Was ist Moral?
Ein Leser fordert mich zu der Frage, was Moral ist, heraus. Ich nehme an.
Nun hatte ich doch in der Diskussion zu einem anderen Blog-Artikel spontan die (freilich sehr verkürzte) Bewertung
„Moral ist die unzulässige Verallgemeinerung der eigenen Meinung auf andere.”
abgegeben.
Ein Leser nahm das – zur meiner großen Überraschung – zum Anlaß, mir das Reclam-Bändchen „Was ist Moral?” des Philosophen Norbert Hoerster zu schicken. Allerbesten Dank auch, das hat mich sehr gefreut! 🙂
Wenn dem Leser die Frage also als so wichtig erscheint, daß er mir gleich ein Buch schickt, dann kann ich meine Aussage natürlich nicht bei diesem einen extrem verkürzten Satz belassen, sondern muß ausführlich erklären, was ich unter Moral verstehe und wie ich zu dieser Ansicht komme. Ich will darüber nicht streiten, und auch nicht die Wahrheit für mich in Anspruch nehmen. Jeder mag (und wird) das anders sehen. Ich will nur einfach mal diesen Satz mit Hintergrund befüllen und deutlich machen, daß ich mir dabei etwas gedacht habe und das nicht einfach nur so als Provokation dahin geworfen.
Gelesen habe ich den Band noch nicht kontinuierlich, nur in einige Stelle mal reingesehen. Und habe darin Aussagen gefunden, denen ich zustimmen kann, und andere, denen ich nicht zustimme. So etwa die „goldene Regel” andere so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Die halte ich für richtig. Oder daß Hoerster gleich am Anfang sagt, daß man über Moral nur schwer diskutieren kann, weil es kein fest definierter Begriff ist und jeder darunter etwas anderes versteht. Und sich die Meinungen widersprechen. Daß etwa manche Leute meinen, daß die Moral Sex nur in der Ehe erlaube, während andere der Meinung sind, daß Sex unter Erwachsenen bei beiderseitigem Einverständnis auch ohne Ehe moralisch völlig in Ordnung ist. Beide halten ihre Ansicht für die moralisch gebotene, obwohl sich beide Ansichten gegenseitig ausschließen. Auch richtig.
Er beschreibt aber auch, daß ein gewisser Robert Spaemann (nie von dem gehört), der einer der einflußreichsten deutschen Ethiker sein soll (sowas gibt’s auch?), vehement die These verträte, daß Moral nicht relativ wäre, sondern es ein allgemeingültiges natürliches Sittengesetz gäbe. Und das halte ich für Unfug.
Wie komme ich darauf?
Ich habe mich bisher nicht tiefer mit Philosophie und Ethik (außer der sog. „Wissenschaftsethik”) beschäftigt, außer in der Oberstufe. Aus meiner tiefen Abneigung gegenüber Religion habe ich natürlich den Religionsunterricht abgelehnt. An dem altsprachlichen Gymnasium mit einem (eher vorgetäuschten) humanistischen Anspruch mußte man dann alternativ Ethik-Unterricht über sich ergehen lassen. Und weil man damals nicht wußte, wie man das unterrichtet, keinerlei Lehrmaterial und Vorgaben hatte, übernahm den Unterricht ein Latein- und Griechisch-Lehrer, der uns drei Jahre lang mit altgriechischen Philosophen und ähnlichem traktierte. Viel gebracht hat es mir allerdings nicht. Zumal der Lehrer da auch keinen Raum für abweichende Meinung ließ, sondern – ganz wie im Griechisch-Unterricht – eher auf Pauken und Rezitieren des Unterrichtsmaterials stand. Davon hängen geblieben ist allerdings nichts.
Wer meine Blogs verfolgt, der wird außerdem bemerkt haben, daß ich Geisteswissenschaftler im Allgemeinen und einige derer Diszlinen im Besonderen, darunter die Philosophen moderner Bauart, sehr gering schätze. Gerade moderne Philosophen halte ich für hohle Schwätzer, deren geistige Leistung sich meist auf kaum mehr als alberne Wortakrobatik beschränkt, und die Unverständlichkeit nicht wie normale Menschen als Mangel, sondern höchstes Ziel erachten, dient sie doch so vortrefflich dazu, die geistige Besitzlosigkeit bis gar zur Insolvenz zu verbergen und den Anschein zu erwecken, man sei Wissenschaftler.
Mein Zugang zum Begriff der Moral ist ein gänzlich anderer, und er mag hier sicherlich vielen Leuten als zynisch, brachial, unvertretbar erscheinen (womit er wunderbar zum Rest meines Blogs paßt). Die Grundlage meines Verständnisses von Moral beruht auf
- Meiner Vorliebe, Menschen und deren Verhalten zu beobachten
- Der Sichtweise als Informatiker
- Meiner Ansicht über Religion
- Dem Blick für Ästhetik und Bildaufbau, den ich mir beim Fotografieren erarbeite
- Erfahrungen von Reisen
- Der Beschäftigung mit Korruption und Betrug im Hochschulbereich
Was ist Moral?
Um es kurz zu sagen: Ein weitverbreiteter Irrtum. Die falsche Bezeichnung für etwas, das etwas ganz anderes ist als man glaubt.
Ist es unmoralisch, aus reiner Lust Menschen zu foltern oder zu töten? Kinder zu mißbrauchen? Zu rauben, zu stehlen, zu betrügen? Leute zu erpressen? Sich per Korruption die Taschen vollzustopfen und für lausige Leistungen einen lebenslangen Ehrensold einzustreichen? Eine brutale Diktatur durchzusetzen? Völkermord zu begehen? Umweltverschmutzung zugunsten des Profits?
Nein. Denn die Frage ist falsch gestellt. Und dann sind wir auch schon gleich am Punkt, warum Spaemanns These Quatsch ist. Etwas ist nicht unmoralisch, sondern es wird von jemandem als unmoralisch bewertet. Moral und unmoral liegen nicht in der Sache, in der Handlung, sondern im Auge des Betrachters. Sie entstehen erst durch die Einordnung durch einen Betrachter in einen Maßstab. Die übliche Sprachweise, das etwas unmoralisch sei, und man es nicht nur so empfindet, ist nur ein rhetorisches Mittel, der eigenen Meinung den Anschein des Allgemeingültigen zu geben.
Damit gibt es jedoch keine allgemeingültige absolute Moral, anders als etwa die Mathematik oder die physikalischen Naturgesetze. Mathematik funktioniert auch auf dem Mond oder dem Mars, ebenso die Physik, sonst würden die Marsrover da oben nicht fahren. Ein Stein fällt auch dann nach den Gesetzen der Gravitation, wenn keiner guckt. 2+2 ist auch da oben vier. Und nach allem, was wir bisher wissen, gilt das auch im Rest unserer Galaxie. Moral jedoch nicht. Ein Völkermord, ein Krieg, Massenvergewaltigungen, Sex außerhalb der Ehe, sind dem Mond oder dem Jupiter herzlich egal, sie spielen eigentlich überhaupt keine Rolle. Es gibt jedoch eine gewissen algemeingültige Komponente, auf die ich weiter unten noch komme.
Moralisch ist, was dem Bewertungsrahmen eines Betrachters entspricht, und unmoralisch ist, was dem widerspricht. Und dieser Bewertungsrahmen ist nicht allgemeingültig, sondern von Person zu Person, von Kultur zu Kultur, von Zeitalter zu Zeitalter unterschiedlich.
Woher kommt der Bewertungsrahmen? Woher haben wir „Moral”?
Das sehe ich im Prinzip sehr ähnlich wie ich es kürzlich schon zur Ausländerfeindlichkeit beschrieben habe. Nämlich daß der Mensch sehr viel weniger bewußt und intelligent handelt, als er glaubt (wenn er es nicht besonders trainiert hat oder dazu besonders veranlagt ist).
Ich bin der Auffassung, daß im Menschen noch immer viele archaische Verhaltensweisen verankert sind, die wir evolutionär eingesammelt haben, und die es auch bei Tieren so gibt. Diese Verhaltensweisen haben gegenüber dem bewußten Handeln einen viel größeren Einfluß, als wir es wahrhaben wollen.
So hat uns die Natur mit Reflexen, mit Bauchgefühlen, mit unterbewußtem Verhalten ausgestattet. Wir entscheiden uns nicht bewußt, ob uns jemand gefällt oder nicht, oder ob wir uns auf den ersten Blick verlieben oder vor etwas Angst bekommen, ob wir eine Speise mögen oder nicht, wann wir uns wie ein Kind, wie ein jugendlicher Halbstarker oder wie ein Erwachsener verhalten. Das sind alles evolutionär entwickelte und genetisch vererbte Verhaltensweisen, die das Überleben ermöglichten. Teils weil es den Verstand und das Bewußtsein noch nicht gab, teils weil sie – etwa bei Gefahr – viel zu langsam waren oder eben weil das Wissen nicht da ist, es rational zu bewerten. Wenn etwas bitter schmeckt, spuckt man es aus. Wenn es verdorben war, übergibt man sich. Wenn der Bär kommt, rennt man weg. Und wenn ein gesundes und gebärfähiges Weibchen vorbeikommt, erkennen wir dies an seinen Äußerlichkeiten und fangen sofort mit Balzgehaben oder gleich mit gewaltsamer Begattung an. Die Welt ist ein Urwald. Wir halten uns für intelligent und den homo sapiens, in Wirklichkeit sind Intelligenz und Bewußtsein aber nur für einen Teil unseres Handelns verantwortlich – und insbesondere nicht allein verantwortlich. Es gibt inzwischen Laborversuche, die zeigen, daß das Bewußtsein wegen seines hohen Rechenaufwandes eine langsame Angelegenheit und deshalb auch zeitversetzt ist. Viele Entscheidungen kommen aus dem Unterbewußtsein, weil das Unterbewußtsein viel schneller arbeitet. Um diese Zeitverschiebung wieder auszugleichen und uns eine gewisse Echtzeit vorzugaukeln, redet unser Gehirn uns ein, daß wir eine bewußte Entscheidung getroffen hätten.
Alle diese festverdrahteten Verhaltensweisen dienen nur einem einzigen Zweck: Das Überleben und in der Folge die Fortpflanzung und Vermehrung zu optimieren. Wie im Tierreich, es geht letztlich nur um Fressen und F…ortpflanzen, alles andere ist nachrangig und dient letztlich nur diesen beiden Hauptzielen. Der Mensch unterscheidet sich nicht durch sein Bewußtsein, seine Ethik oder Moral vom Tier, sondern nur davon, daß er diese beiden Ziele auf sehr viel komplexere Weise und mit mehr Rechenaufwand verfolgt.
Und dabei gibt es keine Kategorien wie gut oder schlecht, wie vertretbar oder rechtswidrig, sondern nur „funktioniert” oder „funktioniert nicht”. Funktionierend ist das, was ein paar Generationen weiter noch da ist. Nicht weil es irgendwer als besser bewerten würde, sondern aus der einfachen faktischen Tatsache, daß manche Verhaltensweisen zum Überleben, zur Fortpflanzung und damit zum Bestand und zur Vermehrung führen, und andere eben nicht und dann verschwinden. Wer vor dem Bär schneller Angst bekommt und davonrennt, hat in der nächsten Generation Nachfahren. Wer stehen bleibt, der hat sie in den meisten Fällen eben nicht mehr. Also bleibt das Verhaltensmuster dessen, der vor Angst schnell davonrennt, erhalten und wird weitergegeben.
Alle diese bisher betrachteten Verhaltensweisen betreffen aber das Kurzzeitverhalten. Wie reagieren wir auf das Auftreten von Gefahr, von Nahrung, eines geeigneten Sexualpartners. Ich bin der Auffassung, daß es aber auch solche evolutionär entwickelten Verhaltensweisen gibt, die ebenfalls allein dem Überleben und der Fortpflanzung dienen, die aber das langfristige Verhalten und damit langsame Entscheidungen und Verhaltensgrundsätze, die langfristige Lebensstrategie betreffen. So wie Eichhörnchen eben nicht nur vor der Katze fliehen, sondern für den Winter auch Vorräte anlegen. Und dieses evolutionär entwickelte Langzeitverhalten, daß ist das, was wir als „Moral” bezeichnen. Das bringt das Gefühl für Gerechtigkeit, für Wohlverhalten, für moralische Anforderungen hervor.
Im Prinzip ist das nichts anderes als ordinäre Spieltheorie. Es gibt kein gut oder schlecht in einem höheren Sinne. Es gibt nur Erfolg und Mißerfolg. Kennt Ihr tit-for-tat? Eine in mehrfacher Hinsicht verblüffende Spielstrategie, die bei vielen Spielen wie beispielsweise Core Wars, langfristig gewinnt, obwohl sie verblüffenderweise kein einzelnes Spiel gewinnen kann. Eine gewisse Zurückhaltung, eine Symmetrie im Handeln, eine Vorhersehbarkeit, den anderen auch leben zu lassen, hat sich langfristig als beste Spieltheorie erwiesen. Man war verwundert und dachte, Computer hätten Moral entwickelt. Falsch. Andersherum. Die Evolution hat den Menschen mit spieltheoretischen Verhaltensweisen und Bewertungsmaßstäben ausgestattet, die langfristig das Überleben sichern, und die der Spielstrategie folgen.
Kant hat mit seinem kategorischen Imperativ prinzipiell durchaus richtig gelegen und damit eine spieltheoretische Strategie beschrieben, er wußte das nur nicht. Der Mann hätte Informatiker werden sollen. Oder Biologe. Denn eine Handlungsweise ist evolutionär dann erfolgreich, wenn eine Population aus Individuen mit dem gleichen Verhaltensprogramm überlebenserfolgreich ist. So entstehen Schwärme. Vögel und Fische können sich nur deshalb so toll in Schwärmen bewegen und damit ihr Überleben gegenüber Räubern verbessern, weil viele Individuen mit dem gleichen Verhaltensprogrammm ablaufen, das auf Gegenseitigkeit beruht. Nur so überleben Pinguine am Südpol, aufgrund ihres schwarmtauglichen Verhaltensprogramms. Das gilt aber nur bei der Verteidigung gegen Feinde oder Kälte. Sobald es um knappe Resourcen geht, wie Nahrungsmittel, entsteht Konkurrenz, Kampf, Krieg, Mord. Gibt es mehr Esser als Nahrungsmittel, dann ist der Völkermord die Verhaltensweise die dem eigenen Schwarm das Überleben sichert. Schimpansen führen Kriege.
Das Dumme daran ist, daß diese Verhaltensweisen ganz unterschiedlich sind. So wie der Mensch unterschiedliche Hautfarben, groß oder klein ist, lange, kurze, dicke oder dünne Nasen hat, oder wie sich überhaupt die Tierarten an die Lebensbedingungen angepaßt haben, so gibt es auch verschiedene Verhaltensweisen, die wir evolutionär entwickelt haben und die an die Umweltbedinungen angepaßt sind.
So hat es sich unter manchen Bedingungen als günstig erwiesen, nicht den Einzelnen, sondern die Gemeinschaft zu fördern und kooperativ zu handeln, sich nicht gegenseitig zu benachteiligen. Entsprechende soziale Verhaltensweisen sind entstanden. Auch im Tierreich gibt es Tiere, die im Rudel mit Sozialsystem leben, weil es sich bewährt hat.
Es gibt aber auch andere, die morden, stehlen, rauben, vergewaltigen. Es könnte sich unter gewissen Umweltbedingungen aber durchaus als überlebensnützliches Verhalten herausgestellt haben. Auch bei vielen Tierarten gibt es den Futterraub. Es geht dabei nicht um gut oder schlecht, sondern darum, wer überlebt. Und das kann in manchen Umgebungen der Soziale, und in anderen Umgebungen der Räuber sein.
Gerade haben wir die Diskussion um den Schnäppchenjäger Christian Wulff, der jetzt auch noch 200.000 Euro pro Jahr Ehrensold einsackt. Erscheint uns zutiefst unmoralisch. Evolutionär aber sinnvoll, der hat mit wenig Aufwand seine Versorgung gesichert, während die Bevölkerung schuftet um eine kümmerliche Rente zu erarbeiten. Es gibt Umweltbedingungen, in denen es vorteilhaft für das Überleben ist, sich in Bescheidenheit zu üben und nur soviel zu nehmen, wie man gerade braucht – vielleicht auch, weil der Arbeitsaufwand so hoch ist, daß man mit dem Minimum lebt. Und es gibt Umgebungen, in denen es sinnvoll ist, in grenzenloser Gier so viel wie möglich zusammenzuraffen und zu verbuddeln wie ein Eichhörnchen.
Alles das sind Verhaltensweisen, die uns in der ein oder anderen Form einbrannt sind und die uns unterbewußt ein gewisses Verhalten aufzwingen. Weil wir uns aber immer einbilden, daß wir die Krone der Schöpfung sind und bewußt und willentlich handeln, nennen wir diesen Einfluß des Unterbewußten auf das vermeintlich bewußte Handeln Moral (oder Gerechtigkeit) und nennen das moralisch, was mit unserem Verhaltensprogramm harmoniert. Unmoralisch ist, was dagegen verstößt.
Moral ist die Übereinstimmung mit unserem genetisch vererbten (und durch Erziehung und Erfahrung ergänzten) Verhaltensprogramm.
Dieses unterbewußte Verhalten war für das Überleben in der Natur gedacht und hat das auch ganz gut gemacht. Inwischen funktioniert dieses Moralprogramm aber nicht mehr. Einmal, weil unsere Umwelt sich inzwischen viel schneller verändert als wir dem genetisch-evolutionär folgen können. Ein Verhalten, das in der Steinzeit und vielleicht auch noch im Mittelalter vorteilhaft war, kann in der Stadt absurd werden. Nahrungsvorräte waren noch vor 300 Jahren überlebenswichtig. Wenn heute die Leute aus Angst vor Kernkraftwerken oder dem Euro-Bankrott Nahrungsvorräte für Jahre im Keller bunkern, dann drehen da einfach nur archaische Verhaltensweisen hohl.
Und die genetische Weitergabe ist massiv gestört. Früher blieb man zur Fortpflanzung im Schwarm oder Dorf und übte eine gepflegte Inzucht. Heute reisen wir, ziehen um und heiraten über große Distanzen oder gar interkontinental. Damit bringt man nicht nur Verhaltensweisen in Gegenden, in die sie nicht passen (gerade heute gab es die Meldung über eine angebliche Studie über Muslime, die sich nicht anpassen wollen), sondern vermischt auch genetisch verschiedene Verhaltensweisen. Das kann gut und das kann schief gehen. Mischt man zwei Verhaltensweisen ist das so ähnlich, als würde man zwei Computerprogramme mischen. Das kann völlig in die Hose gehen. Jemand, der aus einer kargen, dünn besiedelten Gegend aggressive Verhaltensweisen mitbringt, kann in einer Gegend mit Schaf-ähnlichen Rudelverhalten massiv Schaden anrichten, so wie Katzen in Australien viel Schaden anrichten.
Ist Diebstahl moralisch? Nein, würde man meinen. War es moralisch, als Robin Hood den Reichen nahm und den Armen gab? Doch, würde man sagen. Da laufen unterschiedliche Bewertungen anhand unseres Verhaltensmusters ab. Die eine Verhaltensweise ist darauf ausgelegt, sich individuell etwas zu erarbeiten, was einem Vorteile bringt, und sich das – auch gegen andere – zu bewahren. Daraus entsteht die Ablehnung von Diebstahl. Die andere Sichtweise ist die des sozialen Miteinanders und des Teilens, die es als unmoralisch ansieht, wenn ein reicher Sheriff ein armes Volk ausnimmt und es verhungern läßt.
Juristen bilden sich ein, sie würden Juristerei betreiben. Tun sie nicht. In Wirklichkeit haben sich da nur unsere Verhaltensmuster verselbständigt und abstrahiert.
Eigentum? Was soll das sein? Das gibt es im Weltraum nicht. Der Jupiter ist niemandes Eigentum, ebensowenig der Mond. Wie kann ein Haufen Atome behaupten, daß ein anderer Haufen Atome sein Eigentum wäre?
Wie kommt es, daß Eigentum so wichtig geworden ist und wir selbst Dinge, die wir nicht besitzen können, wie etwa irgendwelche Planeten, in fiktives Eigentum unterteilen? Warum gibt es Leute, die Eigentum nicht akzeptieren und andere, die das Konzept nicht mal kennen? Ist Eigentum nicht letztlich nur ein Symptom eines evolutionär entwickelten Verhaltens, irgendetwas, was einem Vorteile bringt, bei sich zu behalten und gegenüber anderen zu verteidigen?
Eigentum ist ein Sammelbegriff für Verhaltensweisen, die uns evolutionär Vorteile gebracht haben. Nahezu alles im Recht ist ein solcher Sammelbegriff. Raubmord bringt dem Raubmörder Vorteile – es sei denn er trifft auf Individuen, deren Programm auf Sozialverhalten und kooperative Verteidigung hinausläuft. Die veurteilen den Mörder und bestrafen (oder hängen) ihn.
Gerechtigkeit und Moral – genauer gesagt deren Empfindungen – sind nichts anderes als Meldungen des Unterbewußtseins darüber, ob eine Verhaltensweise mit unserem individuellen Überlebensprogramm übereinstimmt oder nicht.
Damit kommt man zu dem Ergebnis
Moralisches Handeln ist solches Handeln, das im Einklang mit unserer eigenen Verhaltensstrategie steht, aufgrund der wir es zum Überleben gebracht haben.
Moral ist der innere Zwang, den diese Verhaltensstrategie auf uns ausübt.
Gibt es eine allgemeingültige Moral, eine Art übergeordnetes moralisches Gesetz?
Ja und Nein.
Ja in dem Sinne, das algorithmisches Verhalten unter gleichen Bedingungen zum gleichem Ergebnis führt. Würde man auf dem Mond oder dem Mars einen Computer aufstellen, der dort verschiedene Core Wars oder ähnliche Strategie-Spiele spielt, würden dieselben Strategien gewinnen wie hier auf der Erde.
Nein jedoch aus mindestens vier Gründen:
- Ob eine Strategie erfolgreich ist, hängt enorm von den Umweltbedingungen ab. Schon kleine Änderungen, ein Grad Temperaturunterschied, Schwankungen im Pflanzenwachstum, Regen oder Dürre, kann den Erfolg von Strategien komplett ändern.
- Es ist nicht zwingend, daß es nur eine, die beste Strategie gibt. Es kann durchaus mehrere Strategien geben. Und der Erfolg einer Strategie kann sogar darauf beruhen, eine Außenseiterstrategie zu sein. Ein Population nur aus Dieben überlebt nicht. Eine Population aus 97% fleißigen Bauern und 3% Dieben kann durchaus stabil sein und für die Diebe eine erfolgreiche Strategie. Parasitentum ist so eine Nischenstrategie. Der Stärkste im Rudel verwendet eine andere Strategie als der Schwächste.
- Die Strategie hängt auch davon ab, welche Strategien die anderen wählen. Es gibt Strategien, die nur dann erfolgreich sind, wenn alle anderen mitmachen. Teilen kann funktionieren, wenn alle teilen. Nicht zu teilen ist ratsam, wenn die anderen auch nicht teilen. Die Aufzucht von Enkeln bringt keinen genetischen Vorteil und ist isoliert betrachtet schlecht. Hat man als Kind aber selbst davon profitiert, zahlt sich die Strategie aus.
Es gibt also keine allgemeingültige Moral. Moral ist, was funktioniert. Und für dieses Funktionieren gibt es einige allgemeingültige Regeln, die aber nicht ausreichen, um auch die Strategie allgemeingültig zu machen.
Was ist Sexual-Moral?
Eines der häufigsten Themen im Zusammenhang mit Moral ist die Sexualität. Subjektiv unerwünschtes Sexualverhalten wird als unmoralisch tituliert, weil mit dem Buzzword „Moral” einer völlig subjektive Bewertung der Anstrich eines objektiven, allgemeingültigen Maßstabes gegeben wird. Wie oft liest man, daß Promiskuität, Fremdgehen, aufreizende Kleidung, Flirten, Rumbumsen usw. „unmoralisch” seien? Wie oft liest man, daß in sittenstrengen Ländern die „Moral” als Begründung für alles herhalten muß?
Wie aber kommen die verschiedenen Bewertungen sexualbezogenen Verhaltens? Warum finden die einen es in Ordnung, wenn Mädels im Minirock rumlaufen, während andere den Ganzkörpersack für moralisch geboten halten?
Auch hier geht es wieder nur um Fortpflanzungsstrategien.
Wie man auch im Tierreich leicht sehen kann, gibt es unterschiedliche Strategien. Manchmal ist die strikte Partnertreue der Weg zum Überlebenserfolg. Unter anderen Bedingungen kann es die Promiskuität, der wilde Gruppensex sein. Und in wieder anderen ist es das Pascha-Harem-Schema, bei dem das stärkste Männchen sich die Weibchen nimmt.
Bonobo-Affen vögeln kreuz und quer herum, wie sie gerade Lust und Spaß haben, es herrscht Toleranz. Die sehen das ganz entspannt, Eifersucht haben sie nicht. Offenbar weil es deren Überleben zuträglich war. Diese Strategie hat sie als Art erhalten.
Bei manchen Tieren entfernt das Männchen bei der Begattung erst einmal den Samen des Vorgängers aus dem Weibchen, damit die Nachfahren von ihm kommen und nicht von dem anderen. Bei manchen Tierarten beißen die Männchen die Jungen tot, wenn sie von anderen Männchen stammen. Bei Pavianen hat man herausgefunden, daß bei einem Wechsel des Rudel-Chefs die schwangeren Weibchen vorzeitige Fehlgeburten bekommen. Weil das neue Männchen die Jungen töten würde, ist es für die Weibchen Zeit- und Energieverschwendung, die Jungen auszutragen. Sinnvoller ist es, die Schwangerschaft abzubrechen und möglichst schnell vom neuen Chef schwanger zu werden.
Menschliche Moral läuft nicht anders. Manche haben eben das Programm, eine offene Sexualität zu betreiben, weil sich das evolutionär bewährt hat. Sie werden Minirock und „Spaßvögeln” außerhalb der Ehe nicht als strategiewidrig und damit auch nicht als unmoralisch bewerten. Es gibt Überlebensstrategien, die für das Weibchen darauf hinauslaufen, sich als möglichst attraktiv darzustellen, also als möglichst gesund (Abwesenheit von Krankheiten), genährt, gebährfähig und auch fortpflanzungswillig. Was bringt Frauen dazu, sich schön und attraktiv zu machen, und was ist überhaupt schön und attraktiv? Wonach richtet sich das? Wann ist etwa ein Foto erotisch, oder wann sieht eine Person attraktiv aus? Schönheit ist, einem als geeignet ausgewählten Mann gegenüber so zu erscheinen, daß dessen Bewertungsfunktion, die sich wiederum an Äußerlichkeiten orientiert, ihn seinerseits zur Auswahl als Sexualpartner bringt. Unser westliches mämnliches und weibliches Balzverhalten ist nichts anders als das Anpassen an die jeweils andere Auswahlfunktion. Unser ganzer Schönheitsapparat ist von vorne bis hinten nichts anderes, als die Darstellung von Gesundheit, Fortpflanzungsfähigkeit, Brutpflege, Willigkeit zu optimieren. Archaische Fortpflanzungsstrategie.
Und es gibt Männer, deren Verhaltensprogramm darauf hinausläuft, ähnlich wie bei den Nagetieren und den Pavianen zu verhindern, daß Frauen Kinder von anderen Männern austragen. Daraus entstehen die Gesellschaftsformen, die auf die strenge und unauflösbare Ehe hinauslaufen und den Sex außerhalb der Ehe verteufeln. Die Erwartung, daß eine Frau als Jungfrau in die Ehe geht und Scheidung abzulehnen, ist nichts anderes als das Verhalten der Tiere, die versuchen, fremden Samen aus dem Weibchen zu entfernen. Es geht einzig und allein darum, dafür zu sorgen, daß der eigene Samen und nicht fremder zur Fortpflanzung kommt.
Daraus entsteht auch die Geringschätzung gegenüber Prostituierten, „Schlampen”, freizügig gekleideten Frauen – aus dem einfachen Grund, daß „Mann” sich bei denen nicht sicher sein kann, ob das Kind dann von ihm ist, also die Frau wertlos. Und weil sich das Verhalten der Frau dem der Männer anpaßt, gibt es den Zickenkrieg gegen die, die dem eigenen Verhaltensmuster nicht entsprechen.
Noch drastischer als im Katholizismus ist das in den arabischen Ländern und dem Islam. Die extremen Strafen, die Verschleierung der Frau, teils sogar das Zunähen nach der „Beschneidung” der Mädchen, die völlige Entindivudualisierung und Unterdrückung, das Verbot, sich unbewacht – ohne Vater oder Bruder, von denen keine Begattung droht – zu bewegen, wie völlige Abschirmung aller äußerlichen Merkmale, die rituelle Todesstrafe für Fremdgehen, ist letztlich auch nichts anderes als das Totbeißen fremder Junge, das extrem überzeichnete Sicherstellen des Fortpflanzungserfolges des eigenen Samens. Während in unserem Kulturkreis das fremde Kind im Nest als nicht ganz so schlimm angesehen und eher totgeschwiegen wird, weil das Verhalten eher auf Überleben der Gruppe ausgelegt ist, herrscht in den arabischen Kulturkreisen eine extreme Aggressivität gegen die Fremdbegattung, weil dort die Überlebensstrategie offenbar auf die Fortpflanzung des Individuums und nicht die der Gruppe ausgelegt ist. Darauf hat sich die gesamte Gesellschaftsform ausgerichtet, deshalb wird die Frau praktisch vom Einsetzen der Geschlechtsreife über die Verheiratung und die Schwängerung durch den Ehemann bis in die Wechseljahre kontinuierlich und pausenlos verpackt und überwacht – auch weil dort die Vergewaltigung als Fortpflanzungsstrategie nicht selten ist.
Bemerkenswerterweise hat sich auch da die weibliche Verhaltensweise an die männliche angepaßt. Während in unserer Kultur die körperlichen Merkmale herausgestellt werden, wird in arabischen Räumen – Kopftuch statt Minirock – die Fähigkeit und der Wille zur Ehetreue herausgestellt und sich dem männlichen Auswahlschema angepaßt, nämlich die Frau zu wählen, zu begatten (und danach zu ernähren!), die ihrerseits die höchste Sicherheit bietet, daß das Kind auch wirklich vom Mann selbst ist. Das Ziel ist das gleiche, der Überlebens- und Fortpflanzungserfolg. Die Strategie ist eine andere. Wenn eine Frau unbedingt aus eigenem Willen Kittel, Kopftuch, Burka tragen will, dann verfolgt sie das gleiche Ziel wie eine Frau hier mit Ausschnitt und Minirock: Die Erfolgschancen für die Sexualauswahl möglichst hoch zu halten. Diese gesamte arabisch-islamische Lebensweise einschließlich Scharia ist letztlich nichts anderes als eine überzeichnete Form der Überlebens- und Fortpflanzungsstrategie. Der Islam ist nichts anders als eine Verlängerung der Fortpflanzungsstrategie.
Ich habe oben geschrieben, daß eine Strategie nicht unbedingt isoliert danach bewertet werden kann, ob sie erfolgreich ist oder nicht, sondern von den Umwelteinflüssen und der von der restlichen Population gepflegten Strategie abhängt. In einer westlich geprägten Umgebung ist es die erfolgreiche Strategie, sich hübsch zu machen, den kurzen Rock zu tragen, sich locker zu geben, den One-Night-Stand zu machen. In einer arabisch geprägten Umgebung ist es erfolgreich, sich als sittenstreng zu geben und jungfräulich zu bleiben, um letztendlich für die Fortpflanzung und die überlebens- und brutpflegewichtige Ehe ausgewählt zu werden.
Minirock und Burka (und die damit zusammenhängenden Schönheitsideale) sind letztlich nur zwei unterschiedliche Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien. Da läuft eine unterschiedliche Firmware ab. Anderes BIOS.
Und daraus ergeben sich die unterschiedlichen Moralvorstellungen: Moral ist, Handeln an der eigenen Strategie zu messen. Und die Strategien sind unterschiedlich. Also ist die Moral unterschiedlich.
Solange wir das nicht verstanden haben, werden wir die Kulturkonflikte nicht auflösen können.
Wenn es bei uns wieder Ehrenmorde gibt, wenn Familien ihre Töchter umbringen, weil sie sich „wie eine Deutsche” – also in ihrem Sinne unmoralisch – benimmt, wenn junge Männer glauben, ihre eigenen Schwestern bewachen, bevormunden und in Säcke verpacken zu müssen, sich gleichzeitig sich aber auf westlich orientierte Frauen wie auf Freiwild stürzen, und daß dann als Moral bezeichnen, dann müssen wir (und die) endlich mal verstehen, daß die nicht – oder nicht so leicht – anders können, weil da unweigerlich deren Fortpflanzungsstrategieprogamm abläuft, das auf uns so fremd wirkt wie unseres auf sie. Multi-Kulti ist der Zusammenstoß von Überlebensstrategien, die nicht zueinander passen.
Es heißt, Männer seien schwanzgesteuert. Das ist zwar organisch falsch, beschreibt aber treffend, was abläuft. Männer sind fortpflanzungsgesteuert. Und Frauen auch. Nur daß eben ganz unterschiedliche spieltheoretische Strategien ablaufen.
Und das Bewerten einer Handlungsweise auf Übereinstimmung mit der eigenen Strategie, das ist Moral.
Was ist religiöse Moral?
Ein Irrtum. Religion ist, den von der Fortpflanzungsstrategie „von unten” für einen Druck „von oben” zu halten. Der Verhaltensdruck des eigenen Unterbewußtseins, den das Bewußtsein als Pflicht empfindet, wird fälschlich für einen von außen vorgegebenen universellen Kodex gehalten. Und dessen Usprung für übermächtig, für göttlich. Was nebenbei den „Vorteil” hat, daß man dann gleich noch anderen mit Strafe, Rache, Verdammnis drohen kann, wenn sie sich nicht dem eigenen Verhaltensmuster anschließen. Und es liefert natürlich die Rechtfertigung, das eigene Verhaltensmuster mit Gewalt durchzusetzen, um auch andere in diese Strategie zu zwingen. Insbesondere dann, wenn es eine der Strategien ist, die nur bei Gleichschaltung und nicht einzelindividuell funktionieren.
Vermutlich ist die innere Befriedigung, die vermeintliche Stimme Gottes in moralischen Fragen, nichts anderes als die Zustimmung des Unterbewußtseins zum bewußten Handeln. Stimmte es überein, fühlt man sich wohl, glaubt man hat gottesfürchtig gehandelt. Stimmt es nicht überein, zwickt einen dieses Verhaltensprogramm und fängt an, Verhaltensdruck aufzubauen – auch als Gewissen bzw. Gewissensbisse bekannt – und man hat den Eindruck, einen Fehler gemacht, eine Sünde begangen zu haben.
Die frappierende Nebenfolge ist, daß ausgerechnet Gott – Symbolbezeichnung des gefühlten Verhaltensdrucks – letztlich ein Produkt der Evolution ist. Meinen Gruß an die Kreationisten.
Was sind Recht und Gerechtigkeit? Was sind Juristen?
Überspitzt gesagt, sind Juristen Moralapostel. Weil unser Recht nur eine formalistische Ausprägung des Moralverständnisses ist.
Was ist Eigentum? Eigentum ist kein Naturgesetz. Eigentum ist eine fiktive Zuordnung. Ein paar Atome behaupten, andere Atome würden ihnen gehören. Eigentum und viele andere Konstrukte aus dem Recht oder eigetnlich unserem Gerechtigkeitsempfinden sind nichts anderes als Überlebensstrategien. Tiere legen Wintervorräte an. Und man hat bei vielen Tieren beobachtet, daß sie darauf achten, ob sie von Artgenossen beobachtet werden. Krähen zum Beispiel. Werden sie beobachtet, dann täuschen sie einen falschen Lagerort vor. Sie vergraben etwas zum Schein und lagern es später um. Raubvögel „manteln”. Wenn sie eine Beute geschlagen haben, schirmen sie sie mit ihren Flügeln so ab, daß andere sie nicht sehen oder stehlen können. Das ist nichts anderes als ein Empfinden von Eigentum. Letztlich aber nur ein Ausfluß einer Überlebensstrategie.
Ist Diebstahl moralisch oder unmoralisch? Kommt drauf an.
Der dessen Strategie auf dem Sammeln von Vorräten beruht, wird ihn als unmoralisch – also strategiewidrig – ansehen. Der, dessen Strategie darauf beruht, zu nehmen was man ad hoc finden kann, wird das anders sehen.
Ist Moral gut?
Nein, nicht mehr. Sie war überlebensnotwendig und ohne diese fest eingebrannten Überlebensstragien würden wir nicht existieren. Sie war gut, solange wir in einer natürlichen und kontinuierlichen Welt lebten.
Heute leben wir in einer künstlichen, sehr komplexen und sich schnell verändernden und international agierenden Welt, in der evolutionäre Verhaltensweisen nicht mehr funktionieren und sich nicht schnell genug anpassen können.
Die Folge ist, daß Moral nicht mehr taugt. Wir müssen sie durch rationale Verhaltensweisen ersetzen.
Das also ein kurzer Abriß dessen, was ich unter Moral verstehe. Wird nicht jedem gefallen.
50 Kommentare (RSS-Feed)
Auch ich bedanke mich für diesen hervorragenden Artikel, da sind sehr viele Denkanstöße drin, auch und gerade für eine Biologin 😉 .
Du entwickelst dich zum Richard David Precht der Bloggerscene.
“Wird nicht jedem gefallen.”
mir schon !
Und da kommt wieder Kant ins Spiel … der Versuch Moral mit minimalen Voraussetzungen zu “definieren”, d.h. – mathematisch ausgedrückt – die Anzahl und Komplexität der Axiome soweit wie möglich zu reduzieren.
Sehr schöner Artikel. Manchmal scheint es so rüberzukommen, als wären die kulturell unterschiedlichen Gewichtungen der Überlebensstrategien genetisch hardkodiert. Man darf jedoch nicht vergessen, dass zusätzlich zur genetischen Evolution schon seit längerem auch eine kulturelle Evolution stattfindet und diese die genetische vielleicht sogar unterdrückt. Wie viel der Überlebensstrategien wirklich noch aus genetischen Zeiten stammen und wie viele sich kulturell entwickelt haben, ist eine nicht so einfache Frage. Dafür müsste man untersuchen, wie viel Charakteristika einer Kultur überleben, wenn ein Kind von Geburt an in einer anderen Kultur aufwächst (und optimalerweise niemand weiß, dass es “fremd” ist).
Ich persönlich vermute, dass der kulturelle Einfluss überwiegend ist. Daher besteht auch Hoffnung, dass irrationale Verhaltensweisen inaktiv werden.
Nur zwei Anmerkungen:
Die Strategie “Behandle den anderen so, wie Du behandelt werden willst”, kann auch nach hinten losgehen, wenn man diese anderen vorschreiben will. Es gibt Leute, die es durchaus ok finden, auch mal eine reingehauen zu bekommen, wenn sie an den falschen kommen, aber ansonsten der meinugn sind, der stärkere hat recht. Also obacht.
Die Strategie, nciht wegzurennen, wenn ein Bär kommt, kann auch erfolgreicher als wegrennen sein, wenn man Methoden entwickelt hat, den Bären in Nahrung zu verwandeln, anstatt selbst von ihm gefressen zu werden. 🙂
Ansonsten ist sehr gut erklärt, wie man zu den verschiedenene Moralvorstellungen kommt.
Abgesehen davon, kann es durchaus funktionieren, auch verschiedene “Überlebensstrategien” zu vermischen, wie man auch inzwischen an vielen “multikulturellen” Partnerschaften sieht.
Ich könnte dazu eine Menge schreiben, auch weil das mit meiner persönlichen Ansicht in sehr weiten Teilen deckungsgleich ist. Gerade bei den Gedanken zur Gottentstehung reizt es mich Teile von Freuds Gotteskritik zu verwursten, weil der dessen Entstehung auch als eine menschliche Krücke sieht – und ich dem Grundsatz nach zustimme.
Auf jeden Fall sehr gut geschrieben, chapeau!
Mir geht da aber gerade noch was Anderes durch den Kopf:
Wenn man solche Artikel quasi für ein Reclamheft, ‘nen Umschlag und ne Briefmarke haben kann, muss ich mir demnächst auch einen bestellen 😀
Mir scheint das die logische Umkehrung von “Perlen vor die Säue” zu sein – man wirft einen Schinken hin und es kommen Perlen raus 😀
Nach komplettem Abrauch meiner Gerätschaften in der vergangenen Woche wieder zurück per vorläufigem Leihgerät, und dann gleich ein solches Glanzstück, wow.
Danke, bin nach wie vor sehr beeindruckt, hätte ich doch nicht gedacht, daß Deine bisherigen (Qualitäts-)Beiträge steigerungsfähig seien. Hab’ mich geirrt.
😉
Hallo Hadmut,
herzlichen Glückwunsch zu diesem Artikel – sehr gut durchdacht.
Ich überlege gerade, wie diese Kindersoldaten in Afrika und Pol Pot’s Kindertruppen unter Deinem Aspekt von Moral zu bewerten sind.
Vielleicht hab ich das jetzt falsch verstanden, wenn ich einen Völkermord begehe, und es schaffe mein Erbgut weiterzugeben, dann habe ich rational und evolutionär richtig gehandelt.
Und das legitimiert dann mein Handeln ?
Rational zu handeln beinhaltet aus meiner Sicht auch immer die Gefahr unmenschlich zu handeln.
@Thomas: Nein, Du hast es falsch verstanden. Weil Begriffe wie „legitimieren” oder „unmenschlich” hier völlig fehl am Platz sind. Es geht überhaupt nicht darum „menschlich” zu sein oder irgendetwas zu „legitimieren”, weil das alles Bewertungen, Einordnungen in „gut” und „schlecht” am Maßstab irgendeines Beobachters zu sein. Völlig irrelevant.
Es geht einzig und allein um das „funktionieren”. Es ist nicht einmal ein gewolltes Ziel, sein Erbgut weitergeben. Es ist bewertungs- und absichtslos. Es geht einfach um die Frage, ob in einer Umgebung mit begrenzten Ressourcen ein bestimmtes Verhalten dazu führt, daß sich dieses Verhalten reproduziert. Ein Völkermord kann objektiv betrachtet dazu führen, daß das mordende Verhalten drei Generationen später noch da ist. Es geht nicht um legitim, und nicht um menschlich, sondern allein um die empirische Betrachtung, ob sich Individuen mit diesem Verhalten fortgepflanzt haben und das Verhalten noch da ist.
Das ganze Blabla um Legitimation und Menschlichkeit ist – wie sich Deinem Beitrag sehr schön entnehmen läßt – nur der rein subjektive Vergleich mit Deinem speziellen individuellen Verhaltensmuster. Daß Du etwas als „unmenschlich” (=anderes Wort für unmoralisch) empfindest, heißt ja nicht, daß es die replikation desjenigen behindert, sondern nur, daß es mit Deinem Verhaltensprogramm unverträglich ist.
Und daß Dir das unverständlich und vielleicht auch nicht nachvollziehbar erscheint, zeigt nur, wieviel Einfluß dieses Dir eingebrannte Verhaltensprogramm auf Dein vermeintlich bewußtest und willentliches Handeln und Denken hat.
@Hadmut
Ich denke schon dass alles was Menschen zerstört unmenschlich ist — dass wäre dann ein relativ allgemeingültiger begriff.
Und dann kann man auch Völkermorde, sonstige Morde etc mit unmenschlich betiteln, völlig unabhängig davon, wie man sie moralisch einordnet.
@Alex: Völlig irrational. Und was soll überhaupt „relativ allgemeingültig” sein? Ein Widerspruch in sich.
Du postulierst ein „menschliches Verhalten” , das Du weder greifbar erklärst noch irgendwie begründest, sondern ziehst Dich allein am Wohlklang des Wortes „Menschlichkeit” als positiv besetztem aber undefiniertem Begriff der Gattung Moral hoch. Menschlich ist irgendwie das, was sich für Dich gut anfühlt. Woher soll ich wissen, was sich für Dich gut anfühlt? Und warum soll Dein Menschlichkeitsgefühl besser sein als das irgendeines anderen? Und von diesem völlig ungreifbaren und rein auf Wohlfühlen ausgelegten Buzzword leitest Du einfach das Komplement der „Unmenschlichkeit” ab, in das Du wieder nur rein subjektiv und individuell reinpackst, womit Du Dich nicht wohlfühlst.
Und mit „egal wie man sie moralisch einordnet, sie sind unmenschlich” begehst Du einen anderen Widerspruch, weil Du einfach nur die Moral durch eine andere, aber gleichbedeutende Vokabel ersetzt. Moral und Menschlichkeit bedeuten beide das gleiche, nämlich ein Verhalten, bei dem Deine Dir innewohnende Fortpflanzungs- und Überlebensstrategie das Wohlfühlen einschaltet wie die Zimmerbeleuchtung. Du glaubst nur, in irgendwelchen übergeordneten und geheiligten Kategorien zu denken. Und begehst dabei den Fehler, Dein eigenes Handlungs- und Bewertungsprogramm für allgemeingültig zu halten.
Glaubst Du, der Pavian-Chef, der die Jungen anderer Männchen totbeißt, handelt unmoralisch? Wie willst Du ihm das erklären?
Richtig wäre es zu sagen, daß Töten mit Deiner (und meinetwegen auch der in unseren Kulturkreis und unserer Rasse meistverbreiteten) Handlungsstrategie (sprich: Ethik) unverträglich ist und ihr zuwiderläuft. Und daß Du dich deswegen auf die Seite derer begibst, die es ablehnen und dagegen eintreten. Und vielleicht auch rational argumentierst, daß es unter den heutigen Umweltbedingungen nicht überlebens- und fortpflanzungsförderlich (für den der tötet, natürlich nicht für den Getöteten) ist. Das mußt Du aber begründen.
Die Behauptung der Allgemeingültigkeit oder der übergeordneten Bedeutung von Wohlfühl-Begriffen wie Menschlichkeit ist dagegen fehlerhaft. Weil es das nicht gibt.
alles was menschen betrifft ist nicht allgemeingültig, sondern nur relevant zu dieser Zeit (um ein paar Millionen Jahre herum) und auf diesen Ort. (Welt – eventuell noch ein paar Lichtjahre hin oder her)
Insofern ist “relativ allgemeingültig” ein finde ich akzeptabler Begriff, der Dinge sagt, denen vermutlich alle Menschen zustimmen können, aber diese Dinge sind natürlich nicht allgemeingültig, sondern nur relevant in (unserem) globalen Kontext.
Tatsächlich sind das doch Wortspielereien und daher ziemlich nebensächlich.
Irgendwie passt auch ansonsten Deine Antwort überhaupt nicht zu meiner Anmerkung.
Ich treffe eine Unterscheidung zwischen einem Begriff “unmenschlich” indem ich diesen Umreiße als Verhalten, dass Menschen zerstört (was sicherlich töten beinhaltet, aber etwas weiter gefasst sein sollte) und einer Bewertungsfunktion von Verhalten.
Sicherlich entspricht _meiner_ Moral, dass unmenschliches Verhalten wesentlich immer für mich unmoralisch ist, aber das war überhaupt nicht worauf ich hinauswollte.
Ich wollte lediglich Einwerfen, dass unmoralisch und unmenschlich zwei völlig verschiedene Dinge sind – als Antwort auf Deine Anmerkung
“„unmenschlich” (=anderes Wort für unmoralisch) ” in Deiner Antwort auf den Post von Thomas.
Um das an Deiner Frage zu verdeutlichen:
“Glaubst Du, der Pavian-Chef, der die Jungen anderer Männchen totbeißt, handelt unmoralisch? Wie willst Du ihm das erklären?”
Nein, also muss ich nichts erklären.
Aber der Pavian-Chef handelt unpavianisch 🙂
@Alex: Du argumentierst aber religionsähnlich. Du stellst einfach irgendwelche Wohlfühl-Begriffe auf, sagst selbst, daß es „Wortspiele” sind, sagst, daß es Dir irgendwie nicht gefällt, was ich sage, nimmst aber selbst überhaupt keinen diskussionstauglichen Standpunkt ein. Eigentlich sagst Du überhaupt nichts. Unmoralisch und unmenschlich seien zwei verschiedene Dinge – aber zu keinem von beiden sagst Du irgendwie, was das sein soll, außer der ganz vagen und viel zu allgemeinen Andeutung, daß Töten unmenschlich sei. Und das ist so weit gefaßt, überdeckt so wahnsinn viele unterschiedliche Situationen (einschließlich Notwehr und Sterbehilfe), daß es eine Nullaussage ist. Du sagst selbst, es sei „nebensächlich”, aber Du sagst nichts hauptsächliches. Und daß der Pavian-Chef „unpavianisch” handele, komm, das ist jetzt albernes Geplapper. Das bringt hier gar nichts. Zumal es weder lustig noch richtig ist. Denn es ist „pavianisch”. Und genau dieser Einschätzungsfehler, daß es „unpavianisch” sei, zeigt doch sehr gut, daß Dein Begriff von „unmenschlich” höchstwahrscheinlich genauso falsch und unreflektiert ist wie der von „unpavianisch”. Du wirst „unmenschlich” nicht verstehen, solange Du „unpavianisch” nicht aufgeräumt und verstanden hast.
Bevor Du eine Diskussion anzettelst, überleg Dir bitte erst einmal, was Du eigentlich sagen willst, welchen Standpunkt Du einnehmen willst und wie Du deinen Gesprächspartnern mitteilen willst, was Dein Standpunkt ist. Diese inhaltsleeren Kommentar-Ping-Pong-Spiele, die nicht des Inhaltes wegen sondern des Kommentarwechsels wegen, quasi als Sozialersatz, gehalten werden, mag ich gar nicht, und sie vertreiben auch die meisten Leser. Solche Nöl-Kommentare wie „irgendwie schmeckt’s mir nicht, aber ich weiß selbst nicht, was ich will” machen es nur anderen Lesern schwer.
@Alex
Völkermorde gab es vermutlich schon zu allen Zeiten, meistens um anderen Ressourcen wegzunehmen, die man selber dann fürs Überleben verwenden konnte. Daher ist das aus deren Sicht vermutlich durchaus “menschliches” Verhalten.
Für die die getötet werden, kann das durchaus auch “menschliches” Verhalten sein, nämlich dann, wenn diese die gleiche Strategie verwenden und dann mal an den Falschen geraten sind, der stärker ist.
Von daher sollte man sehr genau aufpassen, Begriffe zu verwenden, die nicht genau definiert sind.
Das sollte aber keinen davon abhalten, Völkermorde zu verhindern, weil man das für nicht richtig hält, denn heutzutage sind i.d.R. genug Ressourcen da, daß jeder überleben könnte.
Ich finde, du machst den Moralbegriff etwas zu sehr am einzelnen Individuum fest und an seiner Überlebens/Fortpflanzungsstrategie. Zumindest ist es bei mir so angekommen. Ich denke aber, dass die Moral des Einzelnen fast vollständig anerzogen ist und normalerweise über die Lebenszeit kaum Fortschritt erfährt. So wird es auch möglich, dass man selbst gegen seine eigenen Moralvorstellungen verstoßen kann. Wenn ich zB die Möglichkeit habe, meinem reichen Nachbarn ohne großes Risiko 5Mio Euro zu stehlen, dann stände die Ausführung in krassem Widerspruch zu meinen Moralvorstellungen, obwohl ich durchaus der Ansicht sein könnte, dass dieses Geld meine Lebensqualität und Fortpflanzungsmöglichkeiten signifikant verbessert. Im Großen und Ganzen finde ich deinen Ansatz aber durchaus nachvollziehbar.
Zur religiösen Moral könnte man noch sagen, dass diese darauf abzielt, die religiöse Gemeinschaft und damit den Einfluss ihrer Köpfe zu erhalten und fortzupflanzen 😉
Wobei man zumindest hier in Deutschland den Eindruck gewinnen kann, dass das in den letzten Jahrzehnten nicht mehr so gut funktioniert.
Hm. Ja, die Sache mit der Verzögerung der Datenverarbeitung zwischen Bewußtsein und den unteren Schichten. Das geht hin bis zu optischen Täuschungen, bei denen das Hirn sogar einige Sekundenbruchteile vorausrechnet, um uns das Leben zu vereinfachen. (Ein fallender Ball ist weiter oben als man glaubt 🙂 ).
Aber warum soll das den freien Willen ausschließen? Nur, weil wir oben bequem in einer Darstellungsschicht leben und das Ganze verfolgen, heißt das ja nicht, daß wir
a) nicht auch Einfluß auf die Schichten weiter unten haben
b) die Schichten weiter unten rein instinktiv handeln.
Das mit dem Einfluß auf die unteren Schichten sieht man bei vielen Lernprozessen. Ein Beispiel sind Schlägersportarten. Noch ein einfacheres ist das Werfen von Papierkugeln in einen Papierkorb. Das kann (und muß) man lernen – und zwar die unteren Schichten. Man versuche auch mal, bewußt zu gehen, sich klarzumachen, welcher Muskel jetzt angespannt werden muß und so weiter. (Die unteren Schichten brauchen bis zu einigen hundert Wiederholungen, bis sie automatisch einen komplexen Bewegungsablauf beherrschen.)
Ich muß für eine gewisse Kulturstufe in der Lage sein, die unteren Schichten zu überstimmen. Das macht uns zu Menschen.
Die funktionieren aber auch nur in einer Gruppe gut. Ein einzelner, neugeborener Mensch ist nicht in der Lage, in seinem Hirn ein brauchbares Betriebssystem zu booten. Das hat er mit etlichen anderen Lebewesen gemeinsam. Dazu aber braucht er Sozialverbände, die je nach Lebensstandard (Jäger/Sammler bis hin zur modernen Gesellschaft) eine gewisse Mindestgröße brauchen. (Gilt auch für Ansiedlungen. In einem Dorf kann ich vieles nicht tun oder kaufen, was in einer Großstadt selbstverständlich ist.)
Diese Sippen brauchen nun Regeln, die sie zusammmenhalten. Am Anfang Religion mit religiösen Geboten (die 10 sind nur ein WINZIGER Bruchteil aller Gebote aus der Bibel – da ist wirklich jede Menge bizarres Zeug dabei). Die haben die Aufgaben, das Zusammenleben in der Herde zu optimieren, die Macht der Führungskaste zu zementieren, die Gesundheit der Herde zu erhöhen und so weiter. Leider auch die Aufgabe, Widerspruch zu unterdrücken. Dafür kann man diese Regeln aber jedem als gottgegeben unterschieben, so dämlich er auch ist.
Daraus entwickelt sich dann als “Light-Form” sowas wie Moral.
Die ist relativ. Der 11. September war ein gerechter Akt zur Preisung Gottes – wenn man der entsprechenden Herde angehört. Ein kleiner Zwischenfall mit relativ wenigen Toten, wenn man die Luftangriffe auf Dresden oder Hamburg überlebt hat. Ein grauenhafter Akt des Terrors, wenn man wieder einer anderen Herde angehört. Und ein geniales Beispiel von gutem Kosten/Nutzen-Verhältnis, wenn man Terrorist mit einem Hintergrund in Volkswirtschaft ist.
Wissenschaft ist erst einmal gaaanz schlecht, aus Sicht der Religion. Bezweifelt. Stellt infrage. Lebt sogar davon. Braucht allerdings ein wenig Wissen und widerspricht oftmals dem gesunden Menschenverstand. Moral ist da viel bequemer – was dazu führt, daß sich in die Wissenschaft hier und da moralisierende Elemente einschmuggeln.
Ich verstehe nichts von Quantenchromodynamik. Klar, ich könnte einige Jahre investieren und dem Verständnis näher kommen. Ebenso habe ich keine Ahnung, wie die Produktion von Magensäure oder der physikalische Vorgang Reibung funktionieren. Da muß ich mich entweder einarbeiten oder jemandem glauben. Bei Naturwissenschaften ist das leicht. Da habe ich belastbare Modelle, wie etwas funktioniert.
Aber wie ist das mit diesen weichen “Wissenschaften”? Bei denen naturwissenschaftliche Ansätze nicht funktionieren (oder gar funktionieren sollen?).
Leider ist die Wissenschaft (noch) nicht in der Lage, Moral zu ersetzen. Der Kategorische Imperativ nützt einem ja auch nur etwas, wenn man halt nicht der stärkste ist, aber er wäre ja ein guter Ansatz.
Und Philosophen, so wachsweich das Fach auch sein mag, kommen teilweise wirklich zu interessanten Schlußfolgerungen. Rechtsphilosophie kann beispielsweise sehr spannend sein, ich empfehle an dieser Stelle mal “Einführung in die Rechtswissenschaft” von Braun. Eine Beschreibung des Rechtssystems und der Gesellschaft auf der Meta-Ebene. Klar. Philosophie, aber mit dem Versuch, zu erklären, wie Recht funktioniert. Das Buch gönnt man sich wie gute Schokolade in kleinen Portionen, aber es ist eine Delikatesse…
Deine Auffassungen zur Moral stimmen im Grunde mit denen von Nietzsche überein, die zur Religion mit denen von Feuerbach. Falls du mal Lust hast dich näher damit zu beschäftigen… Bücher kann ich dir als armer Student allerdings nicht zuschicken 😉
Moral ist was für arme Schlucker.
“Die Aufzucht von Enkeln bringt keinen genetischen Vorteil”
Wirklich nicht, trotz der direkte Abstammungslinie?
Sind eigentlich Adoptivkinder gemeint?
Naja, indirekt kann das schon der Fall sein, laß halt den Rest des Absatzes mit dran, da sage ich ja, worum es geht. Wieviele Tierarten kennst Du, die Enkel aufziehen? Es ist halt schon ein so spezieller Fall, daß der wohl nicht als genetisch verankertes Verhalten erfasst ist.
Förderung von Individuen mit genetischer Ähnlichkeit kann evolutionär durchaus wirksam sein. Daher die intuitive Bevorzugung von Menschen aus der eigenen Zwiebelschale, die sich von dem eigenen Individuum und die engere und weitere Familie über das Dorf und den Stamm bei abnehmender Ähnlichkeit nach aussen schichtet. Stichwort Rassismus.
@Hadmut
Die Aufzucht von Enkeln bringt eindeutig einen genetischen Vorteil. In diesen sind zu mindestens einem Viertel die eigenen Gene enthalten. Wenn man deren überleben sichert, hat man sichergestellt, daß ein Teil der eigenen Gene “weiterlebt”.
Und von wegen Tieren: manche Wal- und Delphinarten “kümmern” sich auch um Enkel. Siehe z.B. http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/311470
Danke lieber Hadmut für den klasse Artikel!
Deine Ausführungen zum Thema “Moral” sind meiner Wahrnehmnung nach sehr analytisch-mathematisch ausgefallen und es mag an dieser Stelle die Frage aufkommen (zumindest bei mir) ob diese Sicht zielführend ist.
Moral ist meiner Auffassung nach ein philosophischer Begriff bzw. ist im Kontext der philosophischen Betrachtungsweise zu sehen. Bezieht man sich sinnvollerweise auf die abendländische Philosophie, so lässt sich darstellen, dass sich Philosophie als ein Mittelweg zwischen Theologie und Wissenschaft präsentiert: theologisches Spekulieren und theologische Bezugnahme auf eine Autorität (Gott) auf der einen Seite und wissenschaftlich begründetes Berufen auf die menschliche Vernunft auf der anderen Seite. Die Wissenschaft definiert sich durch gesichertes Wissen, die Theologie beruht sich auf Dogmen. Philosophie beschäftigt sich mit dem, was zwischen diesen Polen liegt und wird deshalb oft von beiden Seiten belächelt.
Jetzt ist es so (wie in Deinen Ausführungen auch dargestellt), dass die aktuellen Lebensumstände der Menschen Ihre Philosophie beeinflussen (wenn nicht sogar bestimmen). Umgekehrt ist es eben aber auch die Philosophie, die jeweiligen Lebensumstände bewusst beeinflusst, eben z.B. über Moralvorstellungen.
Und hier sehe ich nun für mich das Problem an Deinen Ausführungen. Es erscheint so, als ob “Moral” in Deinem Text keiner menschlichen Vorstellung, d.h. keinem bewussten und reflektierten Instrument, entspricht. Vielmehr soll “Moral” beim Menschen eher unbewusst, aufgrund alter biologisch-genetischer Veranlagung (Atavismen), ablaufen. “Moral” wäre somit ein Art Gütefaktor für die Anpassung einer Lebensweise an ein evolutionär entwickeltes Grundverhalten. Die Güte (Moral) ist umso besser, je besser die individuelle Anpassung an die ” Lebensfunktion” ist.
Einher geht damit Deine Hervorhebung des Individuums, d.h. moralisch ist was ICH als moralisch empfinde. Die Gemeinsamkeit der Menschen, d.h. der soziale Zusammenhalt und die zugrunde gelegten gemeinsamen Überzeugungen (der “common sense”), wird in Deinem Artikel auf der Stufe des “Rudels” abgehandelt, aber aus meiner Wahrnehmung nicht gerade im positiven Sinne, sondern in den Augen des mathematisch-analytischen Individuums (z.B. Du) bestenfalls als eine praktische biologisch-motivierte Einrichtung (hat sich eben so bewährt).
In dieser von mir als kalt empfundenen Betrachtungsweise werden dann verschiedene Themen angesprochen, sei es die Frage, ob Diebstahl nützlich, sinnvoll, gut oder schlecht ist bzw. auch ob das Aufziehen von Enkeln biologisch sinnvoll ist.
Ich nehme Dich nach Deinen Ausführungen als jemanden wahr, der ein Verfechter von Willensfreiheit ist und eine wissenschaftliche, nützlichkeitsbetonte, rationalistische und alle Religionsformen ablehnende Einstellung vertritt. Du vertrittst also sehr deutlich einen der oben genannten Pole.
Das kann man so sehen wie Du und es ist oft so gesehen worden. Allerdings kann ich mich dem nicht so anschließen.
Die Hervorhebung des (vernünftigen) Individuums führt letztlich dazu, dass der soziale Zusammenhalt in einer Gemeinschaft gelockert wird. da jedes Individuum eine Meinung hat, wird die Schnittmenge (der “common sense”) immer kleiner. Hinzu kommt, dass individuelle Egoismen (die alle gleichberechtigt und in sich schlüssig sind) die Sozialgemeinschaft unterminieren (siehe die Diskussion um Wulffs Ehrensold, der aus der Sicht Wulffs durchaus Sinn macht).
Die Überbewertung des ICH (oder der individuellen und egoistischen Wünsche) mag dazu führen, dass die notwendige Sozialgemeinschaft zerbricht, da aufgrund eines überbordeten Individualismus keine Zusammenarbeit mehr funktioniert und kein “Staat” existenzfähig ist. Dies führt dann, wie so oft in der Geschichte, zum Untergang einer Gemeinschaft.
Die Griechen hatten die bessere Wissenschaft und Kultur, würden aber von den Römern, die den stärkeren Zusammenhalt hatten (Ordnungsprinzip des römischen Staates = Soldatenmoral) erobert. Später ist das den Römern durch die Germanen passiert. Auch die Germanen hatten keine wissenschaftliche Bildung oder hohe Kultur mit individueller Leistung, aber traten als kompetente Gemeinschaft mit hohem Sinn für Ehre (= Germanenmoral) auf. Natürlich ist die Eroberung nur ein anschauliches Beispiel für den Niedergang.
Moral ist somit ein Maß für den “common sense” (gemeinsame akzeptierte Regeln) einer Gesellschaft. Amoralisch wäre dann alles was diesen “common sense” vermindert und damit den Zusammenhalt und damit auch die Überlebensfähigkeit einer Gemeinschaft reduziert. Im Gegensatz zum Rudel läuft dies aber beim Menschen bewusst ab und er hinterfragt die Mechanismen durch die Philosophie und entwickelt diese so auch weiter.
Die in Deinem Artikel analysierten Zusammenhänge kann man so betrachten, aber was soll man daraus für Rückschlüsse ziehen? Welche Konsequenzen ergeben sich?
Als eine Konsequenz von staatstragender Ordnung und größtmöglicher Freiheit des Individuums bleibt aus meiner Sicht nur der “Liberalismus”, also eine bewusste von Menschen entwickelte philosophisch begründete politische Idee aber nicht das genetische Erbe der Steinzeit.
@Carsten: Es kann keine „zielführende” Betrachtung von Moral geben, denn es geht ja nicht darum, sie neu zu erfinden oder so zu gestalten, daß man damit abends gut schlafen gehen kann, sondern es geht darum, analytisch zu betrachten, was Moral ist. Und dafür ist der Begriff „zielführend” völlig ungeeignet. Es geht ja darum herauszufinden, was ist und nicht kreativ für die Zukunft etwas zu entscheiden. Zumal der Begriff „zielführend” sowieso unsinnig ist, solange das Ziel nicht definiert ist.
Und es geht hier auch nicht darum – und das ist gerade das, was Du verkennst – einen neuen Vorschlag für ne schöne neue Moral zu machen. Sondern es geht darum zu ergründen, was eigentlich dahinter steckt, wenn Menschen von Moral, von Gewissen, von göttlichen Geboten reden.
Hm…..
Gute Argumentation, auch wenn Sie das Spannungsfeld zwischen Verantwortungsethik und Handlungsethik natürlich über eine Moraldefinition nicht auflösen können. Moral ist somit in der Tat eine rein akademische Kategorie und somit eigentlich geistige O……okokok
Letztendlich ist Ihre schlüssige Argumentation der Kern des sogenannten Amerikanischen Pragmatismus, dem die eher christlich-moraltheologische abendländische Prägung der Europäer bis in diese Stunden hilflos gegenüber steht.
Haben Sie mal Joachim Fernau gelesen?
@klabautermann: Nein, hab ich nicht gelesen. Wer ist das?
Ach ja, da ja demnächst ein protestantischer Pastor unser Präsident wird – quasi ein Gegenpabst – bin ich mal gespannt, was da noch kommt zum Thema Moral ;-))
Auch von mir ein großen Dankeschön an diesen ausgezeichneten Artikel und die guten Kommentare dazu. Hat mir viel zum Nachdenken gegeben!
Hi,
echt geil der Artikel!
Wäre es für dich Ok wen der in Englisch Übersätze auf einem anderen block veröffentlicht wird, natürlich mit verwies hier her?
LG
David X.
@DavidXanatos: Danke für das Lob.
Über eine englische Übersetzung muß ich erst mal nachdenken. Mit der Frage habe ich nun gar nicht gerechnet.
Kann ich so sowieso nicht sagen, weil es erstens von der Qualität der Übersetzung abhängt und zweitens davon, wo das erscheinen soll. Wo wäre das denn?
Eigentlich wollte ich demnächst selbst noch ein englisches Blog (naja, im Rahmen meiner bescheidenen englischsprachlichen Mögllichkeiten…) aufmachen. Außerdem habe ich den Blog-Artikel wieder mal relativ spontan und ohne groß zu planen oder kontrollzulesen runtergeschrieben, und wieder mal sind mir noch ein paar Gedanken nachträglich gekommen, die ich eigentlich hätte mit reinschreiben wollen/sollen.
Gruß
Hadmut
Hallo Hadmut,
vielen Dank für deine Antwort, besser klar geworden ist es mir aber erst durch deine Antwort auf Carsten.
Ich habe mich von folgendem Satz in die Irre führen lassen:
>>Die Folge ist, daß Moral nicht mehr taugt. Wir müssen sie durch rationale Verhaltensweisen ersetzen.
Da du in deiner Antwort auf mich aber auch auf Carsten die Erfindung einer neuen (wie auch immergenannt, vielleicht Verhaltenskodex ?) verneinst, bedanke ich mich für die zahlreichen Denkanstösse, und wünsche eine schöne Arbeitswoche.
Viele Grüße
Thomas
@Hadmut
>Wo wäre das denn?
auf http://falkvinge.net/
Ich denke so ein rationeller Beitrag über Moral und menschliche Normen/werte wäre da ziemlich passend.
Da mmn. gerade viele fehlgeleitete politische Entscheidungen der etablierten Parteien auf einem verquerem Verständnis von Moral aufbauen.
LG
David X.
PS: wen du sorge hast um die Qualität der Übersetzung, könntest du natürlich auch selber eine Englische Version anfertigen und gleich die Patches die dir inzwischen eingefallen sind einbringen.
Hallo Hadmut,
zumindest das Gerede unserer Politiker über Moral halte ich für sehr unmoralisch, bei jedem Anderen eher für Ansichtssache. Zum Beispiel das mit dem Sex nur in der Ehe oder mit dem Umgang mit fremden Geld! Ich denke mal, daß viele unserer Politiker mit beidem “leichte” Schwierigkeiten bekommen würden! 😉
Ich lebe zum Beispiel nach folgendem Motto:
“Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt sich’s gänzlich ungeniert!”
Aus dem Grund habe ich mir auch erlaubt ein Blogstöckchen aufzufangen und das werfe ich dir hiermit zu:
Unmoralisch oder unverschämt? Das überlasse ich jedem selbst! 😀
Grüße aus den moralfreien Zimmerchen von TmoWizard’s Castle zu Augsburg
Mike, TmoWizard
@TmoWizard: Ich mag keine Blog-Stöckchen. Ich sehe auch keinen Zusammenhang mit dem von Dir verlinkten Blog-Artikel. Diese Vernetzer- und Verlinkerei, die keinem inhaltlichen Zusammenhalt folgt sondern nur irgendwelche Verlinkung zum Ziel hat, geht mir ziemlich auf den Wecker. Sowas macht man, wenn es sonst keinen Grund für Leser gibt, auf die Seite zu kommen.
Und ich kann tinyurls in Blogs und auf sonstigen normalen Webseiten absolut nicht leiden, weil ich gerne vorher sehe, wo ich hinklicke. Und das auch den Lesern so präsentieren möchte. Ich betrachte diese tinyurls als grobe Unhöflichkeit, wenn sie nicht aus Platzgründen (wie bei Twitter oder in QR-Codes) geboten sind. Also laß das künftig bitte bleiben und bleibe außerdem beim Thema.
@TmoWizard
Was soll der Mist?
Kann sein, dass ich hiermit alleine stehe, trotzdem bin ich nicht ganz einverstanden mit der Aussage “unmenschlich == unmoralisch”
Als “unmenschlich” definiere ich alles, was der Mensch nicht tut.
Der Mensch tötet Menschen, also ist das Töten nicht “unmenschlich”.
Der Mensch stiehlt, also ist auch Diebstahl nicht “unmenschlich”.
“Unmenschlich” wäre demnach meiner Meinung nach gleichzusetzen mit “unnatürlich”. “Unnatürlich” wiederum existiert in meinen Augen nicht, da man Naturgesetze brechen müsste, um “unnatürlich” zu handeln. Dementsprechend halte ich Unmenschlichkeit für ein unsinniges Wort aus der Kategorie Buzzword, mit dem man um sich wirft, wenn man Leute überzeugen will.
Als “unmoralisch” definiere ich alles, was der Mensch nicht tun SOLLTE (bzw. was nicht mit meiner persönlichen Strategie übereinstimmt).
Unmoral wiederum ist situationsbedingt und nicht allgemeingültig (wie Hadmut ja bereits geschrieben hat).
Diebstahl zur reinen Selbstbereicherung ohne eigene Not (im Sinne von extremen Ressourcenmangels bzw. “ich stehle, weil ich sonst verhungere”) oder ohne das Robin-Hood-Prinzip stimmen mit meiner Strategie nicht überein, weil ich keine Logik darin sehe, mehr haben zu müssen als man braucht.
@taishidaioh: Ein unlogischer Zirkelschluß. Denn dann könnte man – solange man der Gattung Mensch angehört – nie etwas „unmenschliches” tun. Die Frage wäre dann, wozu der Begriff dann überhaupt taugt.
@Hadmut: Genau das ist es ja. Der Begriff “Menschlichkeit” wird unlogischerweise als ein Synonym für “Moral” benutzt, was impliziert, dass alles was der Mensch ist gleichzeitig auch moralisch sei.
Aber was ist der Mensch? Das hast du in deinem Artikel bereits beschrieben. Der Mensch ist eine Tierart, die es mithilfe von verschiedensten Strategien bis an die Spitze der Nahrungskette geschafft hat. Diese Strategien beinhalten jedoch auch Maßnahmen wie Vergewaltigungen und Morde, die in vielen Gesellschaften als unmoralisch eingestuft werden würden. Der Mensch aber handelt nach seinen Urinstinkten, tut dementsprechend das, was in seiner Natur liegt. Genauso wie ein Pavian nicht “unpavianisch” handelt, wenn er die Jungen seiner neuen Partnerin tötet handelt der Mensch nicht unmenschlich, weil er einen Diebstahl/Mord begeht.
Es gibt aber nicht nur Synonyme und ganz unterschiedliche Begriffe, sondern auch ähnliche, jedoch nicht deckungsgleiche Begriffe. Mokka und Espresso sind nicht synonym, und viele Leute verstehen darunter was ganz anderes, trotzdem kommen sie aus der gleichen Gattungsecke.
@Hadmut: Dann scheine ich das missverstanden zu haben, ich dachte der Tenor war, dass die beiden Begriffe synonym betrachtet werden.
Bei Begriffen, die nicht genau definiert werden und unter denen jeder etwas anderes versteht und sie eher nach deren Klang und Assoziationen einstuft, gibt es keine Synonyme im eigentlichen Sinne. Sondern nur so Begriffe, die man in die gleiche Kiste aufräumen würde.
Sehr geehrter Herr Danisch,
die von Ihnen oft gebrauchte Redewendung “evolutionär entwickelt” ist ein mich störender Pleonasmus, ist “doppelt-gemoppelt” wie ein “weißer Schimmel” oder ein “kleiner Zwerg”.
Ihre Verachtung der Religion teile ich nicht. Religiöses Denken und Empfinden kann große Vorteile mit sich bringen, für den einzelnen wie für die Menschen um ihn herum. (Daß es dabei auch zu schwerem und gefährlichem Mißbrauch kommen kann, kam und immer noch kommt, ist mir bekannt, und ich bedauere es.)
Exakte Wissenschaft, die ich in Teilen recht gut kenne, ist nicht der Weisheit letzter Schluß. Wie bei religiösen Systemen gibt es auch bei ihr unbewiesene und unbeweisbare, zwar naheliegende, aber dennoch willkürliche, von Menschen stammende Annahmen. Dies gilt bekanntlich insbesondere auch für die Mathematik.
Mit freundlichem Gruß,
Hans.
@Hans: „evolutionär entwickelt” ist kein Pleonasmus, weil es auch ganz andere Arten der Entwicklung gibt. Kulturell, technisch, politisch, durch Umeltereignisse usw.
“Evolutionär” kommt von “Evolution”, und dieses Wort bedeutet “Entwicklung”. “Evolutionär” kann man also mit “entwicklungsmäßig”, “auf die Entwicklung bezogen” übersetzen. Daraus folgt, daß “evolutionär entwickelt” so etwas wie “entwicklungsmäßig entwickelt” bedeuten würde. Und das klingt nicht gut. Es hat nichts damit zu tun, daß es kulturelle, technische, politische, …, Entwicklungen (Evolutionen) gibt.
Hans
Stimmt trotzdem nicht, weil das eine adverbial und das andere als Partizip verwendet und es deshalb trotzdem unterschiedliche Aussagen hat. Zudem ist evolutionär die spezifischere Aussage.
Man kann nämlich zu Evolution ein adverb, aber kein Verb und damit kein Partizip bilden. Damit geht es also nicht mit dem Wort Evolution alleine.
Mit dem Wort entwickelt alleine geht es aber auch nicht, weil entwickeln einen viel weiteren Bedeutungsbereich hat. Nur weil ein Wort der Übersetzung des anderen entspricht, heißt das noch lange nicht, dass es das gleiche bedeutet. Mit Evolution ist eben eine ganz bestimmte Entwicklung gemeint. Entwicklung alleine ist keine hinreichend klare Aussage, um verständlich zu machen, was man damit meint.
Davon ganz abgesehen machen Sie noch einen ganz anderen Fehler:
Pleonasmen sind nicht verboten. Im Gegenteil sind sie sogar literarisches Stilmittel, das mir als Autor ausdrücklich zur freien Wahl zur Verfügung steht. Der weiße Schimmel ist nur ein besonders blödes Beispiel, aber eben auch nur ein typisch blödes Beispiel. Selbst wenn es ein Pleonasmus wäre, spräche überhaupt nichts gegen die Verwendung, denn es ist meine schriftstellerische Freiheit, Pleonasmen zu verwenden, so viel ich will.
Ich darf Sie übrigens darauf hinweisen, daß dieses Blog der Darstellung meiner und nicht Ihrer Meinung dient, und es meinem und nicht Ihrem Sprachstil, und auch nur meiner Auffassung von Religion entsprechen muß. Sie können es lesen oder bleiben lassen. Aber Änderungen können Sie hier nicht beantragen.
Wenn Ihnen Pleonasmen und Kritik an Religion nicht gefallen, müssen Sie sich ein anderes Blog suchen.
Bitte entschuldigen Sie, Herr Danisch, daß ich Ihnen offenbar zu nahe getreten bin. Ich verstehe Ihren Unmut (jetzt) und will’s nicht wieder tun. Auch habe ich aus Ihren Ausführungen einiges gelernt, wofür ich Ihnen danke.
Mit besten Grüßen,
Hans
Sehr geehrter Herr Danisch, an Ihnen ist ein Philosoph verloren gegangen. Vielen Dank für diesen exzellenten Artikel!