(M)Ein Fazit zur Konferenz von Netzwerk Recherche (und faktisch auch dem NDR)
Bei mir ist ein Bild angekommen.
Aber kein gutes.
Ich war jetzt zum dritten Mal auf dieser Konferenz. 2010 war ich da zum Thema „Experten“, 2013 zum Thema Frauenquote, da prügelte Pro Quote auf alles ein, was sich bewegte. Und mir hat es bisher noch bei jedem Besuch vor dem gegruselt, was die für seriösen Journalismus halten.
Und jedes Mal zeigt sich, dass meine Einschätzung des Journalismus eine gänzlich andere ist als deren Eigeneinschätzung.
Die größte Abweichung zwischen meiner und deren eigener Einschätzung dürfte dieses Jahr darin liegen, dass sie sich selbst für konstant halten, ich aber riesige Veränderungen sehe. Der Journalismus heute unterscheidet sich drastisch von dem, was ich vor Jahren gesehen habe, während sie sich selbst für beständig halten. Wobei man auch einen zynischen Blickwinkel einnehmen kann, aus dem es keine Abweichung zwischen meiner und ihrer Sicht gibt. Sieht man sie nämlich als Opportunisten, die ihren Standpunkt ständig wechseln, dann liegt die Konstanz im Wechsel. Dann würde ich ich sagen, letztes Mal wehte die Fahne so, und diesmal weht sie ganz anders, und man könnte da sagen, ja eben, das Fähnchen seit Jahren immer schön flexibel im jeweiligen Wind.
Und die Gründe für den geänderten Wind sind eigentlich klar:
- Ruinierter Ruf.
- Miserable Auflagen, fliehende Leser, lausige Finanzkage, wenn nicht öffentlich-rechtlich
- Übernahme linker Methoden durch Rechte
- AfD
- Trump
- Migration/Islam
Als ich das letzte Mal da war, sind die wie die Bekloppten um das goldene Kalb Gender getanzt, jeden noch so absurden feministischen Schwachsinn mitgemacht, auf jeden eingedroschen, der auch nur minimal abwich. Pro Quote hatte das Foyer im Griff und setzte die Fernsehkamera wie eine Panzerfaust gegen jeden ein, der nicht spurte.
Heute?
Fast kein Feminismus mehr. Pro Quote schon gar nicht zu sehen. Womöglich eingegangen. Fast schon wieder in vorfeministischer Zeit, auf den Podien sitzen Männer, Frauen oft als Alibi-Verzierung und Moderatorinnen. Ja, natürlich, ein paarmal wurde angemerkt oder gemeckert, dass zuviel Männer auf dem Podium sitzen, und es gäbe ja auch Frauenpodien (habe ich im vorangehenden Artikel gerade beschrieben), aber nach meinem Eindruck ist das Thema durch, seit die ums Überleben und ihren Ruf kämpfen müssen, denn sie sich durch geballten Schwachsinn ruiniert haben.
Jahrelang haben sie sich in dieser feministischen Poststrukturalismus- oder Postmodernismus-Soße gebadet, in der man jeden x-beliebigen Schwachsinn behaupten kann, weil es ja gar keine Realität und keine Beweise gäbe, es sei ja alles nur Diskurs. Das Wort Diskurs habe ich dieses Jahr kein einziges Mal gehört. Letztes Mal fanden sie es noch ganz toll, dass sich Frauen völlig willkürlich und aus der Luft gegriffen zum GOAZ (Größtes Opfer aller Zeiten) erklärten und meinten, das müsse so sein, jetzt stehen sie fassungslos da, weil Trump ihre Masche kopiert.
Jahrelang haben sie poststrukturalistisch auf Realität und Fakten gepfiffen, und feministische Behauptungen frei erfunden. Jetzt sind die traumatisiert, weil man sie deshalb als Lügenpresse bezeichnete und darüber, dass Trump das jetzt auch macht. Plötzlich kommen sie mit Faktenchecks und dem Vorwurf des Postfaktischen daher (wobei ich das Wort postfaktisch hier auch schon nicht mehr gehört habe), aber jetzt geht’s plötzlich um Fakten. So urplötzlich. (Gleicher Effekt beim Science March, jahrelang hat man Naturwissenschaft, Empirie, Beweise, Realität, wissenschaftliches Arbeiten verhöhnt, hat sich vollends lächerlich und unglaubwürdig gemacht, und jetzt beklagen sie, dass sie nichts mehr wert sind und wollen auf seriös machen.) Höchst bemerkenswert fand ich in diesem Zusammenhang den Appell von Jörg Kachelmann am Ende seines Auftritts. Er bat nämlich vor allem die jungen Journalisten, das Recherchieren zu lernen und zu überprüfen, bevor sie schreiben. Weil man das bei ihm nicht getan habe. Was aber nach meiner Beobachtung eben jeder feministisch-poststrukturalistische Trend war, einfach nur irgendwas zu blubbern. Letztes Mal habe ich da Journalistinnen erlebt, die nicht nur laut sagten, sondern auch noch stolz darauf waren, dass sie nichts anderes tun, als Twitter zu lauschen und das Geblubber einfach durchzureichen, sich keine Mühe zu machen. Kann sich heute niemand mehr leisten, sowas zu sagen.
Und kleinlaut geben sie nun auch zu, dass die Strategie, einfach alles und jeden als rechtsradikal und Nazi zu bezeichnen, eigentlich auch großer Mist war.
Eigentlich ist das gesamte linke Gehabe, von dem sie jahrelang kontrolliert wurden, gescheitert, und sie sind daran fast zugrundegegangen.
Und entsprechend baut sich auch diese unsägliche Arroganz der letzten Jahre zumindest ein klein wenig ab. Letztes und vorletztes Mal war ich ein Niemand, wurde man als Blogger belächelt. Das ist nun nicht mehr so. Inzwischen hat man merklich Angst vor Social Media, wird als Blogger wahrgenommen, erhält das Wort, wird mit Namen angesprochen. Ein Journalist aus der Chefredaktion einer großen Zeitung sprach mich an und „warb“ bei mir darum, Journalisten differenziert zu sehen und sie nicht so hart zu beurteilen, wie ich das in meinem Blog tue. Wer hätte sich sowas in den letzten 20 Jahren vorstellen können?
Mir sagte einer, dass es doch ganz wunderbar sei, dass jetzt jeder Bloggen könnte und das für alle offen sei, so in der Art wie der Delinquent seinen Strick lobt. Ich habe ihm sagen müssen, dass das ein Missverständnis sei. Dass ich es nicht gut finde, dass ich blogge, und ich das eher wie einen Ersatzreifen oder eine Schwimmweste im Flugzeug ansehe. Beide müssen für den Notfall da sein, aber besser ist, wenn man sie gar nicht erst braucht. Und dass ich es keineswegs gut und lustig finde, wenn ich mir die Abende und Wochenenden um die Ohren haue und für diese Konferenz Urlaub nehmen muss, um für wenig oder gar kein Geld neben meinem Job noch ihre Aufgaben zu erfüllen, für die sie bezahlt werden, für die ich manche von ihnen sogar zwangsweise bezahlen muss. Die Welt ist nicht in Ordnung, wenn es Blogger gibt, sondern wenn man sie nicht braucht, weil Journalisten ihre Arbeit machen. Und davon sind wir sehr weit entfernt.
Er wollte das anders sehen und mich von seiner Meinung überzeugen, ich habe ihm aber gesagt, dass ich für Meinungspluralität stehe und er damit leben müsse, dass ich anderer Meinung sei als er, solange er mir nur mit schönen Worten ankäme, weil dieser ihr Kredit leerer Worte bei mir verbraucht sei. Ich sei nur noch durch Taten umzustimmen.
Trotzdem nehme ich zur Kenntnis, dass ich jahrelang versucht habe, Aufmerksamkeit der Medien zu erreichen und einfach völlig ignoriert und übergangen wurde, und inzwischen der Zustand einsetzt, dass Journalisten zu mir kommen. Hochmut können die sich nicht mehr so leisten. Und die Kritik von Bloggern hat inzwischen weit mehr Gewicht als früher.
Eine große Rolle spielt dabei sicherlich auch die kaum geäußerte, aber spürbare Erkenntnis, dass sie zwar auf AfD, Trump und so weiter schimpfen und mit aller Kraft gegen die kämpfen, mit ihrer verfehlten Vorgehensweise aber nicht nur gescheitert sind, sondern diese womöglich damit sogar selbst verursacht haben, weil lausige Presse beim Publikum eher das Gegenteil dessen hervorruft, was man beabsichtig hat. In den USA stehen sie nun da und müssen mit Trump klarkommen, hier versucht man sich unter Schmerzen an einem Podium mit Gauland. Und in der Luft hängt, dass sie selbst daran schuld sind.
Insgesamt erschien mir die Veranstaltung auch etwas ruhiger, leiser, bescheidener als bei früheren Besuchen, ich bin mir aber nicht sicher, vielleicht haben sich meine Maßstäbe verschoben. Aber ich hatte irgendwie den Eindruck, dass das alles bedachtsamer läuft. Dieses Gender-Geschrei von Pro Quote gab’s nicht mehr, und es sind auch nirgends mehr schwule Podien veranstaltet worden. Auch die Broschüren, wie man positiv über Schwule zu schreiben hat, wurden nicht mehr gereicht. Auch die Leute auf Podien, von denen ich aus frühere Besuchen weiß, dass sie schwul sind, kamen diesmal völlig ohne Hinweis darauf aus. Heute schaffen die das wieder, sich einfach wie normale Leute hinzusetzen und ihr Thema durchzuziehen. Sie müssen nicht wie früher erst mal über 80% der Zeit thematisieren, dass sie schwul und jedermanns Opfer sind. Irgendwie hat sich dieser ganze Ideologie-Müll wieder beruhigt und es geht wieder um Themen.
Oder anders gesagt: Wenn diese Erscheinungen unter einem Realitätsdruck verschwinden, waren sie offenbar nur Dekadenz-Symptome.
Damit hat die Konferenz letztlich für mich etwas anderes erbracht, als ich erwartet habe. Warum bin ich überhaupt gekommen? Um ihnen beim Sterben zuzusehen und darüber zu schreiben.
Das war es aber (noch) nicht. Anscheinend hat große Not eine Art Heilungsprozess eingeleitet, der die Sache noch nicht zum Guten, aber zumindest die Sterbekurve abgeflacht hat. Sie haben gemerkt, dass sie ohne Leser und Geld doch nicht auskommen, und dass sie eben nicht mehr die alleinigen Platzhirsche sind, sondern sich in einem Wettbewerb befinden.
Was sich allerdings noch kaum geändert hat, und immer noch stark ist, ist ihr Realitätsmangel durch Abschottung. Die schmoren sich immer noch im eigenen Saft und noch immer nicht mitbekommen, wie schlecht und eingebildet sie eigentlich sind. Weil sie sich mit Leuten außerhalb ihrer Filterblase nicht oder – bisher – nur von oben herab abgeben. Man merkte da immer diesen Effekt aus dem Marxismus-Leninismus auch westlicher geisteswissenschaftler Fakultäten, denn sie hielten sich für das westliche Gegenstück zur „Partei“, die für den dummen Bürger entscheidet, was gut für ihn ist. Das schwächt sich zwar ab, aber so richtig merken sie immer noch nicht, was „da draußen“ eigentlich läuft. Ich fand das so bezeichnend, als die meinen Vorhalt mangelnder Pressefreiheit in Deutschland für subjektiv und nicht verallgemeinerbar hielten, mir dann nach der Veranstaltung aber eine nachlief um zu fragen, wieso ich eigentlich keinen Presseausweis habe. Sie wussten es nicht. Erinnerte mich an das Marie-Antoinette-Zitat, dass wenn das Volk kein Brot hat, sie eben Kuchen essen sollten (stimmt zwar angeblich gar nicht und sei zudem falsch übersetzt, aber Ihr wisst, was ich meine).
Und besonders frappierend fand ich dann, dass die die Pressefreiheit in Deutschland preisen, offenbar aber nicht mal selbst wissen, was in ihrer ARD so abläuft. Die haben kaum den Überblick über ihren eigenen Laden.
Und wisst Ihr, was die besonders erschüttert?
Hate Speech. Naja, also nicht Hate Speech an sich, das kennen die. Sondern dass man früher schamhaft unter pseudonym oder anonym gepöbelt hat, die Leute sich heute aber nicht mehr verstecken, sondern selbstbewusst direkt unter ihrem Klarnamen lostöbern. Ihr glaubt gar nicht, wie ihnen diese Art der Verachtung und Geringschätzung zusetzt.
Was bleibt als Diagnose?
Die Diagnose ist, dass die die AfD und Trump und Hate Speech und alle Beleidigungen bitte nötig hatten. Sie haben alles gute Zureden in den letzten 20 Jahren ignoriert, und voller Arroganz auf niemanden gehört. Auf ordentliche, seriöse Darstellung und Begründung haben sie nie interessiert, da haben sie nie zugehört, links-pseudointellektuelle post-1968er Überheblichkeit.
Nun aber hat man sie beleidigt, ihnen übelste Dinge an den Kopf geworfen, gekündigt, sie beschimpft, verachtet, und genau das war offenbar notwendig, weil sie nur so zur Besinnung kamen. Alles andere hat nicht gewirkt. Ein Hoch auf Trump und Hate Speech. Erwiesen gut, haben unserer Journalie den Kopf gewaschen.