Ansichten eines Informatikers

Die Sänfte der Prinzessin

Hadmut
16.8.2019 2:26

Über den Segeltörn der Greta Thunberg.

Mal abgesehen davon, dass ich es für eine ziemlich Frechheit halte, wenn einem als das Reiseideal vorgeführt wird, man möge sich doch vom monegassischen Millionär und Adelssputnik persönlich nach Amerika schippern lassen, 3 Wochen pro Fahrt.

Klar, wenn man sonst nichts zu tun hat und selbst nicht dafür zahlen muss?

Und wir armen Steuerzahler und Durchschnittsbürger mit 30 Tagen Urlaub im Jahr könnten niemals in einem Jahr nach New York, weil wir ja gleich nach Ankunft wieder zurückmüssten – es sei denn, wir fahren über Silvester hin und opfern den Urlaub zweier Jahre. Wie stellt man sich das eigentlich vor?

Andererseits ist dann 3 Wochen nur mit Tütensuppen und Eimerkacken auch nichts für mich. Ich habe auch schon schräge Reisen hinter mir, aber das ist dann nichts mehr für mich. Und mein Segelbedarf war durch 5 Tage Ostsee schon reichlich gedeckt.

Ein paar Punkte will ich aber doch aufgreifen:

  1. Was die WELT hinter Paywall schreibt, weiß ich nicht, aber ein Leser zitiert:

    Segelreise in die USA: Greta Thunberg in der Klima-Falle – Und wie kommen alle wieder zurück?

    Das komplette Material für den Betrieb einer Open-60-Rennyacht wurde nach Plymouth gekarrt, inklusive eines Medienteams, der Support-Crew des „Teams Malizia“ sowie eines ganzen Reigens an Freiwilligen – Unerwartete Nebenwirkung des Medienrummels: diverse US-Fernsehsender das Einlaufen in New York per Kamera-Helikopter begleiten. Die sogenannten „Camera Chopper“ sind in New York allgegenwärtig. Angesichts deren Spritverbrauchs hätte Greta dann gleich ein paar dutzend Mal fliegen können – Neben Boris Herrmann ist der monegassische Fürsten-Spross, Profisegler und Malizia-Teamgründer Pierre Casiraghi Teil der Crew. Wenn er nicht segelt, widmet er sich seinen anderen Geschäften – unter anderem ist er MEHRHEITSAKTIONÄR DER FLUGGESELLSCHAFT MONACAIR…

  2. Die TAZ:

    Klimaaktivistin Greta Thunberg verursacht durch ihren Segeltörn von Großbritannien in die USA mehr Treibhausgasausstoß, als wenn sie geflogen wäre. Etwa fünf Mitarbeiter würden die Yacht zurück nach Europa segeln, sagte Andreas Kling, Pressesprecher von Thunbergs Skipper Boris Herrmann, am Donnerstag der taz.

    „Natürlich fliegen die da rüber, geht ja gar nicht anders“, so Kling. Herrmann werde für die Rückreise ebenfalls das Flugzeug nehmen. Der Segeltörn löst also mindestens sechs klimaschädliche Flugreisen über den Atlantik aus. Wäre Thunberg gemeinsam mit ihrem Vater geflogen, wären nur zwei nötig gewesen, um nach New York zu kommen.

    und

    Der Pressesprecher der Fridays-for-Future-Aktivistin war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu der Klimabilanz des Segeltörns zu erreichen. Skipper-Sprecher Kling räumte ein, dass die Abfahrt mit hunderten Journalisten, Unterstützern und Zuschauern in Plymouth einen Kohlendioxid-Fußabdruck habe. „Es hätte weniger Treibhausgasausstoß verursacht, wenn wir diese Abfahrt so nicht gemacht hätten“, sagte Kling. „Natürlich wäre es umweltschonender gewesen, nicht darauf aufmerksam zu machen, dass wir dringend etwas tun müssen gegen die Klimakrise. Aber wenn keiner darauf aufmerksam macht, dann tun wir auch nichts.“

  3. Vera Lengsfeld:

    Auf der Malizia II fahren normalerweise nur die trainierten Rennsegler: Ohne Wechselwäsche, ohne Toilette, immer im Wechsel segelnd, ohne Passagiere, aber dafür natürlich in der Regel mit enger Begleitung durch Team und vermutlich auch Beibooten oder jedenfalls Schiffen in Reichweite. Beiboote sind natürlich mit dem eh schon abstrusen Set-up nicht vereinbar, denn dann wäre die Reise natürlich nicht formal „emissionsfrei“. Beiboote gibt es zwar nicht, aber Überwachungsflüge. Insgesamt sollen dabei mehr als hundert Flugeinsätze zusammenkommen. Das gibt einen tausendfach höheren CO2-Ausstoß, als wenn Greta und ihr Vater ein Flugzeug bestiegen hätten. Wer bezahlt die Überwachungsflüge und wird anschleißend der Ablaß für das unnötig emittierte CO2 bezahlt – wenn ja, von wem?

    Und

    Die Malizia II erreicht Geschwindigkeit von 30 km/h auf hoher See, eine Situation, wo `“Mann/Mädchen über Board“ alles andere als eine Kleinigkeit wäre – Segelschüler wissen, dass dies schon auf kleineren Seen kein einfaches Manöver ist. Und vor allem unter einem übermenschlichen Erfolgsdruck. Denn das ‚Sicherheitskonzept‘ sieht so aus: Wenn es Probleme an Bord geben sollte, fährt die Malizia II mit Dieselmotor Richtung Hilfe – bei größerem Abstand zur Küste kann dies im Notfall ja eigentlich nur ein anderes Schiff sein, von wo dann ein Hubschrauber oder Flugrettung erfolgen könnte. Medial und politisch natürlich ein Totaldesaster, wie dem kampagnenerfahrenen Svante völlig klar sein dürfte.

Es ist ein Witz.

Wenn ich daran denke, dass die uns damals auf der Ostsee – und das waren nur Tagestouren, nachts waren wir immer im Hafen – die ruhig wie das Wasser in der Badewanne und relativ warm war, schon eindringlichst gewarnt haben, wie gefährlich das sei und ein Sturz ins Wasser kaum zu überleben wäre. Und die Prüflinge da wie bekloppt „Mann über Bord” geübt haben, was eine ziemlich schwierige Anfahrt an die Boje erfordert (die ich nicht unter Segel, sondern nur einmal mit Motor gemacht habe) und es verdammt schwierig ist, die Boje im Blick zu behalten und die Richtung und Entfernung anzusagen (was dann meine Aufgabe als Anfänger war), und das bei guter Sicht und Tageslicht. Und uns der Skipper sagte, dass das eigentlich alles aussichtslos sei, weil man einen, der ins Wasser gefallen ist, nicht mehr rausbekommt, und man stattdessen sofort die „Distress”-Taste am Funkgerät drücken muss, damit es die Position übermittelt und der Seenotkreuzer mit Bergegerät anrückt, und wir da immerhin eine ordentliche Kajüte hatten (in der es aber bei leichtem Seegang schon unangenehm ist, weil einem ohne Blick auf den Horizont schwindlig und man dann seekrank wird, also eigentlich immer draußen sitzt), halte ich so eine Rennfahrt über den Atlanktik für abenteuerlich.

Wenn man dann aber noch bedenkt, wieviel CO2 die da für diese „CO2”-neutrale Fahrt verbraten wird, dass die Rückführbesatzung hin- und die Hauptbesatzung zurückfliegt, da alles rangekarrt wird und jede Menge Hubschrauber und Überwachungsflüge unterwegs sind, ist das eine ziemliche Umweltsauerei.

Also ich bin bei meiner New-York-Reise neulich mit S-Bahn und Bus an den Bahnhof gefahren, auf einem kleinen Billig-Platz nach New York geflogen, Taxi in die Stadt. Fertig. Also, da war ich sicherlich klimafreundlicher.

Aber ich bin ja auch kein 16-jähriges Mädchen, das zur Prophetin ausgerufen wurde.