Ansichten eines Informatikers

#MeToo: Das weibliche Knie – und der kulturell angemessene Umgang damit

Hadmut
4.11.2017 21:22

Es herrscht ein öffentlicher Diskurs über das Übel der Welt, das erotische Verhältnis des weißen Mannes zum Knie der Frau.

Lösungswege – Neuerungen – Kulturelle Auswege [Nachtrag]

Seit Tagen bestimmt ein Thema die Presse, die Medien, die Schlagzeilen: Gierige Hände weißer alter Männer, die unschuldigen Frauen an intimste Stellen fassen. Ans Knie. Bekanntlich sind weiße alte Männer besessen vom Knie der Frau. Zum Nachlesen.

Gibt es Schlimmeres?

Die Kette der Frauen, die über #Aufschrei oder #MeToo bekunden, dass auch ihnen sich ein Mann „genähert” habe, reißt nicht ab. Schreckliche Dinge, ein Flirt, gar ein schmutziger Witz. Grausamkeiten wie in Blick ins Dekolletee, bisweilen kommt es zum Äußersten, der Antrag zum Beischlaf. Zwischen Mann und Frau! Schrecklich. In was für einer Welt leben wir. Wie gut, dass sich die Medien des Themas annehmen, damit wir endlich aus dem Patriarchat des weißen Mannes herauskommen. Nicht oft genug kann man das Thema aufkochen, und Leute wie Weinstein – schon der Männerbund Musketiere sagte ja einer für alle, alle für einen, Männer stehen auf Geschlechterhaftung – beweisen, dass der weiße Mann das Übel schlechthin ist. Kevin Spacey ist – schwierig. Bestätigt zwar einerseits das Schema vom bösen weißen alten Mann, aber der ist ja jetzt schwul, stört also sowohl das Täterbild vom weißen alten Hetero und das Opferbild der Frau, und eigentlich weiß man ja auch noch gar nicht, was er eigentlich gemacht hat, aber man muss ihn sofort rauswerfen. Kachelmann zum Beweis, die Anklage reicht.

Glücklicherweise haben Medien, Presse, Politik auch eine Lösung parat, wie das angemessene Wohlergehen der Frau zu sichern ist. Diversität ist das einzige, was uns erlösen kann, wird brauchen dringend einen Kulturaustausch, auf dass sich der weißen Mann nicht mehr fortpflanzen kann und sich selbst auflöst, damit das Übel der Welt beendet ist. Und so ist die frohe Kunde, dass wir nun durch Kulturaustausch zur Befreiung der Frau kommen und derlei unterträgliche Tätscheleien am Knie endlich ein Ende haben.

Und offenbar handelt es sich um einen großen Fortschritt, Presse, Fernsehen, Politik sind begeistert. Jedenfalls beschweren sie sich nicht, kein #Aufschrei, keine Berichte in den Hauptnachrichten.

Denn vergleicht einfach mal, was Weinstein oder Spacey oder – noch eindrücklicher – Brüderle gemacht haben, und wie Presse, Fernsehen, Politik darauf reagieren und damit umgehen, und wie sie mit den neuen Essener Sitten umgehen. Vergleicht die Intensität der Berichterstattung, der Empörung, der Abhilfeverlangen etwa zwischen Weinstein und zwischen Essen.

Und dann werdet Ihr sehen, welche Maßstäbe und welche Prioritäten und welche Ziele und Wünsche unsere Presse und unsere Medien und unsere Politik haben. Und daran solltet Ihr sie auch immer erinnern. Fragt sie, warum sie über Weinstein so viel und über Essen so wenig berichten und sich empören.

Vielleicht sollten sich Frauen nun mal ihr eines oder ihr anderes Knie anschauen, und sich dann überlegen, ob sie mit den Prioriäten, den Wertmaßstäben und den Vorlieben von Feminismus und Journalismus übereinstimmen. Und ob ein #MeToo, ein „Das ist mir auch schon passiert” von so vielen Frauen, die alle noch aufrecht gehen können, ihre Zähne, Augen, Körperteile noch alle haben, es überlebt haben, vielleicht nicht einfach der Beweis sein könnten, dass es ja so schlimm nicht gewesen sein kann, dass es nicht schlimmeres gibt. An dieser Stelle wäre es dann angebracht, sich von beiden Knien noch Erinnerungsfotos zu machen, denn wer weiß schon, ob sie nach der Kulturrevolution noch so aussehen – oder wie lange man sie noch hat. Oder man noch sehen kann.

Bedenke, worum Du bittest. Es könnte Dir gewährt werden.

Oder: (Erst) Schläge auf den Hinterkopf erhöhen bekanntlich das Denkvermögen. Griffe ans Knie dagegen nicht.

Nachtrag: Oh, der ist auch schön, kulturell wertvoll und von Presse und Fernsehen eindeutig besser als Weinstein bewertet, kein #Aufschrei und #MeToo.

Und die Vorsitzende Richterin Ursula Ziegler-Göller sparte nicht mit Klartext: „Wenn Sie so mit Ihrer Lieblingsfrau umgehen, möchten wir nicht wissen, wie Sie ihre anderen zwei Frauen behandeln.“

Oh ja! Und der Feminismus, das Fernsehen und die überregionale Presse wollen es auch nicht wissen. 🙂