Ende des faulen Zaubers
Der Schwindel läuft nicht mehr.
Meedia berichtet, dass Verleger Nikolaus Förster (impulse) den Kiosk-Verkauf aufgibt.
Da steckt aber viel mehr dahinter, wenn man genauer liest:
Es ist ein tiefer Einschnitt für Impulse: Lange Zeit setzte das ehemals zu Gruner + Jahr gehörende Unternehmermagazin auf eine klassische Reichweiten-Vermarktung, um für Anzeigenkunden attraktiv zu sein. Ob Bordexemplare, Lesezirkel oder sonstige Verkäufe – kostenlos legte Impulse-Chef Nikolaus Förster hierzu den Wirtschaftstitel in Flughafen-Lounges aus, schanzte Verbänden und Vereinen vergünstigte Abos zu oder bediente Leser-Zirkel mit vergünstigten Exemplaren.
Nun macht der Verleger mit dieser Politik Schluss: Er will sich ab April auf den Vertrieb von Magazinexemplaren fokussieren, die von Abonnenten voll bezahlt werden. „Wir brechen bewusst mit der Reichweitenvermarktung und der Billigstrategie, die wir Verlage über Jahrzehnte hinweg verfolgt haben“, erklärt Förster. Damit sinkt die Auflage des Unternehmermagazins allerdings schlagartig – von 70.000 auf 12.500 Exemplare.
Ein kompletter Richtungswechsel.
In den letzten Jahren habe ich mehrmals von Journalisten gehört, dass ihnen die Leser eigentlich egal wären, der Kaufpreis nur noch eine Art Schutzgebühr, dass es eigentlich nur um die Werbeeinnahmen geht und deshalb darum, hohe Auflagen zu produzieren, egal wie. Dann eben verschenken. Schon als ich noch in München gewohnt habe, habe ich mich gewundert, dass dort die Zeitungsverkaufsboxen auf den Straßen herumstehen, aber der Geldeinwurf nicht mit der Entnahmeklappe gekoppelt ist. Jeder kann sich einfach nehmen, was er will und die der Geldeinwurf ist quasi freiwillig. Ich hatte mal geäußert, dass mich das verwundere und ich nicht so an die Ehrlichkeit der Menschen in Deutschland glaube. Da erklärte man mir, dass es den Verlagen lieber ist, wenn man die Zeitung klaut, als wenn man sie gar nicht nimmt. Nicht verkaufte Zeitungen sind Müll, den man wieder einsammeln muss, und die nicht für die Auflage zählen. Geklaute zählen dagegen als Auflage. Im Prinzip dienen die Verkaufsboxen dem Verschenken, es soll nur nicht so aussehen.
Das Licht ist mir auch aufgegangen, als ich beim Heise-Verlag mal anfragte, ob ich mein c’t-Abo nicht auf rein digital reduzieren könnte. Sie sparen Druck und Versand, und ich den Müll. Nein, wollen sie nicht. Weil sie mit der Papierauflage wesentliche Werbeeinnahmen erzielen.
Dann kam die große Schwindelphase, in der man Auflagen einfach fingierte. In Hotels, sogar in manchen Firmen liegen die Zeitungen stapelweise zum mitnehmen. Ich habe gefragt, warum sie dafür Geld vergeuden. Antwort: Kostet nichts. Sie bekommen sie geschenkt und die holen die nicht genommenen Exemplare auch wieder ab. Jahresabos hat man für 2,50 verkauft, und ich hatte es ja mal im Blog, dass ein Jahresabo zusammen mit einem 80-Euro-Fahrradschloss 50 Euro kostet. Die ZEIT schickt mir jede Menge e-mails, um mir 4 Wochen ZEIT zu schenken. Gefühlt alle zwei Wochen.
Und die Werbebranche hat das natürlich gemerkt, dass das alles nur noch Schwindel ist.
Fazit: Die Leser und Käufer hat man verärgert und vergrault, die Anzeigenkunden hat man betrogen und vergrault.
Jetzt wird also nur noch auf Abo und Bestellung gefertigt. Ich vermute, das wird schon bald Standard sein, weil die Zeitungskioske ja auch anfangen pleite zu gehen. Früher standen in den Supermärkten immer jede Menge Leute an den Zeitungsständen um kostenlos zu lesen. Heute nicht mehr.
Und dann kommt die Realität:
Damit sinkt die Auflage des Unternehmermagazins allerdings schlagartig – von 70.000 auf 12.500 Exemplare.
Ungefähr ein Sechstel.
Das wird nicht überall so sein, vermutlich ist etwa bei der BILD der Anteil der Abonnenten viel kleiner. (Kann man die überhaupt abonnieren, oder nur die Bild am Sonntag?) Aber es dürften drastische Auflageneinbrüche bevorstehen, eine Bereinigung auf Realität.