Warum Computer QWERTY-Tastaturen haben
Eine bestürzende Erkenntnis aus dem Reich der Informationstechnik.
Warum haben unsere Computer die QWERTY (bzw. in Deutschland QWERTZ) Tastaturen?
Mein Wissensstand war, dass man das ursprünglich mal erfunden hat, um in der Schreibmaschinensteinzeit auf den damals hakeligen mechanischen Schreibmaschinen das Verhaken der Typenhebel zu minimieren, das leicht passierte, wenn zwei benachbarte Hebel schnell hintereinander gedrückt wurden. Ja, das kenne ich auch noch. Wenn man auf einer mechanischen Schreibmaschine sehr schnell schreibt, kann es passieren, dass zwei benachbarte Hebel aneinander hängenbleiben oder sich verkeilen. Deshalb hat man die Tastatur damals so gebaut, dass die Tasten und Hebel häufig aufeinanderfolgender Buchstaben räumlich weit auseinander liegen.
Seit Einführung elektrischer Schreibmaschinen und elektronischer Computertastaturen ist dieser Sinn natürlich überwiegend entfallen, bis auf den Umstand, dass sich immer noch gewisse Vorteile daraus ergeben, dass häufig aufeinanderfolgende Buchstaben weit auseianderliegen sollen und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit mit verschiedenen Fingern oder sogar verschiedenen Händen gedrückt werden, was der Geschwindigkeit zugute kommt. Bei Handy- und Tablet-Tastaturen ist dann auch das sinnlos, da geht’s eher drum, dass man die bekannte Tastatur wiederfindet.
Freilich gab’s schon diverse Vorschläge, das im Zeitalter der Elektronik zu ändern. Durchsetzen konnte sich keine, obwohl die derzeitige Tastaturbelegung eigentlich eine Katastrophe ist. Häufig benutzte Sonderzeichen wie eckige oder geschweifte Klammer oder Backslash (\) sind nur schwierig zu erreichen, weil mangels Tasten auf Tastenkombinationen gelegt, während einen gleichzeitig eine überdimensionierte und doch völlig nutzlose Caps Lock-Taste Platz wegnimmt und nervt.
Eigentlich dachte ich ja, das wäre halt einfach so geblieben, weil man sich nie auf was neues einigen konnte und bekanntlich (wie z. B. auch bei VHS gegen Video2000 und Betamax) der Status Quo immer sehr schwer gegen das Bessere wiegt. Deshalb haben wir ja auch Standard-PCs mit 30 Jahre alten Erblasten.
Aber nein. Heute habe ich die Erklärung gefunden, warum man seit über 100 Jahren an der QWERTY-Tastatur hängt:
Some myths about women’s oppression are simply foolish, such as the claim that the ubiquituos QWERTY keyboard has remained in use for more than a century because it makes life harder for female typists.
Ach deshalb. Um Sekretärinnen zu quälen und ihnen das Leben schwer zu machen, sozusagen ne Sado-Tastatur. Warum haben die eigentlich nie Glasscherben oder Heftzwecken mit der Spitze nach oben auf die Tasten geklebt? Oder die Tasten elektrisch beheizt und rotglühend heiß gemacht? Und warum muss ich da gerade an den Film »Secretary« denken?
(Gefunden in „The privileged Sex” von Martin van Crefeld, der dazu auf Juliet Webster, Shaping Women’s Work: Gender, Employment and Information Technology, London, Longman, 1996, pp. 38, 59, 60 verweist. Natürlich habe ich mir als Informatiker dieses Buch eben sofort bestellt. Die meisten feministischen Bücher, die ursprünglich mal sehr teuer waren, bekommt man gebraucht für Kleingeld hinterhergeworfen, deshalb kaufe ich auch soviel davon. Fast immer gebraucht, und es ist bisweilen ein Spaß nachzugooglen, welchen Leuten die vorher gehört haben, weil die ja fast alle ihre Namen reinschreiben oder stempeln. Aber das hier war der Knaller: Das habe ich eben über Amazon aus den USA im Gebraucht-Zustand “sehr gut – neuwertig” für sage und schreibe 0,01 Euro, allen Ernstes für 1 Cent gekauft, zuzüglich 3 Euro Versand. Dauer aber 2 bis 3 Wochen, bis es da ist.)
24 Kommentare (RSS-Feed)
Oh, da sagst Du was. Früher hatte ich ganz viele Bücher, aber das ist nicht mehr auszuhalten. Soviel wie möglich kaufe ich heute auch elektronisch, aus eben jenem Grund. Auf Sprinter-Größe bin ich aber noch lange nicht runter. Außerdem verschätzt man sich da leicht.
Bei dem feministischen Zeugs hab ich zwar viele aktuelle Bücher als E-Book gekauft, aber vieles stammt eben aus den 90er und 80er Jahren und ist schon auf dem Ramsch unverkäuflich. Das bringt auf absehbare Zeit keiner in eine elektronische Form, obwohl das technisch heute nicht mehr so schwierig wäre.
Es sind natuerlich 0,01 Euro oder 1 cent und nicht 0,01 cent… =/
@akurei
“Just for fun” ist ein gutes, kurzweiliges Buch. Hat mir sehr gut gefallen.
> der Status Quo immer sehr schwer gegen das Bessere wiegt.
Ein weiteres Beispiel dazu ist
@akurei > der der Linux gestartet hat
was bis heute Hurd erfolgreich ausgebremst hat.
Was hast du eigentlich gegen qwerty? Da liegen die []{}\| doch alle beieinander.
Ich habe mich an qwertz gewöhnt. Die Kappes-Lock hatte ich mal als Compose-Taste. Aber weil ich so selten Ausländisch schreibe, mache ich das schon lange nicht mehr.
Das Verwenden von mehreren Tastaturbelegungen bringt mich durcheinander. Ärgerlich. Andere kommen damit wohl klar. Ich habe Leute gesehen, die an derselben Hardware zwischen qwerty und Dvorak gewechselt haben.
“Häufig benutzte Sonderzeichen wie eckige oder geschweifte Klammer oder Backslash (\) sind nur schwierig zu erreichen”
Naja, genau für die QWERTY gilt das ja eben nicht. Beispielsweise auf dem britischen Layout liegen [] {} auf ü und +, der \ liegt auf der < Taste. perfekt erreichbar für den Tastschreiber.
@sumosu: Ja, das bezog sich auf die deutsche version.
QWERTY ist entstanden, damit Marketingdroiden das Wort “TYPEWRITER” eintippen können, ohne lange suchen zu müssen. Alle dafür benötigten Tasten befinden sich in der oberen Reihe.
Als richtiger Nerd beherrscht man natürlich mehrere Tastaturlayouts fließend. Entgegen populären Glaubens ist das auch problemlos möglich, ein “Verlernen” von bereits Etabliertem ist unnötig, solange sich alte und neue Anordnung nicht zu ähnlich sind.
Hach, der gute alte Capslock. Irgendwie schade, dass man den unter windows nicht wie bei OS X einfach so in der Systemsteuerung abschalten kann.
Wie wird das eigentlich begründet mit der Unterdrückung, es gibt ja nur ein Layout für alle, also müssten ja auch Männer gleichermaßen Probleme damit haben
@Lohengrin: Du setzt voraus, dass Hurd das technisch bessere Produkt ist (oder wäre, wenn die Entwickler von Linux mal alle rüberkämen um Arbeitskraft zu spendieren).
Angesichts der Tatsache, dass das von der FSF kommt, die mit ihren –long-options, ihrer konstanten Verwendung von dynamic linking auch in Dingen, wo man es gar nicht wollte, und ihrer konstanten Überkomplexität in _allem_ nicht eben für Einfachheit bekannt sind (und nur mit Einfachheit bekommt man Verfügbarkeit und Sicherheit – wenn du das nicht glaubst, mach mal ein Sicherheitsaudit eines beliebigen Browsers), halte ich diese These eher für zweifelhaft.
Gut, Linux wird auch immer schlechter, auch im Kernel (vor ein paar Kernelversionen ging der SD-Kartenleser in meinem Laptop noch, mittlerweile nicht mehr, und ich höre, ab Kernel 3.8 hat das unsägliche D-BUS seine eigene Socket-Familie, d.h. Teile von D-Bus sind ab da im Kernel).
@Joe: Als richtiger Nerd vielleicht, aber für die Mehrzahl der Berufe (auch die Mehrzahl der computergebundenen Berufe) ist das Layout total egal. Als Programmierer sitze ich viel häufiger da und denke nach (oder warte auf den Compiler/Debugger/Testmaschine), als ich tippe.
@Joe: Alles Quatsch, das Ziel war natürlich, das Wort „Stewardess“ mit einer Hand schreiben zu können
Für die deutsche Sprache ist Neo entwickelt worden http://www.neo-layout.org/ Ich schreib damit seit drei Jahren und es geil. Vorallem, dass man mit Capslock auf eine dritte Zeichenebene schalten kann und die Sonderzeichen gleich unterm Zeigefinger hat. Einfach mal anschauen und gut finden; man muss es ja nicht lernen, wenn man nicht will (Quertz kann ich auch noch, falls ich mal an einem fremden Rechner bin).
Wie sieht eine Tatstur für Mandarin aus?
Unser Professor meinte mal, das würde sehr über auswahl laufen, dass sie eine Taste drücken und dann ein paar zeichen zur auswahl haben
@Sven
Die Registry ist dein Freund:
capslock-off.reg:
—SNIP—
Windows Registry Editor Version 5.00
[HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Control\Keyboard Layout]
“Scancode Map”=hex:00,00,00,00,00,00,00,00,02,00,00,00,00,00,3a,00,00,00,00,00
—SNIP—
capslock-on.reg:
—SNIP—
Windows Registry Editor Version 5.00
[HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Control\Keyboard Layout]
“Scancode Map”=-
—SNIP—
Ach die alte Geschichte mit dem Tippsen-Quälen. Schon oft behauptet, noch nicht widerlegt 😉
Als Tastaturlayout habe ich dem “Deutsch (QWERTZ)” schon lange abgesagt. US Intl ist zum Programmieren ca. 1000x besser, Umlaute macht man mit den toten Tasten (hat den Vorteil dass man auch mal schnell ein ÿ schreiben kann), und AltGr+S für ß ist auch einfach zu merken und zu tippen, jedenfalls besser als AltGR+8 oder wo auch immer die geschweiften Klammern bei D sind.
Weiterer Vorteil: wenn alle wie die Sau vorm Uhrwerk stehen wenn Linux mal auf die Recovery-Console bootet und das Tastaturlayout auf Default (=US) gestellt ist hat man damit kein Problem 😉
@Joe, P-Moritz
Wenn ich mal Langeweile habe, versuche ich es noch einmal mit NEO. qwertz und qwerty gleichzeitig kann ich jedenfalls nicht. Ist wohl zu ähnlich.
Ich habe das gleiche Problem mit Fremdsprachen. Ich kann heute Spanisch und nächste Woche Französisch, aber nicht beides am selben Tag. Eine russische Bekannte hat das gleiche Problem mit Deutsch und Englisch.
@Andreas
Vor vielen Jahren hat mir mal ein Chinese gezeigt, wie er etwas eintippt. Der hat ‘miau’ eingegeben, und sich dann das richtige der vier Miaus ausgesucht.
@nullplan
Als Linux funktionierte, haben alle das genommen und weiterentwickelt, was funktioniert. Um Hurd hat sich dann keiner mehr gekümmert.
Mir ist es egal, ob die GNUs oder die BSDs so ein Ding bauen. Am liebsten wäre mir, wenn es beide getrennt machen. Aber das wird nicht passieren, weil das Etablierte funktioniert.
Ein weiteres Beispiel ist IPv4. Ich vermute, dass auch noch in zehn Jahren genattet wird.
Für die deutsche Sprache ist Neo entwickelt worden http://www.neo-layout.org/ Ich schreib damit seit drei Jahren und es geil.
Ich hatte so fünf Jahre lang eine modifizierte Dvorak-Variante verwendet, die auf einem Rewiring der DIN-Tastatur basiert. Hatte den Vorteil, daß ich das auf Scancode-Ebene lösen konnte und auf der IBM Model M nur die Tastenkappen umzustecken brauchte. Irgendwelche Sonderzeichenbelegungen auswendig zu lernen wollte ich mir gleich ersparen.
Ich bin aus verschiedenen Gründen wieder davon abgekommen u. a.
Die Unterstützung abseits des PCs für alternative Tastaturlayouts ist schlecht. Versuch mal was eigenes auf Windows 8 oder das iPad hinzubekommen oder eine Bluetoothtastatur ohne QWERTY zu finden.
Ctrl+Z,X,C,V, WASD und HJKL funktionieren nicht mehr so toll.
Nachdem ich das Zehnfingersystem endlich erlernt hatte, konnte ich es auch mit QWERTY/Z verwenden.
Natürlich sind 50 % mehr Speed nett, aber auch ich tippe im 140-Zeichen-Twitter-Zeitalter keine Massen an Text mehr.
Tottasten für diakritische Zeichen sind durch schmale Rechtecke markiert, die auch die Lage des diakritischen Zeichens zum Grundbuchstaben markieren.
Die schönste Beschreibung der Geschichte der Tastaturbelegung findet sich IMHO in der Diss von Corinna Bath, Seite 102ff.
https://www.danisch.de/blog/2012/09/11/bitte-um-meinungsbild-zu-dissertation-in-informatik/
Ich würd’s gern zusammenfassend zitieren – schaff’s aber nicht, da die Argumentationskette irgendwie nie ganz zur Ruhe kommt…
Ich kann Moritz P. nur beipflichen: neo ist eine tolle Tastaturbelegung. Ob die Anordnung der Buchstaben optimal ist, kann ich nicht beurteilen. Sehr gut sind jedenfalls die verfügbaren Sonderzeichen {} direkt nebeneinander. Außerdem ordenliche deutsche Anführungszeichen „“, Auslassungspunkte …, griechische Buchstaben, mathematische Symbole und ein richtiger Gedankenstrich –.
Das Lernen ist etwas mühsam, wenn man aber eine «normale» Tastatur nutzt, ist man gezwungen, blind zu schreiben und lernt dann gezwungenermaßen sehr schnell.
Tastaturen sind doch programmierbar. Wenn man blind schreibt – wen interessiert da die Aufschrift?
Nur den Befehl zum Umstellen muss man kennen.
@sven: “Unser Professor meinte mal”
Professor für Mensch-Maschine-Interaktion? Oder aus welchem Grund schreibst Du ihm besondere Kenntnisse in diesem Bereich zu?
Ich hab frueher oft und gerne Buecher fuer 0,01 cent gekauft. Auch wenn die Buecher meist 2-8 Wochen unterwegs sind. Das letzte Buch war “Just for Fun: The Story of an Accidental Revolutionary” die Autobiografie von Linus Torvalds (der der Linux gestartet hat). Noch nicht gelesen, muss ich zugeben.
Seit ich meinen eReader hab les kauf ich aber keine Buecher mehr aus Papier. Mein naechster Umzug wird schoen, weil alles in einen Sprinter passt. Schaetze alleine durch die Buecher die ich nicht mehr habe spare ich mir 5 Umzugskartons =D