Ansichten eines Informatikers

Wahr und Unwahr

Hadmut
20.4.2019 20:48

Aussichten auf die Netzabdeckung auf dem Land.

Wahr ist, dass unsere Digitalministerin auf das Rohrpostsystem im Kanzleramt als abhör- und hacksicher schwört.

Unwahr ist, dass deshalb die ländlichen Gebiete Deutschlands und zum Zwecke des Home-Office Deutschland flächendeckend mit Rohrpostsystemen statt mit Glasfaser- und 5G-Internet ausgestattet wird.

Nebenbei bemerkt:

Es stimmt zwar, dass so ein (geschlossenes) Rohrpostsystem gegen allerlei Angriffe, vor allem aus der Entfernung, resistent ist, und den großen Vorteil hat, dass man es noch mit seinen Sinnesorganen unmittelbar durchschauen kann. Es ist aber nicht so, dass es nicht auch Nachteile hätte. Denn physisch transportierte Nachrichten müssen immer auch sicher vernichtet werden, und man muss sie dann eben auch handschriftlich oder mit mechanischer Schreibmaschine erstellen. Was grundsätzlich nur sehr einfache Nachrichten ermöglicht.

Außerdem sind solche Rohrpostsendungen dann bei physischem Zugriff ziemlich ungeschützt. Das kann man vielleicht bei den Sicherheitsmaßnahmen am Kanzleramt noch machen, aber nicht in der allgemeinen Breite.

Die Frage wäre natürlich auch, ob es nicht letztlich auch dazu dient, dass hinterher auch befugt niemand mehr rekonstruieren kann, was da im Kanzleramt läuft. Es erinnert mich daran, dass ich mal mit einer Firma zu tun hatte, in der es die Vorgabe, dass nichts rechtlich relevantes per E-Mail verschickt werden durfte, weil das hinterher beweisbar oder darlegbar wäre. Alles Wichtige durfte nur mündlich kommuniziert werden, im Zweifel nur unter vier Augen, damit es keinen Zeugen gibt und alles abstreitbar ist, und Notizen, wenn überhaupt, nur handschriftlich auf Papier, so dass man sie in den Aktenvernichter stecken kann.

Freilich gibt es noch viele Firmen mit Rohrpost, und die wird es auch in Zukunft geben. Weil sie Dinge körperlich transportieren müssen. Es gibt reichlich Geschäfte wie Uhrmacher, Apotheken und so weiter, die unten im Erdgeschoss nur ein ganz kleines Ladengeschäft haben und ihre Werkstatt, ihr Lager usw. dann irgendwo in den oberen Geschossen, um dann auf diese Weise Material auszutauschen. Die Apotheke hier um die Ecke hat eine kleine Wendelrutsche. Wenn sie unten die Rezepte einlesen und das Medikament nicht unten im kleinen Regal liegt, kommt es aus dem Obergeschoss runtergerutscht. Es gibt Großmärkte, in denen von jeder Kasse ein Rohrpostsystem in den gepanzerten Bargeldbereich geht, mit denen die Kassierer ihr Bargeld über Rohre in großer Höhe in Sicherheit schießen.

Beim Stand unserer Cyberabwehr halte ich ein Rohrpostsystem in lokalen geschützten Umgebungen wie einem Kanzleramt im Prinzip nicht für schlecht, aber es deutet darauf hin, dass man kein vertrauenswürdiges ortsübergreifendes System hat.

Kennt eigentlich noch jemand Lemmi und die Schmöker?

Sowas gibt es heute gar nicht mehr, eine Sendung, die Kinder zum Lesen anstiften soll. Habe ich damals immer gerne gesehen. Da kamen die Bücher immer mit einer Telelift- oder Schienenförderanlage daher, auch das charakteristische Tuch wurde immer damit angefahren.

Diese etwas altmodisch anmutenden Geräte sind zwischenzeitlich wohl etwas aus der Mode gekommen, erleben aber inzwischen ein modernes Revival. Auf irgendwelchen Messen und Ausstellungen habe ich schon einige Male hochmoderne Systeme mit moderner Prozesssteuerung gesehen, die mit einem irren Tempo funktionieren und mit spezifischen Werkzeugträgern ausgestattet werden können, auch viel moderneren Antriebssystemen. Das ist mittlerweile auch Element der Arbeitsergonomie, nämlich in Kleinteilfabriken jeder Fachkraft die Werkstücke direkt an den Arbeitsplatz zu bringen. Viel interessanter, komplexer und auch imposanter als jede elektrische Eisenbahn.