Der „Land der Dichter und Denker”-Effekt
Oder: Wenn Ada ein Mann wäre.
Das ist ja auch so ein Effekt, der mir ständig auf den Wecker geht.
Wir haben Tausende von Nazis, aber ein Land der Nazis sind wir natürlich nicht.
Wir haben 7 Millionen Analphabeten, aber ein Land der Analphabeten sind wir natürlich nicht.
Wir haben Idioten, Diebe, Mörder, Steuerhinterzieher, Raser, Hochstapler, Plagiatoren, Titelbetrüger in rauhen Mengen, aber die sind alle nicht typisch für uns.
Wir haben über 50% Frauen, und sie beklagen sich, dass wir kein Land der Frauen sind.
Aber wir wollen das „Land der Dichter und Denker” sein, weil wir davon zwei Dutzend hatten, die alle schon lange tot sind. Die färben dann natürlich auf uns alle ab. Das wird dann gerne gestreckt und verallgemeinert.
Das gibt es nochmal auf feministisch:
Es gibt Millionen von Frauen, die eine Fünf in Mathe hatten, und wir haben Tausende von Journalistinnen und Nachrichtenmoderatorinnen, die an elementarer Mathematik versagen, aber verallgemeinern darf man das natürlich nicht. Wäre sexistisch. Wird auch immer wieder beklagt und angeklagt. Etwa so:
Finden sie aber vier oder fünf Spitzenwissenschaftlerinnen in der Geschichte, dann wird das als der unschlagbare Beweis hingestellt, dass Frauen, also nicht etwa die fünf, sondern Frauen schlechthin Spitzenwissenschaftler seien. Das wird sofort verallgemeinert.
Das technische Museum in Wien bringt unter dem Titel „Wäre Ada ein Mann …” eine Ausstellung zu weiblichen Wissenschaftlerinnen. Und natürlich schon wieder mal die gleichen. Ada Lovelace, Caroline Herschel, Marie Curie, Lise Meitner, (Grace Hopper haben sie vergessen).
Neben den elf historischen Pionierinnen – darunter etwa auch noch die ersten österreichischen Pilotinnen Lilly Helene Steinschneider-Wenckheim (1891–1975) und Božena Lagler (1888–1941) – zeigt der Band auch “Karriereblitzlichter” von Frauen wie der Pilotin Gabriele Metz, die aktuell in (angeblichen) Männerdomänen erfolgreich sind. Dazu kommen ein Beitrag über Video und Geschlecht sowie über Frauenstimmen aus dem Archiv der Österreichischen Mediathek. (APA, 11.1.2017)
Ich hätte da ein paar Anmerkungen:
- Wenn Ada ein Mann gewesen wäre, würde man viel weniger Aufhebens drum machen und sie/ihn kaum noch oder gar nicht mehr erwähnen, weil danach noch jede Menge weitere Männer viel geleistet haben. Unter Männern wäre Ada Lovelace kein großes Licht gewesen.
Konkreten Einfluss auf die Entwicklung hatte Ada ja meines Wissens nicht, und der wesentliche Grund für ihre Erwähnung ist vor allem, dass danach halt nicht mehr viel von Frauen kam.
- Denkt mal drüber nach:
Was bedeutet das, wenn ihnen bei der Beschreibung von Frauen in der Wissenschaft immer wieder die gleichen Namen einfallen, und die alle längst tot sind?
Was sagt es, wenn man Wissenschaftlerinnen im Museum ausstellt?
- Woher wissen sie überhaupt, dass Ada unter „Frauen” zählte und nicht eines der anderen 4389 Geschlechter hatte?
Vielleicht war sie auch transsexuell und wollte lieber ein Mann sein. Oder war vorher einer.
Komischerweise behaupten sie heute immer, das sei ja alles nicht so klar, queer, im Fließen, jede Zuordnung sexistisch.
Aber wenn sie ihre Muster-Ada brauchen, dann ist auf einmal ganz klar und eindeutig, dass sie eine Frau gewesen ist.
- Was würdet Ihr von einer Fußballmannschaft halten, die sich damit brüstet, 1963 mal ein Tor geschossen zu haben?
- Wir stecken Milliarden in die Frauenförderung, geben ihnen jede Menge Doktorgrade und Professuren gratis.
Und was ist das Ergebnis all dessen?
Ada Lovelace. 1815 bis 1852.
- Sie reden unentwegt von „Sichtbarmachung von Frauen”.
Also wenn ich da mal so ganz direkt was dazu sagen soll: Da wird allerhand „sichtbar”. Allerdings ist das eher peinlich und man würde besser fahren, wenn das gerade nicht sichtbar wäre.
Bin ich der einzige, auf den das Frauenfördergetue so irreparabel lächerlich wirkt?
Wenn man eine schwache Stelle hat, dann stellt man sie nicht noch im Museum aus.