Würde eingeklemmt: So ein armes Hascherl
Das ist schon hartes Brot, das unsere Politiker zu kauen haben. [Falschen Link korrigiert]
Dicke Diäten, dicke steuerfreie Zulagen, dicke Pension – daran hat man schon schwer zu tragen. An soviel Geld. Und dann noch Millionen aus der Wirtschaft kassieren. Die haben’s schon schwer.
Focus lästerte heute morgen, dass die Politikern anderen Leuten gerne den Führerschein wegnehmen wollen, wenn die bloß jemanden beleidigen, während sie selbst Steuern hinterziehen, im Berliner Drogenmilieu unterwegs sind – oder eben Lebensläufe fälschen. Da passiert denen nichts. Typischer Fall von Zwei-Klassen-Recht.
Das ärmste Hascherl von allen ist gerade Petra Hinz. Das ist die, die Jura-Studium und Staatsexamen frei erfunden hatte.
Da wurde ja nicht etwa kritisiert, dass sie seit 20 oder 30 Jahren auf Juristin macht und dadurch auch dick Abgeordneten-Diäten kassiert, sondern nur, dass sie jetzt nicht sofort zurücktritt und noch ein paar Monate Geld rausschindet. Riecht irgendwie danach, als ob man nicht für’s Lügen bestraft wird, sondern nur dafür, sich erwischen zu lassen.
In der Westdeutschen Zeitung beschwert sie sich nun über ihre Situation:
Im Interview wirft sie Kutschaty vor, mehrmals Absprachen mit ihr gebrochen zu haben. „Kutschaty hat mich endgültig zum Abschuss freigegeben. Ich bin mir meiner Schuld absolut bewusst und ziehe die Konsequenzen, aber ich habe auch einen letzten Rest Würde verdient“, so Petra Hinz wörtlich. (Red)
Hat man da noch „Würde” verdient? Wenn man so lügt?
Ist man da noch in der Position, sich darüber zu beschweren, von anderen „zum Abschuss freigegeben” worden zu sein? Glaubt sie etwa, Anspruch auf weiteren Schutz ihrer Lüge gehabt zu haben? Sind, wie bei SPD-Frauen immer, wieder mal die anderen schuld?
Hat sie ihren Mitarbeitern eine Würde gestattet? Nach dem, was man so über ihren Umgang mit Mitarbeitern hört, wohl nicht.
In der Papierversion und hinter Paywall gibt es bei der WZ wohl einen ausführlicheren Artikel, aus dem hier zitiert wird. Man fragte sie, warum sie noch nicht zurückgetreten sei, wie angekündigt. Nun, habe sie geantwortet, das lasse ihre Gesundheit und ihr Krankenhausaufenthalt nicht zu, das könne sie erst, wenn die Ärzte sie ließen. Wieder mal die Verantwortung auf Männer abwälzen?
Was hat sie da eigentlich im Krankenhaus? Kann man da auch nachlesen. Sie hat sich ihre Würde gebrochen und die haben sie ihr jetzt eingegipst:
Ausführlich gibt Hinz der „Westdeutschen Zeitung“ Auskunft. In einer Klinik, in der ihr eine Therapie helfen soll, „zurück zu Würde und Selbstwert“ zu gelangen, wie die WZ schreibt. Dabei kommt die Politikerin im Interview – erschienen auch in „Solinger Tageblatt“, „Remscheider Generalanzeiger“, „Aachener Nachrichten“ und „Aachener Zeitung“ – durchaus selbstbewusst rüber.
Sie klagt an, teilt aus. Angesichts des Skandals, den sie als Hochstaplerin ausgelöst hat, „nicht sonderlich klug“, meint der Kommunikationswissenschaftler Christoph Bieber. „Nach allem, was wir aus der politischen Skandalforschung wissen, wäre eine ausführliche öffentliche Entschuldigung die bessere Variante gewesen.“
Ja, das ist das, was eine Hochstaplerin jetzt braucht: Eine Klinik, die ihr „zurück zu Würde und Selbstwert“ hilft.
Selbstwert.
Aha.
Würde und Selbstwert werden jetzt auch leistungsfrei nach Quote verteilt. Lügen und Betrügen soviel man will. Die anderen haben einfach die Kritik zu unterlassen. Prinzip Gender Studies, da machen die das ja auch so. Lügen das Blaue vom Himmel, haben keine Substanz, nie was gemacht, aber verlangen von anderen, Kritik zu unterlassen und deren „Wissenschaftlichkeit” zu achten.
Heute flatterte bei mir eine Presseerklärung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Niedersachsen rein.
Stefan Körner, Landesvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Niedersachsen:
Stellungnahme zu einem Pressebericht über meine Berufsbezeichnung:
Seit dem 21. Februar 2015 bin ich Vorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landesverband Niedersachsen. Mein Studium der Sozialwissenschaften habe ich nicht mit einem Examen abgeschlossen.
Die Verwendung einer nicht korrekten Berufsbezeichnung auf einem Wahlvorschlag erfolgte auf Grundlage einer nicht korrekten Annahme: Während meines Studiums habe ich an einer Studie mitgearbeitet und Artikel mitveröffentlicht. Ich war davon ausgegangen, deshalb die Bezeichnung „Politologe“ ohne akademischen Grad verwenden zu dürfen.
Ich bedauere mein Vorgehen.
Um Missverständnissen vorzubeugen erkläre ich, dass ich kein kommunales Mandat in Hannover annehmen werde.
Ah. Der hat sich seine Würde auch irgendwie im Türrahmen eingeklemmt. Sciencefiles erklärt, wie das kam:
Wenn Sie im Verlaufe ihres Lebens, regelmäßig an einer Universität vorbeigekommen sind, dann dürfen Sie nach der Logik, die Stefan Körner hier von sich gibt, für sich annehmen, ein Wissenschaftler zu sein. Besser noch: Wenn Sie an Universitäten putzen und Papierkörbe mit Inhalt leeren, dann nehmen sie unweigerlich an der wissenschaftlichen Produktion von Ausschuss teil. So manches, was in des einen Papierkorb landet, hat dem anderen zu einem Bundestagsmandat verholfen. Und wenn Sie gar Techniker an einer Universität sind, derjenige, der aus dem Rechenzentrum digitale Dinge möglich macht, von denen sich andere dann durch Tastendruck überzeugen können, dann sind sie quasi ein Dr. Dr. mult., weil an jeder wissenschaftlichen Qualifikationsarbeit beteiligt.
Wir wissen nicht was schlimmer ist, dass Körner denkt, mit diesem Unsinn, mit dem er die Tatsache verdecken will, dass er – wie so viele Politiker das tun – ein abgeschlossenes Studium vortäuscht und damit eine Qualifikation, die er nicht hat, bei normaldenkenden Menschen durchzukommen oder dass er tatsächlich denkt, seine Pressemeldung würde den Betrugsversuch, den Missbrauch von Titeln und Bezeichnungen relativieren. Letzterer ist übrigens strafbar.
In jedem Fall ist Körner ein weiteres Beispiel für die neue Gilde von Politikern, die ihre fehlende Kompetenz offensichtlich mit dem fehlenden Studium nachweisen wollen.
To whom it may concern: Diesen Text hat übrigens ein Politikwissenschaftler mit abgeschlossenem Studium geschrieben.
Das erleuchtet ne Menge.
Beispielsweise von was für Leuten wir da regiert werden.
Jede Menge Plagiate und Doktorarbeiten von Ghostwritern. Oder die Familienministerin, die rotzfrech in ihrer Diss erklärte, dass sie gar nicht vor habe, wissenschaftlich zu arbeiten und den wissenschaftlichen Teil einfach weglässt. Frei erfundene Studien. Oder wie bei der Verfassungsrichterin, frei erfundene Studiengänge. Per Betrug, Täuschung und Schmiergeld angemeldet.
Merkt Ihr, warum meine Verfassungsbeschwerde auf einheitliche Promotionsanforderungen abgesägt wurde?
Wir werden von Berufslügnern und Hochstaplern regiert, ausgenommen und auf Schweigen in Anspruch genommen.
Der Würde wegen.