Ansichten eines Informatikers

Die Maori-Tanzeinlage

Hadmut
6.11.2018 12:24

Womit ich an dem Tag gar nicht gerechnet hätte:

Maori-Tanz-Shows habe ich schon einige gesehen.

Es geht eigentlich immer um das traditionelle Maori-Ritual, dass man als Gast zu den Maori kommt und zunächst mit Kampfesgesten, Waffen, Scheinangriffen und aggressiven Grimassen, besonders der herausgestreckten Zunge, auf die Probe gestellt wird: Verteidigt man sich oder greift an, gilt man als böse und wird am besten gleich kaltgemacht. Bekommt man Angst, ist man nicht der Beachtung wert.

Erst wenn man die Scheinangriffe und üblen Gesten mit gut gelaunter Gleichmut über sich ergehen lässt, hat man sich als Gast würdig erwiesen und es kommt der lustige Teil mit viel Musik, fetzigem Gesang, Tanz und etwas Jonglierkunst mit den Kugeln und den zugeworfenen Stäben.

Dass ich sowas im Museum zu sehen bekomme, damit hätte ich nicht gerechnet, deshalb hatte ich auch kein Mikrofon dabei. Leider gehört helles Licht auch nicht so zu den traditionellen Empfangsriten, was in Kombination mit schnellen Bewegungen dazu führt, dass 98% der Fotos Ausschuss sind weil unterbelichtet/verwackelt/unscharf. Ich frage mich ja, was diese Leute im Publikum so produzieren, die da zu Dutzenden ihre Handys hochhalten, wenn selbst einen Vollformat-Spiegelreflex-kamera damit überfordert ist, das ordentlich aufzunehmen.

Hinterher hatten sie noch Fragemöglichkeiten. Ich habe mal gefragt, wie das jetzt eigentlich kommt, dass die Frauen da nun die Kriegstänze der Männer mitmachen, weil ich bei früheren Neuseelandbesuchen gelernt habe, dass Kampf eigentlich Männersache ist. (Wer die Maori mit ihren komischen Paddelwaffen mal so richtig kämpfen und die Effektivität dieser Waffen erahnen will, dem empfehle ich dringend den Film The Dead Lands, allerdings stellenweise brutal. Dafür sieht man einiges von der kriegerischen Kultur.) Ob das nun so ein feministisches Ding wäre oder was es damit auf sich habe.

Antwort: Kommt auf den Stamm (tribe) an. Es gibt welche (z. B. den der helleren Tänzerin), bei denen halten sich Frauen ganz raus. Dann gibt es welche, bei denen Frauen zwar nicht kämpfen, aber unterstützen, und damit auch an den Tänzen zur physischen und psychischen Vorbereitung teilnehmen. Und es gibt Stämme wie den der dunkleren Tänzerinj, die auch die Frauen in den Krieg geschickt und dazu natürlich auch trainiert haben. Aber für solche Theateraufführungen machen sie natürlich alle mit.

Generell kann ich aber sagen, dass sich die Maori sehr von den australischen Aborigines unterscheiden. Sie sind lustige, aufgeschlossene, kommunikationsfreudige Leute, die man auch häufig im normalen Leben trifft, etwa im Supermarkt an der Kasse, und mit denen ich viele lustige Gespräche geführt und gejuxt, rumgeblödelt habe. Das sind einfach nette Leute (nicht traditionell, da haben sie Fremden eben auch gerne mal den Schädel eingeschlagen, aber heute). Mit australischen Aborigines ins Gespräch zu kommen kann je nach Stamm sehr schwierig sein, und dort, wo es mir – mitunter zum Erstaunen von Australiern – gelungen war, waren es ernste, auch etwas entrückte Gespräche. Auch wenn bekannt ist, dass manche Maori unter Fettsucht oder Alkoholismus leiden, bleibt bei mir doch der Eindruck, dass die so allgemein „gut drauf” sind. Tanzeinlagen wie diese gibt es aber auch bei den australischen Aborigines, die dann allerdings eher den Kampf des Jägers gegen das Krokodil stilisieren als den Empfäng von Gästen darstellen.