Ansichten eines Informatikers

Stillose Autowerbung

Hadmut
6.2.2012 19:40

Heute fahr ich in München eine Hauptstraße entlang, mußte im Stau mal Schrittgeschwindigkeit fahren,…

und denke auf einmal, was ist denn da passiert? Neben der Straße, sogar noch hinter dem Fußweg, liegt ein Smart ForTwo auf dem Dach, Räder nach oben, wie ein toter Käfer. Ein Unfall?

Der zweite Blick sagt, daß das kein Unfall sein kann, weil der schön sauber und gerade da liegt. Kein Notfall, kein Schaden, das Ding hat nicht mal nen Kratzer, Aus Glas ist nicht kaputt. Keine Polizei, kein Krankenwagen, kein Abschleppwagen. Leute gehen dran vorbei, keiner stört sich dran, keinen interessiert’s.

Der dritte Blick erklärt es, auch weil ich inzwischen im Stau soweit vorgekommen bin, daß ich das Ding nun von der Seite sehen konnte. Da steht groß „Der neue Twingo hat mich umgehauen!” drauf, und das Ding haben sie direkt vor einen Renault-Händler gelegt, rings herum lauter Twingos.

Naja.

Zugegeben, es ist ein Hingucker. Aber als Gag ist es wie gewollt und nicht gekonnt, wie ein Witzversuch ohne Pointe.

Aber guter Stil ist es nicht. Denn einfach so mal zu behaupten, daß der eigene soviel besser ist als ein anderer und letztlich auch nichts anderes zu tun, als sich die Bekanntheit eines Konkurrenzmodells als Werbemittel zu greifen, ohne auch nur irgendwie zu sagen, was beim eigenen besser sein soll, macht auf mich keinen guten Eindruck. Das ist mehr so die beleidigte „unserer ist aber doch besser”-Nummer.

16 Kommentare (RSS-Feed)

FF
6.2.2012 21:53
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Die “creatives” der federführenden Werbeagentur würden jetzt wahrscheinlich sagen: sieh mal an, unser Ding funktioniert!

Es ist ein hartes Brot. Soviele “neue” Produkte, die keinen Deut besser oder schlechter sind als tausend andere… Und jedes will zum einzigartigen “next big thing” aufgeblasen werden.

Manchmal wünsche ich mir die DDR selig schon allein deswegen zurück, weil einem seinerzeit nicht an jeder Ecke irgendeiner mit seiner hochglanzgelogenen Kauf-mich-und-du-bist-glücklich-Botschaft auf den Sack gegangen ist.

Die “Diktatur des Proletariats” war nichts gegen die Diktatur des Konsums.


Nick aus Hamburg
6.2.2012 22:00
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Dazu passend empfehle ich aktuell einen Besuch auf http://dacia.de – die machen Werbung damit, dass die Webseite _angeblich_ gehackt wurde.
Ich hab’ Jahre damit verbracht, meiner Mutter beizubringen in einem solchen Fall ihren Browser zu schließen und die Seite nie wieder aufzurufen und die versuchen mit _gehackten_ Seiten virale Werbung zu machen…
Das Security-Thema scheint bei den Autobauern angekommen zu sein.


Hadmut
6.2.2012 22:04
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@Nick: Nee, nicht erst jetzt. Von Skoda (bzw. auf Skoda gebrandete) gab’s vor Jahren mal eine kostenlose Firewallsoftware. Soweit ich mal einen kurzen Blick drauf geworfen hatte, war die nicht mal schlecht.


Hanz Moser
6.2.2012 22:02
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Du gehörst nicht zur Zielgruppe. Auf dich wirkt es billig und plump.

Jede Wette die Hälfte der Mädels aus dem Büro fände das cool und doch ne lustige Idee. Die würden sich das Produkt merken und die Werbung positiv beurteilen.

Twingos werden nicht an Männer über 40 verkauft, die sind für junge Leute und Frauen. Und bei denen würde ich behaupten, dass die Werbung anders ankommt als bei dir.


Hadmut
6.2.2012 22:05
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> Twingos werden nicht an Männer über 40 verkauft, die sind für junge Leute …

Gna gna gna – selber alt!


Alex
7.2.2012 0:52
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Sagen wir doch einfach:
An keine Männer.


Thomas
7.2.2012 2:07
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“Der dritte Blick erklärt es, auch weil ich inzwischen im Stau soweit vorgekommen bin, daß ich das Ding nun von der Seite sehen konnte. Da steht groß „Der neue Twingo hat mich umgehauen!””

Es war aber nur eine Seite zu sehen, auf der anderen stand:“als ich die Twingos kommen sah, habe ich mich weggeschmissen


Stefan W.
7.2.2012 5:11
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> Manchmal wünsche ich mir die DDR selig schon allein deswegen zurück, weil einem seinerzeit nicht an jeder Ecke irgendeiner mit seiner hochglanzgelogenen Kauf-mich-und-du-bist-glücklich-Botschaft auf den Sack gegangen ist.

Die hatten aber an den Autobahnbrücken Transparente in einem frischen Rotgrau “Die 17. Internationale der Arbeitersoldaten und Bauern begrüßt die antifaschistiche Solidarität der Messestadt Leibschg” und ähnlich knuffiges.

Insgesamt sehr viel weniger Werbung, außer in der Zeitung – da war alles Werbung, und auf so niederem Niveau… .


HF
7.2.2012 10:04
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Die Werbung richtet sich offenbar an Menschen mit wenig Einfühlungsvermögen. Was ist bloss aus der Solidarität der Autofahrer untereinander geworden? Mir geht solche Werbung auf den Magen und treibt den Blutdruck in die Höhe. Schliesslich könnte es auch mein Auto sein. ( Nein, nicht meine Marke. )


Klonder
7.2.2012 11:45
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Laufen da nicht irgendwelche Betriebsflüssigkeien raus wenn der so auf dem Dach liegt? Oder wurde der entspechend präpariert?


Hadmut
7.2.2012 12:15
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@Konder: Naja, da würde ich mal drauf wetten, daß sie die vorher entleert haben, immerhin ist das ja ein Autohaus mit Werkstatt gewesen. Wenn ich das im Vorbeifahren richtig gesehen habe, haben sie auch die Markenembleme von Smart abgemacht (wohl so aus Wettbewerbsgründen, vielleicht hat sie auch jemand geklaut). An deren Stelle hätte ich sogar den Motor ausgebaut und gebraucht verkauft (falls der überhaupt noch tauglich war).

Für solche Aktionen wird man ja in der Regel sehr billige (und damit alte) Gebrauchtwagen verwenden, die dann auch entsprechend alte Batterien haben, in denen sich schon Schlamm gebildet hat. Wenn man sowas auf den Kopf stellt, kann das zu einem Kurzschluß in der Batterie mit heftigen Reaktionen führen. Die werden sie also mit Sicherheit auch ausgebaut haben.


Also ich hatte in den späten 1990ern einen Twingo als “Stadt”auto, und mal ganz ehrlich, mit dem habe ich am meisten Kilometer geschrubbt, weit mehr als mit meiner “richtigen” Karre: Kaum Spritverbrauch, fast überall Parkplätze, kein schwachsinniges Elektrogedöns für so Quark wie Fenster-auf, Fenster-zu, Tür-auf, Tür-zu, und im Sommer mit einen Griff ein duftes “Cabrio” gehabt.
.
Der mir spontan einzig einfallende Nachteil dürfte (gewesen) sein, nicht “quer” einparken zu können — hier in FRA tolerieren die Bulletten einen Smart, einen Twingo jedoch nicht.


Hanz Moser
7.2.2012 13:37
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Eigentlich sind moderne Autos so gebaut, dass möglichst wenig passiert oder ausläuft, wenn man sie aufs Dach legt. Ölmesstäbe, Kurbelgehäuseentlüftung und andere Öffnungen sind besser abgedichtet als früher, so dass nicht gleich alles rausläuft.

Trotzdem entleert man für solche PR Stunts die Autos so weit wie möglich, wenn man das gewissenhaft machen will. Das sind alles nur Einrichtungen für den Notfall und spätestens bei einem Gebrauchtwagen muss man damit rechnen, dass was schiefgehen kann. Vor allem kann man nicht sicher davon ausgehen, dass das über Wochen dichthält, weil normalerweise verunglückte Fahrzeuge nicht so lange auf dem Dach stehen bleiben und alle Schutzeinrichtungen gegen das Auslaufen gefährlicher Betriebsflüssigkeiten genau darauf ausgelegt sind. Und wenn erst Mal ein paar Liter Öl ins Erdreich gesickert sind kostet das Unsummen, das alles abzutragen und zu entsorgen. Hinzu kommen evtl. rechtliche Konsequenzen, weil man das wohl als fahrlässig werten könnte.

Wenn die also nicht komplett dumm sind, haben sie den komplett trocken gelegt.

@ Hadmut
Sieh es doch ein wenig anders. Anstatt dich am Alter zu stören, kannst du auf Geld abstellen. Leuten in deiner Einkommensklasse versuchen sie höherpreisige Ware anzudrehen :p


anon
7.2.2012 16:09
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Vielleicht einfach eine Frage des Humors. Ich habe, @HF, sehr viel Einfühlungsvermögen. Ich finde die Werbung aber trotzdem gut (sowohl lustig als auch was die Aufmerksamkeit betrifft, Nutzen weiß ich natürlich nicht). Und ich bin, @Alex, schon ein Mann.


euchrid eucrow
7.2.2012 21:12
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Die “Diktatur des Proletariats” war nichts gegen die Diktatur des Konsums.

…besser hätte man es nicht ausdrücken können. seit 20 jahren diese scheiß, bunte plastewelt. das ist echter sackgang. vor allem, wenn man realisiert, wie wenig davon die eigene aufmerksamkeit erregt. und wenn es das mal macht, werden dinge beworben, die die welt nicht braucht.

@hadmut: versuch doch dort mal einen auffahrunfall zu provozieren mit der begründung, du dachtest, da wäre ein schlimmer unfall passiert und du wolltest erste hilfe leisten. mal sehen, wie lange das ding da noch so umgekehrt steht? =)


nadar
10.2.2012 15:47
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@Nick: ich seh da nix. Muss man da erst irgendwas anknipsen in einem sicher konfigurierten Browser? 😛