Ansichten eines Informatikers

Bundeswehr-OS

Hadmut
4.9.2019 22:49

Was kommt nach Apples iOS und Android?

Die Bundeswehr macht eine Ausschreibung:

Stu­die_Un­ter­su­chung der Mög­lich­kei­ten ei­nes bun­des­weh­rei­ge­nen Be­triebs­sys­tems für mo­bi­le End­ge­rä­te

Ich hätt ja gern mehr draus zitiert, aber die sind so hemmungslos durchdigitalisiert, dass die Ausschreibung ausdgedruckt und ohne OCR wieder eingescannt wurde. Herrje, und die machen sich auf, ein neues Betriebssystem zu schreiben.

Ich finde es grotesk, weil darin nicht beschrieben wird, was sie eigentlich unter „Betriebssytem” verstehen. Da finden sich dann Sätze wie

Nachweis über die Kenntnisse zur Implementierung und Instandhaltung von Mobile Device Betriebssystemen. Es ist mindestens ein Mobile Device Betriebssystem zu benennen, dass von Ihnen in den letzten zwei Jahren implementiert wurde (Organisationseinheit des Auftraggebers mit Adresse ist zu benennen).

In den letzten zwei Jahren ein Mobile Device Betriebssystem implementiert. So,so. Viel genauer sagen sie’s dann auch nicht. Außer, dass sie mit Android unzufrieden sind.

Ich habe den Eindruck, dass jemand diese Ausschreibung geschrieben hat, der nicht wusste, wovon er redet, und nur irgendwie um den Begriff „Mobile Device Betriebssystem” herumfaselte.

Und die gehen davon aus, dass as irgendeine kleine Klitsche mal eben so gemacht haben kann.

Das Problem daran ist, dass „Betriebssystem” ein sehr weiter Begriff ist. Das können ein paar Byte Kleinkram sein, wenn etwa auf irgendeinem Mikrocontroller ein RTOS (Real Time Operation System) läuft, das letztlich nur aus einer Prozedur besteht, die zu festen Zeiten eine andere aufruft, sich dann aber schon „Betriebssystem” nennen darf, oder eben sowas wie iOS oder Android mit der Komplexität eines ausgewachsenen Desktop-Systems.

Da sie noch unklar an Android rummaulen und meinen, dass sie da keine Kontrolle haben, heißt das letztlich, dass man nicht mit einer Android-Lösung daherkommen kann. Sondern etwas selbst entwickelt haben muss. In den letzten zwei Jahren. Im Auftrag von irgendwem.

Ich will’s mal so sagen:

Ja, ich bin schon lange der Meinung, dass wir endlich mal ein eigenes, vertrauenswürdiges Betriebssystem brauchen. Nur schafft man das nicht in zwei Jahren, und mit Verlaub, die Deutschen schaffen es auch nicht. (Sowas ist verzwickter, als einen BER zu bauen.) Im Prinzip haben wir jetzt den Mist als Ergebnis der Untätigkeit der letzten 30 Jahre. Und wenn man sich anschaut, wieviel Arbeit allein im Linux-Kernel steckt, von dem ganzen Drumherum und den graphischen Oberflächen ganz abgesehen, ist der Arbeitsaufwand nicht nur so schon nicht zu schaffen, sondern es wird ja auch noch alles druchverblödet und durchverquotet.

Es wäre schön, ein ordentliches Betriebssystem zu haben. Mir würde da einiges an Anforderungen einfallen. Aber mal abgesehen davon, dass man sich dann auch um sichere Hardware kümmern müsste, glaube ich schlicht nicht, dass Deutschland sowas noch hinkriegt.

Beyond repair.