Michel Foucault
Auf ARTE kam eine Dokumentation über Michel Foucault. Ich habe sie selbst noch nicht gesehen, wollte aber gleich drauf hinweisen, weil die bei ARTE nur eine Woche lang im Web zu finden sind.
Der ganze Gender-Feminismus beruht wesentlich auf Behauptungen von Michel Foucault. Nicht unbedingt so sonderlich inhaltlich, aber eben wie üblich als Verweise auf die „Autoritäten”. Insofern könnte das möglichweise in die eine oder andere Richtung erhellend sein.
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Zu Foucault gibt es nur eins zu sagen:
Die Sendung war ganz interessant, legte aber auch einen Schwerpunkt auf den (politischen) Aktivismus Foucaults. Was Foucault interessant macht, sind vor allem seine historischen Analysen. “Überwachen und Strafen” sollte man auf jeden Fall mal gelesen haben, auch und gerade im Hinblick auf die aktuelle “Sicherheitsdebatte”.
Was Foucault für den Genderkram interessant macht, dürfte vor allem seiner Diskursanalyse und den damit verbundenen Machtaspekten geschuldet sein – leider wird dabei oft übersehen, daß Foucault selbst darauf hinwies, daß so mancher Diskurs sophistischer Natur ist, es also ums Rechthaben und nicht um die Wahrheit geht (ist ja auch Thema bei Habermas, wenn auch auf andere Weise). Wenn man das überliest (oder überlesen will), findet man sich selbst oft schnell in sophistische Diskursstrategien verstrickt. Das ist das Problem beim Genderzeug, daß sie selbst nicht merken, daß sie von einem herrschaftsfreien Diskurs (Habermas) weit entfernt sind und selbst sophistische Diskurse (Foucault) betreiben, weil sie selbst die diskursiven Machtstrukturen lediglich reziprok reproduzieren, der Zusammenhang von Sein und Bewußtsein (Marx) und den daraus resultierenden Diskursstrategien bleibt ihnen offensichtlich unklar…
Ich habe zwar nur eine kleine Auswahl von Foucaults Schriften gelesen, die waren aber durchaus sehr interessant. Und es gibt da noch ein paar titel, die ich ebenfalls noch vor habe zu lesen.
Was andere dadraus machen und wie sie sein Zeug verwursten, ist ja nochmal ne andere Sache.
“Der ganze Gender-Feminismus beruht wesentlich auf Behauptungen von Michel Foucault.”
Es stimmt, dass der Gender-Feminismus sich u.a. einer einseitigen und selektiven Foucault-Interpretation bedient hat.
“Nicht unbedingt so sonderlich inhaltlich, aber eben wie üblich als Verweise auf die „Autoritäten””
Ja, eine ernsthafte inhaltliche Beschäftigung findet sich im Gender-Feminismus in der Regel mit keinem bedeutenden Philosophen oder Soziologen, dazu ist der Gender-Feminismus einfach intellektuell zu flach.
Bleibt noch zu erwähnen, dass sich Foucault selbst für Feminismus nicht sonderlich interessierte. Das wird ihm von feministicher Seite auch manchmal vorgeworfen.
So klagt z.B. die feministische Philosophin Ursula I. Meyer in ihrem (in diesem Fall übrigens durchaus kenntnisreichen) Buch “Das Bild der Frau in der Philosophie” über Foucault:
“Eine Weiterentwicklung erfuhr der Strukturalismus dann in der Postmodernen Philosophie. Hier hat man die strukturale Methode auch auf andere Bereiche, wie Geschichte angewandt, und auch hier die zugrundeliegende Struktur von den aktuellen Inhalten gelöst. Vor allem der französische Philosoph Michel Foucault hat so die Strukturen der Kriminologie, Psychiatrie, Medizin, der gesellschaftlichen Machtausübung und der Sexualität freigelegt.
Das Ziel, eine Struktur freizulegen, durch die beispielsweise immer wiederkehrende Abläufe sichtbar werden, ist auch die Parallele zwischen feministischer und postmoderner Philosophie.
Aber obwohl die Diskussion der Geschlechterdifferenz und die postmoderne Philosophie zeitgleiche Denkrichtungen sind, haben sich die Philosophen (sie meint hier die postmodernen Philosophen) kaum mit der Geschlechterdifferenz beschäftigt. Beispiel ist hier Foucault, dessen Philosophie sich in zweifacher Hinsicht mit dem Feminismus kreuzt: zum einen in seinen Analysen zum Thema Macht, die allgemein sozialkritisch sind, und zum anderen in seiner Theorie der Sexualität. Hier wäre nun die Möglichkeit, geschlechtsspezifische Theorien zu beiden Problemstellungen zu liefern, doch Foucault ergreift sie nicht. Er untersucht zwar wie gesellschaftliche Machtausübung funktioniert, nimmt aber eine besondere Unterdrückungssituation der Frau nicht wahr.”
(aus: Ursula I. Meyer – Das Bild der Frau in der Philosophie, S. 269 – 270)
Auch Jacques Derrida, bei dessen Variante postmoderner Philosophie sich der Gender-Feminismus ebenfalls bedient hat, vermochte sich für den Feminismus übrigens eher wenig zu begeistern. Er war der Ansicht, der Feminismus produziere Gegenteileffekte, verstärke eher traditionalistische Tendenzen als sie abzubauen.
In einem Einführungsbuch zu feministischer Literaturtheorie heißt es dazu u.a.:
“Weil er das Weibliche – ebenso wie das Männliche – überschreiten will, lehnt Derrida den Feminismus ab. Die Frauenbewegung ist für ihn nicht nur überflüssig, weil dekonstruktive Philosophen wie Nietzsche und Derrida selbst bereits “weiblich” geworden sind bzw. die “weibliche Operation” innerhalb des Denkens vollzogen haben. Der Feminismus ist sogar selbst “männlich”, denn er unterstützt das System des “Phallogozentrismus”.
(aus: Lena Lindhoff – Einführung in die feministische Literaturtheorie, S. 101)