Ansichten eines Informatikers

Selbstbedienungsladen Bundesverdienstorden

Hadmut
30.3.2012 11:20

Indirekt durch den Hinweis einer Leserin bin ich gerade auf etwas aufmerksam geworden, wo einem doch gerade mal wieder das Staatsbürgerkotzen kommen muß:

Ich hatte ja schon 2007 – eher ergebnislos – mal beim damaligen Bundespräsidenten nachgebohrt, weil mir nicht einleuchten wollte, warum manche Leute ein Bundesverdienstkreuz bekommen. Etwa im Falle eines Professors, den ich nur als fies, intrigant, verlogen und korrupt erlebt habe, der hemmungslos die Leistungen anderer als seine ausgibt, der inkompetent bis zur Witzfigur war und dem seine Fakultät die Aufgaben wegen grober Unfähigkeit und schweren Versagens entzog, der aber trotzdem ein Bundesverdienstkreuz dafür bekam.

Seltsam daran war, daß zwar nach Gesetz der Bundespräsident für die Vergabe zuständig war, und den auch formell vergeben hatte, man in der zuständigen Abteilung des Bundespräsidialamtes (macht er ja sowieso nicht selbst), kein bisschen sagen konnte, warum man ihm den eigentlich gegeben hatte.

Es stellte sich damals heraus, daß die Politik in Baden-Württemberg dahintersteckte, weil die Landesfürsten da ein „Vorschlagsrecht” hätten. De facto läuft es aber eher wie im Internet-Versand. Die Landesregierung bestellt und das Bundespräsidialamt verschickt die Dinger, ohne Fragen zu stellen. Und dort wird es natürlich zum beliebigen Handels- und Verfügungsgut.

Und wie ich jetzt durch diesen Hinweis gesehen habe, gab es damals eine Meldung erst im Berliner Kurier und dann in der WELT, wonach die Parteien die Verdienstorden unter sich aufteilen und per se 30 pro Legislaturperiode „im Abo” haben.

Nur schien das damals nicht viele zu interessieren, denn vor den Affären um Karl-Theodor zu Guttenberg und Christian Wulff bestand da keine Aufmerksamkeit, interessierte das niemanden. In der Endphase von Christian Wulff als Bundespräsident wäre das hochgekocht – fehlte nur noch ein Bundesverdienstkreuz für Carsten Maschmeyer.

Nun mit dem neuen Bundespräsident Gauck dürfte das wieder ganz im Keller landen, denn den will jetzt erst mal – als everybody’s Darling und in den ersten 100 Tagen – sowieso niemand kritisieren, zumal er dafür ja noch gar nichts kann. Irgendwann wird man ihn aber mal fragen müssen, wie er es damit hält. Ich halte es nämlich für Korruption und Titelhandel. Oder man wartet ab, läßt ihn das ne Zeitlang mitspielen und haut in dann damit in die Pfanne.

Das erklärt aber letztlich auch, wie Politiker mit Plagiaten so leicht zu ihren Doktorgraden kamen: Denn was auf Bundesebene die Verdienstorden sind, sind auf Landesebene die Doktorgrade. Die werden vermutlich dann auch nach Parteienproporz pauschal und im Parteien-Abo vergeben.

3 Kommentare (RSS-Feed)

FF
30.3.2012 14:39
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Schon fast wieder bewunderswert, wie die Unis (und “parteinahen” Stifungen) den Guttenberg-Mehrin-Chatzimarkakis-etc.pp.-Medienorkan abgewettert und die heikle Frage nach ihrer politischen Korruptheit elegant umschifft haben.

Okay, es kann keiner mehr hören – aber ich glaube nach wie vor nicht, daß ein Großordinarius wie Häberle entweder das Guttenbergsche Gemurkse nicht als solches erkannt oder die Arbeit seines Lieblingsschülers erst gar nicht überflogen haben soll.

In diesem Fall waren mächtige, durchaus mafiöse CSU-Seilschaften am Werk, da wurde do ut des für Lehrstuhlstiftungen u.ä. gespielt.

Oder auch die Mehrin-, Chatzi- und Djir-Saraj-Dissertationen – so weit ich weiß, alle von der Friedrich-Naumann-Stiftung mit üppigen (dreijährigen) Promotionsstipendien aus Steuermitteln gefördert…

Bei diesen hochnäsigen Clowns habe ich mit vor hundert Jahren auch mal für ein Graduierten-Stipendium beworben – aber denen war ich nicht “Elite” genug. Dafür ist meine Dissertation kein Plagiat…

Fein ‘rausgeredet haben die sich alle.


Hadmut
30.3.2012 14:40
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Von der Friedrich-Naumann-Stiftung mit Promotionsstipendien gefördert?

Ist ja hochinteressant. Das stinkt nach Betrug und Untreue.


Stefan K.
30.3.2012 17:24
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Oh Gott, ist der Sumpf endlos.

Ich neige zu der relativierenden Ansicht, daß es wohl auf Erden noch nie anders war – egal, welches System nun gerade “gefahren” wurde.

Bestechlichkeit, Opportunismus, Heuchelei, Klüngel, Vorteilsnahme und -gewährung, Verarschung und Ausbeutung der Kleinen zugunsten der Großen inkl. “die Kleinen hängt man, die Großen etc.”

– das ist im Grunde genommen einfach nur Ausdruck der menschlichen Natur. Man kann also Regierungs- und Verwaltungssysteme erfinden wie man will, die menschliche Natur bricht sich immer Bahn. Am Ende steht die immergleiche Erkenntnis:

“Der Ehrliche ist der Dumme.”

Und trotzdem: es empört einen doch immer wieder. Wie grotesk – Ordensverteilung nach Parteienproporz an Abgeordnete, ein purer Hohn auf den Sinn dieses Ordens. Ein weiterer Beitrag dazu, diese schleimigen Emporkömmlinge namens “Politiker” abgrundtief zu verachten.

Wulff hat doch da bestens reingepaßt – und Gauck kriegen sie auch auf Mittelmaß zurechtgestutzt, jede Wette.

Jeder ehrliche Mensch, der sich an die Regeln halten will, muß in solchen Zusammenhängen vor die Wand laufen, siehe “Adele und die Fledermaus”.