Ansichten eines Informatikers

Vom Überraschungsei zur Rosa-Theorie

Hadmut
25.8.2012 20:16

Ich konnt mich einfach nicht beherrschen. Und hab mir heute beim Samstagseinkauf zwei rosa Mädchen-Überraschungseier gekauft.

Meine Zeit als Käufer von Überraschungseiern ist eigentlich seit langem vorbei. Als Kind/Jugendlicher hab ich die manchmal gekauft, und kannte die schon vom Anfang ihrer Markteinführung an. Damals waren da noch richtig tolle Sachen drin, detailreiche Metallfigürchen zum Beispiel. Oder intelligente Dinge zum Basteln und Spielen. Ich hab sogar noch ein Kästchen mit ein paar Inhalten von damals.

Ich hatte dann nochmals so eine Überraschungseiphase im ersten Semester, als ich herausgefunden habe, dass ich die blonde Doro damit anbaggern konnte, wenn ich während der trockenen Algebravorlesung plötzlich ein Überraschungsei auspackte und anfing, irgendeinen Blödsinn auszupacken und zu bauen. Doro bekam immer Lachanfälle davon. Von damals hab ich sogar noch den Fisch mit der Pudelmütze, der entstand, indem man das das gelbe Ei außen Flossen, ein Gesicht und eben eine Pudelmütze ansteckte.

Generell war aber ein Qualitätsabsturz zu beklagen. Irgendwie haben die mal eine Zeitlang nur dummen Plastikmist produziert, und ich glaube mich erinnern zu können, dass ich irgendwo mal darüber gelesen habe, wie die Inhalte der Eier von den wechselnden Managern bei Ferrero abhingt. Die wurden irgendwann einfach bescheuert.

Nun hatte ich ja letzte Woche schon über das Gerücht berichtet, dass es jetzt rosa Überraschungseier „nur für Mädchen” gäbe. Der Marketing-Coup ist ihnen gründlich gelungen, die Presse und die Blogs berichten wie die Wahnsinnigen darüber – und die Feministinnen spucken Gift und Galle. Rosa mache Mädchen blöd. Allein die Tatsache, dass es Feministinnen in Grund und Boden ärgert, ist mir – naja – einen Euro für zwei Exemplare wert. Man muss ja informiert sein und wissen, worüber man redet.

Außerdem bin ich im Rahmen einer Bedrohungsanalyse bezüglich feindlicher Unterwanderungen der Piratenpartei im Zusammenhang mit dessen berüchtigten Kegel-Klub (das ist so eine Art radikalfeministischer Ku-Klux-Klan) auf einen Blog-Artikel gestoßen, der auf mich einen geringfügig intelligenteren und überlegenswerteren Eindruck als das restliche Gender-Gefasel und Phrasen-Nachgeplapper macht. Aber leider nicht konsequent zu Ende denkt.

Die Feministinnen fluchen, dass Rosa dumm macht. Und dass Ferrero nun ebenfalls auf dieser Rosa-Masche reitet, um mit der Verdummungsmasche Geld zu machen. In dem Blog-Artikel wird aber eine andere Überlegung angestellt, nämlich dass das ein Signal für Jungen und nicht für Mädchen ist. Ein Warnsignal. „Jungs, lasst die Finger davon, das gefällt Euch nicht!”

Das ist womöglich was dran.

Denn da wird ausgeführt, dass Jungens eine Erwartungshaltung haben, nämlich irgendwas Technisches, was zum Basteln, Spielen, Ausprobieren. Katapulte, Flugzeuge und sowas. Kann ich aus meiner Kindheitszeit voll bestätigen.

Mädchen könnten mit dem „Upgrade” auf Jungenkram gut leben, die könnten auch mal mit Autos oder Flugzeugen spielen. Es würde ihnen aber nicht genügen, sie bräuchten eben auch diesen Glitzer-Rosa-Blöd-Kram. Würde man den nun aber in neutrale Überraschungseier packen, würde man die Hauptkäufergruppe der Jungen vergraulen. Stimmt. Ich kann mich noch erinnern, wie ich mich immer darüber geärgert habe, wenn da irgendwelche Thermo-Herzchen oder so’n Quatsch drin war. Da vergeht’s einem als Junge echt. Und das weiß Ferrero auch. Da geht’s nicht um Rosa, da geht’s um Glitzer-Kram und Ponys. Das Dilemma ist, dass man es braucht, um Mädchen als Käufer zu gewinnen, aber Jungs als Käufer verliert, wenn man sie mit solchem Kram konfrontiert.

Und damit hat man ein Konstruktionsproblem: Denn einerseits soll man ja dem Ei von außen nicht ansehen, was drin ist. Andererseits wollen sie aber doch herausgeben, ob das für Jungs oder für Mädels ist (also quasi 1 Bit Information doch rauslassen). Um Mädchen Glitzerkram zu bieten und Jungs nicht damit zu vergraulen.

Draufschreiben wäre nutzlos, liest und kapiert ja doch keiner. Also muss man es so machen, dass es sogar die Doofen kapieren, und das auf den ersten Blick. Wer kauft Überraschungseier? Eltern, Großeltern, Onkel, Tanten. Die müssen sofort kapieren, dass sie diese Sorte Ei nicht für Jungens kaufen sollen.

Ja. Erscheint mir plausibel. Es geht einfach darum, die Sache nicht mehr ganz geheimnisvoll zu machen, um enttäuschende Fehlkäufe zu verhindern.

Heißt aber dann doch wieder, dass Mädchen und Jungen sich fundamental unterscheiden, und nicht nur durch Erziehung. Süßer Doofkram für Mädchen. Bastelkram für Jungs. Mädchen können problemlos auf Jungen-Spielzeug „upgraden”, aber Jungs wollen nicht auf Mädchenkram „downgraden”.

Was war nun in meinem Rosa-Mädchen-Überraschungseiern?

Im ersten war Jungenspielzeug. Ein Zahnradring, den man aus 6 Teilen zusammensetzen musste, der die Zähne innen hat. Und zwei Innenstücke mit Löchern und Außenzähnen. Da kann man einen Kugelschreiber reinstecken und dann durch Bewegen der Innestücke entlang des Ringes (und die durch die Zähne dabei verursachte Drehung) solche Blumen- oder Lissajous-artige Zeichnungen erstellen. Das Gerät nennt man übrigens Spirograph und die Figuren Zykloide. Hatte ich als Kind mal in sehr guter Qualität aus Hartplastik. Das hier ist aber so ungenau und billig gearbeitet, dass die Figuren damit nicht so wirklich schön aussehen.

Auf der Anleitung dazu ist ein Junge abgebildet. Alter Wein in neuen Schläuchen. Anscheinend hat man gar nicht genug Glitzer-Zeugs, um die Rosa-Eier alle zu füllen oder war erst in der Erprobungsphase, und hat deshalb mit dem bisherigen Spielzeug aufgefüllt. Abgesehen von diesem rosa Klecks auf der Verpackung nicht der geringste Unterschied zu einem normalen Überraschungsei.

Aber dann im zweiten Ei eine der berüchtigten Feen. Das Modell Bloom. Bescheuert. Stimmt. Davor muss man Jungen unbedingt warnen, sonst ist man sie als Käufer für immer los. Rein herstellungstechnisch gar nicht mal so schlecht, obwohl winzig und im Submillimeter-Bereich sind Augen und Mund exakt gemalt. Keine verlaufene Farbe oder so. Aber nicht, wie ich vermutet hätte, im Kindchen–, sondern im Weibchen-Barbie-Schema. Überlange Beine, hohe Absätze, kecke Haltung, hüftenbetonender Minirock. Und die Beine seltsame nach vorne gebogen, wie ich das bisher nur bei Leistungsturnerinnen gesehen habe.

Der Fotograf kommt wieder bei mir durch. Man müsste mal die Körpergeometrie vermessen, in welchem Verhältnis zur Gesamthöhe die Hüfte liegt und wie dick Beine und Taille liegt. Denn das läuft wieder auf die Kriterien hinaus, wonach Männer Geschlechtspartnerinnen auswählen, also ursprünglich Gesundheitsmerkmale. Das sind genau die Merkmale, die Frauen zu betonen versuchen, wenn sie hohe Absätze, Strümpfe mit Naht, hohe Beinausschnitte, Schlitz im Kleid usw. einsetzen. Es läuft alles darauf hinaus, die Beine tatsächlich oder wenigstens optisch zu verlängern und ein anderes Verhältnis zur Körpergröße vorzugaukeln. Heute hilft man noch mit digitaler Bildverarbeitung nach.

Warum aber verkauft man kleinen Mädchen etwas, was Merkmale trägt, die eigentlich an erwachsene Männer adressiert sind?

Ist es so, wie die Feministinnen behaupten, dass man das macht, um Mädchen schon von kleinauf ein solches Schema einzuhämmern? Oder ist es genau umgekehrt? Wollen Mädchen sowas haben, weil das Schema schon in ihnen drinnen ist?

Ist das Auswahl-Schema fest verankert und angeboren? Ist Schönheit bzw. das Empfinden dafür nur das Entsprechen des einprogrammierten Auswahlschemas? Tragen Frauen deshalb hohe Absätze, weil es einem unterbewussten Verhaltensprogramm entspricht, Beine möglichst lang erscheinen zu lassen? Stehen Mädchen deshalb so auf Barbies, Überraschungsei-Feen und Mangas, weil die ein solches einprogrammiertes Auswahlschema bedienen und dem kindlichen Üben helfen?

Ist es so, dass eine einheitliche Gesellschaft in zwei Rollen dividiert wird, wie die Feministinnen behaupten, weil man ihnen unterschiedliches Spielzeug gibt und unterschiedliche Verhaltensweisen, oder ist es umgekehrt so, dass Mädchen und Jungen unterschiedliches Spielzeug haben wollen, weil sie eben unterschiedliche Verhaltensprogramme haben? Also Ursache und Wirkung andersherum liegen?

Ich habe nicht den Eindruck, dass Ferrero irgendwelche Geschlechterrollen durchsetzen will. Ich glaube, dass die nur eines wollen: Umsatz. Die drängen nicht etwas auf, was die Kinder nicht wollen (sonst würden sie ja Jungen nicht durch rosa Farbe warnen), sondern verkaufen etwas für Mädchen, ohne Jungs zu vergraulen. Also explizit für bestehende unterschiedliche Geschlechtsverhalten.

Ich habe den Eindruck, dass auch das die Gender-Theorie widerlegt.

Denn wären die Geschlechtsrollen nur anerzogen, würde man Jungs als Kunden mit sowas nicht vergrätzen. Man tut es aber. Man gibt die Geheimniskrämerei, die eigentlich für das Ei charakteristisch ist, auf, und gibt doch etwas Information darüber heraus, was drin ist, um den Umsatz zu heben. Weil Einheitsspielzeug eben doch nicht so funktioniert.

Ich bin jetzt mal gespannt, ob die das beibehalten und ausbauen, oder ob das wieder eingestellt wird.

Bezüglich Rosa geht mir aber auch noch eine andere Überlegung durch den Kopf: Die Parallele zum Frauenparkplatz und zur Frauenquote.

Vielleicht könnte es daran liegen, dass Mädchen und Frauen Spielzeug, Kleidung, Berufe, Arbeitsstellen, Parkplätze nur dann akzeptieren, wenn sie irgendwie als spezifisch weiblich markiert sind. Als ob sie lieber dann vor dem Supermarkt parken, wenn der Parkplatz für sie reserviert ist. Als ob sie lieber dann Informatikerin werden, wenn es eine Quote für sie gibt. Als ob sie Gummistiefel und Schulranzen dann bevorzugen, wenn sie per rosa als für Mädchen reserviert markiert werden. Der Prinzessinnen-Komplex, sie nehmen sich etwas nicht, sondern wollen es ans Bett gebracht haben. Privilegierung muss sein.

Also:

  • Theorie 1: Rosa ist nicht für Mädchen, sondern als Signal für Jungen gedacht, um diese vor Fehlkäufen zu warnen und Mädchen gruseligen Mädchenkram verkaufen zu können ohne Jungs als Kufer zu verschrecken. Das ist ein Mädchen-Ei, also kauft es nicht!
  • Theorie 2: Rosa ist als Signal für Mädchen gedacht um ihnen mitzuteilen, dass das speziell für sie gemacht ist und nicht für Jungen, dass sie das also kaufen können. Das ist kein Jungen-Ei, sondern Mädchen-Privileg, also kauft es!

Welche stimmt?

Nachtrag 1: Die Süße ist etwas unstet und neigt dazu, ihre Beine zu verlieren. Ein Tröpfchen Sekundenkleber unter den Rock müsste helfen – wirft aber das Problem auf, dass der Kleber teurer ist als das Überraschungsei.

17 Kommentare (RSS-Feed)

Hendrik
25.8.2012 20:33
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Theorie 3: Ferrero hat sich den Eier-förmigen Schokolade-mit-Gimmick Markt angesehen, und beschlossen nicht von der Konkurenz überholt zu werden.
Stichwort Disney, die haben nämlich schon lange Eier mit Jungen-spezifischem Bedruck (Ritter und Roboter etc.) und Mädchen-Bedruck (sämtliche aus Grimm-Märchen geklaute&vercopyrightete Prinzessinnen eben).

Die Aufregung durch überengagierte (selbsternannte) Feministinnen kann da nur helfen, schließlich ist in der Werbung jede Aufmerksamkeit gute Aufmerksamkeit.


yasar
25.8.2012 21:16
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Da kommt mir ein böser Gedanke:

Sind Frauenparkplätze nur dazu da, um Männer vor Beulen in Ihren Autos zu warnen? 🙂


Hanz Moser
25.8.2012 22:48
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“Anscheinend hat man gar nicht genug Glitzer-Zeugs, um die Rosa-Eier alle zu füllen oder war erst in der Erprobungsphase, und hat deshalb mit dem bisherigen Spielzeug aufgefüllt.”

Das wird sich noch zeigen, ich glaube daran aber nicht (von der Bebilderung der Anleitung abgesehen). Ich glaube eher, dass man alleine mit Glitzerkram und dem, was dem Klischee nach für Mädchen ist, Mädchen nicht wirklich lockt. Wenn ich an die Mädchen aus meiner Kindheit denke oder die, die ich jetzt in dem Alter kenne, glaube ich nicht, dass man die mit ein paar Zahnrädern verschreckt, sondern eher begeistert.
Der gezielte, negative Ausschluss der anderen Geschlechterrolle findet eher bei Jungs statt, als bei Mädchen.

“Denn wären die Geschlechtsrollen nur anerzogen, würde man Jungs als Kunden mit sowas nicht vergrätzen. Man tut es aber.”

Ich glaube zwar auch nicht daran, dass Geschlechterrollen reines Sozialisationsprodukt sind, aber der Schluss hier springt mich als offensichtlich falsch an.
In dem Alter, in dem sich der größte Teil der Zielgruppe befindet, sind die Kinder nicht mehr frei von das Geschlecht betreffender sozialer Prägung und haben durchaus schon einige typische Zuordnungen von Geschlecht und Rolle gesehen oder eingetrichtert bekommen.
Es dürfte keinen (nennenswerten) Zeitraum geben, in dem nicht entweder die Eltern den Konsum quasi alleine steuern, oder die Kinder bereits eine Rollenprägung erfahren haben. Ich hab erst vor ein paar Wochen gehört, wie eine Mutter ihrem Sohn (~4) gesagt hat, nur Mädchen würden mit Puppen spielen. Und jetzt erzähl mir bitte nicht, dass das ein Einzelfall sei oder Kinder auf sowas nichts geben würden…

Wenn aber die Selektion durch die Kinder erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem man bereits von einer Geschlechterrollenprägung ausgehen muss, lässt sich das nicht mehr so einfach nur dem sozialen oder dem biologischen Einfluss zuordnen.

Dasselbe gilt auch für die Ausführungen zum Körperbau der Elfen. Ob den Mädchen das instinktiv gefällt, oder weil sie das auch bei allen den Sachen für Erwachsene sehen, lässt sich m.E. nicht mit einem Handstreich und der Postulation als Tatsache abtun.


Hadmut
25.8.2012 22:58
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@Hanz: Naja, eben, dann müsste man es eben mal richtig untersuchen, bevor man Gesetze macht und die ganze Bundespolitik darauf aufbaut.

Bisher konnte mir beispielsweise noch niemand erklären, warum bei vielen Säugetieren und insbesondere auch Menschenaffen die Männchen deutlich aggressiver und anders auftreten, selbst wenn sie isoliert und in Gefangenschaft aufgewachsen sind. Kultur kann’s also nicht sein.


Svenska
25.8.2012 22:59
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Lucylectric – “Weil ich ein Mädchen bin”. Würde für Theorie 2 sprechen.

@yasar: Also mein Vater findet in Parkhäusern an den Pfeilern um Frauenparkplätze herum immer bevorzugt Schrammen und Lackkratzer. 🙂


Hadmut
25.8.2012 23:15
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@Svenska: Wieso treibt sich Dein Vater in Parkhäusern an Frauenparkplätzen herum?


Hanz Moser
25.8.2012 23:43
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“Naja, eben, dann müsste man es eben mal richtig untersuchen, bevor man Gesetze macht und die ganze Bundespolitik darauf aufbaut.”

Absolut richtig.
Aber mit den gleichen Fehlschlüssen zu argumentieren, die man der Gegenseite ankreidet (“Gehälter 50\50, ergo Führungskräfte 50\50”) ist Blödsinn und ein Schuss ins Knie.


Hadmut
25.8.2012 23:50
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@Hanz: Du übersiehst dabei aber (vgl diesen Kindergarten in Schweden, über den neulich berichtet wurde), dass laut Genderismus Kinder von Natur aus keine Geschlechterorientierung haben. Insofern müsste die Geschlechterausprägung mit dem Ansteigen des Feminimusmus und der Zahl der alleinerziehenden Mütter abnehmen. Mir wäre aber nicht bekannt, dass die Zahl der mit Puppen spielenden Jungen zunähme.


Hanz Moser
26.8.2012 0:48
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@ Hadmut

Postulierter Grund dürfte ja auch in der Gendertheorie der soziale Einfluss sein. Die Frage ist aber, ob der sich wirklich für Jungs verändert hat.

Für Mädchen sicherlich. Den Spruch “du heiratest doch eh!” als Antwort auf die Frage nach Abitur oder Studium gab es früher durchaus und sicherlich nicht nur in den paar Fällen, die ich persönlich kenne. Dass man den Mädchen heute erzählt, dass sie im Zweifel alles besser können als die Jungs habe ich selbst erlebt. (Von einem dämlichen, klassisch sexistischen Physiklehrer abgesehen…)
Da hat sich Einiges grundlegend verändert.

Bei den Jungs bin ich mir nicht so sicher. Ich hab Aktionen gesehen, die mit viel Trara Frauen zum Studium klassischer männlich dominierter Disziplinen motivieren oder für typische Männerberufe begeistern sollen. Ich habe aber nicht erlebt, dass man versucht hätte mich für Pädagogik oder eine Friseurlehre zu begeistern oder das heute mit Jungs versucht.
Frauen brauchen Förderung, Motivation und Quoten. Für Männer wären mir solche Ausrufe neu.

Man hat ja immer nur postuliert, Frauen seien benachteiligt und man müsse das ändern. Man hat nie darauf hingearbeitet, mehr Männer in Frauenberufe zu stopfen. Der Fokus lag immer darauf, etwas an oder für Frauen zu ändern.

Bei den zur Verfügung stehenden Vorbildern hat sich auch für allem für Frauen etwas getan. Musiker, Actionhelden, Ärzte, beruflich erfolgreiche und einflussreiche Männer und das alles gab es schon früher. Was ist dazu gekommen, was mal Frauen vorbehalten war?

Daher würde ich auch anzweifeln, dass sich an der Erziehung bei Jungs so viel geändert hat, wie bei Mädchen.
Bei allein erziehenden Müttern sehe ich keinen so großen Zusammenhang. Männliche Rollenbilder werden ja auch vom Umfeld und von den Frauen vermittelt. Der Wegfall des Vaters führt sicherlich nicht zum Verlust des männlichen Rollenverständnisses. Wenn ich vom begrenzten Erfahrungsschatz der allein erziehenden Mütter in meinem Bekanntenkreis ausgehe, glaube ich auch nicht, dass die empfänglicher für einen Sohn sind, der mit Puppen spielt oder da generell “offener” sind als nicht allein erziehende Mütter.
Bei den Femi-GenderInnen würde ich darauf tippen, dass die zahlenmäßig keinen großen Einfluss haben. Vor allem wenn man nur Mütter betrachtet.

Auch hier müsste man mal wirklich genau hinschauen.

Ich glaube zwar sehr wohl, dass es auch bei Kindern geschlechtsspezifische Interessen und Neigungen gibt, die nicht anerzogen sind. Um deren Nichtvorhandensein zu negieren fehlt mir der Eindruck, dass sich für Jungs hinreichend viel in der Erziehung geändert und den sozialen Einflüssen geändert hat.

Umgekehrt, bei den Mädchen, würde ich dir aber zustimmen.


Phil
26.8.2012 1:32
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AFAIK werden Rollen und sexuelle Prägung in der frühen Kindheit geprägt. So steht beispielsweise der sexuelle Präferenztyp bereits mit ca. 7 Jahren fest. Auch andere Verhaltensmuster bilden sich bereits in dem Zeitraum bis zum 6/7 Lebensjahr.
Insbesondere (fast?) alles was man so unter “Erziehung” subsumiert fällt in diesen Zeitraum.

Kinder (und insbesondere Kleinkinder) lernen natürlich hauptsächlich durch ausprobieren und nachahmen, wobei letzteres Teil vom ersten ist. Ist ist daher nicht einfach zu unterscheiden, welches Verhalten instinktiv ist und welches Verhalten “abgeschaut” ist.

Nähern kann man sich der Frage vermutlich nur, indem man versucht alle Instinktiven, bzw. biologischen Verhaltensmuster aufzuschlüsseln. Was übrig bleibt wären dann jene, welche sich durch Sozialisation erklären lassen (oder auch nicht 😉 ).

IMHO wäre es höchst interessant, wie sich Kinder von Homo Paaren entwickeln. Daran sollte man doch sehen können, die Erziehung das Verhalten beeinflusst.
Auch könnte man verschiedene Kulturen vergleichen und das unterschiedliche Verhalten von Kinder in diversen Ländern. Von Interesse wären natürlich primär besonders stark abweichende Kulturen, welche nicht das klassische Mann-Frau Schema haben.


Svenska
26.8.2012 10:03
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Hadmut: Da Frauenparkplätze in der StVO nicht definiert sind (und in den meisten Parkhäusern die StVO gilt), kann man die auch als Mann nutzen. Schließlich sind sie weniger abgelegen…


Stefan W.
27.8.2012 3:13
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@Svenska: Die StVO gilt m.W. nicht automatisch in Parkhäusern, sondern nur auf Basis allgemeiner Geschäftsbedingungen, die der Betreiber vorsieht, und aufgrund ebensolcher kann er auch Frauenparkplätze ausweisen.

Es wäre demnach ein Verstoß gegen Deinen Vertrag mit dem Betreiber dort zu parken, keiner gegen die StVO.

@Hadmut: Aggressivität wird m.W. stark durch die Ausschüttung von Testosteron gesteuert. Soweit ich weiß gibt es da wie bei fast allem eine Spanne von mehr und weniger, aber selbst Männer mit wenig Testosteron produzieren noch mehr als Frauen mit vergleichsweise viel Testosteron.

@Phil:

Von Interesse wären natürlich primär besonders stark abweichende Kulturen, welche nicht das klassische Mann-Frau Schema haben.

Es gibt kein klassisches Mann-Frau-Schema. Es gibt regional unterschiedliche Schemen, und mit der Zeit ändern sich diese auch. Es gibt dieses schöne Beispiel mit dem Wasserholen. 2 benachbarte, afrikanische Stämme haben geschlechtsspezifische Regelungen, wer das Wasser holen muss. Bei einem Stamm müssen es die Männer holen, weil Wasser schwer ist, und Männer stark sind. Bei dem anderen Stamm müssen Frauen Wasser holen, weil man Wasser in Gefäßen holt – die Frau mit der Fähigkeit zur Schwangerschaft ist aber selbst ein Gefäß, und somit ist offenkundig sie diejenige, die Wasser holen muss.

Was man kulturübergreifend findet ist, dass es erstens in allen Kulturen wenig rationale Geschlechtsrollen gibt die den Leuten sagen, ob sie dies oder das tun sollen, abhängig vom Geschlecht, bzw. die den Leuten sagen welchen Geschlechts sie sind, abhängig von Rollen, die sie ausfüllen, was ja die Konsequenz dieser Rollen ist.

Wenn nur ein Mann Soldat werden darf, dann kann jeder, der seiner Identität nicht ganz sicher ist, durch das Soldatwerden versuchen, sich Sicherheit zu verschaffen versuchen.

Meine Theorie ist (wobei ich nicht vermute der erste zu sein, aber ich kann niemand benennen, der das bereits gesagt hat), dass Männer unter sich und Frauen unter sich viel entspannter sind, da sie keine Konkurrenz und kein Balzverhalten an den Tag legen müssen. Wenn eine Clique von 5 Männern ins Fussballstadion geht, dann können die da ganz relaxed sein und Blödsinn machen, ein Bierchen trinken und das Hirn weitgehend ausschalten, und Frauen unter sich geht es womöglich ähnlich.

Aber wenn die gleichen 4 Männer mit ihren Frauen sich gemeinsam in einem Garten zum Grillen treffen, treffen 2 unterschiedliche Welten aufeinander und müssen koordiniert und miteinander versöhnt werden. Vielleicht ist der Wortführer in der Männergruppe zu Hause eher kleinlaut, vielleicht hat ein Pärchen Beziehungsstreß und beide möchten es in der Clique lieber überspielen. In einer gemischten Gruppe ist gleich die Frage von Eifersucht mit im Spiel und etwas darzustellen bekommt einen anderen Stellenwert, und die Regeln, wer etwas darstellt, sind auch andere – die Rückennummern aller Spieler von St. Pauli dem richtigen Namen auswendig zuordnen zu können spielt evtl. keine so große Rolle mehr.

Womöglich treffen sich alle 8 gerne zum Grillen, aber es ist anstrengender.


Fred1911
27.8.2012 10:39
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@Svenska
Nur zum Klugscheisen, da es Privatgrund ist gilt die StVO dort nicht und der Eigentümer setzt mit dem Schild “hier gilt die StVO” eine eigene Regelung auf Grundlage der StVO in Kraft in der er in der Parkhausordnung sicherlich Frauenparkplätze beachtet hat. Wo kein Richter da kein Kläger aber wenns doof läuft ist die Karre halt dann doch mal abgeschleppt und das dann zu recht.

Wenn er will kann er auch gerne Links-vor-Rechts oder Linksverkehr vorschreiben liegt alles im ermessen des Eigentümers.


Torsten
27.8.2012 13:09
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Ich denke, Antje Schrupp irrt gewaltig, wenn sie glaubt ‘Mädchen und Frauen haben ihre Emanzipation aus dem alten patriarchalen Geschlechterdualismus bereits hinter sich’. Mädchen wissen, dass da oft Spielzeug zum basteln drin ist und sind nicht darüber enttäuscht, wenn es sie nicht interessiert. Das wird dann einfach weggeworfen, verschenkt oder es heißt ‘Papa, mach Du mal’. Für Jungs wäre diese Erfahrung mit unpassendem Spielzeug neu und deshalb besteht die Gefahr sie zu vergraulen.

‘Heißt aber dann doch wieder, dass Mädchen und Jungen sich fundamental unterscheiden, und nicht nur durch Erziehung. ‘
Na klar, Du kennst Doch bestimmt die Geschichte von David Reimer http://de.wikipedia.org/wiki/David_Reimer.


Hadmut
27.8.2012 13:11
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> Na klar, Du kennst Doch bestimmt die Geschichte von David Reimer http://de.wikipedia.org/wiki/David_Reimer.

Hab ich im Buch ausführlich beschrieben, auch die Desinformation darüber.


Herrmann
28.8.2012 12:25
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Masi
12.9.2012 17:44
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Meine Freundin hat heute eins dieser rosa Ü-Eier geschenkt bekommen. Vom Inhalt war sie wenig angetan. Es war einer dieser Kreisel, die man mit so einem Federstarter andrehen lassen und über den Boden/Tisch sausen lassen kann. Das einzige was daran mädchenhaft war, war die Farbe: pink!