Was mir diese Woche so gewaltig auf den Sack ging
Irgendwie eskaliert diese schleichende Rücksichtslosigkeit, dieser destruktive Egozentrismus, immer mehr.
Kaum ist es in Berlin mal wieder so um die 30°, kommt wieder dieses Idiotengehabe zum Vorschein, was mir letztes Jahr schon so negativ aufgefallen sind: Dieses dämliche Wedeln. Die Leute sitzen überall, in U-Bahnen, in Veranstaltungen, in Restaurants und fächeln sich – nein, sie fächeln nicht, das ginge ja noch, sie wedeln ausladend – mit irgendwas, Prospekte, Broschüren, Zeitungen, neulich eine mit Latz ihrer Handtasche, Wind ins Gesicht. Die Leute haben kein Benehmen mehr. Ob sie da ihren Körpergeruch dem anderen genau ins Gesicht wedeln (ich hab mich mal mit so einem alten stinkenden Ziegenbock angelegt, der in einer Veranstaltung genau vor mir saß, und das partout nicht einsehen wollte) oder einen das neurotische Gewackel nervt, ist denen egal. Der klassische Berliner hat’s weder mit der Körperhygiene, noch mit der Rücksichtnahme. Ein gewisser Grundduft, der unmissverständlich klarmachen soll, dass man kein Wasser vergeude und die Umwelt nicht mit Seifenrückständen belästigt, gilt hier ebenso als Standard wie das Rauchen oder das berüchtigte Wegebier. Und wenn der Geruch aus Schweiß, Zigaretten und Bier hier schon gesellschaftlicher Standard ist, soll der hinter einem ja auch was davon haben. Ich habe nicht nur bisher keine Stadt weltweit erlebt, in der die Leute so unangenehm riechen, wie in Berlin, sondern auch keine, wo es so üblich ist, den eigenen Mief anderen ins Gesicht zu blasen. Auf die Idee, dass es einem in der Hitze nicht kälter, sondern noch wärmer wird, wenn man seine Muskeln schnell und intensiv bewegt, und Leute aus heißeren Ländern, die sich damit auskennen, sich in der Hitze ruhig benehmen und Siesta halten, sind die noch nicht gekommen.
Apropos Hitze: Ich war am Geldautomaten und habe es fast nicht geschafft, Geld abzuheben. Nicht wegen des Automaten, sondern weil in dem Vorraum irgendwelche Penner übernachtet und alles vollgepinkelt hatten, die vergorene Pisse in der Hitze erbärmlich ekelerregend und kotzauslösend stank, und ich nur mit Mühe die Luft so lange anhalten konnte, bis ich endlich durch das Auszahlungsmenü war.
Ich bin die Woche auch an einer U-Bahnstation ausgestiegen, an der ich sonst nie aussteige. Nicht freiwillig, sondern weil die U-Bahn mal wieder einen Schaden hatte und nicht weiterfuhr. Auf dem Weg von der U-Bahn bis zur Straße wollten mir drei Drogendealer Dogen andrehen.
Bei mir haben sie damit keinen Erfolg, bei anderen schon. Ich habe von Nachbarn erfahren, dass die Eigentümer eines noch unbebauten und wild bewachsenen Nachbargrundstückes größte Mühe damit haben, dort die gebrauchen Spritzen und Nadeln einzusammeln. Müssen sie tun, weil direkt ein Kinderspielplatz angrenzt. Man wollte Bäume zurückschneiden, um einen Schutzzaun zum Schutz der Kinder anzubringen. Irgendwas war da aber problematisch, weil man in dieser Jahreszeit Bäume zum Schutz nistender Vögel nicht schneiden darf. Weil nistende Vögel in Deutschland mehr Schutz bekommen als spielende Kinder. Und weil die Berliner Politik eine Drogenlobby ist.
Polizei lässt sich da auch nicht blicken. Wie auch. Die sind ja alle mit der linken Randale beschäftigt. Jede Nacht brennt irgendwas, sie haben angekündigt, 10 Millionen Sachschaden anrichten zu wollen. Welcher Idiot hat eigentlich das Gerücht in Umlauf gesetzt, dass links was mit sozial zu tun hätte?
Ich habe mir Hosen gekauft. Outdoorhosen. Ich habe zwar schon so viele, aber ein Drittel ist durchgewetzt (erfahrungsgemäß kann man aus dem Teufelsdreieck zwischen preisgünstig, haltbar und reisetauglich immer nur maximal zwei haben), ein weiteres Drittel geschrumpft. Ich passe nicht mehr rein. Irgendwie haben die die geplante Obsoleszenz auch in Klamotten eingebaut, das Zeug schrumpft einfach so vor sich hin, die Dinger werden plötzlich immer kleiner und enger. War heute in einem Sport- und Outdoorgeschäft (gut, Samstags dahinzugehen ist nicht die schlaueste Idee, aber bei der niedrigen Quote von abhängig Angestellten in Berlin gibt es einfach keinen schlauen Termin). Zwei Umkleidekabinen. Beide dauerhaft besetzt. In der einen ein Junge, 1,80 groß, Gesicht eines Zwölfjährigen, der da drin ist und nicht mehr rauskommt, draußen die Eltern, die ständig Klamotten ranschaffen und sich wieder rausgeben lassen. In der anderen ein Mann, selbes Spiel mit der Gattin. Es ist nicht so, dass die Hosen anprobieren und dann die Kabine wieder freigeben. Die bleiben da einfach für den ganzen Einkauf drin sitzen, während Frau oder Mutter den Laden durchsuchen, den halben Laden anschleppen und probier doch mal das, probier doch mal dies. Ob andere auch mal wollen, interessiert die nicht.
Erinnert mich an Unterhosen.
Ist Euch das mal aufgefallen? Männerunterhosen sind schwierig zu kaufen. Jedenfalls wenn man sie originalverpackt und im Originalzustand haben will. Stets sämtliche Packungen aufgerissen, rausgezogen, irgendwie zusammengeknäuelt und wieder reingestopft. Packung halb offen. Ich habe noch nie, nie einen Mann gesehen, der Männerunterhosen aus der Packung holt um sie vorher zu besichtigen. Das sind immer Frauen. Gattinnen und Mütter. Kaum sehen sie Männerunterhosen, wird alles zerrupft und in völligem Durcheinander wieder zurückgeworfen, als ob man Unterhosen erst besichtigen müsste. Das gleiche scheint nun auch zu normalen Hosen zu eskalieren. Nicht etwa so, dass man sich eine Hose aussucht und dann in zwei, drei Größen mitnimmt um sie auszuprobieren. Nein. Alles muss ausprobiert und besichtigt werden, und sei es nur, um sich zu bestätigen, dass man gleich richtig lag, als man die Hose hässlich fand. Wenn Sohnemann dann auch noch zu doof und zu fett ist, sich die Hosen alleine anzuziehen und Mama von außen souflieren muss, ist eh alles verloren. Das dauerte und dauerte und dauerte, und sie fanden nichts, was sie kaufen wollten.
Ging mir aber auf den Wecker, weil ich draußen warten musste. Ich erkundigte mich, ob er da eingezogen sei und kein Zuhause hätte. Schlimm, die Kinderarmut heute. Ob er denn darin auch genug zu essen habe, um nicht zu verhungern. Ob ich ein Problem damit hätte, blaffte mich der Vater an. Ähm, ja. Das Problem sei, dass das Geschäft abends um 20 Uhr schließe, und wir nur noch 9 Stunden bis dahin hätten. Das schafft der doch nie bis dahin. Sie könnten ihren Sohn ja einfach am Montag wieder besuchen, aber ich müsste zwischendurch arbeiten gehen.
Warum ich nicht einfach in die Damenumkleide der Nachbarreihe ginge, wollte der wissen. Also der Vater. (Der Sohn sprach nur mit Mutti und auch nur um Gehorsam zu bekräftigen.) Weil da die Schlange noch viel länger sei, meinte ich.
Kurz drauf rief er, da sei jetzt eine frei, grün. (Die hatten so Klotürschlösser, die außen anzeigen ob frei oder nicht.) Tatsächlich, eine Tür stand da auf grün. Und dachte mir, wenn Frauen jetzt auf’s Männerklo gehen, warum soll ich dann nicht in die Damenumkleide.
Ich gehe also hin, Tür ist zu, aber auf grün und damit unverriegelt. Mache die Tür auf.
*KREISCH*
Nein, nicht gehört, aber gefühlt.
Drinnen steht ein etwa 10-jähriges Mädchen und probiert gerade einen Badeanzug an. Hat vergessen die Tür zu verschließen.
Eigentlich hat sie keinen Ton von sich gegeben, aber angeguckt hat sie mich, als wäre sie ihrem Mörder begegnet. Ich sehe mich schon im Knast. Feminismuskritischer Blogger stellt kleinen Mädchen in Damenumkleiden nach oder sowas. Wären es wenigstens Knaben gewesen, wäre das kein Problem, sowas berichtet die Presse, wenn überhaupt, nur bei Bundestagsabgeordneten. Aber Mädchen…
Inzwischen hat aber an der Herrenumkleide die Gattin abschließend darüber befunden, was ihr Gatte mag und trägt, und sie sind fertig. Und das Wunder geschieht, die Gattin erlaubt dem Gemahl, die Umkleide wieder zu verlassen. Wenn die Frau mit Einkaufen fertig ist, darf der Mann die Box wieder verlassen. Und ich komme da unter.
Wenigstens die Hosen passen auf Anhieb. Mir jedenfalls. Man kann auch nach 40 Sekunden wieder aus der Kabine sein. Wenn man alleine einkauft. Hat nämlich den Vorteil, dass man drinnen nur das anprobiert, was man mit reingenommen hat, und man nicht ständig von draußen endlos weiteres Zeug reingereicht bekommt.
Schauen wir mal, was der Sonntag so bringt.