Ansichten eines Informatikers

Was man so unter “genormt” versteht…

Hadmut
8.3.2013 18:19

Wenn man schon mal auf Kompatibilität setzt.

Ich hab ne Menge Krempel. Und den muss man ja auch irgendwie irgendwo aufräumen, im Keller oder so. Deshalb habe ich über die Jahre immer wieder mal Kunststoffbehälter und Klappboxen gekauft. Immer mal so Sonderangebote oder wo es gerade welche günstig gab. Mit dem üblen Ergebnis, dass ich Behälter in vielen verschiedenen, oft proprietären Größen habe, von denen sich zwar einige stapeln lassen, aber so insgesamt ist es ein großes Durcheinander, mit dem man viel Platz vergeudet.

Deshalb bin ich vor einiger Zeit auf Boxen der Größen-Reihe „Euro-Behälter” umgestiegen. Sind zwar ein bisschen teurer, dafür aber auch in besserer Qualität und in der Größe von den Euro-Paletten abgeleitet. Gängig sind beispielsweise Behälter in genau einem Viertel der Fläche einer Euro-Palette, also im Format 40×60 cm. Da passen viele Keller-typische Dinge, Werkzeuge, aber auch Fotoausrüstungsteile usw. ganz gut rein.(Und wenn man es wirklich mal bräuchte, bekäme man sogar Euro-Paletten aus Kunststoff mit entsprechenden Rillen, auf denen man die Dinger exakt aufstapeln und mit den üblichen Hubwagen transportieren könnte). Passt auch ganz gut ins Auto, wenn ich die Rückbank umlege, und die Dinger halten ne Menge aus. Und falls sie mal was nicht aushalten, bekommt man gegen entsprechend mehr Geld bei verschiedenen Herstellern Boxen mit entsprechender Qualität und Hochlastböden. Oder auch Deckel dazu. Oder exakt passende Untersockel mit Rollen. Und Einsätze, und und und. Und für diese Eurobehälter spräche eben auch, dass sie genormt sind und man sie von vielen Herstellern bekommt.

Ich habe mir also in einer Baumarkt-Kette ganz viele von denen gekauft. Hohe und flache, geschlossene und welche mit Löchern, feste und eben welche zum zusammenklappen, das allseits bekannte Prinzip der Klappbox. Soweit alles prima und empfehlenswert, zu meiner Zufriedenheit.

Nun hat aber eben jener Hersteller sein Klappboxen-Modell verändert und irgendwie moderner gestaltet. Und seitdem gibt es die Klappboxen bei dieser Baumarkt-Kette nicht mehr. Man kann sie auch beim Hersteller bestellen, aber nur in gewissen Mengen und man muss sich die eben schicken lassen, kostet eben auch. Nun brauchte ich auf die Schnelle noch solche Klapp-Boxen und habe in einer anderen Baumarkt-Kette welche von einem anderen Hersteller entdeckt. Sehen fast gleich aus, im Prinzip das gleiche Sortiment, so ähnlich, dass man sie für ein Plagiat halten könnte. Sogar die Farben waren gleich. Und die Preise auch ungefähr. Also habe ich mir welche von denen gekauft.

Aber dann der Mist: Die Boxen des einen passen beim Stapeln nicht auf die Boxen des anderen, weil die unten ja in die Öffnung der anderen Box passen müssen. Und da sind die des einen Herstellers unten eben etwas länger als die anderen Innenlänge haben. So ein Mist.

Gelobt sei die Erfindung von E-Mail, ich hab mal angefragt, warum die nicht passen. Deren Antwort:

Sehr geehrter Herr Danisch,

es handelt sich hier um zwei unterschiedliche Kunststoffprodukte. Zwar sind die Behälter genormt, aber da die Ware von zwei unterschiedlichen Lieferanten stammt, ist es nicht verwunderlich, dass die Behälter nicht zueinander passen. Jeder Lieferant stimmt seine Produkte aus einer Produktgruppe aufeinander ab und nicht auf die Behälter des Wettbewerbs.

Wir würden Ihnen nahe legen, sich in Zukunft für einen Lieferanten zu entscheiden und würden uns freuen, wenn Sie künftig die Ware über uns beziehen würden.

Und was hat man dann davon, dass sie “genormt” sind? So naß war ich vorher auch schon mit den Billig-Boxen, die ich immer spontan gekauft habe, wo ich sie gerade gebraucht und bekommen habe.

12 Kommentare (RSS-Feed)

Bernd
8.3.2013 18:41
Kommentarlink

Mag ja sein, aber was hat das mit der feministischen Weltherrschaft zu tun?


Jens
8.3.2013 19:02
Kommentarlink

Ja nu. Genormt heißt noch lange nicht interoperabel.


Aggel
8.3.2013 20:17
Kommentarlink

Ich kann deinen Ärger verstehen – ginge mir genauso.

Was mir jetzt nicht so ganz klar ist:
ist jetzt die in der Norm vorgegebene Spezifikation Mist, oder haben die Hersteller schlampig gearbeitet und nur behauptet normgerecht hergestellt zu haben?

Also, wer bekommt den “schwarzen Peter” für dieses Ärgernis?


Hadmut
8.3.2013 20:19
Kommentarlink

Weiß ich jetzt auch nicht so genau. Müsste man mal untersuchen.


Aggel
8.3.2013 20:55
Kommentarlink

Ich finde das nicht unerheblich …
Beim Dreamliner und den Akkus lagen die Probleme – zugespitzt formuliert – wohl auch daran, dass die sich selbst zertifiziert haben.

Sowas kann sich ja zu einem generellen Problem auswachsen – wenn Normen bzw. deren Einhaltung nicht mehr vernünftig überwacht werden.


Uwe
8.3.2013 20:56
Kommentarlink

Tja, da ist die Frage wer spricht denn hier von welcher Norm? Und wer hat die gemacht? Und wie auslegungsfähig ist die?

Das ist wie mit der Standardsoftware. So ziemlich jeder Hersteller spricht bei seinen Programmen von Standard-Lösungen. Meine Kunden fragen meistens im ersten Gespräch ob unsere Lösung denn auch eine Standardlösung wäre. Ich frag dann ob sie denn ein Standard-Problem hätten…


Aggel
8.3.2013 21:56
Kommentarlink

@ Uwe
Ich denke genau da liegt der Denkfehler:
Standard ist eben nicht gleich Norm!

Sehr oberflächlich beschrieben hier: http://goo.gl/k3Xf2

Hintergrund: ich habe im Berufsalltag gelegentlich mit Normen zu tun und mein Eindruck ist, dass diese enge Grenzen setzten.


Jens
8.3.2013 22:34
Kommentarlink

Und auch eine Norm sorgt nicht zwingend für Interoperabilität zwischen verschiedenen Produkten, die die Norm erfüllen.

Möglicherweise kann man 4 Stapel mit Kisten 4 verschiedener Hersteller auf eine Euro-Palette stellen, und vielleicht verlangt die Norm das sogar. Offenbar kann man aber nicht Kisten verschiedener Hersteller aufeinander stapeln. Vielleicht verlangt die Norm das auch gar nicht.


Jens
8.3.2013 22:38
Kommentarlink

@Aggel: Ja, sehr oberflächlich beschrieben.

“Sie stellt den Stand von Wissenschaft und Technik dar.”

Erstmal hätte hier wohl eigentlich noch das Wort “anerkannten” stehen sollen.

Zum einen können Normen, was auch höchstrichterlich erkannt ist, hinter dem Stand von Wissenschaft und Technik zurückbleiben. Zum anderen kann es auch durchaus passieren, dass Normen Anforderungen aufstellen, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht zu erfüllen sind.


yasar
9.3.2013 12:32
Kommentarlink

Wenn ich das mit den “Euro-behältern” richtig verstanden habe, ist da nur geregelt, daß die ordenlich auf Paletten gepackt werden können (80×120, 40×60, 20×30 o.ä). Ob die untereinander Stapelbar, sind welche Höhe die haben, ob sie mit anderen Herstellern harmonieren ist überhaupt nicht geregelt. Slbst verschidene Modellreihen eines Herstellers müssen nicht mal harmonieren.

Im Endeffekt läuft das darauf hinaus, daß man ein oder zwei Hersteller sich raussuchen muß und das konsequent durchhalten. Oder man Kauf Billigboxen, die man bei Bedarf schnell wieder ersetzen kann.

Ich packe meine Euroboxen in Gorm- oder Ivar-Regale und auch wenn das nicht Platz-Effizient ist, ich kann beliebige Hersteller nehmen und die Stapelbarkeit ist dann auch nebensächlich.


HF
10.3.2013 9:46
Kommentarlink

Es kommt drauf an, wer die Norm vorantreibt und welchem Herrn sie dient. Wenn es die Hersteller oder gar nur ein Hersteller sind, dient die Norm als Waffe im Kampf gegen andere Hersteller, davon hat der Verbraucher nichts. Wenn der Konsument die Normen fordert, zum Beispiel bei Munition oder in Mengen produzierter Wehrtechnik, funktioniert es auch mit der Interoperabilität. Könnte es sein, das das nur in der guten, alten Zeit funktionierte und heute ausschliesslich Unternehmensvertreter in den Normungsausschüssen sitzen?


dasuxullebt
15.3.2013 17:24
Kommentarlink

Hm. Ein bisschen Related habe ich vor einigen Jahren mal einen kleinen Rant verfasst.

http://uxul.wordpress.com/2009/03/06/warum-mich-die-welt-langweilt/

Ansonsten kann man bei solchen Boxen manchmal mit einer Feile nachhelfen.