Big Sucker is watching you
Die Medien gehen mir gerade wieder auf den Wecker.
Informatiker und ein paar Datenschützer warnen seit Jahren vor Facebook und all diesen zentralen Datentöpfen. Die Medien wollten nicht hören, nannten das Verschwörungsthorien, denn zu viele der Journalisten, vor allem diese quotenartefaktischen Journalismus-Girlies (von der, die meinte, sie müsse gar nichts recherchieren und ihr Zimmer nicht verlassen, weil sie einfach nur schreibt, was sie auf Twitter findet, habe ich erzählt) waren völlig vernarrt in Facebook, weil selbst die kleinste Null sich da als irgendwas präsentieren, man sich zunächst mal als die große Zampana ausgeben kann. Likes und Follower sind schnell organisiert, notfalls kauft man sich welche, dafür gibt’s Fake-Dienstleister. Aber auch echte Likes und Followers waren – im Gegensatz zu echten Zeitschriftenkunden und Zuschauern – leicht zu bekommen, denn wir leben in der Generation Kostenlos, und Likes und Follows kosten kein Geld, kaum eine Fingerbewegung. Und wir leben in einer Gesinnungsbekenntnis-Gesellschaft der Selbstoptimierer, schlimmer noch als „Filterbubbles” und „Echokammern”, in der man glaubt, dass man sich seinen Charakter optimieren und seine politische Meinung mühelos bilden kann, indem man sich einfach bekenntnismäßig an die hängt, die die Meinung im Trend vorgeben. Ach, was sind wir heute wieder frauenfördernd, und es ist so leicht. Ein Mausklick bei einer feministischen Sirene, und man hat sich bekannt und eingeordnet und politisch clean gemacht, ohne auch nur eine Hirnzelle dafür bewegen zu müssen. Plötzlich war man als Journalist oder Meinungsheini wieder wer, auch wenn man keine drei Sätze schreiben kann, denn man hat sich als Gesinnungsflagge, als Bekenntnisverrichtungsort ausgegeben.
Man hielt das für Journalismus.
Tatsächlich war es nur Selbstbetrug. Einer Meute irgendwelchen kostenlosen Klimbims anzubieten ist nicht die moderne Form von Zeitung schreiben. Es ist das Armutszeugnis vor Insolvenzeintritt, aber so rein subjektiv war man wieder wer und ganz wichtig, denn der Wert des Menschen im Allgemeinen und des Schreiberlings im Besonderen bemisst sich in Followern. Die haben den Vorteil, dass sie nicht wirklich lesen, schauen, existieren müssen, es reicht, wenn da irgendwo ein Klick herkommt. (Ich habe hier keine Follower. Geht hier nicht. Ich habe hier Leser. Man liest’s oder man lässt’s bleiben. So zu tun als ob, geht hier nicht.)
Und man muss sich keine Sorgen und keine Arbeit machen. Keine Webseite aufsetzen oder pflegen. „Diskutieren Sie mit uns auf Facebook!” – wie oft hat man das von den Medienheinis gehört, die bislang alle Warnungen vor Facebook ignorierten und jetzt den Scheiterhaufen anzünden?
Jetzt aber kommt der doppelte Salto rückwärts: Die Tagesschau kommt und schreibt, dass man jetzt Zuckerberg zum Big Brother schreibe, dass man das doch alles hätte früher wissen können und sich jetzt nicht künstlich aufzuregen brauche.
Den, dem man es vorher gesagt hat, und der nicht hören wollte, kann man dumm nennen.
Wie aber nennt man den, der es vorher hätte wissen müssen, es nicht wissen wollte, und dann hinterher damit ankommt, dass jeder es hätte wissen können und müssen? Der hinterher ein Vorher-Schlauer gewesen sein will?
Wiederholen wir doch einfach mal die Nummer.
Zuckerberg und sein Facebook ist vielleicht der billigste, schnellste, absurdeste Datenschänder, aber bei weitem nicht der einzige. Im Gegenteil, man muss Zuckerberg zugute halten, dass bei ihm nur Freiwillige waren, niemand wurde ernstlich zu Facebook gezwungen, das war eine reine Luxus-Anwesenheit.
Ganz anders sieht das mit Google, Apple, Microsoft aus.
An Suchmaschinen kommt man kaum vorbei, an Smartphones noch weniger, und an Windows auch nur wenige. Denen ist man ausgeliefert, und die haben Zugriff auf weit mehr sensible Daten.
Aber keinen stört’s laut. Wollte man sich für Datenschutz einsetzen, müsste man sie alle angreifen und sich diese Datensaugerei nach Amerika verbitten. Beispielsweise den Verkauf von Handys und Betriebssystemen verbieten, die man nicht anonym gegenüber dem Hersteller und ohne Datenupload betreiben kann.
So aber bleibt’s nur ein Hinterherrennen hinter Zeitgeschehen und Zeitgeist.
Deshalb brauchen wir diese Presse auch nicht mehr. Zeitgeist haben wir schon selbst, da brauchen wir nicht noch gewerbliche Hinterherrenner.