Was ist das Problem Deniz Yücels?
Ganz viele Leute stellen mir eine Frage zu Deniz Yücel.
Im Prinzip alle die gleiche: Sie beziehen sich auf Yücels Artikel in der TAZ, in dem er gruselig über Deutschland schimpft. Da schreibt er sowas wie:
Nur 16,5 Prozent der 81 Millionen Deutschen, so hat das Statistische Bundesamt ermittelt, sind unter 18 Jahre alt, nirgends in Europa ist der Anteil der Minderjährigen derart niedrig. Auf je 1.000 Einwohner kommen nur noch 8,3 Geburten – auch das der geringste Wert in Europa.
Besonders erfreulich: Die Einwanderer, die jahrelang die Geburtenziffern künstlich hochgehalten haben, verweigern sich nicht länger der Integration und leisten ihren (freilich noch steigerungsfähigen) Beitrag zum Deutschensterben.
Naja, stimmt, wir haben eine niedrigere Geburtenrate als in der Türkei, dafür sind bei uns die Inhaftierungsquote und die Gefängnissterblichkeit niedriger, das gleicht’s wieder aus.
Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Eine Nation, deren größter Beitrag zur Zivilisationsgeschichte der Menschheit darin besteht, dem absolut Bösen Namen und Gesicht verliehen und, wie Wolfgang Pohrt einmal schrieb, den Krieg zum Sachwalter und Vollstrecker der Menschlichkeit gemacht zu haben; eine Nation, die seit jeher mit grenzenlosem Selbstmitleid, penetranter Besserwisserei und ewiger schlechter Laune auffällt; eine Nation, die Dutzende Ausdrücke für das Wort “meckern” kennt, für alles Erotische sich aber anderer Leute Wörter borgen muss, weil die eigene Sprache nur verklemmtes, grobes oder klinisches Vokabular zu bieten hat, diese freudlose Nation also kann gerne dahinscheiden.
Man fragt mich, wo eigentlich dessen Problem sei, wenn es ihm doch hier nicht gefällt und er da im Land seiner Träume sei, dann sei doch alles gut.
Welcher Mensch von Vernunft, Stil und Humor wäre betrübt, wenn diese Wörter und mit ihnen die ihnen zugrunde liegenden Geisteshaltungen verschwinden? Eben.
Naja, er wollte also doch unbedingt hier und von unserer Denkweise und Geisteshaltung weg.
Der Erhalt der deutschen Sprache übrigens ist kein Argument dafür, die deutsche Population am Leben zu erhalten.
Auch da hat er sich doch verbessert, die sprechen dort nicht deutsch.
Nun, da das Ende Deutschlands ausgemachte Sache ist, stellt sich die Frage, was mit dem Raum ohne Volk anzufangen ist, der bald in der Mitte Europas entstehen wird: Zwischen Polen und Frankreich aufteilen? Parzellieren und auf eBay versteigern? Palästinensern, Tuvaluern, Kabylen und anderen Bedürftigen schenken? Zu einem Naherholungsgebiet verwildern lassen? Oder lieber in einen Rübenacker verwandeln?
Na, ich hätte einen besseren Vorschlag: Wenn die Deutschen tot und weg sind, kann das hier gerne Erdogan haben. Der wüsste bestimmt, was er hier machen würde. Noch ein paar Gefängnisse aufstellen.
Egal. Etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal.
Na, dann sind doch alle zufrieden:
- Yücel hat etwas Besseres gefunden und ist endlich das verhasste Deutschland los.
- Erdogan hat Yücel.
- Wir haben Ruhe.
Jetzt aber im Ernst: Leute, ich weiß doch auch nicht, warum die hier alle so scharf drauf sind, den wiederzubekommen.
Ich verstehe auch nicht, warum sich so viele Leute ohne Mandat in dessen, also fremde, Privatangelegenheiten einmischen.
Und wenn’s ihm doch hier nicht und dort viel besser gefällt und er dort alles besser und hier so schlecht findet, dann sollen sie ihm doch seinen Willen und ihn dort lassen.
Ich weiß auch nicht, warum die ihn gegen seinen Willen hierher zurückholen wollen.
Aber fragt doch sowas nicht mich. Fragt doch die, die sich ohne Auftrag als dessen Anwalt aufspielen. Die müssen das doch wissen.
Fragt das doch mal die vom Fernsehen. Oder von der Presse. Oder Iris Berben.
Aber doch nicht mich. Ich hab doch damit nichts zu tun.