Totgesagte leben länger
heißt es. Und was die Presse schreibt, kann man sowieso nicht mehr so ohne weiteres glauben. Zumal es da immer mehr Leute gibt, die der Auffassung sind, dass man nicht die Realität beschreibt, sondern nach Belieben herbeischreibt. Und die Presse ist bis zur völligen Unglaubwürdigkeit politisch unterwandert.
Andererseits ist unsere Presse so unzuverlässig, dass man sich nicht einmal darauf verlassen kann, dass alles falsch und erfunden ist, und automatisch das Gegenteil wahr wäre. Und mancher Totgesagte roch doch wirklich schon schwer nach Verwesung.
Was also mag es bedeuten, wenn der Spiegel schreibt, dass die Piraten sich gerade selbst beerdigen? Ich habe den starken Eindruck, als stimmte es. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit hielt ich die Piraten für die einzig noch wählbare Partei. Inzwischen schüttelt’s mich auch schon bei dem Gedanken, deren Kandidaten eine Stimme geben zu müssen. Wenn ich sehe, was für ein abgehalftertes Gesindel da von den Grünen ‘rübergemacht hat und da einfach einmarschieren konnte – gruselig.
18 Kommentare (RSS-Feed)
Ja es ist wirklich traurig. Die Piraten hätten die Chance mit ihrer Transparenz-Forderung mal ein wenig die alltägliche Korruption im Politikbetrieb zu beleuchten. Ich denke da an Förderungsbetrug aller Art, Lobbyismus, Postengeschacher, etc.
Für diese Art Arbeit reichen die paar Piratenabgeordneten durchaus, wenn der Rest der Partei sie im Hintergrund aktiv unterstützten würde. Sie müssen ja keine Gesetze durchbringen sondern “einfach nur” für ausreichend Öffentlichkeit sorgen und mal ein paar Hintergründe ausforschen. Sozusagen das System Politik hacken und Salz in die Wunden streuen. Sie wären vielleicht das, was man früher (TM) mal unter Qualitätsjournalismus, der zu eigener Recherche fähig ist, verstanden hat – nur übertragen auf moderne Internetmaßstäbe.
Wenn sie das konsequent durchziehen würden, wären auch in kurzer Zeit die peinlichen Fragen nach einem Parteiprogramm überflüssig. Sie brauchen nämlich kein Programm im klassischen Sinne. Es reicht, wenn sie die anderen Parteien dazu antreiben würden endlich mal ordentliche Arbeit abzuliefern.
@ludi Also http://zettelsraum.blogspot.de verfügt über eine so schräge, erzkonservative Sichtweise, dass man sie durchaus eher als Verdunkelung denn als Lichtblick der Informationswelt sehen kann. Als Beispiel habe ich mir mal das gesammelte Bücklingsgejammer dort zu Schavan durchgelesen.
Frau Schavan hat sich vor Allem durch ihr Verhalten während der hochgepuschten Affäre selber diskreditiert, dafür hat sie keine Uni Düsseldorf mehr benötigt. Aber der Tenor dort ist: Alle böse, außer Schavan.
Die FAZ ist da ja wesentlich dichter an der Realität. Die NZZ versucht m. E. überwiegend nur, schweizer Besonderheiten zum Weltstandard zu erheben.
Lies doch mal zusätzlich die TAZ und die Zeit, mehrere Blickwinkel auf die gleiche Problematik können den Geist schärfen ;-))
Manolo: Dann wären sie aber keine Partei im klassischen Sinne, sondern eher eine NGO, die zufällig im Parlament sitzt. Zu einer Partei gehört auch ein politisches Programm, dass über “keine Zensur im Netz” hinausgeht.
Das Parteiprogramm der Piratenpartei geht doch über „keine
Zensur im Netz“ hinaus. -.-
Welche Partei ist denn noch wählbar? Die “Partei der Vernunft” ist leider nicht *wählbar*, weil sie nicht zur Wahl zugelassen ist. Und so wie sich die Unterschriftensammlung entwickelt, wird es wohl auch 2013 dabei bleiben:
http://www.parteidervernunft.de/sites/default/files/uu-stand-btw-2013.pdf
Wobei ich hier nun endlich auch mal was positives über die Piratenpartei sagen kann: Sie halten sich durchaus konsequent an einzelne Programmpunkte. Siehe dazu im Spiegel, Ausgabe 4/2012: “Piratin Weisband erklärt Selbstauflösung ihrer Partei zum Ziel”
Ja, tragisch. Ich bin schon seit vielen Jahren Nichtwähler aus Überzeugung. Die Piraten haben es geschafft, dass ich darüber nachgedacht habe, wieder zu wählen und zwar sie. Und jetzt Ponader. Laura Dornheim. Domscheidt-Berg. Und viele andere wirre Sektierer auf dem Trittbrett.
Nope. Auf keinen Fall. War ne schöne Idee, aber wie alle guten Ideen endet es damit, dass sie von Spinnern und Profilneurotikern kaputtgemacht wird. Schade drum.
> Nichtwähler aus Überzeugung
Ich nicht. Noch nicht. Aber wenn, dann aus Verzweiflung am Angebot. Aus Selbstachtung, wenn Ihr wollt.
@Ruru: Zettels Raum ist sicher nicht “schräge” und “erzkonservativ”. Die Autoren verstehen sich als liberal und konservativ, was es auch ganz gut trifft. Die aktuelle Artikelserie zu Mali liefert beispielsweise Hintergrundinformationen, die ich in den deutschen Qualitätsmedien nicht finde. Auch die Analysen und Prognosen zu den Wahlen in den USA und Frankreich sucht man in unseren Medien vergeblich. Und den aktuellen Zustand der Piraten hat Zettel schon beschrieben, als sich die Medien vor Begeisterung über diese neue, unkonventionelle Partei nicht mehr einkriegen konnten. Aber ich lese Zettels Raum ja nicht, um meine Sichtweise bestätigt zu bekommen, sondern um auch andere Aspekte zu erfahren.
Der Fall Schavan interessiert mich nicht besonders, schon allein weil nach diesen Kriterien vermutlich die Hälfte aller Promotionen aberkannt werden müßten. Nimm zum Beispiel Dr. jur. Gregor Gysi; der hat mit dem Titel “Zur Vervollkommnung des sozialistischen Rechtes im Rechtsverwirklichungsprozeß” promoviert. Den Blödsinn möchte ich nicht lesen. Aber es stimmt schon, gerade die bürgerlichen Politiker legen gesteigerten Wert auf einen Titel. Das ist meines Wissens ein typisch deutsches Problem und hat vielleicht etwas mit unserer feudalen Vergangenheit zu tun.
Die NZZ will meines Erachtens nicht Schweizer Besonderheiten zum Weltstandard erheben. Welche Schweizer Besonderheiten sollten das denn sein? Sie bringt aber oft interessante Berichte aus dem europäischen Ausland, die ich in deutschen Zeitungen nicht finde. Zudem finde ich den Blick aus der neutralen, direktdemokratischen Schweiz auf die deutschen Probleme und Problemchen ganz erfrischend.
Zur taz könnte ich einiges erzählen, ich habe nämlich vor langer Zeit ein Jahr für diese Zeitung gearbeitet. Jede Menge Spinner und Profilneurotiker, bei denen dann der lauteste und unverschämteste gewinnt (Dank an kiezneurotiker für die Begriffe). “Deutschlands größte Schülerzeitung” nannten wir sie damals. Heute paßt das böse Wort “Kinderstürmer” von Broder wohl besser. Hätte ich damals Schlagzeilen wie “Keine Urkunde fürs siebte Nazi-Kind” oder Kommentare wie “der nächste Schlaganfall [Sarrazins] möge sein Werk gründlicher verrichten” gelesen, ich hätte sofort gekündigt. Die Zeitung nehme ich nicht mehr ernst.
Die Grünen haben sich längst habituell ihren Herkunftsfamilien angenähert. Spießbürgerliches karrieregeiles Kriegstreiberpack. Jutta Ditfurths Schilderungen wie die Partei einst ausgetauscht wurde sind nicht uninteressant. Die Gruppe Joseph Fischer hat damals mit der Unterwanderung immerhin deutlich länger gebraucht, als zuletzt die aktuelle Gruppierung in der Piratenpartei.
Huch, die Medien mögen die Piraten nicht? Wie verwunderlich.
Huch, unter 30.000 Leuten gibt es unterschiedliche, sich widerstreitende Meinungen? Woha.
Es gibt aber durchaus zwei Ebenen, zwei Parallelwelten, wie heute jemand anders schrieb: Die mediale Welt, die banales hochkocht und wiederkeut. Und die stille, oft unbemerkte aber doch vorhandene Welt, wo viele Leute unbeirrt Politik machen und aktiv sind.
Andauernd wird gesagt, man soll nachdenken was man ließt und vom wem es kommt. Aber dieselben die das eine Minute vorher sagten, glauben dann doch alles, flippen aus und senden sofort Hasstweets gegen andere, wenn irgendein Medium irgendein Zitat aus den Zusammenhang reisst und Storys schreibt.
Vielleicht ist Gesundschrumpfen eine Lösung um wieder einige der schlimmsten Überläufer und Karrieristen loszuwerden.
Aber vielleicht muss man auch einfach hinnehmen, daß viele Leute, die sich mangels großer Konkurrenz irgendwo/irgendwann zum Vorstand wählen ließen, auch ganz viele junge Menschen sind; Viele die nie zuvor medialer Aufmerksamkeit hatten und nicht lernten damit umzugehen; und erst recht viele, die keine oder nur wenige Erfahrung mit Menschenführung haben.
Aber macht das die Piraten als ganzes unwählbarer?
Bei den Piraten kommt es zu Pfusch und Fehlern meist wegen Unerfahrenheit. Bei den anderen aber? Sind die wirklich besser, nur weil die besser in PR und Intrigantentum sind und hinter den Türen streiten und (noch) nicht via Twitter?
@ludi & ruru:
Einem überzeugten Leser von Zettels Raum die taz oder die ZEIT zu empfehlen ist vergebene Liebesmüh. Dasselbe gilt im umgekehrten Fall.
Zu einem nicht geringen Teil lebt Zettel von der Kritik an gerade den genannten Medien, die allgemein von der “Raum”-Leserschaft gar nicht mehr als seriös betrachtet werden.
Wer also das von taz und Zeit propagierte Weltbild akzetabel findet, wird sich beim Lesen von ZR nur schütteln. Denn da wird ein sehr, sehr anderes Weltbild gepflegt.
Schön, daß sich bei Herrn Danisch die verschiedensten Leserschaften dann begegnen. 🙂
@Ruru:
“eine so schräge, erzkonservative Sichtweise”
Da hat jemand was geschrieben, dem du nicht zustimmst, und schon ist er deswegen “erzkonservativ”? Den Eindruck kann ich gar nicht bestätigen. Oder sollte “erzkonservativ” eine Art Beleidigung sein? So wie man “diese Schweine” ja auch nicht wörtlich meint?
@Flash:
“Wer also das von taz und Zeit propagierte Weltbild akzetabel findet”
wird in Herrn Danisch einen frauenverachtenden Sexisten erkennen. Zuviel Kritik an Gender und dazu auch noch Ablehnung der Frauenquote. Damit hat er sich als rückständiger Macho enttarnt.
taz und Zeit sind nicht seriös, die auch von Ruru gelobte FAZ wird auch in Zettels Raum durchaus geschätzt (natürlich nicht jeder Artikel kritiklos).
@Flash und Ruru:
Schweizer Besonderheiten wären im großen und ganzen eine Wohltat für die Welt.
Zettel kann übrigens durchaus differenzieren und sich zu jedem neuen Fall eine eigene Meinung bilden ohne zu sehr in Schubladen zu verfallen. Er fühlt sich dabei auch nicht durch (scheinbare) politische Nähe behindert.
Zu Gutenberg beispielsweise hat er sich sehr deutlich geäußert. Obwohl er Mitglied einer Unionspartei ist und Zettel ihn vorher für einen Hoffnungsträger gehalten hat (wenn ich das richtig in Erinnerung habe). Das hat ihn kein bisschen abgehalten:
http://zettelsraum.blogspot.de/2011/02/guttenbergs-kelkheimer-rede-der-text-im.html
Guttenberg der Blender:
http://zettelsraum.blogspot.de/2011/02/zettels-meckerecke-guttenberg-der.html
http://zettelsraum.blogspot.de/2011/02/der-lugenbaron-vor-dem-bundestag.html
Er hat damit auch nicht lange gezögert.
Was die Piratenpartei sich so alles an Personal und Skandalen leistet ist wahrlich nicht schön, trotzdem fällt mir auch nach längerem Nachdenken keine bessere Alternative für meine Stimme ein.
“Frau Schavan hat sich vor Allem durch ihr Verhalten während der hochgepuschten Affäre selber diskreditiert, dafür hat sie keine Uni Düsseldorf mehr benötigt. ”
Ja, die Reaktion auf Vorwürfe und Kampagnen sind immer falsch. Am besten gar nicht reagieren.
Mit Bücklingsgejammer hat es nichts zu tun, wenn man einen Vorwurf mal nicht unterstützt.
Da bin ich erst kürzlich, als ich mich über die grün-feministische Unterwanderung der Piraten ärgerte und einfach nur nach Namen googelte, auf diesem Blog von Herrn Danisch gelandet, finde dort einen Verweis auf einen weiteren Blog (zettelsraum) und stelle dann fest, das letzterer kürzlich verstorben ist. Traurig.
Hadmut schrieb: “Andererseits ist unsere Presse so unzuverlässig, dass man sich nicht einmal darauf verlassen kann, dass alles falsch und erfunden ist, und automatisch das Gegenteil wahr wäre.”
Also bei Kinofilmen und Büchern klappt das ganz gut. Wenn Spiegel, Prantl-Prawda, Zeit oder Telepolis einen Film oder ein Buch verreissen, dann lohnt sich in aller Regel ein Kinoabend oder der Kauf des Buchs.
Ich halte ja die FAZ und die NZZ für die letzten seriösen, überregionalen, deutschsprachigen Zeitungen. Für aktuelle politische Fragen und eine freundliche, unaufgeregte Diskussionen darüber empfehle ich den Blog Zettels Raum: http://zettelsraum.blogspot.de