Vor neun Jahren
Ist mir gerade so indirekt aufgefallen: Merkels Machenschaften
Ich war ja in den letzten Jahren auf diversen Journalistenkonferenzen, darunter viermal bei Netzwerk Recherche in Hamburg.
Jedesmal machten sie sich irgendwann im Laufe der Konferenz aggressiv darüber lustig, dass Leute glauben, das Kanzleramt würden ihnen sagen, was sie zu schreiben haben. Machten das lächerlich, wie dumm man sein müsste, um das zu glauben.
Zufällig kam mir jetzt ein Artikel der Süddeutschen von 2010 in die Finger, in dem ausgerechnet Jakob Augstein – der auch fast jedesmal auf diesen Konferenzen rumschwirrt – die Einmischung von Angela Merkel in die Presse beklagt:
Wie Mitarbeiter des Kanzleramts
Was Angela Merkel da gesagt hat, war nur scheinbar von ergreifender sprachlicher und gedanklicher Schlichtheit. Es war bezeichnend dafür, dass Journalisten und Politiker sich heute mitnichten als Gegner verstehen, sondern als Partner.
Merkel hat zu den Journalisten geredet als seien sie Mitarbeiter einer Abteilung im Kanzleramt.
Und wenn man es sich recht überlegt, kommt man zu dem Schluss: Ja, so sehen sich mehr und mehr Journalisten auch selbst. Und wenn das so weitergeht, dann braucht man in der Tat keine Journalisten mehr. Dann tun Pressesprecher es auch. Das scheint der Zug der Zeit ohnehin zu sein: Es soll mittlerweile mehr Pressesprecher in Deutschland geben als Journalisten.
Merkels Einladung der Chefredakteure
Ein paar Monate zuvor, am 8. Oktober 2008, hatte es ein sonderbares Treffen gegeben, das in diesem Zusammenhang Erwähnung finden soll. Die Bundeskanzlerin hatte an jenem Tag die bedeutenden Chefredakteure der bedeutenden Medien eingeladen. Es war die Zeit, in die der Ausbruch der großen Finanzkrise fiel. Man findet keinen ausführlichen Bericht über dieses Treffen, der veröffentlicht worden wäre und überhaupt nur wenige Erwähnungen in den Archiven, nur hin und wieder einen Nebensatz, eine knappe Bemerkung. An einer Stelle liest man in dürren Worten, worum es an diesem Abend im Kanzleramt ging: Merkel bat die Journalisten, zurückhaltend über die Krise zu berichten und keine Panik zu schüren.
Sie haben sich daran gehalten, die Chefredakteure. Noch im Februar 2009, vier Monate später, wunderte sich die taz über die Medien: “Sie halten die Bürger bei Laune, auf dass diese stillhalten. Wie viel Geld bereits in die Banken gepumpt wurde, wie viele Milliarden Bürgschaftszusagen vergeben wurden (und wie viele Hartz-IV-Monats”löhne” das sind), das steht auch nicht in der Zeitung.
Ich frage oft: Wer glaubt denen noch was.
Denen kann man nicht mal mehr glauben, was sie sich gegenseitig erzählen, wenn sie unter sich sind.