Ansichten eines Informatikers

Computer: Hidden Figures

Hadmut
5.2.2017 18:46

Meine Filmkritik.

Ich war gerade mal wieder im Kino. Nachdem ich jahrelang nicht mehr im Kino war, war ich letztes Jahr gleich drei- oder viermal. Und nachdem es jetzt den Film „Hidden Figures” über die schwarze Frauen gibt, die für die NASA die Berechnungen für die Weltraumflüge gemacht haben (so ein typisch feministisches-genderistisches Ding), dachte ich mir, guckste Dir den mal an. Nach der Katastrophe mit den grotesk schlechten Ghostbusterinnen wollte ich das nächste feministische Artefakt sehen.

Aber, ach. Irgendwie geht jedesmal was schief, wenn ich ins Kino will. Ich wollte eigentlich in das Kino am Potsdamer Platz (die machen das gut) und nicht in das am Alex (denn die gehen mir immer wieder auf den Wecker). Vorstellung um 13.30, nach der Vorschau im Kartenverkauf waren im großen Kinosaal eine Stunde vor Beginn gerade mal 6 Karten verkauft. Wer geht auch schon Sonntag nachmittags ins Kino? In so einen Film?

Dann bin ich aber etwas später von zuhause weg als geplant, und die U-Bahn fuhr nicht los, irgendeine Singalstörung sagten sie. Irgendwann ging’s endlich los, weil ich aber auf dem Handy E-Mails gelesen habe, habe ich verpennt, am Potsdamer Platz auszusteigen, bin eine Station zu weit gefahren und musste wieder zurück. Deshalb kam ich erst um 13.46 im Kino an. Kein Problem, dachte ich, die zeigen ja sowieso immer eine halbe Stunde Werbung vorher. Sicherheitshalber habe ich aber doch nochmal gefragt. Nein, der Film laube bereits seit 13.43, mindestens 3 Minuten (bis ich die Karte bezahlt habe und drin bin eher 5) hätte ich also versäumt. Das wollte ich nicht. (Muss ja ein lausiger Film sein, wenn sie nur 13 Minuten Werbung zusammenkriegen…)

Also dann doch zurück zum Alex gefahren, weil da eine Vorstellung um 14.00 losging. Dorthin bin ich zwar auch zu spät gekommen, war dort aber 3 Minuten vor Filmbeginn da. Welchen Platz ich will, fragt er. Auf dem Saalplan waren vier Plätze markiert. Auch nix los. Egal, sag ich, irgendeinen, ich setz’ mich einfach irgendwohin.

Nein, sagt er, das sähe ich falsch. Die vier markierten Sitze seien die freien Sitze, und da müsste ich mir einen aussuchen. Wie bitte!? Was? Sonntag mittag und das Kino ist ausverkauft? Ja, sagt er, der Film kommt gut an. (Komisch, warum hier und nicht beim anderen Kino?) Es war allerdings auch ein kleinerer Kinosaal, was in diesem Fall aber gut war, weil ich vorne in der dritten Reihe sitzen musste, und da ist man froh, wenn das Bild nicht so groß ist. Warum der Saal gestopft voll war? Weiß ich nicht. Rechts neben mir saß eine vierköpfige Familie, die sind nach 10 Minuten gegangen und nicht wiedergekommen. Keine Ahnung, warum man sowas macht. Vielleicht waren die von irgendwem en gros eingeladen worden.

Der Film

Erzählt wird die Geschichte dreier befreundeter schwarzer Frauen, Mathematikerinnen, die Hauptperson wird in den ersten Minuten (die ich ja nicht verpassen wollte) in der Rückblende als Kind als hochbegabt vorgestellt. Im nächsten Augenblick sind sie schon erwachsen und arbeiten bei der NASA als „Computer”. Es geht nicht, wie es in manchen Medien hieß, um den Flug zum Mond, sondern nur um einen früheren Flug. Es ging darum, John Glenn für ein paar Umrundungen in die Erdumlaufbahn zu schießen. Was nicht nur dramaturgisch sehr gut war, weil es eben nicht um dieses Riesending Mondreise ging, sondern um ein „kleines” Problem mit konkreten mathematischen Problemen, auf die man die Sache ohne zuviel Ablenkung zuspitzen konnte.

Es ist aber wohl auch historisch wichtig, denn der Flug zum Mond fand 1969 statt, Glenns Erdumrundung aber Anfang 1962, wo sich längst eine andere politische und technische Situation ergeben hatte und die Handlung wohl nicht mehr möglich gewesen wäre, vor allem aber auch nicht zutreffend, denn es geht ja – schon ziemlich frei – um reale Personen und reale Ereignisse. Es ist Film von der Sorte, bei der man am Ende sieht, wie die echten Personen aussahen und was aus ihnen geworden ist.

Der Film zeigt, wie die drei Frauen – eigentlich alle aus der Rechner-Abteilung, aber auf drei verschiedene Weisen, nämlich als Mathematikerin, als Programmiererin und als Ingenieurin – bei der NASA als so eine Art Untermensch – Standardbegriff „Neger” – anfangen und sich dann immer höher arbeiten, bis sie schließlich in wesentlichen Funktionien für den Flug und als Leiterin der Elektronische-Rechner-Abteilung angekommen sind.

Und da komme ich jetzt zu einigen – erträglichen – Kritikpunkten.

  1. Der Film stimmt nicht.

    Real sind nur die Figuren der drei Frauen und natürlich Astronaut John Glenn, die anderen gab es, wie ich irgendwo gelesen habe, so nicht, die sind dazugedichtet.

    Es gibt eine Schlüsselszene, in der der Leiter der Abteilung sauer darüber ist, dass seine Mathematikerin immer wieder für 40 Minuten verschwinden, dann erfährt, dass sie ja auf die Toilette für Schwarze muss, und die gäbe es nur einen Kilometer entfernt am anderen Ende des Campus, sie muss aber als Frau vorschriftsmäßig hohe Absätze tragen und darf als Schwarze die Fahrräder nicht benutzen, muss da also immer, auch im strömenden Regen, hinrennen. Er nimmt sich eine Brechstange, bricht die Rassen-Schilder ab und verkündet, dass bei der NASA alle in derselben Farbe pinkeln und deshalb künftig jeder auf das nächstbeste Klo geht. Irgendwo las ich, die echte Mathematikerin habe gesagt, das stimme so nicht. Zwar habe es die Toiletten mit Rassentrennung sehr wohl gegeben, aber sie habe sich erst gar nicht daran gehalten, und das habe nie jemanden interessiert.

    Es gibt eine Szene, in der sich nicht sicher sind, ob der elektronische Computer richtig rechnet, der, der so wahnsinnig viel schneller als Menschen rechnen kann. Noch während Glenn auf dem Weg zur Rakete ist, rechnet „Superfrau” das mal eben nach, natürlich mit mehr Stellen hinter dem Komma.

    Geschenkt.

    Das rechne ich alles dem Erzählformat „Film” zu, denn sie müssen ja eine Geschichte von mehreren Monaten (oder Jahren?) in ca. 90 Minuten unterbringen. Der Komissar im Krimi fängt den Mörder auch immer in 90 Minuten.

    Deshalb halte ich es zwar nicht für historisch korrekt, aber für dramaturgisch legitim, die Positionen in der Gesellschaft und der NASA auf fiktive Personen zu verdichten. (Bei Catch me if you can war der Dieb auch echt, der Polizist als Gegenspieler aber fiktiv, denn man braucht ja immer auch Antagonisten.) Auch die Szene mit dem Klo finde ich legitim, auch wenn sie so nicht stimmt, denn man muss ja kurz und prägnant rüberbringen, dass es woanders die Klo-Segregation gab und man die bei der NASA nicht gebrauchen konnte. Hätte man es real gezeigt, hätte es keiner kapiert.

  2. Er ist doch manchmal etwas hölzern, klischeehaft geraten. Die Männer rennen als uniforme hilflose Dummköpfe in Büro-Idioten-Uniform (graue Hose, weißes Hemd, Schlips, alle gleich) herum, die Frauen laufen geschminkt, in hübschen Kleidern, gutausehend herum und lösen Probleme mal eben so im Vorbeigehen.
  3. Der Star-Wars-Effekt ist auch wieder dabei: Was Männer jahrelang mühsam lernen müssen (Lichtschwert), kann Frau auf Anhieb und von Natur aus.

    Ein ganzes Rudel IBM-Techniker schafft es nicht, ihre eigene Rechenmaschinen in Funktion zu setzen und zu programmieren.

    Eine der schwarzen Protagonistinnen, die die Dinger noch gar nicht kennt und nie gesehen hat, klaut sich in der Stadtbibliothek ein Fortran-Buch und kann *schwups* perfekt mit dem Rechner umgehen und den IBM-Technikern zeigen, wie’s geht. Sieht sofort, dass ein Kabel falsch steckt. Nachdem sie ein Fortran-Buch gelesen hat. Naja.

  4. Überhaupt ist die Gut-Böse-Verteilung etwas holzschnittartig, aber doch unorthodox. Beide Böse sind Frauen, weiße natürlich, eine gespielt von der auch nicht mehr jungen Kirsten Dunst, die schon überzeugend die Kotzbrockin gibt. Die Guten sind – erstaunlich – die Männer, nämlich der Chef der Abteilung und der smarte Astronaut John Glenn (und am Rande ein Richter).

    Gut fand ich allerdings, dass es da nicht nur um weiß-gegen-schwarz geht, sondern auch so Erscheinungen von intra-schwarzem selfie-Rassismus angedeutet wird (den es, wie man mir mal in Kapstadt erläuterte, tatsächlich sehr stark gibt, Rassismus gegen Schwarze findet auch in völliger Abwesenheit von Weißen statt). Und eben auch nicht Männer gegen Frauen, sondern die Bösen sind Frauen, die Guten sind Männer.

  5. Was mich gestört hat, war, dass sie Feminismus und Rassismus so hinbiegen, dass sie von einem Film über Rassismus feministisch profitieren können. Das hatte ich ja schon öfter, dass Feministen versuchen, auf der Schwarzen-Diskriminierung mitzusurfen. Naja, es geht um die 50er und frühen 60er, da wird das schon beides vorgekommen sein.
  6. Etwas seltsames ist mir aufgefallen, weil ich so nah an der Leinwand vorne rechts saß: Der Film war an manchen Stellen einfach nicht scharf. Als hätte der Kameramann gepfuscht und der Regisseur gepennt. Ich habe mal überlegt, ob das vielleicht Absicht gewesen sein könnte, um den Kontrast zu dämpfen, weil sie ja immer wieder auch mal alte Originalbilder eingesetzt haben. Irgendwann fiel mir aber auf, dass die Unschärfen eigentlich immer in der linken Bildhälfte auftauchen, vielleicht war einfach der Projektor dejustiert.

Der Film hat mir aber insgesamt sehr gut gefallen, denn der war einfach gut gemacht. So ne richtig schöne, runde Erzählstory, gut erzählt, trotz bekanntem Ausgang und vieler total vorhersehbarer Szenen (Stichwort Perlenkette) spannned, und im Gegensatz zu den Ghostbusterinnen auch witzig, denn die Ghostbusterinnen waren Klamauk, dieser hier hat Komik.

Richtig gut getroffen haben sie auch die 50er und 60er Jahre, dieser ganze Zeitgeist, der aus der gesamten Büroausstattung, den grauen Schreibtischen, Schreibtischlampen und dem ganzen Zeugs so atmet, Kleidung, Außenansichten, das hat schon gut gepasst.

Als Informatiker fand ich auch sehr gut, wie die Rechentechnik (leider nur am Rande) dargestellt wurde. Da kann man so ein richtig schönes Stück IT-Geschichte sehen, der sonst oft zu kurz kommt. Man beleuchtet immer gerne Alan Turing, und ich habe ja selbst einige Vorträge gehalten, wie das Brechen der Enigma und die darauf folgende Kolossus in den 40er Jahren die Computertechnik zündete.

Hier nun sieht man die Sache über ein Jahrzehnt weiter:

Noch gibt es ganze Abteilungen von Leuten, die das alles manuell ausrechnen, die sogenannten „Computer”. Das war mal eine Berufsbezeichnung. Als man noch mit Logarithmentafeln, Rechenschiebern und elektromechanischen Rechenmaschinen arbeitete.

Und dann kamen die elektronischen Computer, zunächst mal nur als eine Art automatisierbare Rechenmaschine (habe ja die heutigen CPUs noch, das „Rechenwerk”), die eben die immer gleichen Arbeitsabläufe, die bis dahin dort schwarze Frauen erledigt haben, automatisch ablaufen lässt. Eigentlich erst mal Arbeitsplätze wegrationalisieren. Mit Lochkarten.

Mein Fazit

Mir hat der Film gefallen, der ist gut. Man kann das alle auch gut, entspannt, mit Realitätsbezug und etwas Witz erzählen.

Muss ich mir nochmal auf englisch anhören.

Wer in den Film gehen sollte

Erstens: Informatiker, Techniker, Luft- und Raumfahrttechniker, Technikhistoriker. Nicht weil man da technisches Wissen abstauben könnte, sondern weil man so in die Zeit versetzt wird, als die ersten „Computer” angeliefert wurden. Für solche Zahlenkolonnen, Berechnungen von Differentialgleichungen und Flugbahnen. Solche Dinge, die heute jede Armbanduhr viel besser rechnen kann.

Zweitens: Feministinnen.

Auf dass sie sich die verdienten Depressionen – möglichst schwer – abholen und sich verstecken gehen. Denn auch wenn der Film feministisch gemeint ist, zeigt er doch, dass der heutige Feminismus einfach Schrott ist.

Denn diese Frauen da zeigen, dass es auch Frauen gibt, die Rechnen können. Man muss Frauen keine geistigen Rollstuhlrampen und Gleichstellungsqualitätsunabhängigkeiten bauen. Frauen sind nicht doof, jedenfalls nicht alle. Feminismus ist, so zu tun, als wären alle Frauen so doof wie Feministinnen und als müsste deshalb im Rahmen der Gleichstellung alles geistig-behindertengerecht ausgebaut werden. Als müsste jeder Job geistig so gebaut sein wie ein Behindertenklo.

Und weil dieses ganze Frauen-Vorbilder-Gesülze einfach Schrott ist.

Zwar haben sie endlich mal ein paar andere als die zum millionsten Mal bemühte Ada Lovelace oder Grace Hopper ausgebuddelt, aber sie taugen nicht zum Vorbild. Man kann sich diese Frauen nicht zum Vorbild nehmen, das geht gar nicht.

Warum nicht? Warum geht das nicht?

Weil diese Frauen Pionierinnen waren, sie keine Vorbilder hatten.

Würden man sie sich zum Vorbild nehmen, dann hätten man sie sich eben gerade nicht zum Vorbild genonmen, weil sie ja vorbildlos waren. Solche Frauen zum Vorbild zu nehmen ist ein Widerspruch in sich, aber einer, dessen Logik die meisten Frauen überfordert. Wenn man sagt, dass Frauen Vorbilder brauchen, dann ist damit eigentlich schon gesagt, dass all diese Frauen nie eine ernstliche Liga erreichen werden, denn wer ein Vorbild braucht, kann nur nachäffen. Wer ein Vorbild braucht, wird nie das sein, was er (sie) sich zum Vorbild nehmen soll.

Drittens: Die Macher des Ghostbusterinnen-Flops. So macht man einen Film. Und nicht nach dem jämmerlichen Schema, einfach ein Remake mit vertauschten Rollen und Klamauk zu machen.

Hätte man die Ghostbusterinnen mit den Darstellerinnen aus „Hidden Figures” und deren Stil gedreht, wäre der Film was geworden.

Animiert der Film denn nun junge Frauen

Ja.

Tut er.

Aber nicht dazu, Mathematikerin zu werden.

Sondern Schauspielerin zu werden.

Schöne Kleider zu tragen.

Auf’s Klo für Weiße zu gehen.

Denn vor einer Horde staunender weißer Männer in weißen Hemden und in Krawatten auf eine Leiter zu steigen und eine Tafel mit Formeln vollzumalen ist nicht gerade berufsbeschreibend und attraktiv in Bezug auf Mathematiker.

Es kommt darauf an, vor einer Horde Männern in weißen Hemden und Krawatten gut auszusehen und ein hübsches, auffälliges Kleid mit sehr femininen Formen und hohen Absätzen zu tragen.

Der Film ist zwar feministisch gemeint, läuft aber feministischen Denkweisen oft diametral entgegen. Feminismus heißt, doof wie Holz zu sein, rumzulaufen wie ein Kohlensack, nichts zu arbeiten, keine Aufgabe zu erfüllen, alle zu beschimpfen und zu geifern und Gleichstellung zu fordern. Der Film zeigt, wie Frauen gut und weiblich aussehen, richtig Leistung bringen, ungelöste Probleme lösen und dabei (zumindest die schwarzen) einfach nett und freundlich sind. Genau das Gegenteil von Feministinnen.

Man könnte den Film also auch als antifeministischen Film sehen, der zeigt, warum der Feminismus versagt. Und warum man darauf achten sollte, niemals Feministinnen einzustellen.