Die seltsame Stiftung Wissenschaft und Politik
Noch ein paar Anmerkungen zu den Kanzlerberatern.
Ich hatte doch gerade darüber geschrieben, dass da eine seltsame Berliner Stiftung gerade mit 20 Jahren Verspätung um die Ecke kommt und vor der Aufweichung der Verschlüsselung durch andere Staaten warnt.
Inzwischen habe ich noch etwas dazu nachgelesen und auch einige Hinweise von Lesern bekommen.
Ich hatte es zwar gemerkt, aber mir nichts dabei gedacht: Stellvertretender Präsident ist Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramts. Die Frage war ja auch die nach der Finanzierung. Dazu Wikipedia:
Für die Erfüllung ihres Satzungszwecks erhält die SWP als Stiftung bürgerlichen Rechts eine institutionelle Zuwendung, die durch den Deutschen Bundestag beschlossen und aus dem Haushalt des Bundeskanzleramts gezahlt wird. Die Zuwendung wird gewährt auf der Grundlage eines jährlich von der SWP zu erstellenden Wirtschaftsplanes. Die institutionelle Zuwendung deckt zu 100 % die Kerntätigkeit der SWP.
Man tut zwar so, als wäre man unabhängig, ist aber direkt abhängig. Und anscheinend dick mit Politik durchsetzt, gleichzeitig aber auch wieder Berater der Politik. Über das Bundeskanzleramt.
Und das Bundeskanzleramt ist meines Wissens die vorgesetzte Dienststelle des Bundesnachrichtendienstes. Und das war ja gerade seltsam, dass der Bundesnachrichtendienst vor 20 Jahren die Kryptoforschung sabotiert hat, und diese Stiftung da jetzt – sogar unter der Ansage, mit 20 Jahren Verzögerung zu kommen – plötzlich darauf hinweist, dass andere Staaten die Kryptographie aufweichen.
- Hat der Bundesnachrichtendienst es sich mit der Verschlüsselung gerade anders überlegt? Tritt die Stiftung gerade als Sprachrohr des BND gegenüber der breiten Politik und der Öffentlichkeit auf?
- Oder ist es so eine Art Kungelkammer zwischen Politikern und Wirtschaft, im Prinzip ein von der Politik finanzierter Wirtschaftslobbyistenverein, der hinter der Maske von Wissenschaftlichkeit die Wünsche der Wirtschaft mitteilt?
- Oder wird da zu Merkels Politikwünschen das passende Wissenschaftsgesäusel zusammengedudelt?
Ein Leser hat mal nachverfolgt, wer dieser Matthias Schulze ist, der dieses Paper da geschrieben hat. Laut SWP Wissenschaftler für Sicherheitspolitik.
Mehr über ihn gibt es an der Uni Jena zu finden, an einem geisteswissenschaftlichen Institut. Promotionsvorhaben: From Cyberutopia to Cyberwar: Advovacy Coalitions and the Normative Change in Cyberspace. Und was hat er studiert?
- 2008-2009: Studium „European Political Sociology“ an der Högskolan Dalarna in Schweden
- 2005-2011: Magisterstudium der Politikwissenschaft / Soziologie / Philosophie an der Friedrich Schiller Universität Jena, Magisterarbeit zum sicherheitspolitischen Diskurs um Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchung
Die lassen sich ihre Krypto-Beratungen von einem Soziologen schreiben?
Hatten die nicht behauptet:
Die SWP greift, und das macht das Institut im Vergleich mit anderen Akteuren der Politikberatung so besonders, auf die fundierte wissenschaftliche Forschung ihrer eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück.
Fundierte wissenschaftliche Forschung? Soziologisch nachplappern was die Informatiker schon vor 20 Jahren wussten? Was ist denn das für eine Kasperlbude?
Wenn ich jetzt aber berücksichtige, was ich in den letzten 20 Jahren zu Kryptographie, Internet, Politikberaterin, politischem Einfluss, Enquete-Komissionen gelernt (und beschrieben) habe, dass es da nie auf Sachkunde oder Qualifikation (oder gar den richtigen Beruf) ankommt, sondern nur darauf,
- ob man für eine politisch einflussreiche Gruppe auftritt,
- ob man das sagte, was da jemand hören will.
Macht Euch das klar, mit welcher Borniertheit, Sturheit, Ignoranz die seit 20, 30 Jahren in Bereichen wie Kryptographie, Internet (und sicherlich vielen anderen) wirklich so gut wie jeden übergehen, ignorieren und notfalls auch direkt absägen, der weiß, wovon er redet, und einen eigenen Sinn hat, und alle Beratungsstellen systematisch mit Gefälligkeitsschwätzern und Vorzeigepüppchen besetzen. Wer glaubt da im Ernst, dass in einer Stiftung, die unter der Fuchtel der Politik im Allgemeinen und des Bundeskanzleramts im Besonderen steht, auch nur irgendwer ein Wort sprechen dürfte, der wissenschaftlich Ahnung hat und seriös ist? Warum wohl werden solche Aussagen zur Verschlüsselung von einem Soziologen und Politikwissenschaftler gefertigt, von denen wir ja nun ausreichend belegt wissen, dass die wissenschaftlich gar nichts auf der Pfanne haben und immer dem aktuellen Politwind nachschwätzen und ohnehin immer gerne das sagen, was gerade erwartet wird, Diplom-Opportunisten sozusagen?
Deshalb also die Frage: Welches politische Manöver steckt hinter dieser Nummer?
Und was soll man sonst noch von dieser Stiftung halten? Oder mal anders gefragt: Mir fallen inzwischen ziemlich viele Stiftungen ein, die hier richtig üble politische Dinge treiben und unterwandern, aber nicht eine einzige, die ich für gut oder seriös halten würde. Warum sollte ausgerechnet diese seriös sein?