Wurde das Attentat sabotiert?
Eine historische Frage.
Ich hatte vor einiger Zeit mal über das Verhältnis Drittes-Reich und Kommunismus geschrieben und darüber, dass es da vieles gibt, was darauf hindeutet, dass das Dritte Reich und die Wahl Hitlers nicht primär aus Judenhass, sondern als Abwehrreaktion gegen den sich aggressiv ausbreitenden Kommunismus – Russland war ja bis zum ersten Weltkrieg und danach noch gefühlt – direkter Nachbar des Deutschen Reiches und Aktivisten wie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg machten die Bedrohung tief in Deutschland höchst real. Es gab ja auch schriftliche Äußerungen der Kommunisten, dass das alles eigentlich erst mit Russland und Deutschem Reich zusammen hätte funktionieren können, Arbeiter und Bauern eben. Das technisch-ingenieurmäßig damals führende Deutschland wurde für den Kommunismus eigentlich dringend gebraucht.
Für die USA und vor allem England und Frankreich war das eine monströse Gefahr.
(Das heutige Europa soll wohl mit 100 Jahren Verspätung die Neuauflage liefern, und der Brexit scheint auch eine Art Wiederholung dessen zu sein.)
Es gibt einiges, was darauf hindeutet, dass die USA und die Briten das Dritte Reich gar nicht so ablehnten, sondern im Gegenteil als Block und Brandschneise gegen ein Vorrücken des Kommunismus brauchten und förderten. Dazu kam die Interessenlage der deutschen Industrie, die Enteignung und Verstaatlichung fürchteten (wiederholt sich gerade bei Wohnungsbaugesellschaften und nun bei Fluglinien.) Ich hatte ja mal geschrieben, dass Hitler und die NSDAP ja eigentlich nur mittels eines ominösen Geldkoffers entstehen konnten. Und dass Hitler und seine Kumpane eignetliche die letzten Penner und Vögel waren, habe ich auch beschrieben. An diesem ganzen Getue und Gehabe mit Heil Hitler und Uniformen ist nichts genuin, das war alles zusammengeklaut und zusammenkopiert, als hätte eine PR-Agentur auf die Schnelle eine Boygroup zusammengecastet. Es wurde ja berichtet, dass eine deutsche reiche Unternehmergattin Hitler erst mal ordentlich eingekleidet hat, weil der rumlief wie eine Schießbudenfigur. Tatsächlich ist das ja so, dass ein damals als vornehm und geordneter ziviler Kleidungsstil und der von Mussolini als kommunismusabwehrendem staaterhaltendem Sozialisten (=Nationalsozialisten) plagiierte Uniformstil (der ja nun gar nicht zum ersten Weltkrieg und Kaiserreich passte und in Deutschland nicht entwickelt worden war) ganz maßgeblich für die breite Massenwirkung war.
Betrachtet man die politische Entwicklung gegen Ende der regierungsunfähig zerstrittenen chaotischen Weimarer Republik, und Vorgänge wie eben Liebknecht und Luxemburg, dann drohte eine ganz enorme kommunistische Gefahr für Deutschland, England, Frankreich, USA und die ganze Welt. Die USA waren damals noch ein zwar weit entfernter, aber eher simpler, überwiegend landwirtschaftlich orientierter Staat. Hätte der Kommunismus sich über die Fläche Russlands und des ehemaligen Deutschen Reiches ausgebreitet und beide vereinigt und sich damit das deutsche Know How einverleibt, wäre ein nicht mehr zu besiegender Brocken entstanden. Viele Leute mit viel Geld und viel Einfluss brauchten dringend irgendeine Abwehr gegen den Kommunismus. Da dürfte es außer einem Geldkoffer und neuen Klamotten durchaus noch weitere Fördermaßnahmen gegeben haben.
Was ich nun auch erwähnt hatte, war, dass die heute hoch gefeierten Widerständlicher und „Attentäter” rund um Graf von Stauffenberg damals Unterstützung von den Briten erhofft hatten, die aber – aus damaliger Sicht verblüffend – kein Interesse hatten, die Attentäter zu unterstützen. Offenbar muss der damaligen britische Regierung ein Deutschland mit Hitler aus irgendeinem Grund lieber gewesen sein als ein Deutschland ohne Hitler.
Wie komme ich jetzt darauf?
Ein Leser schickte mir dazu einen Link auf diesen Text eines Werner Rügemer bei den Nachdenkseiten. Da geht es nämlich vertieft und die Frage, welche Rolle die Briten in diesem Attentatsvorhaben spielten, und warum sie die Attentäter nicht unterstützten – und welche Rolle die USA dabei spielten.
Die Informanten berichteten an Dulles 1944: Der Sozialist Leuschner mache „in der Verschwörung zunehmend mehr Einfluss geltend“. „Der brillante Sozialist Dr. Julius Leber“ versuche „im letzten Moment, die Kommunisten kurz vor dem 20. Juli in die Verschwörung mit einzubeziehen“. Der Kreis um Stauffenberg war einverstanden, dass nach dem geglückten Attentat „Leuschner, Leber und Haubach alle Kabinettsposten“ in der neuen Regierung erhalten sollten, so Dulles. Das barg die „Gefahr“: Die US-Militärs waren gerade erst in Frankreich, die Rote Armee drang immer schneller vor, die Sowjetunion bot Friedensverhandlungen an.
Das Attentat verzögern!
Dulles war über den Informanten Jakob Wallenberg informiert: Die Putschpläne des Goerdeler-Kreises waren für September 1943 fertig. Die personelle Besetzung der „Zwischenregierung“ sei geklärt, General Beck als Staatschef, mit Militärs, Ministern, Vertretern von Gewerkschaften und Gemeinden; anschließend würden Wahlen abgehalten, bei denen wahrscheinlich die Sozialdemokraten gewinnen würden.
Die Verschwörer kamen aber nicht voran, weil sie immer noch gutgläubig auf die US- und die britische Regierung hofften. Die aber blockierten absolut. Aber auch andere bremsten, wie die Wallenbergs, berichtet Dulles: An Weihnachten 1942 trafen sich die „alten Sozialdemokraten“ Carlo Mierendorff, Theodor Haubach und Emil Hank, Mitglieder des Kreisauer Kreises. Wenn Hitler jetzt beseitigt würde, entstünde „ein politisches Vakuum … Die amerikanischen und britischen Streitkräfte waren weit weg … Das Verschwinden von Hitler würde Deutschland nur zu leicht dem Kommunismus ausliefern.“ Deshalb das Motto der SPD-Leute: „Hitlers Ermordung solange hinausschieben, bis sich die amerikanischen und britischen Heere auf dem Kontinent festgesetzt hätten.“
Dulles erfuhr weiter von seinen Informanten: Die USA und England machen sich in der deutschen Bevölkerung durch die Bombardierungen der Städte – 1943 auf Hamburg auch zum ersten Mal mit Phosphor-Bomben – unbeliebt! Es entwickele sich ein „wachsender Skeptizismus in Deutschland gegenüber dem, was denn noch vom Westen zu erhoffen wäre … Es machte großen Eindruck auf die Massen, dass dieses Bombardieren nur vom Westen her kam.“
Die Gefahr des vorzeitigen Friedens!
Dulles erkannte und meldete nach Washington: Der Einfluss des Nationalkomitees Freies Deutschland (NKFD), das mit Moskau zusammenarbeitet, wächst und wird durch die „Millionen russischer Kriegsgefangener in Deutschland wesentlich verstärkt … Das Abgleiten zur extremen Linken hat verblüffende Ausmaße angenommen und wächst ständig an Bedeutung … Die feindliche Stimmung, die bei den Arbeitern und in den Bürgerkreisen entstanden war, schwächte den Einfluss der nach Westen orientierten Verschwörer und gab denen, die ihre einzige Hoffnung auf die Sowjets setzten, Oberwasser.“
Der US-Geheimdienstchef informierte seine Regierung: Viele Verschwörer glauben inzwischen, dass „Russland“ besser ist für die Nachkriegsentwicklung in Deutschland: Russland lässt Deutschland „sich weiterentwickeln, in stärkerem Maße als England und Frankreich, die in Deutschland ja einen Mitbewerber auf dem Weltmarkt sahen.“
Dulles analysierte zutreffend: „Von Russland kommen dauernd konstruktive Ideen und Pläne für den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Kriege … Im Vergleich dazu haben die demokratischen Länder der Zukunft von Zentraleuropa nichts zu bieten.“
Wenn ich dann noch die Informationen über Geheimdienstpraktiken der damaligen Zeit dazunehme, die ich in (gar nicht so) gänzlich anderem Zusammenhang gelesen habe, nämlich vor 25 Jahren in Kryptographie, als ich für die Kryptovorlesung an der Uni Informationen zur Funktionsweise der Kryptomaschine Enigma, deren Brechen und die historischen Hintergründe zusammensuchte, wie tief Briten und andere mit Agenten in Deutschland drinsteckten und die Finger drin hatten, und dann noch die Einleitung des Textes lese,
Werner Rügemer ließ sich von den Feiern zum 20. Juli 1944 dazu animieren, etwas genauer zu recherchieren, wer beim Widerstand insgesamt noch im Spiel war: der US-Geheimdienst OSS und Allen Dulles. Seinen für die NachDenkSeiten geschriebenen Text schickte er mit dieser Anmerkung: „ich fand es wieder interessant, wie aufschluss- und ertragreich solche historischen untersuchungen sind und die herrschenden legenden so unheimlich billig gestrickt sind. und das ist alles gar nicht so aufwendig zu recherchieren. man braucht in diesem fall nur das offen verbreitete – freilich schnell vergessene – buch des geheimdienst-chefs lesen.“ Albrecht Müller.
Der US-Geheimdienst OSS unter Allen Dulles führte während des Krieges Informanten bei den Verschwörern des 20. Juli
In BILD, ZEIT, Süddeutsche, ARD, ZDF, bei der Bundeskanzlerin und auch in der aufklärerischen junge Welt: Bei allen Würdigungen des Attentats auf Hitler vom 20. Juli 1944 blieb auch zum 75. Jahrestag ein Beteiligter verbissen ausgeblendet: Der US-Geheimdienst Office of Strategic Services (OSS). Europachef Allen Dulles hatte den Widerstand von links bis rechts mit Informanten durchsetzt. Ziel: Der Widerstand durfte keinen Erfolg haben, denn der hätte nur „den Russen“ genützt und möglicherweise zu Friedensverhandlungen geführt. Die Feindschaft des Westens gegen die Sowjetunion mit der Gefahr eines neuen Krieges hatte spätestens schon 1943 begonnen – eine Kontinuität bis heute.
dann drängt sich mir eine Frage auf:
Ist das Hitler-Attentat nicht deshalb schief gegangen, weil Stauffenberg zu wenig Sprengstoff verwendet hatte oder der schwere Tisch Hitler vor dem Sprengstoff geschützt hat, wie es immer heißt, sondern weil die Briten oder Amerikaner das Attentat sabotiert haben?
Nicht nur, wenn man das so liest, bleibt eigentlich keine andere Möglichkeit, unvorstellbar, dass die unter diesen Umständen ruhig zugeschaut hätten, wenn das stimmt:
Gisevius berichtete Dulles im Januar 1943: Die Verschwörer sind tief enttäuscht, dass die Westmächte keine Unterstützung geben. Der Geheimdienstchef beendete deshalb aber keineswegs die Aktivität seiner Informanten, im Gegenteil: Er wollte gerade deshalb genau wissen, wie die Vorbereitungen des Attentats vorangingen. Denn der Widerstand drohte sich nach links zu radikalisieren.
Die Informanten berichteten an Dulles 1944: Der Sozialist Leuschner mache „in der Verschwörung zunehmend mehr Einfluss geltend“. „Der brillante Sozialist Dr. Julius Leber“ versuche „im letzten Moment, die Kommunisten kurz vor dem 20. Juli in die Verschwörung mit einzubeziehen“. Der Kreis um Stauffenberg war einverstanden, dass nach dem geglückten Attentat „Leuschner, Leber und Haubach alle Kabinettsposten“ in der neuen Regierung erhalten sollten, so Dulles. Das barg die „Gefahr“: Die US-Militärs waren gerade erst in Frankreich, die Rote Armee drang immer schneller vor, die Sowjetunion bot Friedensverhandlungen an.
Es musste für die also so aussehen, als würde das Attentat nicht (nur) von friedensliebenden Menschenrettern durchgeführt, sondern von Russensympathisanten, die einen Pakt mit Russland vorbereiteten, der mit einem Tod Hitlers wohl sehr schnell und sofort eintreten und Deutschland den Russen gesichert und damit das Problem des Feindes vor den Grenzen von Frankreich und England und den monströsen Koloss bedeutet hätte. Auch der darauf folgende Korea- und der Vietnamkrieg waren nichts anderes, als Kriege, um den Kommunismus an verschiedenen Fronten zurückzudrängen. Insofern drängt sich die Frage geradezu auf, ob die Amerikaner mit ihrem Kriegseintritt und dem Angriff am D-Day überhaupt gegen die Deutschen oder nicht doch eher gegen die Russen kämpften und das zwangsläufig auf die Konfrontation an der Grenze, eben der späteren Mauer und DDR-Grenze samt eingemauertem Westberlin hinauslief.
Wikipedia zum Zeitablauf:
Der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg erfolgte am 8. Dezember 1941 mit der Kriegserklärung an Japan nach dem Angriff auf Pearl Harbor am Tag zuvor. Wenige Tage später, am 11. Dezember, erfolgte die Kriegserklärung Deutschlands und Italiens an die USA, die am gleichen Tag beantwortet wurde. Mit der Deklaration der Vereinten Nationen vom 1. Januar 1942 traten die Vereinigten Staaten in die Anti-Hitler-Koalition mit Großbritannien und der Sowjetunion als den Hauptalliierten ein.
D-Day war der 6. Juni 1944.
Das Stauffenberg-Attentat war am 20. Juli 1944.
Cherbourg im Norden der Cotentin-Halbinsel ging am 26. Juni nach starkem amerikanischen Artilleriebeschuss und heftigen Straßenkämpfen (→ Schlacht um Cherbourg) verloren. Die Einnahme von Caen, einem Primärziel des ersten Landungstages, erwies sich für die alliierten Truppen der Briten und Kanadier an der Ostseite des Normandie-Brückenkopfes als ungleich schwieriger. Erst nach sechs Wochen verlustreicher Kämpfe konnten sie die Stadt am 19. Juli vollständig besetzen.
Das hätte Briten und Amerikaner die teure, langwierig vorbereitete und letztlich auch die als einzige Chance erscheinende Militäroperation verhagelt, wenn Hitler umgelegt worden wäre und Deutschland sich mit den Russen verbündet hätte, damit also statt mit den Russen zu kämpfen eigene Streitkräfte frei bekommen und politische oder gar militärische Unterstützung der Russen bekommen hätte.
Man könnte sogar auf den Gedanken kommen, dass das Attentat von den Russen gefördert worden war.
Das Attentat hätte also Briten und Amerikanern die Strategie verhagelt und Deutschland den Russen überlassen.
Zum 50-jährigen Jubiläum der Mondlandung kam neulich irgendwo eine Dokumentation über die Entstehung der Mondrakete. Die Amerikaner hatte es nach dem Weltkrieg ziemlich eilig, das ganze Raketenzeugs und seine Ingenieure nach Amerika zu schaffen, vor allem, damit es den Russen nicht in die Finger fällt. Werner von Braun war zwar das Genie hinter der Entwicklung, saß in den USA aber erst mal nur jahrelang untätig herum, weil die Amerikaner ihn ursprünglich nicht einsetzen, sondern nur aus dem Verkehr ziehen wollten. Dessen kaum weniger begabter russischer Gegenspieler Sergei Pawlowitsch Koroljow war als Soldat im zweiten Weltkrieg auf Seiten der Russen unterwegs, um das Raketenknowhow einzusammeln, kam aber zu spät, die Amis hatten schon abgeräumt, dabei aber doch einiges übersehen, was dann Koroljow in die Hände fiel und ihm ermöglichte, vor den Amerikanern im Weltraum zu sein. Die Amis wollten ihn besiegen, schafften es aber nicht, ihre Rakete explodierte. Erst dann kamen sie auf die Idee, den weggeräumten Deutschen einzuspannen.
Schon das zeigt, dass sich Amerikaner und Russen eigentlich schon während des zweiten Weltkrieges feindlich gesinnt waren, und die Amerikaner mit hoher Energie verhindern wollten, dass den Russen technisch-militärisch irgendetwas in die Hände fiel. Das aber wäre nicht zu verhindern gewesen, wenn das Attentat funktioniert hätte und sich Deutschland und die Russen verbündet hätten. Es wäre ein Koloss entstanden, dem die Amerikaner wirtschaftlich, technisch und militärisch nichts entgegenzusetzen gehabt hätten. Wenn überhaupt, dann gehörte der Mond längst den Deutschrussen.
Es wäre also für die Russen sehr wichtig gewesen, Hitler zu diesem Zeitpunkt umzulegen, bevor die Amerikaner da den Fuß in die Tür bekommen, dagegen für Briten und Amerikaner sehr wichtig, genau das zu verhindern.
Also ist die Frage, ob das Attentat wirklich an zu wenig Sprengstoff oder einem zu stabilen Besprechungstisch gescheitert ist, oder ob es aus militärisch-strategischen Gründen sabotiert wurde. Von jemandem, der in der Attentätergruppe war und dafür sorgen konnte, dass der Sprengsatz nur Puff machte, oder jemandem, der dort irgendwie anwesend war und Hitler irgendwie in Sicherheit gebracht hat.
Man könnte nach dem Text auch die Frage stellen, ob die SPD das Attentat sabotiert hat.