Ansichten eines Informatikers

Ist Begründen psychopathisch?

Hadmut
3.9.2012 9:58

Eine Studie über Twittern.

Bei Heise gibt es einen Bericht über eine Studie, wonach man aus der Twitter-Sprache Rückschlüsse auf bestimmte Psychopathien ziehen kann. Dabei sei vor allem die „dunkle Triade” gemeint, Narzissmus, Machiavellismus und antisoziale Persönlichkeit.

Das erschien mir eigentlich sofort plausibel, denn zum Thema Narzissmus und Machiavellismus fallen mir sofort jede Menge Leute ein. Vor allem solche, über die sehr viele Leute sagen, dass sie Narzisten oder Opportunisten sind. Und auch zu antisozial fallen mir viele Leute ein.

Dann aber sagen sie, dass dafür Konjunktionen wie „weil” oder „so dass” charakteristisch seien. Sind das nicht Konjunktionen, die man typischerweise verwendet, wenn man etwas begründet und erklärt, die Kausalitäten und Zielrichtungen erklärt? Wird es da als psychopathisch eingestuft, wenn Leute dazu neigen, ihre Aussagen zu begründen?

16 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
3.9.2012 10:30
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Ich denke, daß ist wie in der Mathematik. Das eine bedingt vielleicht das andere, d.h psychopathen arbeiten mit Begründungen. aber nicht jeder der immer seine Motive begründet ist ein Psychopath.

Und das hier manche vielleicht wieder die Kausalität verdrehen.


Steffen
3.9.2012 10:35
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Ich könnte mir folgendes als Erklärung vorstellen:

Psychopathen gelten ja als manipulativ. Ich erinnere mich, daß vor einiger Zeit eine Studie durchgeführt wurde, wo festgestellt wurde daß Menschen mehr dazu neigen einem Wunsch nachzukommen falls dieser mit einer Begründung kommt. Das wäre jetzt noch nicht so überraschend, der Clou an dieser Studie war, daß Menschen auch dann mehr einem Wunsch nachkommen falls die Begründung Humbug ist. Also Hauptsache irgendeine Art von Begründung, ob sie wirklich Sinn macht denken die meisten Leute nicht drüber nach.

Konkret haben sie wohl getestet, wie Leute reagieren wenn jemand sich an der Schlange vor dem Kopierer im Büro vordrängeln will. Falls jemand argumentiert: “Könnte ich bitte vor, ich muss für den Chef einige dringende Kopien machen” lassen die meisten Leute natürlich den Vortritt. Allerdings eben auch bei dem Satz: “Könnte ich bitte vor, weil ich einige Kopien machen muss”

Es könnte also sein, daß Psychopathen gerne für Begründungen charakteristische Phrasen verwenden, weil sie gemerkt haben daß man damit leichter Menschen manipulieren kann. Wäre interessant zu analysieren, wie die Tweets von Psychopathen genau aussehen, insbesondere ob das was nach “weil” kommt auch wirklich schlüssig ist oder nur Pseudoargumente.


Eton
3.9.2012 11:34
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Wie häufig sagt diese Studie mehr über deren Macher als über die Untersuchten.


/cbx
3.9.2012 12:51
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Eine andere Erklärung, die gerade hier gut passen würde 😉

Das Vorbringen logisch begründeter Argumente ist eine zutiefst männliche Methode, die mit zeitgemäßem Gender-Mainstreaming nicht kompatibel ist. Personen, die sich weiterhin an solche veralteten Konzepte klammern, müssen unter einer psychpoathischen Persönlichkeitsstörung leiden.


Hadmut
3.9.2012 12:51
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Ja, das wäre ne gute Begründung…


Hadmut
3.9.2012 12:52
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Würde auch dazu passen, dass viele Feministinnen, vor allem unsere Verfassungsrichterin Susanne Baer, logische Begründungen als frauenausgrenzendes „Truth Regime” ablehnen. Kein Witz, ist wirklich so.


anonym
3.9.2012 12:55
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Wer begründet, baut ein Wahrheitsregime auf. Das halte ich schon für ziemlich totalitär.


Hadmut
3.9.2012 12:58
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@anonym: Ja nicht nur totalitär, sondern auch noch rasssistisch. Denn Baer lehrt, dass dieses ganze Truth Regime am mitteleuropäischen, weißen, nichtreligiösen, gutverdienenden, gesunden Durschnittsmann ausgerichtet ist.

Wenn Du logische Begründungen forderst, diskriminierst Du nach der Doktrin von Baer nicht nur Frauen, sondern auch Rollstuhlfahrer und Ausländer. Weil Wahrheit in ihrer Lesart immer davon ausgeht, dass Du dabei gesund stehen kannst, weiße Hautfarbe und einen Penis hast.


anonym
3.9.2012 12:56
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Bin grundlegend skeptisch, wenn man aus Wortverssatzstücken ganze Persönlichkeitsprofile heraus lesen will. Klingt wie gelehrte Kaffeesatzleserei, ist aber voll im Trend.

Frage mich auch, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage man das so behaupten können wiil.


Hadmut
3.9.2012 13:15
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@anonym: Es ist im Trend, die Leute in Frauenhasser, Nazis, Kinderschänder, Kapitalisten, Faschisten usw. zu kategorisieren. Es gibt ne Menge Leute, die auf ein so einfaches Weltbild angewiesen sind.


anonym
3.9.2012 16:08
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Woher kommt wohl dieses Bedürfnis?


Hadmut
3.9.2012 16:13
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Macht die Welt einfacher, man muss weniger denken. Und es entspricht dem evolutionär entwickelten Beobachtungsverhalten.


anonym
3.9.2012 17:06
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Nun ja, diese Antwort kenne ich auch, aber irgendwie scheint sie mir etwas einfach. Evolutionär wird Veränderungswillen (ausgelöst durch Denken) ja keineswegs bestraft, im Gegenteil, Anpassung lebt davon und ohne die würde der Mensch nicht weit kommen.


yasar
4.9.2012 7:39
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Evolutionär wird Denken wohl bestraft.

denken erfordert sehr viel Energie, im wahrsten Sinen des Wortes. Und zuviel Energieverbrauch geht an die vorhandenen Resourcen. Das ist quasi das Äquivalent zu “zuviel” Bewegung. Solange kein wichtiger Grund besteht (Jagen, Gesundheit), bewegen sich die meisten Menschen ungern. sowohl mental als auch körperlich. Die meisten Leute sind halt schlicht faul.


anonym
4.9.2012 10:05
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Ja das ist mir bekannt. Aber ohne Denken hättest du weder was, wo du drauf rumtippen kannst noch hätten wir je eigene Hütten gebaut. Die Faulheitshypothese finde ich nicht falsch, aber nicht hinreichend.

Es erklärt vor allem net, wieso gerade jetzt wieder so ein Bedürfnis nach möglichst einfacher Einordnung besteht. Wieso Populismus gerade wieder so angesagt ist und ebenso indifferentes Denken.
Gibt da auch ne geschichtliche Komponente, nach der habe ich eigentlich gefragt. Ich würde auf sowas wie Anomie tippen.


Skeptiker
4.9.2012 19:42
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He ihr seid hier bei Danisch. Da kann man doch nicht einfach Kausalzusammenhänge konstruieren, wo es doch bestimmt nur um eine Korrelation geht: Die Psychos stellen willkürliche Fragen an verschiedene Gruppen und korrelieren dann diese oder jene Eigenschaft mit einer Vorliebe für bestimmte Wörter oder bestimmtes Obst usw. Dann machen sie Tests daraus und ziehen fortan nur noch Umkehrschlüsse. Wenn man zehn Fragen stellt und jede korreliert nur zu 51%, ist das in der Summe ganz bestimmt trotzdem signifikant! Habe halt gerade meinen Statistikschein nicht zur Hand….

So wie ja bekanntlich 100% aller Raucher und Faulpelze früh sterben und die Gesunden alle 100 Jahre alt werden… toll.

Weiß man, wie die Studie designt war? Zwei hinreichend große Gruppen, die einen Psychopathen, die anderen “normal”, deren Tweets man hinreichend gezielt und lange auf bestimmte Auffälligkeiten getestet hat? Waren die Gruppen korrekt ausgewählt? Hat man Zufälle, Fehlschlüsse usw. ausgeschlossen? Ist die Studie womöglich wiederholbar? Kommt bei den Psychos ja so oft nicht vor.

Oder war das eher sowas wie Data Mining, und mehr ist da nach einigem Stochern eben nicht dabei rausgekommen? Wobei das mit trennscharf verschiedenen Gruppen in der Psychologie ja ohnehin nicht so einfach ist :-)))

Wobei: Anonyme Surfer/Twitterer/Poster identifizieren oder wenigstens kategorisieren zu können, ist ja ein Geschäft. 100% braucht man da wahrscheinlich gar nicht. Wer war da noch gleich der Auftraggeber?