Die unvergleichliche Schönheit Neuseelands
Eine Anmerkung.
Weil Rückfragen kamen:
Dieses Blog dreht sich natürlich vor allem um Dinge, an denen sich das Hirn reibt. Mag sein, dass ich dadurch die Schote beim Wohnmobilverleih, und den Obdachlosen in Auckland und die zwei Mädchen hier im Einkaufszentrum prominent herausgestellt habe, aber damit vermittle ich natürlich einen falschen, weil selektiven Eindruck.
Tatsache ist, dass die Leute in Neuseeland unvergleichlich freundlich und kommunikativ sind. Jeder – jedenfalls jeder, dem ich hier außer den Genannten bisher begegnet bin – unheimlich freundlich, nett, hilfsbereit, wie ich es nirgendwo sonst auf der Welt erlebt habe (warum wohl sonst bin ich schließlich zum dritten Mal hier?). Ein Grund, warum ich so gerne nach Australien und Neuseeland reise, ist, dass ich mit den Leuten hier gut kann und prima auskomme, auch wenn man das mit der Friedlichkeit von Australien nicht ganz so uneingeschränkt sagen kann.
Ich will deshalb mal ein paar Punkte herausheben, die mir besonders aufgefallen sind, und die man eben nicht fotografieren kann:
- In den nun fast zwei Wochen seit ich aus Deutschland abgereist bin, habe ich keine einzige Beleidigung – weder mir noch anderen gegenüber – gehört.
- Ich habe keine einzige mutwillige Beschädigung, keinerlei Graffiti oder Schmierereien gesehen.
- Weder in Dubai noch in Neuseeland liegt Dreck herum. In Auckland praktisch nicht, in allen anderen Bereich gar nichts.
Ich habe keinen einzigen Zigarettenstummel gesehen.
Hier liegt keinerlei Müll herum.
Ich habe gestern einen halben Tag an einem wunderbaren Strand verbracht, der nur 50 Meter von einem riesigen Campingplatz (auf dem es zwar unzählige Wohnwägen und Campingfahrzeuge gibt, geradezu flächendeckend, aber derzeit anscheinend keine 20 Bewohner, ich bin hier in diesem Meer von anscheinend bis zur Saison abgestellten Fahrzeugen nahezu alleine), ich war stundenlang auf einer Breite von etwa 400 Metern und ebbe-bedingt einer Tiefe von etwa 100 bis 150 Metern unterwegs, auch im Meer baden, und habe nicht das geringste Stück Dreck gefunden, nicht das kleinste sichtbare Teilchen künstlichen Ursprungs. Nicht ein einziger Zigarettenstummel, kein Plastik, nichts schwamm im Wasser. Und das, obwohl ein Industrie-, in Verlade- und ein Yacht-Hafen nicht weit weg sind.
Auch in der Stadt: Alles sauber.
- Ich habe außer in Auckland bei den Obdachlosen und bei einem Verkehrsunfall noch keine Polizei im Einsatz gesehen.
- Keinerlei Gewalt zu sehen oder zu spüren, auch wenn die Presse davon schreibt.
- Abgesehen von dem Obdachlosen, der mich da in Auckland angebrüllt hat (und nach dem, was mir da jemand gesagt hat, kein Einzelfall, sondern typisch war), habe ich hier keinen einzigen Betrunkenen, niemand unter Drogen gesehen. Nicht mal bei Taste of Auckland, wo es fast nur Alkoholisches zu trinken gab.
- Ich habe keinen einzigen Hundehaufen gesehen. In Dubai auch keinen Hund, in Neuseeland schon ein paar .
- Nirgends hat sich irgendwo irgendwer hinübergeben.
- Ich habe von keinem einzigen Diebstahl gehört (auch wenn in Neuseeland gewarnt wird, dass Camper an abseitigen Orten schon ausgeraubt worden seien).
- Ich wurde (abgesehen vom Wohnmobil, in dem man es etwas merkt) seit ich aus Deutschland raus bin, von keinem einzigen Raucher irgendwie belästigt, habe insgesamt kaum Raucher auch nur gesehen, geschweige denn gerochen. Ein einziger stand mal an einem Haus und dampfte so, dass ich etwas abbgekommen habe.
- Ich habe Verbots- und Hinweisschilder, aber keinerlei wild abgeladenen Müll gesehen.
- Toiletten und Duschen auf den Campingplätzen und in den Einkaufszentren sind tadellos sauber (was ich allerdings bei der letzten Tour vor 8 Jahren bei öffentlichen Toiletten auch ganz anders erlebt habe).
- Ich habe auch alte und verfallene, aber keinerlei verwahrloste Gebäude gesehen.
- Keine wildgeklebten Plakate.
- Nirgends, wirklich nirgends steckt jemand – wie man das in Berlin so häufig sieht – seinen Müll, seine Kippen in irgendwelche Ritzen oder irgendwohin, wo es ihm gerade einfällt. Nicht in Baugruben, nicht in Cabrios, einfach nirgendwohin. Es gibt öffentliche Mülleimer, und das funktioniert. Niemand lässt etwas fallen.
- Abgesehen von den Obachlosen in Auckland sind die Leute gewaschen, sauber und stinken nicht.
- Die Steuern sind viel niedriger als in Deutschland. Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer. Ich zahle hier für den Liter Diesel ca. 1,60$, ich weiß jetzt nicht ganz exakt, wo der Kurs steht, aber das ist knapp um einen Euro, eher drunter. (Muss allerdings nach Rückgabe des Fahrzeuges noch eine kilometerabhängige geringe Dieselsteuer entrichten.)
- Es gammelt nichts vor sich hin, die Leute kümmern sich drum. Dafür sieht man eigentlich keinen untätigen Leute herumlungern.
- Autofahren ist hier viel, viel entspannter und weniger anstrengend als in Deutschland.
Das ist Teil des Urlaubs und hat sicherlich so ein Aroma von Auenland. Im Gegensatz etwa zu den Malediven, wo ich das Gefühl hatte, auf einer Müllkippe gelandet zu sein.
Es mag sein, dass ich das bisher nicht deutlich genug herausgestellt habe, weil die Thematik meines Blogs natürlich da liegt, wo irgendwas aufeinanderprallt. Vielleicht ist auch das Teil des Urlaubs, da zu entspannen.
Aber man muss das auch mal erlebt haben, um zu merken, wie sich hier die Seele entspannt, unter welchem Sozialstress man etwa in Berlin steht. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, muss ich mittlerweile regelrecht durch den Dreck waten, die Straßen voller Müll und besonders Zigarettenkippen, mitunter haufenweise, weil die Leute ihre Autoaschenbecher einfach auf dem Gehweg auskippen, Kotze und alles, die Leute kacken inzwischen einfach irgendwohin. Die öffentlichen Verkehrsmittel verdreckt und kaputt, Drogendealer, Räuber, Betrüger, ständig wird man angemacht, jeder geht auf jeden los, es stinkt und morgens und abends bekomme ich je Weg den Dreck von locker 10 bis 50 Rauchern ab und muss noch auf den Geldbeutel aufpassen, und mit der Kamera würde ich mich in Berlin auch an vielen Stellen nicht mehr trauen, offen herumzulaufen.
Erst wenn man eine so saubere und gesunde Gesellschaft mal sieht, merkt man, wie kaputt und dreckig unsere Gesellschaft ist.
Dass das natürlich auch hier zum Prinzessinnensyndrom führen kann, habe ich gestern beschrieben. Aber: Auch davon gibt es hier anscheinend weniger.
Wie gesagt: Bis auf eine vernachlässigbare winzige Restmenge sind die Leute hier durchgehend überaus freundlich und nett.
Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil sehr viele Leute, mit denen ich bisher hier gesprochen habe, Verkäufer, Fahrer, Rezeption und so weiter, keine Neuseeländer, sondern nach Neuseeland emigrierte Engländer sind. Die dann sagen, dass sie genau deshalb hierher gekommen sind und über England im Prinzip das gleiche sagen, was ich oben über Deutschland geschrieben, was ich hier beobachtet habe.
Warum also funktioniert das hier und in Europa nicht (mehr)?
Liegt es an der Lage so abseits?
Liegt es daran, dass hier früher nur ein bestimmter Menschenschlag herkam? Auf früheren Reisen erklärten sie mir augenzwinkernd, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Australien und Neuseeland sei, dass man nach Australien die veurteilten Verbrecher geschickt habe, nach Neuseeland aber nur Leute mit tadellos weißem Führungszeugnis gelassen wurden. Kann sich so etwas kulturell über längere Zeit, über 100, 200 Jahre erhalten?
Noch etwas anderes ist mir aufgefallen:
Selbst in Dubai, einem Land (Emirat) mit Staatsreligion Islam, habe ich weniger verschleierte Frauen herumlaufen gesehen als in Berlin. In Neuseeland bisher eine Gruppe aus drei zusammengehörigen Frauen.
Es mag sein, dass das durch die Eigenart meines Blogs zu kritisch rüberkam, aber Neuseeland ist für mich bisher eine Gesellschaft, die einfach funktioniert, während sie das in Deutschland längst nicht mehr tut, auch wenn es hier zunehmend Probleme gibt, etwa Obdachlosigkeit und steigende Häuserpreise. Neulich haben sie einfach verboten, dass Ausländer, die hier nicht leben, hier Häuser kaufen.
Häuser sind hier in einfacher Holzbauweise gebaut, Billigbauten. In den Museen wird aber auch erklärt, dass das bei den hier häufigen Erdbeben Vorteile hat, weil die nicht gleich einstürzen, sondern eine gewisse Elastizität und Verwindungstoleranz haben.
Ich finde es zunehmend absurd, dass in Deutschland ständig das dumme Geschwätz von der „Weltoffenheit” herrscht, faktisch dann aber niemand von denen mal raus in die Welt geht und sich anschaut, wie, wo und warum es besser läuft, sondern „Weltoffenheit” bei uns immer eine Offenheit nach unten, die Toleranz des Absturzes sein muss.
Warum kann Weltoffenheit nicht mal sein, sich nach oben zu orientieren?
Hier in Neuseeland gilt es als selbstverständlich, Umweltschutz zu leben, und deshalb keinerlei Müll wegzuwerfen, nur self-contained Fahreuge (=autark mit eigenen Tanks und Klo usw.) wild campen zu lassen, nicht mal Erde von anderen Orten an den Schuhen einzuschleppen.
Warum verfolgen bei uns so viele Leute, die sich immerhin für grün halten und Natur und Umwelt und Klimaerwärmung schreien, gleichzeitig auf Vermüllen, Verdrecken, Zerstören geeicht?
Warum funktioniert Naturschutz hier, während die Grünen in Deutschland nur eine Farce sind?