Keen die nächste
Es wird schräger.
Ich hatte doch berichtet, dass Keen von mir will, dass ich hier ein Video drehe, wie ich die beschädigten Schuhe in einen Spendenbehälter werfe. Und ich habe ihnen geantwortet, dass ich es für eine Unverschämtheit halte, dass ich da schon um die ganze Welt schikaniert werde, dort schon Fotos für sie gemacht habe, hier dann noch einmal Fotos machen sollte und jetzt dann auch noch ein Video für sie machen und hochladen soll. Oder sonst irgendwie nachweisen sollte, dass ich die Schuhe irgendwie gespendet hätte.
Eigentlich heißt Garantie ja, dass wenn ich was gekauft habe und das mangelhaft ist, es ersetzt wird. Und nicht, dass ich dann noch verpflichtet wäre, zusätzlich irgendwelche Handlungen nachzuweisen und in der Gegend rumzufahren.
Antwort (aus den Niederlanden, deshalb keine Kritik an der Groß-Klein-Schreibung):
Hallo Herr Danisch,
Wir möchten Sie nicht verärgern und wir möchten Ihnen auch gerne Ihre Schuhe ersetzen.
Meine bitte die Schuhe für einen guten Zweck zu spenden, kommt daher, dass wir Nachhaltig denken und gerne etwas zurück geben.
Da Ihnen dies nicht passend erscheint, kann ich Ihnen auch gern ein Versandlabel senden. Sie können dann, auf unsere Kosten, die Schuhe an uns retournieren und wir spenden Sie dann selber.
Sobald wir sehen, dass die Schuhe unterwegs sind, lösen wir die Auslieferung des neuen Paares für Sie aus.
Sobald Sie mir dies so bestätigen, leite ich alles weitere für Sie ein.
So? „Nachhaltig denken”? „Etwas zurück geben”?
Wollen die mich verarschen?
Es geht jetzt also darum, dass ich die Schuhe, die zwar noch brauchbar sind, aber defekt aussehen, weil hinten die Schlaufe aufgerissen ist, von Berlin in die Niederlande schicke, damit sie dort dann von Keen „gespendet” werden.
Wer’s glaubt.
Ein Schuhhersteller, der gebrauchte, schon getragene und kaputte Schuhe „spendet”, um ein gutes Werk zu tun.
Ein Schuhhersteller, der mehr an Paketfirmen für einen internationalen Versand zahlt, um ein kaputtes Paar zurückzuholen, als solche Schuhe in der Herstellung kosten.
Nur nochmal zum Vergleich: Ich hatte eine sehr ähnliche Situation mit Merrel, aber die wollten von mir nur ein Foto, dass ich die Typenetiketten irreversibel durchgekreuzt habe, damit man sie nicht nochmal als Garantiefall einreichen kann, und ansonsten: „Spende Sie, Schmeiß weg oder mach damit, was Du willst…”. Die kamen gar nicht erst auf die Idee, kaputte Schuhe zurückhaben zu wollen. Sie meinten zwar auch, ich solle die spenden, aber nur als Empfehlung. Und getragene, kaputte Schuhe zu „spenden”, das ist dann auch einfach nicht mein Stil. Ich verstehe unter Spende einfach etwas anderes als huldvoll Müll zu verschenken, um die Entsorgungskosten zu sparen. Das ist so eine Berliner Sitte, dass die Leute ihren Sperrmüll und Elektronikschrott einfach auf die Straße stellen, einen Zettel „Zu verschenken” dranhängen und gehen. Zumal diese Kleider- und Schuhspenden auch keinem guten Zweck zukommen. In Afrika fluchen sie, weil die dortigen kleinen Schuhmacher nicht mehr leben können, weil sie mit dem Wohlstandsmüll von uns hier überhäuft werden.
Ich interpretiere die Situation ganz anders:
Die wollen aus irgendwelchen Gründen, dass man nicht zwei paar Schuhe hat. Vielleicht um Missbrauch mit der Garantie einzudämmen (sonst könnte man das Band ja einfach abreißen und sagen, schickt mir ein zweites Paar), vielleicht um die Leute generell von der Garantie abzuhalten. Mag ja sein, bis dahin verstehe ich das noch.
Dass sie dann aber sagen, sie wollen ein gutes Werk tun, um sich dann realiter eher doch nur die Rücksendeportokosten zu sparen, die Spendencontainer also eher als kostenlose Mülltonne verwenden und dann von „nachhaltig und zurückgeben” faseln.
Ich bilde mir da so meine Meinung.
Und diese Meinung läuft nicht darauf hinaus, dass deren Schuhe so verdammt gut sind, dass ich der erste wäre, der die Garantie in Anspruch nimmt und die das erst mal üben mussten.
Ich habe bei immer mehr Produkten den Eindruck, dass es eine Qualitätssicherung oder sowas nicht mehr gibt. Etwas ehrlicher war da ein chinesischer Händler, bei dem ich mal ganz billige Noise-Compensation-Ohrhörer bestellt habe, die prinzipiell nicht schlecht sind, aber einer einen Wackelkontakt hatte. Lakonische Antwort des Händlers: „Kommt vor.” Ein zweiter sei schon in der Post, Rücksendung nicht erforderlich. Test beim Kunden. Ein Leser schrieb mir mal dazu, dass das die neue Business-Masche ist, denn selbst wenn man ab und zu Garantie-Exemplare verschicken muss, und dafür billiger produziert, das immer noch weit billiger ist als gleich ordentlich zu produzieren und Qualität zu prüfen.