Aberglaube, Medizinmänner und belgische Nonnen
Es geht bergab mit der Welt.
Wir amüsieren uns ja gerne über Aberglaube in Asien, Afrika und so. Etwa weil die Nashörner und Haie umbringen, weil sie glauben, dass man aus deren Hörnern und Flossen potenzsteigernde Mittel herstellen kann.
Als ich vor ein paar Jahren in Kapstadt war, habe ich mich amüsiert, wieviele Wunderheiler und Witch Doctors mir da Werbezettel zusteckten, auf denen sie Zauber für und gegen alles anboten, unter anderem gibt es einen Zauber für Bestehen in Prüfungen (ich konnte bisher nicht klären, ob das hier prüfungsrechtlich zulässig wäre).
Außerdem wurde man für die Außengebiete und einige Gegenden in Namibia gewarnt, dass dort eine erhöhte Vergewaltigungsgefahr bestünde, weil viele Analphabeten dort AIDS haben, aber nur ihren „Medizinmännern” und „Hexen” vertrauen, die ihnen erzählen, dass sie zur Heilung eigentlich nur eine Jungfrau oder eine weiße Frau vergewaltigen müssten. Weil’s der Krankheit bei der viel besser gefiele, würde die dann auf die Frau überspringen.
Ja, und jetzt wird darüber berichtet, mit welchem faulen Zauber man gegen Ebola vorgehen will.
Selbst in einem (vermeintlich) so weit entwickelten Land wie den USA habe ich in manchen Städten schon unheimlich viele gewerbliche Hellseher, Geistheiler und „psychic reader” gesehen.
Ein zutreffender Punkt in diesem Artikel ist aber, dass wir uns da jede Überheblichkeit und Häme zu verkneifen haben, denn besser sieht’s bei uns eigentlich auch nicht aus.
Allen voran natürlich die Homöopathiefreunde, die glauben, dass „geschütteltes Zuckerwasser” irgendwie hilft. Unglaublich, wieviele Leute auf so einen Humbug reinfallen. (Verblüffenderweise ist die Naturheilkunde etwa der Aborigines in Australien oder der Himba in Namibia sehr viel realistischer und im Gegensatz zu Homöopathie oft wirklich wirksam. Es ist nachgewiesen, dass deren Kenntnis über Heilpflanzen recht gut ist und die sehr genau wissen, welche Pflanzen Wirkstoffe gegen Krankheiten enthalten, fiebersenkend oder desinfizierend wirken, und auch die komplizierten und seltsam anmutenden Heiratsregeln der Aborigines sind bei Licht betrachtet ein sehr wirksames System, um trotz starker Isolierung kleiner Stämme, die kaum Kontakt zu Nachbarstämmen pflegen, Inzucht zu verhindern. In beiden Ländern wurde mir von einheimischen Weißen versichert, dass es in der Natur überlebenswichtig sein kann und sich oft als solches erwiesen hat, wenigstens ein paar Grundkenntnisse darin zu haben.)
Und dann all die Talismane, die Astrologie und die riesige Esoterik-Szene. Hellseher, Wahrsager und Tarot-Kartenleger.
Oder wenn man sich einfach nur anschaut, wieviele Leute mit Wonne auf diesen Gender-Humbug hereinfallen. Denn etwas anderes als Aberglaube ist das auch nicht.
15 Kommentare (RSS-Feed)
“Es geht bergab mit der Welt.” Und das ist auch ein Aberglaube.
Hmmm mein Haus- und Hof-Homöopath reagiert auch immer sehr empfindlich wenn ich ihm 0,0001 Prozent seiner Rechnung überweise …
Aber kein Grund zur Panik – wenn sich im vermeintlich fortschrittlichen Westen die Entwicklung so fortsetzt wie es sich hier in NRW unsere liebe Gesundheitsministerin Steffen so vorstellt, dann können in einigen Jahren unsere Zahnärzte zumindest auch wieder Rasieren und Haare schneiden …
@ Hadmut
> Verblüffenderweise ist die Naturheilkunde etwa der Aborigines in Australien oder der Himba in Namibia sehr viel realistischer und im Gegensatz zu Homöopathie oft wirklich wirksam.
Man darf Naturheilkunde und Homöopathie nicht in einen Topf werfen. Naturheilkunde ist, wie du auch geschrieben hast, etwas Ernsthaftes und medizinisch wirksames, Homöopathie hingegen esoterischer Humbug. Viele, vor allem ältere, Medikamente sind ursprünglich aus Heilpflanzen der Naturheilkunde entstanden, in dem man den Wirkstoff der Pflanze isolierte und ggfs. synthetisierte. Meistens ist in der “bösen” Chemie genau der gleiche Wirkstoff drin, wie in der “guten” Pflanze, nur reiner und konzentrierter. Und oftmals werden die Wirkstoffe der Tabletten auch aus den Ursprungspflanzen gewonnen, weil das Synthetisieren teurer ist.
Wirksame Grüße,
Euer Dirk
Trotzdem ist Homoöpatie per se nicht schlecht: Wenn die übrigen Heilmethoden schlechtere ergebnisse liefern (z.B. Blut von Kranken zu trinken), ist Homöopatie vermutlich “wirksamer”. In unersern Breitengraden, wo die Sterblichkeitsrate durch unsere “Medizinmänner” geringer ist als in anderen Gegenden ist Homöopatie vom Kosten/Nutzen-Aspekt natürlich Blödsinn. In der Anfangszeit war Homöopathie tatsächlich oft lebensrettend, weil das verhindert hat, daß man von den Ärzten (unabsichtlich) geötet wurde. (Siehe auch den verlinkten Artikel)
@Dirk
Prominentestes Beispiel: Acetylsalicylsäure besser bekannt als Aspirin, die nur ein besser verträgliches Strukturanaologon des Wirkstoffs aus der Weidenrinde ist, die schon im dem Altertum gegen Schmerzen und Fieber eingesetzt wurde.
Pflanzen sind die größten Chemielabore der Welt – und die besten Giftmischer. Da kann “pflanzlich” viel bewirken. Homöopathie hingegen nichts.
Nach der Spieletheorie ist die Homöopathie ein Erfolgsmodell, bei welchem fast alle Beteiligten gewinnen. Der Verschreibende ernährt damit recht erfolgreich seine Familie und der Einnehmende bekommt nach dem Prinzip Hoffnung eine Erkrankungsbegleitung, die positiv rückkoppelt, da nicht primär die Erkrankung bekämpft wird, sondern die Heilung durch Suggestion positiver Energien beschleunigt oder stabilisiert wird. Dieser Placebo-Effekt nennt sich auch Trost. Auf dem Modell Trost baut nicht nur der Schamane, der Wunderheiler, der Esoteriker oder der Allgemeinarzt. Zuhören, Trösten, Ernstnehmen sind kulturanthropologische Konstanten in allen sozialen Verbundsystemen der Menschheitsgeschichte. Wer sich als Kind das Knie aufschlägt, dem pustet die Mutti den Schmerz weg, wer als Erwachsener einen geliebten Angehörigen verliert, den umarmt man tröstend. Und wie ein Affe den anderen laust, streicheln wir dem weinenden Menschen über die Haare, wobei Trost immer reziprok auch wohltuend für den Tröstenden ist, wie sich Altruismus auch im Tun belohnt. Auch die Religion ist ein institutionalierendes Trostsystem, wenn man nicht ständig die Verfehlungen aller Religionen in den Vordergrund stellt; der Psychologe aus den mehr als 300 verschiedenen Richtungen und Schulen ist ein Tröster; und selbst der Politiker oder Anwalt ist ein Tröster. Der Glaube an gesunde Ernährung und Sport, an Keuschheit oder Wollust, etc. – all das sind mechanistische, kulturell gewachsene Modelle, dem Menschen zu helfen oder zumindest die Niederlage klein zu reden. Das würde ich ganz emotionslos werten. Jeder nach seiner Facon und wenn’s schee macht?!
Homöopathie und naturheilkräfte können tatsächlich helfen – stichwort placeboeffekt
lg
@ Erich Wander
> stichwort placeboeffekt
Jain. Es gibt Erkrankungen, die gut mit Placebos behandelt werden können (es gilt: je teurer, desto “wirksamer”), manchmal werden sogar therapeutisch wirksame Medikamente als Placebos eingesetzt (Antibiotika bei Grippe). Nur hat auch der Placebo-Effekt Grenzen. Niemand mit Verantwortungsgefühl würde Bluthochdruck, Diabetis oder ähnliche Erkrankungen mit einem Placebo behandeln (es gibt aber Leute, die dort Homöoapathie einsetzen wollen). Placebos können gut bei leichten Erkrankungen eingesetzt werden, wo nicht unbedingt mit therapeutisch wirksamen Medikamenten therapiert werden muss, z.B. bei einer Erkältung. Placebos können auch unterstützend zur Verhaltensänderung eingesetzt werden (Raucherentwöhnung zum Bsp.). Das Problem ist nur, dass der Placebo-Effekt genutzt wird, um auch zweifelhafte Behandlungsmethoden (wie die Homöopathie) “seriöser” zu machen, durch die Vorspiegelung von Behandlungserfolgen (die nur auf dem Placebo-Effekt basieren und nicht auf einer nachweisbaren therapeutischen Wirkung). Eine böse und gefährliche Falle, gerade für verzweifelte Patienten.
Ungefährliche Grüße,
Euer Dirk
@ yasar
> Blut von Kranken zu trinken
Wo wird das denn eingesetzt?
> In der Anfangszeit war Homöopathie tatsächlich oft lebensrettend, weil das verhindert hat, daß man von den Ärzten (unabsichtlich) geötet wurde.
Die Homöopathie ist laut Wikipedia erst 1796 entstanden. Da war die Medizin schon weitgehend wissenschaftlich (wenn auch noch oftmals hilflos). Im Gegensatz zur eher religösen Homöopathie.
Die Haupttodesursache bei medizinischen Fällen waren Infektionen, die man erst durch die Entdeckung des Penicillin (thanks Sir Fleming) wirklich effektiv behandeln konnte. Mit Glouboli und Placebo kommt man da nicht weit, Bakterien stören sich nicht daran.
Und bei Ebola sollte der Einsatz von Homöopathie eigentlich strafbewehrt sein.
Gesunde Grüße,
Euer Dirk
Armer Danisch. Armer Rest.
Ich glaubte nie an Homöopathie. Glaube heute eigentlich auch nichgt dran.
Nachdem meine Tochter aber mit dreieinhalb Jahren einen schwersten Impfschaden erlitten hat, nicht mehr laufen noch sprechen konnte und uns NIEMAND von den Ärzten und Spitälern helfen wollte/konnte und diese uns mit folgenden Worten nach Hause schickten: “Wir wissen nicht was ihre Tochter hat, wir wissen nur, das ganz sicher nicht die Impfung schuld ist”, wendeten wir uns in unserer Not an einen Homöopathen. Nach kurzer Zeit ging es unserer tochter immer besser. Nach einem Jahr war sie wieder halbwegs ok.
Heute kann unsere Tochter wieder sprechen , laufen und geht in die normale Schule, obwohl sie geistig und feinmotorisch immer noch etwas mitgenommen ist und einfach viel länger als alle anderen braucht.
Und jetzt kommt ihr und erklärt das für Placeboeffekte?
Wieso konnte oder wollte uns denn nicht ein einziger Arzt helfen? Nicht mal der Oberarzt des Kantons in dem wir leben? Oder das BAG in der Schweiz? Oder Swissmedic?
> Armer Danisch.
Ja, das sag ich mir auch immer.
> Heute kann unsere Tochter wieder sprechen , laufen und geht in die normale Schule, obwohl sie geistig und feinmotorisch immer noch etwas mitgenommen ist und einfach viel länger als alle anderen braucht.
> Und jetzt kommt ihr und erklärt das für Placeboeffekte?
Ich lag mal vor einigen Jahren schwerkrank im Krankenhaus, damals mit einer Krebserkrankung. Eigentlich schon zu weit fortgeschritten, um es noch überleben zu können. Im Mehrbettzimmer, meist mit Leuten, die schon ab dem Vormittag pausenlos den Fernseher laufen hatten.
Und trotzdem habe ich es überlebt. Das kann ja wohl kein Placeboeffekt sein.
Womit ja eindeutig bewiesen wäre, dass das Vormittagsprogramm von ARD und ZDF Krebs heilt. Aber nur, wenn man genau gerade drauf guckt, weil ich immer auf dem mittleren Platz des Dreierzimmers war.
@yasar
>In unersern Breitengraden, wo die Sterblichkeitsrate durch unsere >“Medizinmänner” geringer ist als in anderen Gegenden…
Ahhso:
Ab min 2.37…
https://www.youtube.com/watch?v=PTTSNFQUUvQ
LG
Höhere Bildung und anderer Glauben machen eben nicht unbedingt auch schlauer.
Gibt grade was Ernährung und Gesundheit betrifft viele merkwürdige Sachen wie bsp Fett essen ist ungesund, Megadosen Vitamin C sind besser als normale.
Allerdings wird es jemandem der Krank ist sch… egal sein ob nun Methode X wissenschaftlich erklärbar eine Wirkung hat oder nicht. Solang er sich damit wenigstens besser fühlt und ihm sonst keine Alternative zur Verfügung steht, ist er einfach froh und es ist ihm egal ob nun nur der Placeboeffekt hilft oder ob die verstärkte Aufmerksamkeit des Arztes (dh >4min Zeit nehmen) oder irgendein Inhaltsstoff ihm hilft. Problematisch wird es nur, wenn es normale Behandlung beim normalen Arzt gibt, die dann eingestellt wird.
Ich hatte mal eine Doku über irgend ein Land gesehen (weit weg von unseren Gefilden weiß aber nicht mehr sicher welches), wo moderne Medizin und Alternative Behandlungsmethoden Hand in Hand gehen und nebeneinander im Krankenhaus angeboten werden. Bei leichteren Leiden wählt man das, was am schonensten hilft und wenn die moderne Medizin bei irgendwas nicht weiter weiß überweist man an den alternativ behandelnden Arzt. Insgesamt setzt man auf eine allumfassende Behandlung des Patienten als komplettem menschlichen Körper statt wie es hier oft ist auf bloße Behandlung oder auch nur Unterdrückung von Symptomen.
Meiner Meinung nach ist der größte Vorteil von alternativ behandelnden Leuten, dass sie versuchen einen Blick aufs Ganze zu behalten und dass sie sich viel mehr Zeit nehmen (können). Könnten sich die normalen Ärzte diese Zeit nehmen, würden sicher auch weniger Leute von Arzt zu Arzt pendeln bis dann mal der 50. rausfindet was Sache ist. Mit mehr Zeit um den Patienten zuzuhören und auf diese einzugehen, würde sicher auch die compliance steigen – denn was hilft die modernste Medizin, wenn der Patient nicht richtig mitspielt und sich nicht an die ärztlichen Anweisungen hält?
@ Homöopathie ist Stuss?
> Und jetzt kommt ihr und erklärt das für Placeboeffekte?
Ja, kommen wir. Homöopatie basiert darauf, dass praktisch kein “Wirkstoff” verabreicht wird, was bei den “Wirkstoffen” wohl auch gesundheitsfürderlicher ist. Die Wirkung kommt durch den Glauben an dieselbige zustande. Und da sind die teuren Mittelchen sehr gut drin, denn der Deutsche macht die Wirksamkeit vom Preis abhängig: Je teurer, desto wirksamer. Dass in dem Fall deiner Tochter (wie auch in der homöopathischen Tierbehandlung) noch er Effekt des vermehrten Kümmerns und der pesönlicheren Pflege hinzukommt, ändert nichts an der nicht vorhandenen medizinischen Wirksamkeit der Homöopathe. Aber ich weiß auch, dass du das andes sehen wirst, aufgrund deiner Erfahrung mit deiner Tochter. Würde ich dann wohl auch.
Wirksame Grüße,
Euer Dirk
Soweit brauch man gar nicht zu laufen:
http://www.amazon.de/Hildegard-Orgonakkumulator-von-Jentschura-Energetisierung/dp/B0044S3CEK
Den Link habe ich gestern irgendwo aufgeschnappt. Wenn man allerdings die Bewertungen durchschaut (was man unbedingt tun sollte), ist wohl doch noch nicht Hopfen und Malz verloren.