Hat sich Neuseeland verändert?
Man hat mich gefragt, aber ich weiß die Antwort noch nicht.
Als jemand, der nur alle 8 Jahre mal nach Neuseeland kommt und hier jetzt gerade mal die Hauptstraße (Queen St.) gesehen hat, kann ich das gar nicht beurteilen.
Aber: Ja. Ich nehme schon Veränderungen wahr.
Eigentlich hätte ich mich an die Queen-Street nicht näher erinnert, wenn mir damals nicht eine Begebenheit passiert wäre. Ich war vor 8 Jahren in einem anderen Hotel, das aber im gleichen Block, auch an der Queen St. liegt. Deshalb kenne ich die Stelle noch genau, an der mir das daals passiert ist. Ich hatte das schon im Blog erwähnt, ich ging damals über die Straße (eben die Queen St.), hatte irgendwas auf der anderen Seite fotografiert, und urplötzlich kam ein älterer Mann, anscheinend Italiener, den ich vorher nicht gesehen (und auch nicht fotografiert) habe, beschimpft mich mitten auf der Straße ganz übel, ich solle sofort alle Bilder löschen, wurde regelrecht ausfällig, und ich habe den dann abgewimmelt. Der hatte in einem einfachen (der Erinnerung nach italienischen), zur Straße hin offenen Cafe oder Restaurant gesessen, in dem es dunkler war. Damals hatte ich keine Ahnung, warum der so aufgebracht war. Jahre später sah ich im Fernsehen eine Sendung darüber, dass zwei Ecken weiter in der Queen St. eine Niederlassung der italienischen Mafia aufgeflogen sei.
Heute sind da keine Straßenrestaurants mehr.
Heute sind da die Luxus-Marken, die man mittlerweile in jedem Luxus-Einkaufszentrum der Welt findet, dazu ein paar Luxus-Outdoor-Läden (Bilder folgen noch, ich schaffe es gerade nicht, tagsüber zu urlauben, genug zu schlafen und dann noch Bilder auszusuchen und nachzubearbeiten.) Alles zugekleistert mit typisch verglasten Läden weltweiter Marken, die überall gleich aussehen. An einer Ecke gab es den australisch-neuseeländischen Elektronikladen Dick Smith, in dem ich damals eine Speicherkarte gekauft (und noch im Bestand) habe. Heute sieht das Eck ganz anders aus und (wenn ich mich da noch richtig orientiert habe) H&M hat einen charakterlosen Kleidertempel dort, der im Schaufenster charakterlose Standardschaufensterpuppen mit – toll – Polo-Shirts und kurzen Standard-Stoffhosen zum $49,99. Hat man ja noch nie gesehen. Im Internet habe ich gelesen, Dick Smith sei pleite gegangen.
Sie bauen hier intensiv.
Alles wird neuer, schöner, charakterloser. Die Open-Air-Version des weltweit einheitlichen Standard-Einkaufszentrums. Zudem alles so teuer, dass man mit den Ohren schlackert.
Weil wir es zum Thema Dubai gerade damit haben, dass mir dort keinerlei Obdachlose aufgefallen sind: In Auckland gibt es sie. Sie riechen nicht anders als die in Berlin. Und auch einige Bettler, die hier und da rumhocken und einen anquatschen. Je mehr ein Land dem westlichen Stil entspricht und je weniger Diktatur es ist, desto mehr scheint das überhand zu nehmen. Die Freiheit des Individuums scheint zwingend damit einherzugehen, dass einige da abgleiten.
Ich hatte heute mein Deja vu. Nur ein kleines Stück von der alten Stelle entfernt, ging ich die Straße entlang, direkt gegenüber des Sky Towers, des berühmten Fernsehturms, habe da so ein bisschen rumfotografiert, also plötzlich ein Obachloser auf mich zustürmte. Völlig verdreckt, die Haut vor Dreck überall, auch im Gesicht, schwarz verkrustet, übelriechend, offenkundig desaströser Gesundheitszustand, fraglos unter Drogen, zumindest einer solchen Artikulation nicht mehr fähig, die mit meinen begrenzten Sprachfähigkeiten als Nicht-Muttersprachler und Nicht-Neuseeländer nicht zu verstehen waren, irgendwas an mir hat ihn fürchterlich in Wut und Rage versetzt, er ging auf mich los, stellte sich mir in den Weg, versuchte mich am Weitergehen zu hindern. Ich habe sehr deutlich und laut gesagt, er möge Abstand halten und mir dem Weg gehen, was er nicht wollte. Er versuchte wirklich, mir das Weggehen unmöglich zu machen, war aber durch ein einfaches Täuschungsmanöver leicht in die falsche Richtung zu steuern, worauf ich an ihm verbeizog und weiterging. Der Typ folgte mir aber schreiend und krakeelend weiter und wollte die Konfrontation. Weil die Ampel gerade grün wurde, bin ich rüber auf die andere Seite, direkt an den Fuß des Fernsehturms, an dem viele Menschen waren. Und dachte, ich hätte den damit abgeschüttelt. Ich laufe da so rum, gucke mir was an, habe auch was fotografiert, als ich mich irgendwann mal rumdrehe und der Typ mit 20 bis 30 cm Abstand vor mir steht, mir direkt ins Gesicht schreit und nach mir greifen wollte, bin aber noch ausgewichen und habe den laut angebrüllt, dass er verschwinden soll. In solchen Situationen merkt man dann auch, wo man in einer Fremdsprache limitiert ist. Der ging mir aber immer weiter nach, dummerweise war gerade keine Polizei vor Ort, die Leute guckten schon, als einer von den Fahrern der Sightseeing-Busse, die da warteten, und der ihn anscheinend kannte, dazwischen ging, den zurückhielt und ablenkte, und mir zurief „Go away!”. Ich bin dann sofort um die nächste Ecke verschwunden und der Typ konnte mir nicht weiter folgen.
Ich habe mich später noch mit jemandem in einem Geschäft darüber unterhalten, und der meinte so, wie man mieht diesen Leuten umgehen müsse und dass jetzt auch ich meine Experience gehabt hätte. Scheint öfters vorzukommen. Vor 8 jahren wurde ich wegen der Kamera von einem – anscheinend – italienischen Mafioso angegangen, diesmal von eimem völlig verdreckten Obdachlosen.
Ich hatte in gewisser Weise mit sowas gerechnet, denn schon vor der Reise habe ich ab und zu auf den NZ Herald geguckt, um mich etwas vorzubereiten, und bin auf Meldungen wie diese und diese und diese gelesen, wonach sie etwa 3000 Obdachlose in Auckland hätten.
Ich habe heute gesehen, wie drei Polizisten mit einer sitzenden Frau diskutierten, die nach homeless aussah. Sie gestikulierte wild – mit allem, nur micht mit den Armen. Als ich es mir näher angesehen hatte: Sie hatten ihr Handschellen verpasst.
Eben war ich abends noch unterwegs, in der Dunkelheit, und kam an drei Rettungswagen vorbei, die ruhig am Straßenrand standen und in denen jemand behandelt wurde. Hier haben die Rettungswägen Fenster ohne Mattierung, man kann da von außen in normaler Augenhöhe reingucken. In allen drei Fällen schienen sie sich um Obdachlose zu kümmern. Und nach meinen bescheidenen Leienkenntnissen liegt kein wesentlicher Notfall vor, wenn der Behandelte noch mit dem Arzt streitet, ob er sich behandeln lassen will.
Ja, Auckland hat sich verändert,
Was ich aber auch sagen muss: Ich sehe auch hier keinen Vandalismus. Keine Zerstörung. Keine Graffiti. Sogar Wasserspender kann man aufstelen, ohne dass irgendeiner reinkackt.
Die Leute sind überaus freundlich, auch hier sind die Busse sauber, nichts kaputt. Auch die Straßen: So geringfügiger Tagessdreck ist schon zu finden, aber kein wesentlicher. Nichts, was absichtlich oder fahrlässig verursacht wurde.
Und noch etwas ist mir aufgefallen:
Mir erscheint Neuseeland in einem wesentlich besseren Zustaänd als Deutschland zu sein, wenngleich auch ihre Problem den unseren ähnich sind und wachsen.
Ich habe seit der Abfahrt aus Deutschland – außer dem Spürhund am Flughafen – keinen Hund mehr gesehen. Weder in Dubai noch in Auckland liegt Hndekacke rum.