Netzdurchsetzungsrückwärtsgesetz
Ich hatte doch vorletztes Jahr auf der Netzwerk-Recherche-Konferenz den Staatssekretär Billen zum Netzdurchsetzungsgesetz gefragt, wie eignetlich der Rechtsweg aussehe, wenn man meint, zu Unrecht gesperrt worden zu sein.
Erst wollte er nicht antworten. Als ich dann lautstark nachgehakt habe, hat er gesagt, dass es darauf nicht ankomme, weil Facebook und Co. nach ihren AGB sowieso alles sperren könnten, was sie wollen, und man gar keinen Anspruch habe, dort etwas zu veröffentlichen. Die könnten also machen, was sie wollen. Kein Rechtsweg.
Das ist eine tolle Haltung für eine Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Wohlgemerkt unter Heiko Maas. Politischer Krieg gegen Verbraucher.
Und das in einem ganzen Saal voller Journalisten. Einige haben mir anschließend gesagt, dass sie es toll gefunden hätten, dass ich da so nachgehakt habe. Sternstunde und so. Geschrieben hat darüber meines Wissen aber keiner. Dass sie etwas toll finden, heißt noch lange nicht, dass es auch der Leser zu lesen bekommt.
Nun jedoch schreibt die TAZ über genau das Problem.
Warum jetzt eigentlich?
Doch kaum hatte Maas, unter anderem auf Druck der Grünen, das NetzDG vorgeschlagen, ging die andere Seite der linksliberalen Öffentlichkeit (vom Chaos Computer Club bis zum Deutschen Anwaltverein) auf ihn los. Die Meinungsfreiheit sei in Gefahr. Auch die gesamte Rechte stimmte ein und beschimpfte Maas als Zensurminister und Verfassungsfeind. Zwei Vorwürfe standen im Mittelpunkt. Erstens: Hier wälze der Staat Aufgaben auf Private ab. Zweitens: Das NetzDG werde zu massivem „Overblocking“ führen – die Netzwerke würden also im Zweifel auch viele legale Inhalte sperren, um Bußgelder zu vermeiden.
Die Linken sind sich untereinander nicht einig.
Parallel zum Beschluss des NetzDG kündigte 2017 der rechtspolitische Sprecher der SPD, Johannes Fechner, an, in der kommenden Wahlperiode würden soziale Netzwerke verpflichtet, unzulässig gelöschte Inhalte wiederherzustellen. Er nannte dies einen „Restore-Anspruch“. Tatsächlich heißt es nun auch im Koalitionsvertrag der Großen Koalition. „Wir wollen die vertraglichen Rechte der Nutzer stärken, z. B. gegen unberechtigte Löschungen und Sperrungen.“
Dann ist aber nichts passiert. Die Bundesregierung wartet erst einmal ab. Die Grünen haben deshalb einen Antrag auf „Weiterentwicklung“ des NetzDG eingebracht, der in der Nacht auf Freitag im Bundestag beraten wurde. Wichtiger Punkt dabei: Es soll ein solches Putback-Verfahren geben.
Na, das ist ja ein Ding. Ein SPD-Minister baut auf grünen Druck dieses bekloppte Gesetz und dann wollen SPD und Grüne es wieder zurückwickeln.
Erinnert mich an von der Leyens Pornosperre, die man auch erst beschlossen und dann wieder wegbeschlossen hat.
Die sind alles schon verdammt kompetent, was IT und Internet angeht. Dann kann ja nichts mehr schief gehen. Juchhe!