Ansichten eines Informatikers

BAföG für Hartz-IV-Geweihte

Hadmut
30.1.2019 21:29

Studieren ist das neue bedingungslose Grundeinkommen.

Ich hab’s noch nicht zusammengeschnitten, neulich kam (ich weiß nicht mehr, Maischberger oder sowas) eine Talkshow über Hartz-IV-Strafreduzierungen, und da hatten sie zwei Muster-Hartzer in der Talkshow, einen breitbeinigen Typen, der sagte, dass er eh nur arbeitet, wenn ihm das Spaß macht, und eine „Sozialwissenschaftlerin”.

Verblüffend viele Leute studieren sich hierzulande in die Berufsunfähigkeit. Bisschen offensichtlicher in den USA, denn da zahlen die ja Studiengebühren, und manche sind längst drauf gekommen, dass deren Geisteswissenschaften (humanities) ein Verlustgeschäft sind, weil das Studium mehr kostet als man damit im Leben erarbeiten kann. Jeder Straßenpenner hat eine bessere Lebensbilanz als viele von deren Geistes- und Sozialwissenschaftlern, wenn die dann irgendwann mal mit hohen Reststudienschulden sterben.

Bei uns treibt die Politik dann auch sowas in der Art. Bei BAföG-Rechner gibt es einen Artikel über die anstehenden Veränderungen im BAföG:

Auch bei der BAföG-Rückzahlung sind Änderungen geplant: Wer seine BAföG-Schulden innerhalb von 20 Jahren nicht vollständig tilgen kann (und seine schlechte wirtschaftliche Lage immer brav nachgewiesen hatte), dem wird die Restschuld erlassen. Ein Wermutstropfen: Im Gegenzug soll die monatliche Rückzahlungsrate von 105 € auf dann 130 € erhöht werden (bisher wird die Rückzahlung meist vierteljährlich eingezogen, diese Raten würden somit von 315 € auf 390 € steigen).

Heißt: MINT-ler, Ärzte, Juristen müssen das BAföG in der Regel zurückzahlen, Sozialwissenschaftler in der Regel nicht.

Heißt auch: Obwohl Studenten prinzipiell kein Hartz-IV beziehen können, und zwar auch dann nicht, wenn sie keine Studierenden sind, weil sie nur immetrikuliert sind aber nichts machen, kriegen sie jetzt sowas ab dem ersten Semester. Mit dem Abschluss wird das dann offiziell auf Hartz-IV umgestellt und nie zurückgezahlt. Kindergeld bis 25 über die Eltern noch dazu, wenn ich richtig informiert bin.

Heißt effektiv: Wählt man Sozialwissenschaften, kann man sich von der Wiege bis zum Grab durchfinanzieren lassen, ohne auch nur je einen Finger zu rühren.

Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, aber ich glaube, zu meiner Zeit musste man BAföG nicht zurückzahlen. Später war es so, dass man nur einen kleinen Teil zahlen musste, wenn man sofort zahlte. Was dazu führte, dass viele es einfach auf ein Sparbuch eingezahlt haben, von dem sie dann den Teilbetrag zurückgezahlt und die Differenz behalten haben.

Was mich persönlich damals massiv ärgerte.

Denn eigentlich wäre ich BAföG-berechtigt gewesen. Ich habe es aber nicht bekommen, aus einem absurden Grund: Die Anspruchsberechtigung musste man mit einem aktuellen rechtskräftigen Steuerbescheid der Eltern nachweisen. Weil das Finanzamt sich aber mit meinem Vater stritt, außerdem enorm langsam und mit rechtskräftigen Bescheiden 8 bis 10 Jahre hintendran war, wurden meine BAföG-Anträge abgewiesen, weil ich den Anspruch nicht nachgewiesen hatte. Man sagte mir damals, der einzige Weg wäre gewesen, gegen die Bescheide zu klagen und das so lange hinauszuzögern, bis die Steuerbescheide vorliegen. Dazu hatte ich aber erstens keine Zeit und kein Geld, und zweitens hatte es danach auch noch weitere Jahre gedauert, bis die Bescheide rechtskräftig wurden.

Auf die Idee, dass nicht jeder sofort rechtskräftige Steuerbescheide der Eltern vorlegen kann, sind Politiker nie gekommen.

Deshalb habe ich ungefähr ab dem 5. Semester als Hiwi und Tutor gearbeitet, um das Studium zu finanzieren.