert. Davon abgesehen ist auch die Menge an Lebensmitteln, Decken usw. in einem Rettungsboot abgezählt, und man würde den Leuten ziemlichen Schaden zufügen, sie überzählig in Rettungsboote zu stecken, solange genug da sind.
Zu Deiner Information: Der Untergang der Titanic ist 100 Jahre her und seitdem hat sich bei der Technik der Rettungsboote einiges getan. Es gibt beispielsweise für Bohrinseln und Schiffe mit hoher Reling Boote, die oben bestiegen werden und dann über eine Rampe aus großer Höhe ins Wasser fallen. In diesen Rettungsbooten muß man sich nicht nur sehr fest anschnallen, sondern man muß auch noch separat seinen Kopf festschnallen, damit einem beim Aufprall auf das Wasser nicht das Genick bricht. Wenn dann so ein Idiot wie Du mehr Leute in das Boot gestopft hat, als es drinnen Sitze und Gurte hat, sind die ersten schon tot bevor sie richtig im Wasser angekommen sind.
Diese Free-Fall-Boote sind in der Tat sehr beeindruckend: http://www.youtube.com/watch?v=kjtIIbucI_o
Es ist ja gar nicht klar, ob es *dieselben* Leute sind, die Gleichbehandlung
und Bevorzugung fordern. Wie aus dem Artikel hervorgeht, gibt es diese Regel
offiziell gar nicht. Hier noch mal ein etwas ausführlicherer Artikel
zu der Frage. Abgesehen davon werden solche Vorstellungen in erster Linie
*innerhalb* der Gruppe der Männer tradiert und dienen dort der Rangermittlung.
Ergänzung zu meinem Kommentar: http://www.youtube.com/watch?v=GgA_c4mZYHg&feature=related#t=210 (Volker Pispers)
@Hadmut:
Kein Grund, persönlich zu werden. Ich rede hier nicht davon, wie ICH das vor Ort entscheiden würde, sondern davon, das in einer entsprechenden Extremsituation nicht mit rationalem Handeln von selbst betroffenem Personal oder erst recht Passagieren zu rechnen ist.
Für Bohrinseln, die ausschließlich mit geschultem Personal geschult sind, kann ich mir noch vorstellen, dass sowas wie die von dir beschriebenen Free-Fall-Boote funktioniert. Die Realität dürfte in der Regel aber noch heute so aussehen:
http://en.wikipedia.org/wiki/File:Rettungsboote-4.jpg
So oder so: Dass sich seit dem Untergang der Titanic einiges geändert hat, will ich nicht im Entferntesten bestreiten. Die Maxime “Frauen und Kinder zuerst” ist aber – wie hier schon geschrieben wurde – sogar noch älter (Birkenhead). Und bei den damaligen Gegebenheiten hat die Regel aus meiner Sicht aus den von mir genannten Gründen durchaus positiv zur Gesamtüberlebendenzahl beigetragen.
Ist bestimmt wirklich so ein archaisches Ding, dessen Ursache wirklich im “und” steckt: Frauen können Kinder erziehen, Männer nicht. Würden die Männer mit den Kindern gehen, hätten sie keine Erziehung, würden nur die Männer gehen, wäre das 1 zum Preis von 2 gewesen.
Hat sicher auch was mit einer gewissen Ehrenhaftigkeit und Angstlosigkeit im Sinne von Vorbild qua “männlicher Härte” (Archaismus) zu tun, was angesichts dessen, dass die Regel laut Wikipedia von 1852 ist, auch zeitlich passen würde. Preußen war in seinem Soldatentum um die Zeit besonders heftig (kann man zb in Wilhelmine von Bayreuths Tagebuch nachlesen).
Vielleicht auch den Gruppenpsychologischen Effekt beachten, das beruhigte Männer, die gediegen in den Tod gehen (zusammen mit dem Kapitän), einen größeren Antihysterie-Effekt haben als Frauen, die um ihre Kinder weinen, die mit den Männern ins Rettungsboot steigen, während gerade das Schiff sinkt. Zumal eben um 1850. Massen-/Volumenthesen halte ich auch nicht für sehr bedeutend, weil bei einer Katastrophe die geistige Ver-/Gefasstheit eine bedeutendere Rolle spielen dürfte. Würde auch schätzen, dass das eine Art Lehre aus dem vorherigen “Jeder für sich!” Prinzip war, das qausi vorprogrammiert Chaos und Niedertracht hervorruft.
Die Antwort steckt im “und” von Frauen und Kindern. Es sollte genauer heissen: “Frauen im gebärfähigen Alter und Kinder zuerst”.
Kein schlechter Rat für eine Stammesgesellschaft in der Steinzeit oder im biblischen Altertum. Fragt sich nur, wie die Stammeszugehörigkeit heute definiert wird…