Merkels Geschwätz
Das muss man sich mal klarmachen, wie die Merkel inzwischen drauf ist.
Die Welt berichtet, dass Merkel sich entschieden habe, dass Verfassungsschutzchef Maaßen gehen müsse.
Mir bröseln schon die Zehennägel, wenn ich so einen Scheiß nur lese. Erstens kann man nicht entscheiden, dass jemand gehen müsse, weil er ja nicht gehen muss, wenn es von einer Entscheidung abhängt. Sie kann entscheiden, ihn zu entlassen. Und wenn sie das entschieden hat, dann hat sie es entschieden, weil sie als Kanzlerin die Entscheidungsgewalt habe (nehme ich mal an).
Jemand, der sich entscheidet, ist niemand, der eine Entscheidungsgewalt oder etwas zu bestimmen hat, sondern jemand, der von jemand anderem vor die Wahl gestellt wird. Koche ich zuhause selbst, dann entscheide ich, was ich zum Nachtisch mache. Gehe ich dagegen in die Kantine, dann entscheide ich mich zwischen dem Schokopudding und dem Himbeerquark, wenn diese beiden Nachtische angeboten werden und im Preis nur einer enthalten ist. Man entscheidet sich zwischen Alternativen, die einem gestellt werden.
Aber das sind so sprachliche Patriarchalitäten aus meiner Jugend, letztes Jahrhundert. Spielt heute keine Rolle mehr, schon gar nicht bei Journalisten.
Obwohl: Vielleicht stimmt es ja genau so. Anscheinend wurde Merkel von der SPD vor die Wahl gestellt, sich zwischen der Koalition und Maaßen zu entscheiden und damit, ob sie weiter Kanzlerin sein darf.
Ich will aber auf etwas anderes hinaus:
Die Bundeskanzlerin möchte seine Ablösung erreichen. Die Kanzlerin ist demnach der Auffassung, der Behördenleiter sei nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe. So bewertet Merkel die Äußerungen von Maaßen in der „Bild“, in der dieser sich skeptisch darüber geäußert hatte, ob es in Chemnitz tatsächlich zu „Hetzjagden“ gegen Flüchtlinge und ausländisch aussehende Mitbürger gekommen sei.
Das nun wiederum hört sich zwar an, als habe sie es gar nicht zu entscheiden, sondern der Seehofer, aber ich meine etwas anderes:
„…weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe. So bewertet Merkel die Äußerungen von Maaßen … ob es in Chemnitz tatsächlich zu „Hetzjagden“ … gekommen sei.”
Denkt mal über diese Aussage nach.
Und nochmal.
Und nochmal.
Und wieder.
Bis es weh tut.
Merkt Ihr was?
Was hat die Frage, ob in Chemnitz etwas passiert ist, mit „Tagespolitik” zu tun?
Gar nichts. Es ist eine Tatsachenfrage und damit sogar direkter Gegenstand der Aufgaben der Geheimdienste.
Wenn Merkel aber meint, dass das in den Bereich der „Tagespolitik” falle, dann sagt sie damit, dass es nicht eine Tatsachenangelegenheit ist, sondern es politisch festgelegt wird, ob es da Hetzjagden gegeben hat oder nicht.
Sie meint, sie kann das politisch entscheiden, ob jemand gehetzjagt wurde, und er kam ihr da mit „Fakten” dazwischen.
Ich bewerte Angela Merkel – unterstellt, der Artikel der WELT ist zutreffend – danach als sehr unseriös. Und schlimmer noch: Unglaubwürdig.
Es darf nicht Entscheidungsgegenstand einer Tagespolitik sein, ob eine Hetzjagd stattgefunden hat. In der Folge dessen darf es auch nicht als Einmischung in die Tagespolitik gewertet werden, wenn jemand sagt, ob er Belege für eine Hetzjagd hat oder nicht.
(Ich erinnere mal daran, dass man bei der Frage, wieviele Zuschauer bei Trumps Vereidigung waren, noch die große Faktenorgie abgezogen hat, während jetzt „Fakten” plötzlich nichts mehr zählen.)