Ansichten eines Informatikers

Malediven: Ein Gefangener auf einer Insel

Hadmut
20.1.2016 1:03

Ich habe da jetzt zwei Sachen, die jede für sich betrachtet eigentlich noch keinen Blog-Artikel ergeben, aber seltsam zusammenpassen.

Ich hatte ja schon einiges zu den Malediven geschrieben. Auch, dass man von den politisch-religiösen Turbulenzen auf den Touristeninseln nichts mitbekommt, ich aber eben nicht auf einer Touristen-, sondern Einheimischeninsel war.

Ein Leser hat mich auf diesen lesenswerten Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung aufmerksam gemacht, der die politische Zuspitzung auf den Malediven beschreibt. Zwar viele Informationen, die ich hier auch schon erwähnt habe, aber trotzdem sehr interessant zusammengestellt.

Die westliche Öffentlichkeit nimmt die Malediven vor allem als Destination für unbeschwerte Luxusreisen wahr. Die Realität im Land ist eine sehr andere.

Da ist wohl was dran.

Fest steht, dass die Regierung mit immer härterer Hand gegen ihre Gegner vorgeht, innerhalb und ausserhalb der Partei. Vom demokratischen Tauwetter, das vor einigen Jahren herrschte, ist nichts mehr zu spüren. 2008 hatte der junge Aktivist Mohammed Nasheed überraschend die Wahlen gewonnen und Maumoon Abdul Gayoom, den damals dienstältesten Autokraten Asiens, an der Staatsspitze abgelöst. Später sollte man vom ersten Vorboten des Arabischen Frühlings sprechen.

Im Februar 2012 aber wurde Nasheed, der im Ausland vor allem wegen einer unter Wasser abgehaltenen Kabinettssitzung bekannt geworden war, unter putschähnlichen Umständen zum Rücktritt gedrängt. Mit Yameen, einem Halbbruder Gayooms, ist mittlerweile die alte Elite an die Macht zurückgekehrt. Anfang letzten Jahres wurde der einstige Hoffnungsträger Nasheed wegen angeblicher terroristischer Straftaten zu 13 Jahren Haft verurteilt.

«Seit vier Jahren kommen keine positiven Nachrichten mehr aus unserem Land», sagt die Aktivistin Shama, die – wie der Ex-Präsident – der Oppositionspartei MDP angehört. […]

Auf den Tourismus, die mit Abstand wichtigste Devisenquelle, wirkten sich die politischen Umwälzungen lange Zeit kaum aus. Die meisten Feriengäste interessieren sich wenig für das Gastland; sie reisen direkt auf eine der über 100 Hotelinseln, auf denen keine Einheimischen leben und auch die meisten Angestellten aus dem Ausland kommen. In der breiten westlichen Öffentlichkeit sind die Malediven immer noch gleichbedeutend mit einem sorgenfreien Tropenparadies. Der Ausnahmezustand habe sich aber bei den Buchungszahlen bemerkbar gemacht, erzählt ein Hotelmanager, der wie fast alle Gesprächspartner nicht namentlich genannt werden will. Dies sei letztlich auch der Hauptgrund für die Aufhebung des Notstandes gewesen, mutmassen viele.

Dabei war die Tatsache, dass es auf der Einheimischen-Insel Gulhi überhaupt kleine Hotels gab, ein unmittelbares Produkt der Politik Nasheeds:

Die Einnahmen aus dem Tourismus laufen bei einigen wenigen Personen zusammen, die meisten haben gute Beziehungen zum Regime oder sind Teil davon. Nasheed liess erstmals Gasthäuser auf den von Einheimischen bewohnten Inseln zu; er ermöglichte damit eine breitere Verteilung der Fremdenverkehrseinnahmen. Doch diese Hotellerie hat für die Regierung keine Priorität, denn letztlich hat sie kein Interesse an einer Vermischung von Bevölkerung und Touristen. Romantische Strandhotels mit gut ausgestatteten Bars passen schlecht in ein Land, wo Einheimische einem Alkoholverbot unterliegen und ausserehelicher Geschlechtsverkehr mit öffentlicher Auspeitschung geahndet wird.

Auf den Malediven sind die Islamisten auf dem Vormarsch. Ein erster Aufschwung fand ausgerechnet unter dem liberalen Nasheed statt, da dessen demokratische Reformen allen Strömungen mehr Freiraum liessen. Gestärkt wurden sie durch die Kreise um den abgesetzten Autokraten Gayoom, die mithilfe religiös-konservativer Gruppierungen die progressiven Kräfte zu diskreditieren suchten und alle rechtsstaatlichen Reformen als unislamisch bezeichneten.

Vor der Reise hatte ich Berichte gelesen, wonach die Nachbarinsel Maafushi eigentlich viel besser für Touristen geeignet sei und mehr Sportmöglichkeiten böte. Aber eben auch schon wieder teurer ist.

Tatsächlich besteht die Insel eigentlich aus drei Teilen. Der Süden der Insel ist das Gefängnis der Malediven. Der weit überwiegende Teil ist von Einheimischen bewohnt. Und der westliche und nördliche Außenstreifen besteht aus diversen Anbietern für Touristen: Hotels, Restaurants (teils recht vornehme), Sportanbieter, die Tauchen, Bootfahren, Wasserski und solches Zeug anbieten, dazu ein paar typische Touristengeschäfte für Souvenirs, Badekleidung und so’n Kram.

Auf Gulhi hatte man mir erzählt, dass auch die Insel Maafushi ein Produkt von Nasheeds Politik sei und der ganze Tourismusbereich erst aufgrund von dessen Lockerungen entstanden sei. Nur dadurch konnte sich auf einer Einheimischeninsel Tourismusgeschäft etablieren.

Ironischerweise sitzt Nasheed in eben diesem Gefängnis auf der Insel Maafushi.

Eigentlich habe ich gar nicht damit gerechnet, nach Maafushi zu kommen, war aber gleich zweimal da. Als das Wetter mehrere Tage schlecht war und endlich mal ein Tag kam, der etwas wechselhafter war, überlegten die sich, was sie ihren Gästen denn noch bieten könnten und schlugen einen Tagesausflug nach Maafushi vor. Gleich getan. Und am letzten Tag war ich noch beim Tauchen mit Walhaien, was auch von Maafushi aus losging und mir dort nochmal zwei Stunden brachte.

Um es gleich zu sagen: Auch Maafushi ist nicht der Brüller. Wenn man seine ganze Urlaubszeit mit Wassersport verbringt und auf Luxus pfeift, kann man da vergleichsweise günstig durchkommen, und sie haben am Nordende einen nicht allzu großen aber recht netten Strand, an dem es im Wasser aber nicht viel zu sehen gibt, an dem man herrlich faulenzen kann. Leider hatte ich an diesem Tag ständig wechselndes Wetter, und die geplanten Fotos vom Touristenbereich sind ins Wasser gefallen. Aber hier eben ein paar Eindrücke:

Im Wasser gibt’s da leider nichts zu sehen, zumal der Tag windig und das Wasser aufgewühlt war, und deshalb war das sonst glasklare Wasser auch trüb, weil eben Sand- und Schwebeteilchen drin herumschwimmen:

Nach dem Regen stand die Insel halb unter Wasser, hier ein Kinderspielplatz:

Ansonsten, ähnlich wie Gulhi, auch dort liegt der Dreck einfach herum:

Ja, und dann war ich irgendwann am südlichen Teil, der als Gefängnis vom Rest der Insel durch einen Stacheldrahtzaun abgetrennt ist. Da liefen auch Wachen rum, die nicht wollten, dass man das fotografiert, weshalb ich da nur zwei, drei Schüsse aus der Hüfte unter dem Arm durch gemacht habe.

Stellt Euch diesen Zaun einfach so 5 oder 6 Meter hoch vor:

Verblüfft war ich, als ich am westlichen Ende des Gefängniszauns ankam: Der Strand dort war auch komplett zugemüllt, aber der Zaun endete da einfach. Zum Wasser hin gab es keinen Zaun. Ein Gefängnis, aus dem man einfach rausschwimmen könnte und nach 50 Meter Schwimmen auf Land außerhalb des Gefängnisses käme. Ich habe später aber gemerkt, dass das Gefängnis nochmal weiter unterteilt ist und das nicht für alle Bereiche so ist, die anderen Bereiche waren schon vollständig eingezäunt. Aber selbst, wenn einer entkäme: Wo sollte er hin?