Wer Plastik kauft, kauft viermal
Einen Fehler einmal zu machen, ist normal. Einen Fehler zweimal zu machen, ist fragwürdig. Einen Fehler dreimal zu machen, ist dumm.
Ich habe einen Fehler dreimal gemacht.
Ich besitze und benutze für gewöhnlich zwei Armbanduhren.
Meine Hauptarmbanduhr – behandeltes Edelstahl, sieht aus wie Titan, sieht zudem teuer aus, zeitlos schlichtes Design, reduziert auf das Minimum – leistet mir seit x Jahren (weiß nicht mehr genau, deutlich über 10 Jahre) treu und zuverlässig ihre schmalen Dienste, denn mehr als Zeit und Datum anzeigen kann sie nicht, aber sie hat einen DCF77-Empfänger. Man muss die Uhr niemals stellen, sie schaltet sogar automatisch auf Sommerzeit um und zurück, alle paar Jahre eine neue Batterie, das ist alles, was man tun muss. Zudem hat sie sich als robust und bisher unkaputtbar herausgestellt, man sieht den Metallteilen inzwischen ein paar Gebrauchsspuren und Feindkontakte an, aber bei deren Titan-Look sieht das nur umso edler aus. Markenname (aber nur in Lizenz gekauft und draufgepappt.) Zwei Einschränkungen hat die Uhr: Sie funktioniert nur da, wo es DCF77 gibt, und sie ist nur leicht spritzwasserfest. Außerdem will ich sie nicht kaputt machen (unkaputtbar ist halt auch nur relativ).
Deshalb habe ich für die Fälle der Fälle immer noch eine Sport- und Outdoor-Uhr, wasserdicht, Zeitzoneneinstellungen, und sonstiger Schnickschnack, was man unterwegs so brauchen kann. Dummerweise sind die Uhren mit den Funktionen, die ich suche, dünn gesät. Vor vielen, vielen Jahren kam ich deshalb auf eine Uhr von Casio, die für günstiges, aber nicht billiges Geld tat, was ich wollte. Zudem einen Telefonnummernspeicher hatte. Gekauft, und zufrieden – auf gewisse Zeit. Irgendwann im Gedränge ist mir die Uhr nämlich abgebrochen. Vom Arm abgebrochen. Die Uhr hatte nämlich ein Kunststoffgehäuse, und an dem ist einer der Stege abgebrochen, an denen das Armband mit dieser kleinen Querstange mit dem Federstiften eingehängt ist.
Nun, dachte ich, kann ja mal vorkommen. Ich hatte schon öfters Plastik-Uhren, sogar ganz billige für 5 Euro zum Schwimmen, und habe mit denen – bis zum ersten Batterietausch – noch nie Probleme gehabt, nie Wasser reingekommen, nie was abgebrochen. Nur Batteriewechsel ist nicht gut, weil die Schrauben im Gehäuse ein zweites Mal nicht wirklich gut halten. Ich hatte noch Garantie drauf und habe sie eingeschickt. Sie haben sie mir in ein neues Gehäuse geschraubt.
Zwei Jahre später hat auch dieses Gehäuse aufgegeben, wieder an derselben Stelle gebrochen. Wieder einer der Stege abgebrochen.
Ich habe also in einem großen Uhrenladen nach einer neuen Uhr mit den nötigen Funktionen gesucht, aber nichts gefunden außer wieder Casio. Eins aus der Nachfolgerfamilie meines Vorgängermodells. Wollte ich nicht, und sagte warum. Nein, sagte der Händler, das Problem sei Casio bekannt, darum habe man sich gekümmert, das trete nun nicht mehr auf. Also habe ich mir das Nachfolgemodell meines Unglücksmodells anschwätzen lassen. Gleiche Funktionen, gleiches Grundprinzip (Zeiger und unten ein zweizeiliges LCD), und dazu die Garantie, dass die Batterie 10 Jahre halte. Übrigens, wie schon die erste, auch wieder mit Metallarmband.
Die hat drei oder vier Jahre gehalten, und dann ist – Überraschung – wieder einer der Stege abgebrochen.
Eigentlich wollte ich keine Casio mehr kaufen. Ich war aber doch vor 2 Jahren mal auf den Malediven. Und brauchte eine Uhr, die ich im Wasser nicht ausziehen muss. Weil die Tiefenangaben zur Dichtigkeit ja nie die reale Tauchtiefe, sondern nur einen theoretischen Wert zum Wasserdruck (einmal unter den Wasserhahn halten kann schon einer Tauchtiefe von 15 Metern oder sowas entsprechen) angibt, habe ich – getreu den Empfehlungen von Taucherwebseiten – zum Schnorcheln (ohne Flaschen) nach einer Uhr mit Wasserdichtigkeit von mindestens 50, besser 100 Metern gesucht. Gibt es natürlich, kostet aber teuer Geld, dafür gibt’s nämlich fast nur richtige Taucheruhren.
Es gab aber auch eine, die hatte 100 Meter Dichtigkeit, Licht, Zeitzonen, Stoppuhr, Barometer mit Wettervorhersage, alles, was ich da will, für bezahlbares Geld, nur leider wieder Casio. Da gab’s nichts außer Casio. Und wieder ein Plastikgehäuse, aber diesmal nicht zierlich, dünn und schmal, sondern so ein richtig dickes, brachiales Outdoorgehäuse. Nun, dachte ich, das sieht deutlich stabiler aus, und wenn es sonst nichts gibt – so sei es halt, ich hatte es nämlich auch eilig. Die Uhr hat wieder einige Zeit ihre Dienste getan, zur Zufriedenheit. Wobei sich das wieder mal nur auf ein paar Tage Outdoor bezieht und ansonsten zuverlässig im Schrank gelegen hat. Die Tage hatte ich sie mal wieder an, gehe gerade so aus dem Haus, hatte eine Umhängetasche um, in der anderen noch etwas in der Hand, da rutscht mir die Umhängetasche von der Schulter. Kein Problem, mit dem Arm gefangen und wieder auf die Schulter geschoben. Da spricht mich eine Nachbarin an, die gerade vorbei kam, ich hätte was verloren. Gucke auf den Boden, da liegt die Armbanduhr. Ich gucke verdutzt und frage mich, wie sie von meinem Handgelenk auf den Boden kommt, ohne dass ich es gemerkt habe. Die Umhängetasche hat wohl von oben etwas Druck auf die Uhr ausgeübt (ich habe es nicht mal gemerkt, kann also nicht viel gewesen sein), und schon sind gleich zwei Stege, oben und unten, herausgebrochen. Wieder die gleiche Stelle, obwohl nun schon ein extra dickes, „rugged“ Gehäuse.
Drei Uhren, vier Abbrüche, fünf gebrochene Stege. Immer an der gleichen Stelle. Als wär’s Absicht. Sollbruchstelle?
Jetzt reicht’s.
Mir kommt keine Casio mehr ins Haus. Ich habe zwar noch keine Ahnung, was man stattdessen kaufen könnte, aber sowas nicht mehr.
Zwei Aspekte:
- Ich höre schon wieder die Billig-Schlaumeier mit ihren Bauernregelsprüchen, hier „Wer billig kauft, kauft zweimal“. Schon mal falsch. Denn die letzte Casio war teuerer als meine richtig gute Hauptuhr, die ich seit >10 Jahren fast jeden Tag anhabe.
- Rätselhinweis: Welcher Zusammenhang besteht mit meinem Schuh?