Gültig bis 31.12.2099
Vorhin hab ich mir bei LIDL eine 15-Euro-Aufladekarte für eine Prepaid-UMTS-SIMkarte gekauft. Steckt im iPad, weil ich es für ein paar Monate außer Haus verwende.
Steht drauf: „Gültig bis 31.12.2099“. Saperlott!
Für eine Vorausschau von 88 Jahren ist das aber eine ziemlich genaue Ansage. Nur mit den Problemen:
- Da existiere ich nicht mehr. Das wäre eher etwas zum Vererben für die Urenkel.
- Das Thermopapier ist bis dahin nicht mehr lesbar und taugt nicht mehr zum Urkundenbeweis.
- Sie sind sehr optimistisch anzunehmen, dass es 2099 noch den Euro gibt. Oder überhaupt noch erwähnenswertes Geld.
- Selbst wenn, das Guthaben wird nicht verzinst, die Inflation rast. Andererseits ist der Mobilfunk seit seiner Entstehung trotz Inflation auch nominal billiger geworden. Was bekommt man 2099 noch für die 15 Euro von heute? Gar nichts mehr oder 5 Fantastobytes Downloads? Misst man bis dahin überhaupt noch in Bytes?
- Die Frage ist, ob es 2099 noch UMTS-SIM-Karten gibt, ob es überhaupt noch Mobilfunk in einer Weise gibt, die der unseren ähnlich ist, und ob man die Karten dann noch mit Prepaid-Gutscheinen von 2012 aufladen kann. Vermutlich würden die sich totlachen. Oder neidisch werden. Weil’s bis dahin vielleicht gar keine Computer mehr gibt, weil sich niemand mehr Strom/Energie leisten kann.
- Womöglich würden die gar nicht mehr verstehen, was einer von ihnen wollte, wenn er mit dem Zettel da ankäme. Oder was das überhaupt sein soll. Steht nämlich nicht drauf, was es ist. Nur was von Aufladen, Cash-Code und Supermarkt. Da sich 2099 niemand mehr daran erinnern dürfte, weil keiner der dann tätigen Call-Center-Mitarbeiter und Juristen das heut schon erlebt (lebt vielleicht, weil bis dahin das Rentenalter auf 93 angehoben wird, aber sich nicht mehr bewusst an Prepaid-Gutscheine erinnern kann), dürfte es schwierig werden denen klarzumachen, worum es da eigentlich geht und worauf man da Anspruch hätte.
- Was bin ich froh, dass ich das nicht mehr erlebe. Wie ich mich kenne, würde ich den Fetzen am 3.1.2100 irgendwo finden und mich dann totärgern.
Somit ist das Gültigkeitsdatum eigentlich völlig bedeutungslos.
Ich find’s trotzdem nett. Falls es Absicht und kein Softwarefehler war. Nährt zumindest die Hoffnung, dass es in 4 Wochen noch funktioniert.
10 Kommentare (RSS-Feed)
Denkfehler Deinerseits.
Denn bis zum 31.12.2099 bekommst Du doch, was Du willst. Der Anspruch ist unstrittig. Es steht ja auch nicht da, dass der Anspruch dann verfällt, sondern nur, dass der Gutschein bis dahin gültig ist. Anspruch und Gutschein ist zweierlei. Ein Anbieter ist nicht gehalten, die Gutscheine selbst unverändert zu lassen, sondern kann jederzeit Gutscheine umtauschen.
Außerdem gilt das mit dem Verfallen von Ansprüchen auch nur für Beträge, die auf dem konkreten Konto gutgeschrieben wurden, nicht auf abstrakte Gutscheine. Das heißt ja nicht, dass die 15 Euro verfallen, sondern nur, dass ich den Gutschein bis 2099 zur Einlösung auf einem Mobilfunkkonto eingereicht haben muss. Und dass ich das muss entspricht schon dem Grundsatz nach Treu und Glauben, denn darin liegt ja der Zweck des Gutscheins. Man kann durchaus verlangen, dass ein Gutschein zeitnah auf ein Konto verrechnet wird, damit der Provider einen Überblick über die tatsächlich geltend gemachten Ansprüche hat. Weil der Gutschein anonym gekauft ist, könnte er sonst nicht wissen, ob der noch aussteht oder z. B. verloren gegangen ist. Auch kann der Provider nach Jahren nicht mehr die Echtheit prüfen.
Insofern halte ich das für völlig legitim, wenn der Provider innerhalb einer gewissen Frist erwartet, dass ich den Gutschein zumindest mal auf ein konkretes Mobilfunkkonto umbuche. Denn nur darum geht es.
Dein Verweis auf § 307 geht übrigens fehl, denn mit AGB hat es gar nichts zu tun. Weil ich das erst nach dem Kauf gelesen habe, ist es nicht Vertragsbestandteil geworden, meines Erachtens innerhalb dieses Rahmens und der Zweckbestimmung aber auch als einseitige Erklärung durchaus wirksam.
Wenn Du aber schon mit BGB, OLG usw. argumentierst: Was veranlasst Dich zu der Annahme, dass § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB im Jahr 2099 überhaupt noch existiert? Oder die Bundesrepublik existiert oder zumindest einen Rechtsnachfolger hat? Oder dass LIDL noch existiert?
Denn umgekehrt könnte man dem auch entgegenhalten, dass Verträge hinreichend bestimmt sein müssen. Das sind sie aber nicht wenn man Verträge über etwas abschließt, was man nicht nur nicht vorhersehen und noch erleben kann, sondern bei dem es erhebliche Zweifel gibt, ob es dann überhaupt noch umgesetzt werden kann.
Bisher halte ich meine Meinung für deutlich richtiger als die deine. 😉
Aber vielleicht findest Du ja bei den Richtern des Jahres 2100 Zustimmung. Erzähl’s mir dann.
Oder noch besser: Lege für das Jura-Studium Deines Enkels einen Haufen Geld beiseite und einen solchen Gutschein, damit er dann 2100 was zu klagen hat. Auf dass er dann vor Gericht zieht und denen erklärt, dass er 88 Jahre gewartet hat, bis der Gutschein endlich verfallen ist, um sie dann zu verklagen. Bin mal gespannt, ob Du oder Dein Enkel mit sowas durchkommen.
“Was veranlasst Dich zu der Annahme, dass § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB im Jahr 2099 überhaupt noch existiert?”
Spielt doch keine Rolle, da du die Karte ja _heute_ gekauft hast. Damit gelten auch die heutigen Gesetze, schließlich kannst du ja derzeit nicht wissen, wie die Gesetzeslage im Jahr 2099 sein wird.
Lidl scheint da ja überaus kurzfristig zu denken! Oder befürchten die nur, dass sie über ein Jahr-2100-Problem stolpern werden?
Beim pinken T bekommt man nämlich schon länger Codes, die bis “01.01.3000” aufladbar sein sollen, und natürlich ebenfalls auf durchweg archivtauglichem Thermopapier abgedruckt sind.
Aber das schönste kommt zum Schluss: “Nach Ablauf des Gültigkeitsdatums schreibt T-Mobile Deutschland GmbH binnen einer Verjährungsfrist von 2 Jahren unter Verrechnung einer Bearbeitungsgebühr von 5 EURO den Betrag Ihrem Xtra-Konto gut. Dafür wenden Sie sich bitte an den T-Mobile Kundenservice”
Also insbesondere den Verweis auf den Kundenservice finde ich ja bemerkenswert….
Wie ist das eigentlich mit der regelmäßigen 30-jährigen Verjährungsfrist nach BGB vereinbar (§§ 195, 197, 202)?
OK, §195 entfällt schon mal. Da steht “drei”, nicht “dreißig”.
Fünf Euro im Jahr 3000. Der Tag beginnt schon luschtich.
Carsten
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“Ich lernte in vielen Jahren, dass keine Versprechungen wertloser sind, als die von Vater Staat.
Der Staat enteignete meine Familie 1936, 1949, 1990 und greift immer noch in unsere Taschen und bereichert sich (bläht sich auf) in unangemessener Weise. Als Arbeiter bist du gezwungen, einen Teil deines Lohns z. B. in die Rentenversicherung einzuzahlen. Eine Versicherung, die mein Urgroßvater, Heinrich von Boetticher, als Vertreter Bismarcks und zweiter Mann im Staate, einführte. Aus dieser Kasse bediente sich der Staat, wenn es irgendwo kneift. Du kannst nichts dagegen tun. Denn er ist unser Vater. Vater Staat. Er hat die Macht. Und, wer die Macht hat, hat das Recht.”
Hartmut Bachmann
Wahrscheinlich *muss* dort aus irgendwelchen EDV-Gründen irgendein Datum stehen.
Im Bibliothekssystem, welches ich benutze, wird für die Ausleihart “Dauerleihe” der 1.1.2199 genommen.
“Immer” oder “ewig” sind halt keine Zahlen.
@Flusskiesel NULL vielleicht? Oder nan, inf. Das gibt es als float-Zahlen schon.
@Martin
Keine Ahnung, was sich die Programmierer so denken.
Vermutlich war für das Feld einfach ein Datum vorgesehen und man ändert ja nicht einfach mal so ein SIM-Kartenbedruckprogramm.
Nett? Reingefallen! Gar nicht nett. Die dürfen nämlich gar nicht verfallen.
Weil Du Dich immer so niedlich und gutgläubig an Paragraphen festhältst, § 307 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nr. 1 BGB + je nach genauer Formulierung Verstoß gegen das Transparenzgebot, weil versteckte Grundgebühr, § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB, Urteile OLG Brandenbug und LG München gegen E+ und O2.