Humanismus 2.0: Ein Stück Papier, von Hand gemacht
Haben wir uns nicht immer über die schnöde Computertechnik beschwert? Über die billige Unpersönlichkeit lieblos vom Laserdrucker ausgespuckter weißer Einheitsware in 80 Gramm/m2 holzfrei, automatisch kuvertiert und nie von einem echten Menschen in die Hand genommen? Sind wir nicht gerade auf dem Weg zurück in das Natürliche, das Handgemachte, die Manufaktur, bei der wir wieder die klassischen, althergebrachten Techniken anwenden, so wie sie seit hunderten von Jahren üblich und bewährt waren?
Ist es nicht soviel warmherziger und beständiger, soviel persönlicher und ergreifender, soviel akademischer und geistvoller, dem Niveau wahrer Denker, einem Hort der Nobelpreisträger vergangener Tage, soviel angemessener und würdiger, die Kulturtechnik des Schreibens anzuwenden, die unsere Jugend in entsetzlicher Twitterei ver- oder gar nie erst erlernt hat? Ist es nicht eine Verneigung vor der jahrhundertelangen Tradition der Wissenschaft, strömt es nicht dieses wunderbare Aroma alter, ehrwürdiger, ledergebundener Bücher aus, die man in einer holzverkleideten Bibliothek in einem Ohrensessel bei warmem Licht an kalten Winterabenden stille genießt, während draußen der Schnee leise fällt?
Die Humboldt-Universität zu Berlin hat sich diesem Retro-Trend verschrieben und stellt ihre Rechnungen für IFG-Auskünfte handschriftlich aus. Man beachte die fesche Flucht der Zeilen nach rechts. Im Namen der Vizepräsidentin für Haushalt, Personal und Technik. Sind ja verbeamtet und öffentlicher Dienst, die haben Zeit und Geld für sowas. Haushalt und Technik eben.
(Wäre übrigens ein netter Zug, wenn wir alle mal alte, ausgemusterte Rechner sammeln und der HU Berlin stiften könnten. Nicht wahr?)
24 Kommentare (RSS-Feed)
Was nützt das, solange ich eine Impressumspflicht habe?
Das gilt vielleicht schon morgen nicht mehr. 🙂
Sorry, meinte Namen und Adresse, weil ich als Herr Eschke vielleicht nicht unbedingt an so prominenter Stelle genannt werden wollte, nur, weil ich mal improvisiert habe …
Der hat nicht improvisiert. Letztes Jahr habe ich schon mal so eine bekommen.
Na wenigstens haben wir inzwischen SEPA-Überweisungen und damit ca. 127 Zeichen für den Überweisungstext, weil das Aktenzeichen, Re-Nr, Kapitel, Titel mit jeweils einer abgekürzten Kennung wäre auf einem alten (natürlich handschriftlich ausgefüllten) Überweisungsformular (die hatten 2*27 Zeichen oder so, oder?) ganz schön knapp.
Aber ich stimme voll zu: ein Beweis, dass man sich hier noch persönlich um dein Anliegen kümmert. Und liebevoll Gesetzesfassungen vierstufig aufführt. Wenn die auch stimmen, zolle ich dafür Respekt. Auf jeden Fall für die Chuzpe.
> Wenn die auch stimmen, zolle ich dafür Respekt.
Stimmt aber nicht. Es gibt keinen Widerspruchsbescheid vom 6.12.2013.
Na wenn so die Handschrift von jemandem aussieht, der sowas den ganzen Tag macht, in nahezu alle Richtungen fliehend…
Immerhin kann man es lesen.
Hast du das schon zwei Wochen und veröffentlichst das erst jetzt, oder ist das gerade erst gekommen? 😉
@Uwe:
Ist vor ein paar Tagen gekommen, aber mein TODO-Stapel ist riesig. Ich habe noch riesige Mengen an Material und Hinweismails, und kann auch nicht alles sofort bearbeiten. Deshalb bin ich etwas hinterher.
Ich glaube, sie haben an der HU bloß keine funktionsfähige Schreibmaschine mehr gefunden.
Stimmt aber nicht. Es gibt keinen Widerspruchsbescheid vom 6.12.2013.
schade. ich hätte vorgeschlagen, die forderung in naturalien zu begleichen und persönlich vorbeizubringen.
Dazu fände ich ja im Bleisatz gedrucktes Briefpapier passend. Gibts noch und sieht wirklich gut aus.
Ich würd doch da gleich mal nachhaken, ob der Wisch und insbesondere Deine Zahlung auch ordnungsgemäß verbucht wurde…
Schick ihnen einen Linienspiegel.
(das sind diese Blätter mit Zeilenlinien, die man unter das Schreibblatt gelegt hat. Gibts sowas noch ? Schlimmstenfalls einen drucken :-))
Hadmut:
was muss man denn für so einen Bescheid / Rechnung minimal tun? Was wäre die kleinst mögliche Anfrage, die so ein Schreiben auslöst?
Nicht, dass ich hier eine DoS-Attacke gegen die Bürokratie der geschätzten Vizepräsidentin für Personal, Haushalt und Technik nahe legen möchte …..
@karsten: Klitzekleine IFG-Anfrage…
Kein Wunder, daß 700.000 Beamtenstellen fehlen. Nicht nur, daß die das per Hand ausfüllen müssen, eventuell muß es auch per pedes zugestellt werden…
Kann mich mal einer von diesem Planeten runter holen?
Bitte Angabe aus der Gebührenordnung anfordern nach der abgerechnet wird. Auch QUittungen sind gern gesehen (UStG §2 besteht ein Anspruch darauf).
@Stefan H: Ne. SEPA Überweisungen können leider nur weniger Zeichen im Vwerwendungszweck als die alten DTA Überweisungen. Haben auch einen etwas anderen gültigen Zeichensatz. SEPA kann 140 Zeichen im Verwendungszweck, DTA ließ bis zu 13 * je 27 zusätzliche Zeichen für den Verwendungszweck zu.
Ist der Betrag innerhalb des üblichen Rahmens ?
Geht so.
Ob für diese Fälle ein Rechner wirklich Abhilfe schaffen würde, zweifle ich nach meinen persönlich gemachten Erfahrungen ernsthaft an.
Falls es jemanden geben sollte, der diese Vorlage in ein Textverarbeitungsprogramm transferieren könnte, ist der ohnehin ein arrogantes patriachales Querolantenschwein. 😉 ,der außerdem noch Authoritäten und göttliche Weisheiten untergraben möchte.
Schließlich hat man das immer so gehandhabt. Als Rezitiererin weiß ich schließlich wovon ich schreibe, ähm spreche. Blabla ist zudem wichtiger als schnöde Arbeitsabläufe.
**Das entlockte mir seit Langem wieder ein intesives Zwerchfell-Erlebnis**
Ein Deja-vu quasi. The Worlds End!!!! lol – die Welt ist doch sehr klein geraten. *Rofl*
Wieso kostet ein Widerspruchsbescheid eigentlich Geld? Mir erscheint das ziemlich unüblich, oder bin ich da zu blauäugig?
Adresse würd’ ich trotzdem schwärzen!