Ansichten eines Informatikers

Der Urlaubsindikator

Hadmut
12.11.2018 11:28

Wisst Ihr, was bei mir zwar keine hinreichende, aber eine notwendige Bedingung für erfolgreichen (=erholsamen) Urlaub ist?

Die Verschiebung des Zeitgefühls.

Im normalen Leben habe ich das Gefühl, die Zeit rast immer schneller. Was, schon wieder Geburtstag, Weihnachten, Silvester? War doch gestern nachmittag erst. Ach nee, das ist schon wieder ein Jahr her. Man hat eine Lebenserwartung von 70, 80 Jahren, und die flutschen einfach so weg. Noch 15 oder 20 Sommer, und dann war’s das.

Forscher haben herausgefunden, dass das Zeitgefühl nicht für die Realzeit schrumpft, sondern für die Erinnerung an die Vergangenheit. Eine Stunde ist eine Stunde, aber in der Erinnerung ist die Zeit dann gerast. Weil das Gehirn wie ein Kompressionsverfahren funktioniert: Wiederholungen werden erkannt und nicht neu gespeichert. Büroalltag und Routine hinterlassen dann keine Erinnerung mehr. Ein Jahr fühlt sich an wie nichts.

Bin ich im Urlaub, in einem guten Urlaub, fühlt sich das ganz anders an. Ich bin geerade mal 2 Wochen und 3 Tage unterwegs, aber es kommt mir schon ewig vor, als läge die Abreise schon Ewigkeiten zurück. Nicht im Sinne von ich habe jetzt genug, sondern im Sinne von das Gehirn war in den letzten Tagen so viel mit neuem, mit nicht komprimierbarem beschäftigt, mit so viel Abweichung vom normalen Tagesablauf, dass ich abends hundemüde bin, während ich normalerweise nachts gegen 1 erst mal Lust zu bloggen bekomme und dann auch schlafe wie ein Stein.

Ich war versucht, das mit Urlaub gleichzusetzen, aber vor etwa einer Stunde suchte ich während der Autofahrt nach Radiosendern und bekam versehentlich sowas Religiöses rein, wo es darum ging, dass man nun endlich erfahren könne, warum es auf der Erde gerade so viel Krach zwischen den großen drei Religionen gäbe, was Gott damit vorhabe, dass ausgerechnet sie einen Priester haben, der wisse, was Gott da treibe, und man ihm bei irgendeiner Show – natürlich gegen Eintrittspreis – zuhören könne. Alles klar. Selbst wenn er das wirklich wüsste, hieße sowas Durchstecherei oder Geheimnisverrat. Als Qualifikation wurde genannt, dass er mal 9 Tage von irgendwem gefoltert worden sein soll. Da ging mir so durch den Kopf, dass ihm die 9 Tage vermutlich auch sehr lang vorgekommen sein dürften, das aber nicht unter Urlaub zählte.

Insofern ist es wohl eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.