Politische Pinup-Bildchen
Ging mir gerade so durch den Kopf.
Es gab mal eine Zeit, so ungefähr zwischen den 1930er und 1990ern Jahren, in der es bei Soldaten, in Soldatenspinden, in Werkstätten und so weiter üblich war, PinUp-Bildchen leicht- oder gar nicht bekleideter Damen in – der Fachbegriff lautet – „aufreizender Pose” aufzuhängen. Rutschte im Lauf der Zeit etwas in Richtung des Obszönen oder Softpornographie. Auch Boulevardzeitungen wie The SUN oder die BILD hatten auf der Titelseite oder Seite 3 lange Jahre traditionell ein PinUp-Girl, meist barbusig, um auch keine Zweifel aufkommen zu lassen. Ganze Fastfood-Ketten bestückten ihre Restaurants mit Kellnerinnen in PinUp-Aufmachung, und ein echter Klassiker sind die amerikanischen Militärflugzeuge aus der Zeit zwischen zweitem Weltkrieg und 50er Jahre, die Vorne ein PinUpGirl aufgemalt hatten.
Und Tattoos waren ursprünglich auch keine Schlampenstempel und Arschgeweihe, sondern zierten als PinUp-Bild oder Name der in irgendeinem Hafen wartenden (oder gewerblichen) so manchen Oberarm oder manche Brust von Seeleuten.
Aber warum?
Allzuviele Überraschungen hat die weibliche Anatomie nicht zu bieten. Zumindest wenig positive.
Viele sind der Meinung, und das deckt sich mit meinen Beobachtungen aus dem Bundeswehrgrundwehrdienst, dass es nicht oder nicht primär darum geht, sich das Bild anzuschauen, sondern quasi ein Bekenntnis abzuliefern, an welchem Ufer man beheimatet ist. Es geht darum, möglichst allen zu zeigen und – quasi unwiderruflich und ohne Hintertür und Ausnahmeklauseln – sich darauf festzulegen und klarzustellen, dass man hetero ist und nicht schwul, und auf Frauen steht. Um sowohl Feindseligkeiten, als auch Annäherungen abzuwehren.
Es entspricht nicht nur sehr genau meinen Beobachtungen, es passt auch dazu, dass dies immer dann üblich war, wenn nur Männer, davon aber viele, über lange Zeit auf engem Raum zusammengepfercht sind – Kriegsschiffe, Flugzeuge, Kasernen, Werkstätten. Sind Frauen da, kann man sich einfach mit denen zeigen oder sie zumindest so anbaggern, dass es jeder mitkriegt, aber wo es keine Frauen gibt, mit denen man seine Heterosexualität demonstrieren kann, muss eben so eine Art Symbolfrau oder Frauenprothese her. Quasi so ein Tribe-Zeichen.
Wie ich jetzt darauf komme?
Mir fiel gerade wieder auf, dass in Presse und Netz wieder mal ziemlich viele Leute in einer Art Diffamierungstollwut stecken und alles als rechtsradikal oder rechtsextrem beschimpfen, was nicht bei 3 auf den Bäumen ist. Wehe dem, der noch selbst meint. Begründen können sie es nicht.
Dazu kommt ein hoher Druck auf alles und jedes, sich zu irgendwas zu bekennen, und das beachtlicherweise immer zu Parteien. Selbst denken geht nicht mehr, jeder muss zwangsweise irgendeiner Partei zugeordnet werden.
Das hat deutliche Parallelen zur Sexualität, wenngleich auch die Entwicklung in umgekehrter Richtung läuft.
Auf der einen Seite will man von den zwei Geschlechtern und „Geschlechterstereotypen” weg, jeder soll sein Geschlecht ändern und beliebig kombinieren können, unter 4000 Geschlechtern geht gar nichts. Niemand soll sich auf ein Geschlecht festlegen müssen. Alles, was irgendwie auf eine Zuordnung hinausläuft, wird als „sexistisch” abgelehnt. Nur keine hellblaue oder rosa Kleidung. Nichts, was einen als Mann oder Frau erkennbar machen könnte.
Politisch macht man aber das Gegenteil. Da teilt man die Welt ganz strikt in zwei „Geschlechter” ein, links und rechts. Und man will die Leute unbedingt sofort brandmarken und in rechts-links, oder eben noch Parteien einteilen und „stereotypisieren”. Jeder soll sofort erkennbar sein und sich bekennen.
Die Parallelen zwischen dem PinUp-Bildchen in Bezug auf Sexualität und dem „alles-als-rechtsradikal-Beschimpfen” in politischer Hinsicht sind frappierend.
Das ganze Geschrei und das blindwütige Beschuldigen auch völlig fremder, unbekannter Personen, was ich gerade deutlich beobachtet habe, dient nach meinem Eindruck vor allem der öffentlichen Selbstpositionierung. Seht her, ich bin links-orthodox. Ein „ich weiß zwar auch nicht, was ich da rede, aber ich zögere nicht und mache keine Pause dabei”.
Man folgt einem extrem starken Bekenntnisdruck, um nicht aus dem Mainstreamsoziotop verstoßen zu werden. Tribalismus in Reinkultur, man bekennt sich damit eben auch zur Herde und grenzt sich von der feindlichen Gruppe ab.
Leute als rechts zu beschimpfen hat nach meinem Eindruck (auch) dieselbe Funktion, wie sich PinUp-Bildchen nackter Frauen so in den Spind zu hängen, dass alle sie sehen können.
Was mich auf eine verwegene Überlegung bringt.
Ich bin nach meinen Beobachtungen schon lange der Überzeugung, dass es für uns aus evolutionspsychologischen Gründen äußerst wichtig ist, andere Menschen sofort, in den ersten Millisekunden, danach einzuteilen, ob Mann oder Frau, und das eigene Verhalten darauf einzustellen. Es ist ein Riesen-Unterschied, ob ein Mann oder eine Frau ins Zimmer reinkommt. Deshalb halte ich die McKinsey-Doktrin, wonach gemischte Gruppen effizienter seien, auch für groben Unfug. Denn in solchen gemischten Gruppen findet das Sozialverhalten keine Ruhe, lenkt einen ständig ab. Das hat einen Grund, warum man Klöster nach Männern und Frauen getrennt hat. (Damit wurden mir übrigens in einer arabischen Moschee auch die moslemischen Bekleidungsvorschriften begründet, evolutionsbiologisch also durchaus nachvollziehbar.)
Nach meiner Vermutung ist das auch der Grund, warum wir uns so unwohl fühlen, wenn jemand androgyn oder trans- oder intersexuell daherkommt. Widersprechende Informationen machen das Hirn seekrank (was entsteht, wenn Auge und Gleichgewichtssinn unterschiedliche Informationen liefern). Da funktioniert dann die Personenerkennung nicht. Es gab mal vor einiger Zeit eine Nachrichtensprecherin, die kaum geschminkt, mit tiefer Stimme und nur im Pullover da saß, und ich konnte der kaum bei den Nachrichten zuhören. Ich war ständig damit beschäftigt mir zu überlegen, ob nun feminin wirkender Mann oder Frau mit herber Stimme. Irgendwann war die mal geschminkt und der Name eingeblendet, und dann war alles gut.
Damit hängen sicherlich die tertiären Geschlechtsmerkmale zusammen: Kleidung, Schminke, Gang, Auftreten und so weiter. Evolutionär bedingt haben wir das Fell verloren und dafür den aufrechten Gang erlernt, tragen künstliche Kleidung. Vermutlich hat das dazu geführt, dass wir uns jede Menge „Ersatzmerkmale” umhängen, damit die schnelle Geschlechtererkennung wieder funktioniert. Damit man in den ersten 100 Millisekunden eindeutig identifiziert wird.
Schaut mal Top-Models oder -Schauspieler an. Gangsta-Musiker. Bei denen gehört es zum Handwerk, immer und jederzeit aufs Eindeutigste „Mann oder Frau” auszustrahlen. „Mehr Drama, Baby!”. Präsenz. Die kommen rein und die Luft brennt.
Das ist tief in uns evolutionär drin.
Und ausgerechnet das, was so tief in uns verankert ist, will man im Namen des Gender aus uns rausprügeln – weil schwachsinnige Soziologen behaupten, das wäre alles nur ansozialisiert.
Kann es also sein, dass dieser Druck zur Entsexualisierung, dieses Einschlagen auf alles, was man als „Geschlechterstereotyp” verteufelt, obwohl es doch so wichtig ist, zu einer Ersatzhandlung führt, man also die politische Gesinnung an die Stelle der Geschlechterkennung setzt, damit die Personenerkennung wenigstens etwas zu tun hat, und sich deshalb so beeilt, die Gesinnung zu bekennen, indem man einfach irgendwen als „rechts” beschimpft?
Oder hat es damit nichts zu tun und es ist nur krankhaft übersteigerter Tribalismus, dessen überdrehte Aggressivität es erforderlich macht, ständig Freund-Feind-Kennungs-Signale auszusenden um nicht unter Friendly-Fire zu geraten?
Wie auch immer, in beiden Fällen halte ich diese Leute für psychisch krank.