Das iPad-Schnellzieh-Holster
Noch so ne Erkenntnis.
Ich hadere ja so vor mich hin mit den Fotografierpraktiken der Asiaten. Nur die wenigsten fotografieren wirklich, die meisten machen nur auf die einfachstmögliche Weise “Beweisfotos”, dass sie da und dort waren. Immer dieselben Fotos: Die Frau steht davor, die Frau steht vor diesem Tempel, vor jenem Wahrzeichen und so weiter. Manchmal wechseln sie und die Frau macht das selbe Foto nochmal vom Mann. Eigentlich gibt es davon nur dreieinhalb Untervarianten:
- Dastehen wie Pik Sieben ohne jeden Ausdruck, die Gesichtszüge auf Null, warten bis die Aufnahme über einen ergangen ist. Schrecklich.
- Kommt selten vor: Wie erstens mit einem Anflug von Lächeln.
- Kommt oft vor: Wie erstens mit dämlichem angestrengtem Grinsen und Zeige- und Mittelfinger einer Hand ausgestreckt zum V-Zeichen (ich hab noch nicht verstanden, warum sie das eigentlich machen, mit dem Victory-Zeichen scheint’s aber nichts zu tun zu haben, obwohl es so aussieht.)
- Sind sie besonders ausgelassen, dann wie 3. nur mit V-Zeichen an beiden Händen.
- Sehr selten zu beobachten, aber dann von sehenswerter Groteske: Manga-Girls. Junge Japanerinnen, die komplett nur noch in einer Manga-Welt leben und sich sobald sie ein Objektiv sehen sofort zwanghaft in Manga-Posen werfen.
Auf den Geist geht mir aber auch die Art und Weise zu fotografieren. Vor 10 Jahren standen sie alle da und hielten ihre damals hundsmiserablen aber allgegenwärtigen Klapp-Handys in die Luft. Vor 3 Jahren standen sie alle da und hielten ihre iPhones in die Luft. Wobei das ja schon ein Riesen-Fortschritt ist, denn innerhalb gewisser Grenzen können iPhones verblüffend gute Fotos machen. Inzwischen haben viele aber kein iPhone mehr dabei, sondern iPads. Die großen. Da stehen sie dann rudelweise da und halten iPads in die Luft wie ein Brett vor dem Kopf. Da muss ich mal noch ein Foto davon machen. Sieht so herrlich behämmert aus.
Interessant ist die Frage, wo sie die Dinger eigentlich unterbringen. iPad im „Damenhandtäschchen” ist inzwischen nicht mehr ungewöhnlich. Eine Grundschulklasse habe ich gesehen, deren Kinder sich gegenseitig fotografiert haben – die hatten allerdings nur 7-Zoll-Tablets, sind ja noch Kinder.
Einer lief aber an mir vorbei, der hatte allen Ernstes am Gürtel ein Schnellziehholster für das iPad, um das immer griffbereit zu haben und sofort ziehen zu können. Hatte das iPad am Gürtel baumeln wie ne Knarre.
10 Kommentare (RSS-Feed)
Gemäß Hörensagen soll das mit den Beweisfotos eine Tradition aus alten Tagen sein wo der japanische König von seinen reisenden Untertanen tatsächlich Beweisbilder (vermutlich Gemälde/Zeichnungen) von den Reisezielen verlangte um die Reiseerzählungen ein bisschen verifizieren zu können.
@gerd
Das Victory-Zeichen kommt von den englischen Langbogenschûtzen im 100 jährigen Krieg. Die waren bei den Franzosen derart verhasst, dass ihnen bei Gefangennahme Mittel- und Ringfinger abgeschnitten wurde.
Um den Franzosen vor dem Kampf zu zeigen, dass sie ihre Bögen noch bedienen können hielten sie eben diese Finger in die Luft.
MfG Flax
@Gerd
also das V-Zeichen kommt meines Wissens nach aus Frankreich/England. Die Engländer waren seinerzeits berühmt für ihre Langbogenschützen die auf den Schlachfeldern absolut tötlich waren, weil wegen Durchschlagskraft und Reichweite. Die Franzosen haben die entsprechend wie die Pest gehasst und denen mit ausgestreckten Fingern signalisiert, dass sie ihnen gleich selbige abschneiden werden. Hat nicht geklappt, verloren, und zum Sieg haben die Engländer ihrerseits Zeige und Mittelfinger erhoben.
Je nach Ausrichtung ist es doch auch einerseits eine Beleidung, andererseits das Zeichen des Erfolgs, oder?
Also Schulterholster sind praktischer und cooler.
Das mit dem V-Zeichen ist so eine Sache, keiner weiß es so recht. Aber eine Variante gefällt mir sehr gut.
Während des 100-jährigen Krieges sollen angeblich englische Langbogenschützen vor der Schlacht von Agincourt den Franzosen die Finger gezeigt haben um sie zu verspotten, die wiederrum hatten nämlich die Angewohnheit gefangenen Bogenschützen die Finger abzuschneiden um ihrer erneuten Einsatz zu verhindern.
Die Quellenlage ist mehr als dürftig, aber die Geschichte ist klasse 🙂
Meine Frau behauptet, das V-Zeichen käme aus Korea und würde einfach “happy” und/oder “cute” bedeuten. Über Japan hat es sich dann auch in andere asiatische Länder verbreitet und wird als “ich bin glücklich”/”ich freue mich” verwendet.
@ Mattes
Ich vermute ebenfalls das V-Zeichen stammt aus Frankreich, weil in Social Networks viele junge Damen jenes Zeichen auf Fotos machen, währenddessen sie ihre Zunge zwischen diesen beiden Fingern heraus stecken.
Wir haben in der Firma ein Pad von Lenovo, das mindestens einen halben m² groß ist. Gibt es dafür auch solche Schnellzieh-Holster?
Das V-Zeichen kommt, glaube ich, aus Japan. Das machen die, weil alle es machen. Ist doch Grund genug, oder?
Es gibt aber hervorragende Fotografen in Singapur und Malaysia. Google mal “Ming Thein”, einer der besten!