Wally erklärt Meinungen
Dilbert hat’s mal wieder.
Im Dilbert vom Sonntag erklärt Wally auf wunderbare Weise, was eine Meinung ist.
Nun ist es nicht direkt erstrebenswert und wertvoll, eine solche uninformed opinion zu haben. Natürlich ist es immer besser, informiert zu sein.
Nur: Diese Haltung, dass man sich immer erst ausinformiert haben muss, führt zu einer Verknappung oder einer zweckwidrigen Verzögerung der Meinung und damit zur Einengung der Meinungsfreiheit.
Viele Leute sind heute der Ansicht, dass man sich erst total informiert haben muss, bevor man eine Meinung äußern darf. Was ja letztlich nur ein pseudoschlauer Vorwand ist, anderen die Meinung ganz verbieten zu wollen. Denn den anderen erst mal für Tage/Wochen/Monate kaltzustellen, um sich zu informieren, ist ein probates Mittel, ihm die Meinungsfreiheit zu nehmen. Ein subtiles Mittel, die Meinungsfreiheit zu verletzen.
Außerdem: Dividiert man die Lebenszeit (oder die im Leben verbleibende Arbeitszeit) durch die mittlere Zeit, die man braucht, um sich voll zu informieren, wozu im Einzelfall nicht mal ein reguläres Studium reichen würde, bleibt die Zahl der Meinungen übrig, die man in seinem Leben höchstens haben könnte.
Hat der Mensch nur Recht auf eine begrenzte Zahl von Meinungen, die man haben darf?
11 Kommentare (RSS-Feed)
@Hanz: Na gut, dann finde ich “fundiert” und “sachkundig”. Klingt etwas besser, sagt aber nicht mehr, weil man solche Formulierungen ohnehin nur schwer ins Deutsche übersetzen kann.
Erinnert mich an den “educated guess”, für den ich auch noch keine gute und universelle Übersetzung kenne.
Hm, das Verhalten, Diskussionen mit diesem Argument zu unterdrücken, ist mir auch schon oft und auch schon vor einiger Zeit aufgefallen.
Zumeist sehe ich das doch recht häufig (gefühlt, ich habe jetzt nicht nachgeprüft) in den Foren gewisser Nachrichtenmagazine (ich denke da an Heise und auch SpOn, wo ich aber sehr selten bin), wo die Trolle (Heise) bzw. anderen (SpOn) oft auch noch vollends zustimmen …
Dass ich nicht der einzige bin, der das bemerkt hat und mit etwas Sorge betrachtet (der, dass es sich noch weiter ausbreiten könnte), zu wissen, tut zumindest schonmal gut. 🙂
Deine provokante Frage vom Ende möchte ich pauschal verneinen, aber das Problem ist auch meiner Ansicht nach tatsächlich da – wie man es lösen kann, weiß ich jedoch wohl genauso wenig.
Dazu habe ich mir noch keine informierte Meinung bilden können.
> Erinnert mich an den “educated guess”, für den ich auch noch keine gute und universelle Übersetzung kenne.
Oder, genauso schön: “guesstimate” 🙂
Ohne den Austausch von Meinungen kann der Prozess der Wissensgewinnung gar nicht erst starten.
@HF: So sollte es sein. Allerdings lässt sich auch anderes beobachten: Findet dieser Meinungsaustausch nur unter Meinungs-Gleichgesinnten statt, dient er zur Meinungsbestätigung, nicht zur Meinungsmodifikation. Meinungen müssen dann nicht begründet werden, sondern ihre Korrektheit wird durch den Mehrheitsentscheid einer meinungshomogenen Gruppe “bewiesen”. Und wer was anderes denkt, der ist des Teufels (Religion), der ist ein Sexist (Gender), hat was zu verbergen (Vorratsspeicherungsgegner), ist pädophil (Löschen statt Sperren-Befürworter) usw.
Man muss tatsächlich nicht immer “informiert” oder “sachkundig” sein, um eine Meinung zu äußern. Es ist auch nicht erforderlich, sich stets “fundiert” zu äußern. Aus dieser Forderung würde in der Tat eine massive Einschränkung der Meinungsfreiheit erwachsen. Im Gegenteil kann ich mich bewusst als “unkundig” zu erkennen geben, eine möglicherweise falsche Meinung äußern und meinem Diskussionspartner so die Möglichkeit geben, mir neben seiner Meinung auch Hinweise oder Hintergrundinformationen zu geben, indem er die Fehler in meiner Argumentation aufdeckt. Auf der anderen Seite gibt es aber zahlreiche Zeitgenossen, die zu allem immer eine Meinung haben, was im Kern nichts anderes bedeutet, als dass diese Personen einfach mal irgendetwas gesagt haben wollen, nur um auf sich aufmerksam zu machen. Und selbst, wenn der Blödsinn des Gesagten eindeutig durch andere widerlegt wurde, bleiben diese Personen bei “ihrer Meinung”. Das Eingestehen eines Denkfehlers kratzt schließlich zu sehr am Ego. Ich behaupte, dass es hier ein hinnehmbarer und marginaler Eingriff in die “Meinungsfreiheit” dieser Personen ist, von Ihnen zu verlangen, sich “erst mal zu informieren”. Meinungsfreiheit ist das eine. Das Sprichwort “erst denken, dann reden” gilt aber auch hierbei.
Also ich finde es durchaus gerechtfertigt, zu allem jedem eind Meinung haben zu dürfen, auch wenn man sich mit der Materie überhaupt nicht auskennt. Man darf sogar der Meinung sein, daß nicht genderkonforme Klassennamen einem nicht gefallen. Man muß aber nicht zu allem eine Meinung haben.
Es darf auch nicht soweit gehen, zu erwarten, daß andere der gleichen Meinung sein müssen oder gar das als alleinig richtig darzustellen.
Wie sagte mal einer singemäß (Descartes glaube ich): Ich kämpfe dafür, daß sie frei Ihre Meinung sagen drüfen. Ich bin aber nicht verpflichte sie mir auch anzuhören.
@Hadron: Da hast du völlig recht. Und wer anders denkt, ist ein Religions-, Gender-, Vorratsdatenspeicherungs- oder Internetzensurextremist.
Das Problem ist, dass dieses Verhalten leider in beide Richtungen wirkt…
Ein Mensch darf sogar überabzählbar viele Meinungen haben.
Er äußert davon aber nur endlich viele.
Schlag mal die Übersetzungen von “informed” nach. “Informiert” trifft es im Kontext von “opinion” nicht und klingt schrecklich.
Ich gebe dir durchaus recht, dass es kein notwendiges Kriterium sein kann, ein Themengebiet vollumfänglich durchdrungen zu haben, bevor man eine Meinung äußern dürfen soll.
Andererseits bin ich nicht bereit alles was den Charakter einer wertenden Äußerung hat als Meinung zu akzeptieren. Wenn mir jemand erzählt, dass meine Software schlecht sei, nur weil die Klassennamen nicht genderkonform sind, dann ist das für mich nur dummes Geschwätz und noch nicht den Begriff “Meinung” wert.