Noch ein Gedanke zum Strache-Video
Ich musste an das Prinzip der Enthauptungsvideos denken.
Kennt Ihr diese Enthauptungsvideos des Islamischen Staates?
Da stehen sie in einer langen Reihe, immer ein schwarzgekleideter und vermummter Islamist mit Messer, davor kniet sein Opfer in orangefarbenem Overall zwar grimmigen Blickes, aber ruhig und gelassen. Dann werden die synchron alle ausführlich geschmäht und beschimpft, auch auf englisch, und die Hinrichtung wird sogar angekündigt, und die knien alle da und es scheint ihnen egal zu sein. Keine Angst, keine Reaktion. Nicht mal ein Zucken. Man fragt sich: Warum bekommen die keine Panik, warum schreien die nicht, versuchen zu fliehen oder um ihr Leben zu betteln, oder sie zu beschimpfen oder verfluchen. Warum die da eigentlich so seelenruhig sitzen und das über sich ergehen lassen. Perfekte, duldsame, unterwürfige Opfer.
Und dann nehmen die alle das Messer und schneiden denen die Köpfe ab. Einfach so.
Lange hat man gerätselt, wie den so etwas passieren könnte. Ob man die unter Drogen setzt oder was auch immer.
Bis man, auch durch Informationen von Insidern, dahinter kam, wie die das machen. Eigentlich ganz einfach, wenn man sich mit Gehirnwäsche und sowas auskennt.
Die drehen diese Videos immer wieder, jeden Tag. Jeden Tag eine Scheinhinrichtung. Immer fast gleich, nur geringfügige Variationen, dass es aussieht, als würden die sowas zur Propaganda ständig neu drehen. Nur die Köpfe wurden nicht abgeschnitten.
Natürlich gab es anfangs Panik und Flucht und Betteln und sowas alles. Trotzdem immer Scheinhinrichtungen. Das macht man so lange, bis sich die Leute daran gewöhnt haben, jeden Tag den Mumpiz einer Scheinhinrichtung mitzumachen, bis zum Messer am Hals. Und wenn die Szene dann irgendwann mal richtig gut im Kasten ist, wenn die alles schön ruhig und duldsam und unproblematisch da saßen und auch der Anführer so richtig schön und gut und fehlerfrei und deutlich geredet hat, dann ist dann plötzlich doch mal der Kopf ab.
Das hat Qualitäten aus Informationstheorie und Kryptographie. Das ist nicht allzuweit von Gedankengängen bei digitalen Münzwürfen, Zero-Knowledge-Beweisen und nicht-transitiven Beweisen entfernt.
Es gibt auch eine passende Betrugsmethode. Man schickt einer Million Menschen einen Brief, dass man der Superexperte sei und irgendwas voraussagen könnte. Börsenkurse oder wer das Fußballspiel gewinnt oder sowas.
Der Hälfte schickt man die eine, der anderen Hälfte die andere Prognose. Rauf oder runter, die einen oder die anderen gewinnen. Dann liegt man mit einer Hälfte richtig und mit einer Hälfte falsch. Die, bei denen man falsch lag, vergisst man und macht genauso mit der verbliebenen Hälfte weiter. Nach zehn Durchläufen hat man dann nur noch 1000 Kunden, aber die sind dann total überzeugt, dass man alles vorhersagen könnte, weil man zehnmal richtig lag. Damit kann man auch solche Beweise fälschen, bei denen man die Kenntnis eines Geheimnisses damit beweist, dass man einen Vorgang richtig vorhersagen kann. Deshalb könnte jemand, der davon nur eine Videoaufzeichnung sieht und nicht selbst mitgespielt hat, das immer als Fälschung ablehnen, weil es damit zu fälschen wäre, dass man nur die Würfe zeigt, wo es halt gepasst hat.
Ich hatte 1998 ein Gutachten für den Bundestag geschrieben und dazu auch Anforderungen an medizinische Dokumentation entwickelt. Ein Szenario drehte sich darum, dass es nicht genügt, sich die Daten in der Datenbank einfach nur über eine Notarfunktion signieren zu lassen, um nachzuweisen, dass man die zum Zeitpunkt x in die Datenbank geschrieben hatte. Man muss sie zählen und alle vorlegen. Denn ein Arzt könnte ja im Pfuschfall einfach mehrere Diagnosen schreiben, sie alle signieren lassen, und dann bei Bedarf nur die passende, die sich später als richtig herausstellt, vorlegen.
Das ist allerdings nicht ganz allein auf meinem Mist gewachsen, denn damals gab es schon das Problem, dass Wissenschaftler irgendwelche Papers schrieben und sie beim Notar hinterlegten, um dann, wenn irgendwer dazu was veröffentlichte, damit zu beweisen, dass sie die ersten waren. Irgendwer ist dann bei einer wissenschaftlichen ungeklärten Frage, die nur mit ja oder nein zu beantworten war, einfach beide hinterlegt hatte, dann wartete, bis jemand das Problem löste, und dann nur das mit der richtigen Lösung vom Notar öffnen und als hinterlegt beglaubigen ließ. Irgendwer hatte versehentlich auch den zweiten Umschlag geöffnet.
Es gab dann auch viele Fälle aus der Wissenschaft, in denen irgendwelche Thesen scheinbar experimentell bestätigt wurden, mit Messwerten belegt, die sich dann hinterher als Pfusch oder Schwindel herausstellten. Die These war falsch oder das Experiment ließ keinen Rückschluss zu und war so schlecht, dass es im Prinzip völlig zufällige Ergebnisse liefert. Dann wiederholt man das Experiment einfach so oft, bis die Werte zufällig mal passen, und das veröffentlicht man dann, die anderen wirft man weg. Besonders für Promotionen sehr beliebt. Damit kann man nämlich alles beweisen. Bessere Universitäten verlangen, dass man jegliche Experimentalergebnisse sofort hinterlegt.
Apropos Betrug: Es gab ja auch den, der vortäuschte, er könnte Gedanken lesen. Denken Sie sich mal ein Ziffer zwischen 0 und 9 willkürlich aus. Und? Welche? „4”. Sehen Sie, das habe ich vorher gewusst, dass Sie die 4 nehmen. Schauen Sie unter das Telefon, da liegt ein Zettel, auf dem 4 steht. „Oh, tatsächlich, wie ist das möglich?” Ganz einfach: Hätte man „6” gesagt, dann hätte er gesagt, mal solle unter das Radio schauen, wo der Zettel mit der 6 liegt, und so weiter.
Ich mag zwar Sportsendungen nicht, aber ich kann mich noch erinnern, dass das ZDF Sportstudio immer lief, als ich Kind war, weil mein Vater das gern sah, und ich deren Torwand so ulkig fand. Mehr als zwei Treffer bei sechs Versuchen schaffte eigentlich kaum jemand. Und dann hatten sie mal irgendeinen ur-uralten Ex-Sportler da, schon tatterig, und der setzte da auf Anhieb sechs perfekte Treffer rein. Sechs von sechs.
Am Ende der Sendung verrieten sie dann, dass sie übel gemogelt hatten. Sie hatten den vor der Sendung immer wieder schießen lassen und das gefilmt, und dann eben die sechs schönen Treffer in unzähligen Versuchen zusammengeschnitten und einfach abgespielt hatten. Das habe ich mir gemerkt.
Wenn man jetzt liest, dass das Strache-Video nur ein ganz kurzer Ausschnitt aus einer 7-Stunden-Aufzeichnung sei, dann fragt man sich schon, was eigentlich im Rest passiert ist. Ob man den immer wieder das Gleiche gefragt hat, den solange abgefüllt und im Kreis gedreht hat, bis der halt irgendwann mal das sagte, was man hören will, und das dann als Ausschnitt sandte.
Jeder Mensch ist auch irgendwann mal konzilliant. Wenn man jemanden hundert Mal fragt, ob er an irgendwelchen Betrügereien mitnimmt, und jedesmal mehr oder weniger intensiv fragt, wird er vielleicht 99 Mal nein sagen, aber dann irgendwann schon aus Sozialverhalten heraus auch mal zustimmen.
Heißt: Man kann sowas nur beurteilen, wenn man alles gesehen hat, auch das, was einem nicht gezeigt wurde.
Wenn einem nur ein selektiver Ausschnitt präsentiert wird, dann ist meist was faul. Dann liegt der Betrug in der Auswahl, auch wenn das Gezeigte an sich wahrheitsgemäß ist.