Wie publizieren?
Mich treibt eine Frage um.
Wie stellt man heute noch komplexe, umfassende Sachverhalte dar?
Ich habe derzeit eine ganze Reihe von Themen auf Lager, die eigentlich dringend publiziert werden müssten, dazu noch ein paar weitere, die noch nicht reif und „fertigpassiert” sind, in denen es eigentlich durchweg darum geht, dass dieser Staat nicht mehr funktioniert und nur noch ein Propaganda- und Lügengebilde ist und ein Zweiklassensystem aus Überberechtigten und Rechtlosen aufgebaut wird. Besser gesagt: worden ist.
Nur: Die Sachen sind schon relativ komplex.
Man könnte sie freilich kürzen und zuspitzen, aber damit macht man sich angreifbar, wenn irgendetwas nicht vollständig dargestellt oder vollständig durchbegründet wird. Dann wird sofort irgendwo eingehagt und „Ja, aber…” oder „Das hat er nicht bedacht oder gewusst” eingehakt.
Bücher
Früher schrieb man ein Buch.
Wieviele Leute kaufen und lesen heute noch Bücher?
Bücher bringen außerdem ein technisches Problem mit sich: Heute spielt sich vieles auf Webseiten oder mit Fotos ab, und man kommt deshalb heute, wenn man solche Vorgänge beschreiben will, nicht mehr ohne Bilder aus. Vor allem Screenshots. Das ist aber ein Problem. Man kann in einem normalen Buch einen Screenshot nur schwerlich so abdrucken, dass man Bildschirmschrift danach noch gut lesen kann. Und dann stellt sich das Problem, ob man Farb-, Graustufen- oder Schwarzweißdruck nimmt und was danach noch übrig bleibt.
Außerdem kostet die Herstellung eines regulären Buches erst einmal Geld, das wieder reingeholt werden muss. Hat man einen Verlag, muss der auch noch was abkriegen. Und wenn die Auflage durch ist, dann war’s das erst mal. Books on demand sind nett, aber haben auch ihre Nachteile und verkaufen sich mangels Werbung nur schwer.
Sehr lange Blog-Artikel
Habe ich ja schon öfters gemacht.
Sind aber wegen der linearen Darstellung etwas unübersichtlich und haben den Nachteil, dass sie erfahrungsgemäß etwa 4 Tage lang intensiv zur Kenntnis genommen werden und das dann stark abflacht. So ein Blog lebt halt auch von der Laufkundschaft und die konzentriert sich auf die erste Webseite.
Und viele Leute können oder wollen so lange Texte nicht (mehr) lesen. Eine gewisse Zeit lang bekam ich viele „tl;dr” (too long, didn’t read)-Mails, das war aber wohl eine Mode und hat wieder nachgelassen. Viele Menschen sind inzwischen so vertwittert oder von der neodoofen Schule kaputterzogen, dass die mehr als zwei Bildschirme voll nicht mehr schaffen.
Video
Schwierig.
Nach dem Klima-Video habe ich viel positives Feedback bekommen und die Zuschauerzahlen waren ja auch nicht schlecht, viele Leute haben sich das auch komplett angesehen, aber es ist doch problematisch, wenn man ein Video macht, das im wesentlichen daraus besteht, dass da einer steht, der was erzählt und dazu Texte eingeblendet werden.
Ich neige zwar zu so einer Darstellung, weil ich früher Vorlesungen und Vorträge gehalten habe, und es eigentlich auch immer geschafft habe, Leute selbst in langen Vorträgen zu drögen Themen dranzuhalten, eben durch Intonation, Rhetorik und so weiter, aber das kommt bei einem Video nicht so rüber, und es ist auch nicht ganz so einfach, charmant, spontan, witzig-spritzig rüberzukommen, wenn einem nur eine Kamera auf einem Stativ gegenübersteht und sonst niemand da ist.
Man merkt das auch, Youtube ist voller Videos, auf denen irgendwer vor irgendeinem Hintergrund wie Schlaf- oder Wohnzimmer irgendwas unvorbereitet und ungeplant in ein Handy mit Videofunktion faselt. Eigentlich ja ganz schrecklich.
Ich merke auch, dass ich die Herstellung von Videos erst lernen muss. Es ist keineswegs so, dass wenn man Fotografieren kann man auch Videos aufnehmen kann. Das ist nicht nur andere Ausrüstung, das ist grundsätzlich etwas anderes. Allein schon mit dem Ton und schlechten oder schlecht ausgesteuerten Mikrofonen habe ich in letzter Zeit allerhand vermurkst. In Neuseeland stand ich neulich am vulkanischen Blubberschlamm und wollte das filmen. Da ist mir was klar geworden. Links und rechts standen nämlich jede Menge Leute, die ziemlich laut den letzten Mist geschwätzt und gegrölt und sonstwas haben. Früher hätte mich das überhaupt nicht interessiert, aber wenn man plötzlich das Mikrofon auf der Kamera hat…
Ich hatte vor ein paar Tagen erwähnt, dass ich am letzten Wochenende ein Video aufgenommen hatte, das aber aus verschiedenen Gründen wieder verworfen habe und wenn, es dann noch einmal machen muss. So Kleinigkeiten, wie dass ich zu oft nach unten schaue. Mir sind auch noch ein paar Fehler und Versprecher aufgefallen, war halt über 30° warm. Aber eben auch, dass das Ergebnis viel zu lang wird, was einem beim Aufnehmen nicht so auffällt, weil man da immer wieder Pausen macht oder sich wiederholt, um das dann rauszuschneiden.
Ich hatte das erwähnt, und ein paar Leser schrieben mir, dass sie das auf keinen Fall wollen (Schema: Wenn sie es nicht wollen, soll man es für andere auch nicht machen…), weil man darin nicht suchen, kopieren, googeln oder einen Satz einfach zweimal lesen kann.
Das ist wohl wahr.
Dafür ist es eben um Rhetorik und Auftreten angereichert, und ich kenne ziemlich viele Leute, darunter auch viele Pendler oder Leute, die nicht mehr gut sehen, die sehr gerne sowas als „Hörbuch” anhören. Es ist generell so, dass Hörbücher gerade boomen, zumindest wurde mir das erzählt. Ich habe mir auch schon Radiobeiträge aufs Handy geladen und auf dem Weg zur Arbeit angehört. (Obwohl ich niemals auf die Idee käme, unterwegs oder im Straßenverkehr Musik zu hören, aber wenn da nur jemand spricht, lässt das genug durch, zumal ich dann manchmal auch nur einen Stöpsel im Ohr habe und nicht beide.
Podcast
Oh je. Einige hatten vorgeschlagen, ich solle doch Podcasts machen. Verdammt schwierig, in einem Podcast zum Hören auch Screenshots anzuzeigen. Ich halte es auch für wichtig, bei Gesetzestexten und Zitaten den Text zu zeigen und nicht nur vorzulesen.
Davon abgesehen ist ein Podcast in meinen Augen … pardon: Ohren … eine Sache für mehrere, am besten zwei, Interview. Einer allein ist da schon ziemlich langweilig.
Und letztlich fällt so ein Audio-Podcast ja doch in Form der Tonspur bei einem Video mit ab.
Mein Problem der Eigeninflation
Ich will nicht verhehlen, dass ich unter einem Problem leide: Inflation.
Das Blog zeigt gerade an, dass ich hier 11.535 Blogartikel geschrieben habe, zusammen mit Forschungsmafia wohl so um die 13.000, genau kann ich es nicht sagen, weil ich in der Anfangszeit einige Artikel rüberkopiert habe und beim Zusammenaddieren deshalb welche doppelt gezählt würden. Ich kann den tollsten Blog-Artikel schreiben, es ist dann einfach nur einer von 12.000. Die Nutzerzahlen sind zwar über die Jahre hübsch angestiegen, aber damit auch glatter geworden.
Lange Artikel haben gegenüber kurzen Artikeln nicht mehr die zusätzliche Wirkung, die den Aufwand rechtfertigt.
Man braucht also irgendwas, was neu ist, was anders ist, heraussteht.
Dauerhaftigkeit
Blog-Artikel bleiben etwa 4 Tage attraktiv, dann lassen sie nach. Entweder, weil die Stammleser sie gelesen haben, oder weil sie auf der Startseite nicht mehr oben oder gar nicht mehr auf der ersten Seite stehen.
Man braucht etwas, das viel weniger Ausgaben hat, die aber länger im Zugriff bleiben.
Nicht-Leser
Ich bin inzwischen deutlich fortgeschritten in meinem Unterfangen, die (deutschsprachige) Menschheit in zwei Teile zu spalten: Die, die Danisch lesen, und die, die Danisch nicht lesen.
Wie erreicht man die, die Danisch nicht lesen? Mit neuem Text?
Das Bewegtbild-Syndrom
Stichwort: Rezo. Stichwort: Greta.
Beide sagen eigentlich nichts oder nur sehr wenig, der Informationsgehalt ist lächerlich bis gar nichts, aber eine große Zahl von Menschen hält das für die Offenbarung.
Leute, die sich a) an die Inhaltslosigkeit und b) an das Bewegtbild gewöhnt haben. Und das merke ich in der Fotografie: Aufmerksamkeitsökonomisch sind Fotos nahezu wertlos geworden, das zieht nicht mehr. Schon als ich noch in München war (2012) haben mir Berufsfotografen gesagt, dass sie von Reisefotografie nicht mehr leben können. Sie kriegen nichts mehr dafür. Die Welt ist voll von Handy-Fotos.
Im Gegensatz dazu können selbst die lausigsten Handy-Videos heute ihr Publikum finden, weil eben zwei Sachen für die jüngere Generation zusammenkommen: Qualitätslosigkeit und Video. Das ist modern.
Was also tun?
Ich habe Sachen auf Lager, die ich für zu gewichtig und zu wichtig halte, um sie in einem Blog-Artikel rauszuhauen, der nach einer Woche durch ist.
Außerdem will ich auch gar nicht ewig im gleichen Saft schmoren. Immer wieder mal was Neues machen, etwas neu lernen.
Ich überlege, wie man das machen kann.
Und das Problem ist eigentlich nicht, dass es mir an Phantasie oder Ideen fehlte, was man machen könnte. Mein Problem ist, dass ich den Eindruck habe, dass man einen großen Teil der Bevölkerung mit komplexen Themen gar nicht mehr erreicht.
Mischung von Text und Video?
Ich baue und plane ja (zieht sich wegen Zeitmangel) an einer neuen Blog-Software.
Ursprünglich hatte ich mit dem Gedanken angefangen, ein gewöhnliches Blog mit gewöhnlichen Blog-Seiten zu machen, die eben statisch gespeichert und damit schnell und sicher herausgegeben oder auch über ein Content-Delivery-Network verteilt oder auf einem gewöhnlichen Datenträger abgelegt werden können.
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Schluss, dass ich mir was Neues einfallen lassen muss.